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„Ich will mein Honorar von dir.“, oder: Wer muss was im Fall der Honorarklage beweisen?

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In der zweiten Entscheidung des Tages – der letzten in dieser Woche – geht es um das Honorar nach einem arbeitsrechtlichen Mandat. Die Parteien streiten um das Honorar der klagenden Rechtsanwältin, insbesondere auch um den Umfang der erteilten Auftrags. Das AG hat die Beklagte verurteilt. Die Berufung hatte keinen Erfolg.

Hier zunächst die Leitsätze zum LG Offenburg, Urt. v. 15.06.2021 – 2 S 7/20:

  1. Die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass zwischen den Parteien ein Anwaltsvertrag zustande gekommen ist, trägt im Falle der Honorarklage nach allgemeinen Grundsätzen der klagende Rechtsanwalt. Das gleiche gilt für den Umfang des erteilten Mandats.

  2. Schadensersatzansprüche aus § 280 Abs. 1 BGB wegen Verletzung der Hinweispflicht aus § 12a Abs. 1 S. 2 ArbGG scheiden aus, wenn der Mandant vor Abschluss der Vertretungsvereinbarung bereits Kenntnis von dessen Regelungsgehalt hatte.

Und zu den Schadensersatzansprüchen:

„b) Schadensersatzansprüche der Beklagten folgen auch bereits deshalb nicht aus § 628 Abs. 2 BGB, weil die Kündigung der Beklagten nicht durch ein vertragswidriges Verhalten der Klägerin veranlasst wurde.

Das für den Schadensersatz erforderliche Auflösungsverschulden des Vertragspartners muss das Gewicht eines wichtigen Grundes i.S.d. § 626 BGB haben. Nur derjenige kann nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs Schadensersatz nach § 628 Abs. 2 BGB fordern, der auch wirksam aus wichtigem Grund hätte fristlos kündigen können, denn aus dem Zusammenhang der Absätze 1 und 2 ergibt sich die gesetzliche Wertung, dass nicht jede geringfügige schuldhafte Vertragsverletzung, die Anlass für eine Beendigung des Vertragsverhältnisses gewesen ist, die schwerwiegenden Folgen des § 628 Abs. 2 BGB nach sich zieht (BGH, Urt. v. 16.07.2020 – IX ZR 298/19, NJW 2020, 2538 Rn. 13; BeckOGK/Günther, Stand: 1.5.2021, BGB § 628 Rn. 139).

Ein derart wichtiger Grund ist vorliegend nicht ersichtlich. Die beweisbelastete Beklagte hat nicht bewiesen, dass die Klägerin Absprachen gröblich missachtet, insbesondere vorsätzlich „Anträge ohne Sinn“ gestellt hat. Die klägerseits gestellten Anträgen in den Schriftsätzen vom 28.11.2018 knüpften vielmehr an die von der Beklagten erhobenen Kündigungsschutzklagen an, die Anträge wurden de lege artis und rechtzeitig vor der anberaumten Güteverhandlung gestellt und waren im Übrigen taugliche Grundlage für Vergleichsgespräche mit dem seinerzeitigen Arbeitgeber der Beklagten. Die Einlassung der Beklagten, dass die klägerseits für sie gestellten Feststellungsanträge sinnlos seien, da sie im Hinblick auf ihren Strafantrag vom 02.05.2018 gegen Vorgesetzte ihres seinerzeitigen Arbeitgebers kein Interesse mehr am Fortbestand des Arbeitsverhältnisses gehabt habe, passt auch nicht zu der von ihr mehrere Wochen nach ihrer Strafantragsstellung erhobenen Kündigungsschutzklage.“

Entziehung der Fahrerlaubnis I, oder: Beweislast für die Ungeeignetheit hat die Behörde

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Heute köcheln im „Kessel Buntes“ zwei verwaltungsgerichtliche Entscheidungen zur Entziehung der Fahrerlaubnis.

Ich beginne mit dem VG Weimar, Beschl. v. 18.01.2021 – 1 E 1532/20 We -, den mir die Kollegin Klein aus Weimar geschickt hat. Der Beschluss enthält nichts weltbewegend Neues, aber er ruft noch einmal in Erinnerung: Die Fahrerlaubnisbehörde muss beweisen, dass der Fahrerlaubnisinhaber „ungeeignet“ ist:

„Vorliegend begegnen der Entziehungsverfügung selbst rechtliche Bedenken.

Rechtsgrundlage für die Entziehung der Fahrerlaubnis des Antragstellers ist § 3 Abs. 1 Satz 1 Straßenverkehrsgesetz – StVO – i.V.m. § 46 Abs. 1 Satz 1 Fahrerlaubnisverordnung – FeV Danach hat die Fahrerlaubnisbehörde dem Inhaber einer Fahrerlaubnis, der sich als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen erweist, die Fahrerlaubnis zu entziehen.

