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Da ist sie nun: Die Winterreifenpflicht – wenn auch mit Änderungen…

Der Bundesrat meldet, dass die Länder heute der Verordnung zur Neufassung der Winterreifenpflicht mit Änderungen zugestimmt haben. In der PM heißt es:

„Er hält es für ausreichend, wenn bei Omnibussen mit mehr als acht Sitzplätzen und Lkw mit mehr als 3,5 Tonnen Gewicht nur auf den Antriebsachsen Winterreifen montiert sind. Zudem will er Nutzfahrzeuge der Land- und Forstwirtschaft von der Winterreifenpflicht ausnehmen. Gleiches soll für Einsatzfahrzeuge von Bundeswehr, Bundespolizei, Feuerwehr, Katastrophenschutz und Polizei gelten, wenn für diese Fahrzeuge bauartbedingt keine M+S Reifen erhältlich sind.

Es liegt nun an der Bundesregierung, ob sie die Verordnung in der geänderten Fassung in Kraft setzt.

In einer begleitenden Entschließung weist der Bundesrat daraufhin, dass er die Neufassung der Winterreifenpflicht unterstützt. Sie diene der Verbesserung der Rechts- und Verkehrssicherheit. Allerdings hätten die Diskussionen auch erheblichen weiteren Beratungs- und Prüfungsbedarf aufgezeigt. So seien beispielsweise Differenzierungen zwischen leichten und schweren Kraftfahrzeugen, die Einführung eines Bußgeldtatbestandes für den Fahrzeughalter und die Vorgaben zur Profiltiefe zu prüfen. Die Länder bitten daher die Bundesregierung, die Wirksamkeit der neu getroffenen Regelungen zu überprüfen und rechtzeitig vor der Wintersaison 2011/2012 einen neuen Regelungsentwurf vorzulegen.

Verordnung zur Änderung der Straßenverkehrs-Ordnung und der Bußgeldkatalog-Verordnung

Drucksache 699/10 (Beschluss)“

Mal sehen, was der Bund draus macht. Im Zweifel wird er die geänderte VO in Kraft setzen.

Das „Vulkanasche-Gesetz“ im Bundesrat bzw. Auswirkungen des Eyjafjallajökull-Ausbruchs auf das Strafverfahren

Im Bundesrat ist heute eine „Vulkanasche-Gesetz“ beraten worden 🙂 – nein, so heißt es nicht, sondern ganz unprätentiös „Entwurf eines … Gesetzes zur Änderung der Strafprozessordnung“ (vgl. BR-Drucksache 670/10), das u.a. im Hinblick auf den Ausbruch des isländischen Vulkans und das darauf zurückgehende Vulkanascheproblem eine Änderung in § 229 Abs. 3 StPO vorschlägt.

Danach soll die Hemmung der Unterbrechungsfrist bei Hauptverhandlungen, die bereits an mehr als 10 Verhandlungstagen stattgefunden haben, auch in den Fällen „höherer Gewalt“ eintreten. U.a. wird zur Begründung eben auf den Eyjafjallajökull-Ausbruch hingewiesen. So findet er also Eingang in die deutsche Gesetzgebung 🙂

Da ist die Winterreifenpflicht – zumindest die BR-Drucksache

Da ist also nun der VO-Entwurf des Bundesverkehrsministeriums – die BR-Drucks. 699/10 mit der „neuen“ Winterreifenpflicht (vgl. hier). Es soll also demnächst heißen:

„Bei Glatteis, Schneeglätte, Schneematsch, Eis- oder Reifglätte darf ein Kraftfahrzeug nur mit Reifen gefahren werden, welche die in Anhang II Nr. 2.2 der Richtlinie 92/23/EWG des Rates vom 31. März 1992 über Reifen von Kraftfahrzeugen und Kraftfahrzeuganhängern und über ihre Montage (ABl. L 129 vom 14.5.1992, S. 95), die zuletzt durch die Richtlinie 2005/11/EG (ABl. L 46 vom 17.2.2005, S. 42) geändert worden ist, beschriebenen Eigenschaften erfüllen (M+S-Reifen).“

Wird es jetzt klarer? Oder gibt es nur andere Probleme (vgl. hier , hier und hier)? Jetzt also nicht mehr „winterliche Straßenverhältnisse“, sondern z.B. Schneematsch? Was ist das? Die AG werden sich freuen, wenn sie das darlegen müssen. Und dann auch gleich ein Nachschlag bei den Geldbußen – nun ja, man hatte ja auch Arbeit mit der neuen VO :-).

Abschaffung des Richtervorbehalts bei der Blutprobe – auf dem Weg in den Bundestag

Der Bundesrat hat heute noch einmal über die Abschaffung des Richtervorbehalts bei der Blutentnahme in den straßenverkehrsrechtlichen Fällen diskutiert. Das niedersächsischen Gesetzesvorhaben (vgl. die BR-Drucksache 615/10) ist in geändert Form angenommen worden (vgl. BR-Drucks. 615/1/10) und auf dem Weg in den Bundestag (vgl. den heutigen Beschluss hier).  Er wird zunächst der Bundesregierung zugeleitet. Diese hat ihn innerhalb von sechs Wochen zusammen mit ihrer Stellungnahme an den Bundestag zu übermitteln. Mal sehen, was draus wird.

Es hat sich natürlich auch Herr Busemann zu diesem Thema gemeldet (vgl. hier).

„Handstreich“ (?) im Bundesrat – die (neue) Gleichrangigkeit von StA und Polizei

Manchmal ist man ja erstaunt, wie schnell es gehen kann. Da hat der Bundesrat gerade erst am 15.10.2010 über den den Richtervorbehalt stärkenden Änderungsvorschlag des Landes Niedersachen zur teilweisen Abschaffung von § 81a Abs. 2 StPO beraten (vgl. hier und hier), da steht dieses Gesetzesvorhaben schon wieder auf der Tagesodnung des Bundesrates (vgl. die TO der 876. Sitzung hier).  Ein Schelm, wer Böses dabei denkt :-).

Wenn man sich die dazu vorliegende Drucksache 615/10/1 ansieht, dann ist man doch ein wenig überrascht. Nicht darüber, dass der Gesetzesvorschlag nun im Bundestag eingebracht werden soll und auch nicht über die redaktionellen Änderungswünsche. Auch nicht darüber, dass Herr Busemann nun eine Art Bundes(rats)beauftragter zur Abschaffung des Richtervorbehaltes in § 81a Abs. 2 StPO ist – das steht ihm, da er sich dieses Vorhabens ja nun schon seit längerem angenommen hat, auch zu. Nein. Mich überrascht ein anderer Änderungswunsch, der mich auf einen Umstand aufmerksam macht, der mir bisher auch noch nicht aufgefallen war. In der ursprünglichen Drucksache 615/10 war die Rede von der „eigenen gleichrangigen“ Anordnungskompetenz der Ermittlungsperson zur Staatsanwaltschaft. Jetzt soll es heißen:

„3. Zur allgemeinen Begründung, letzter Satz, Zur Einzelbegründung zu Artikel 1, Satz 1

In der allgemeinen Begründung, letzter Satz und in Satz 1 der Einzelbegründung zu Artikel 1 sind jeweils die Wörter „eine eigene gleichrangige“ durch die Wörter „jeweils eine eigenständige gleichrangige“ zu ersetzen.

Begründung (nur für das Plenum):

Durch die Änderung wird klargestellt, dass den Ermittlungspersonen auch im Verhältnis zur Staatsanwaltschaft eine eigenständige gleichrangige Anordnungskompetenz zusteht.“

Was steckt hinter diesen Formulierungen? M.E. der Versuch, auf „kaltem Weg“ der m.E. anderen Auffassung des BVerfG in der Frage der Gleichrangigkeit von StA und Polizei (vgl. dazu Beschl. v. 11.06.2010 – 2 BvR 1046/10) einen „Riegel vorzuschieben“

Das BVerfG hat in seinem Beschl. u.a. beanstandet, dass AG und LG nicht thematisiert haben, ob die Ermittlungsbehörden sich zunächst um eine richterliche Entscheidung und nachrangig dann um eine staatsanwaltschaftliche Weisung hätten bemühen müssen. Das OLG Brandenburg (VA 2009, 84 = VRR 2009, 151 = StRR 2009, 143) hat dieses stufenweise Vorgehen als nicht erforderlich angesehen, ebenso das OLG Celle in  seinem Beschl. v. 15.07.2010 – 322 SsBs 159/10 (vgl. dazu hier). Das BVerfG scheint diese Frage in seinem Beschl. bejahen zu wollen, was nicht ganz ungefährlich 🙂 ist, da sich für die Nachtzeit auf der staatsanwaltschaftlichen Ebene dann dieselben Fragen wie beim richterlichen Eildienst: Erforderlich, ja oder nein? Dem kann man in der Diskussion nun demnächst ggf. eine „eigenständige geleichrangige“ Kompetenz entgegenhalten. Zwar ist eine Gesetzesbegründung kein Gesetz, sie kann und wird aber gern (was hat der Gesetzgeber sich eigentlich gedacht?) zur Auslegung herangezogen.

Und das wäre m.E. nicht nur bei § 81a Abs. 2 StPO – soweit er Bestehen bleibt bzw. bestehen bleiben soll – von Bedeutung, sondern ggf. auch an anderen Stellen, wenn es um die Fragen des Rangverhältnisses geht, so z.B. bei der Durchsuchung. Ist das gewollt?

Abschließend: Die Staatsanwaltschaften werden sich freuen, wenn man sie nun auf eine Stufe mit den übrigen Ermittlungsbehörden stellt. Sie haben davon sicherlich ein anderes Verständnis.

Zur Überschrift: „Handstreich“ ist vielleicht ein wenig massiv, aber mir fiel für dieses Vorhaben nichts Besseres ein. 🙂