Bereits der Wortlaut dieser Vorschrift setzt voraus, dass die Ungeeignetheit des Antragstellers erwiesen sein muss. Die Entziehung der Fahrerlaubnis ist daher nur möglich, wenn die Ungeeignetheit oder mangelnde Befähigung des Fahrerlaubnisinhabers aufgrund erwiesener Tatsachen positiv festgestellt werden kann (Bundesverwaltungsgericht NJW 05, 3081). Die insoweit bestehende Beweislast hierfür trägt die Fahrerlaubnisbehörde (vgl. hierzu Dauer in Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, 45. Auflage, § 3 StVG Rn. 24 m. w. N. aus der Rechtsprechung). Ein solcher Nachweis der Ungeeignetheit ist dem Antragsgegner nicht gelungen. Insbesondere folgt die Ungeeignetheit des Antragstellers nicht aus dem Gutachten der pp. GmbH vom 18.02.2020. Der Umstand, dass nach dem Gutachten ein aktiver Konsum von Betäubungsmitteln nicht sicher ausgeschlossen werden kann, genügt gerade nicht den Nachweispflichten des Antragsgegners zur Ungeeignetheit des Antragstellers. Denn – anders als der Antragsgegner offensichtlich meint (vgl. den Schriftsatz des Antragsgegners vom 24.11.2020, Bl. 4) – ist nicht der Antragsteller dazu verpflichtet, seine Geeignetheit, sondern der Antragsgegner ist verpflichtet die Ungeeignetheit des Antragstellers nachzuweisen. Soweit das Gutachten trotz der aufgefundenen Menge von Amphetamin (0,10 ng/mg) nicht zu einem eindeutigen Nachweis des Konsums gekommen ist, da aufgrund des geringfügigen Befundes ein aktiver Konsum nicht unterstellt werden konnte (vgl. Bi. 11 des Gutachtens), ergibt das Gutachtenergebnis keine Ungeeignetheit des Antragsstellers.

Auch unabhängig vom erstellten Gutachten kann keine Ungeeignetheit des Antragstellers festgestellt werden. Dies gilt auch in Ansehung des Vorfalls vom 14.01.2016, als der Antragsteller mit einer Methamphetaminkonzentration von 31 ng/ml festgestellt wurde. Denn der Antragsgegner hat, nachdem ihm dies mit am 15.03.2016 bei ihm eingegangenen Schreiben mitgeteilt wurde (vgl. Bl. 112 der Verwaltungsakten), erstmals mit Anordnung vom 21.08.2019 ein Drogenscreening angeordnet. In diesem Fall liegt jedoch keine aktuelle Einnahme von Betäubungsmitteln i. S. v. § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 FeV mehr vor, da die Anknüpfungstatsachen im Zeitpunkt der Anordnung zur Beibringung des Drogenscreenings bereits mehr als 3 Jahre zurücklagen (vgl. Hessischer VGH, Urteil vom 24.11.2010 – 2 B 2190/10 – juris für den Fall eines 2 1/2 Jahre zurückliegenden Konsums von Cannabis).

Da mithin eine Ungeeignetheit des Antragstellers nicht festgestellt werden kann, war die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs des Antragstellers gegen den Entziehungsbescheid wiederherzustellen.“

Kaskokürzung wegen Trunkenheit?, oder: Wer muss die Wildschweinrotte beweisen?

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Und als zweites Posting des Tages dann eine Entscheidung des OLG Brandenbrug mit (verkehrs)Versicherungsrechtlichem Einschlag. Das OLG hat im OLG Brandenburg, Urt. v. 08.01.2020 – 11 U 197/18 -über eine Leistungskürzung in der Kaskoversicherungbei wegen wegen relativer Fahruntüchtigkeit entschieden.

Die Beklagte hat sich nach einem Verkehrsunfall, der unstreitig einen wirtschaftlichen Totalschaden an dem Pkw des Klägers zur Folge hatte, auf die sog. Trunkenheitsklausel in de. AKB berufen. Die BAK des Klägers hatte zu einem Wert von 0,49 ‰ geführt. Ausfallerscheinungen gab es nicht.  Der Kläger hat das Abkommen von der Fahrbahn mit einer plötzlich aus dem Waldgebiet, durch das die von ihm befahrene Straße führte, von links kommenden Wildschweinrotte, die nach rechts über die Straße auf die daneben befindliche Wiese lief, erklärt. Darum wurde gestritten.Das LG hatte die Klage abgewiesen, das OLG hat ihr dann stattgegeben:

„1. Zwischen den Parteien steht außer Streit, dass das versicherte Fahrzeug bei einem Unfall nach dem Verständnis von Abschn. A.2.5.2 AKB einen sogenannten wirtschaftlichen Totalschaden erlitten hat, indem es von der Fahrbahn abkam, daneben noch einige Meter weiter fuhr, zu einem unmittelbar angrenzenden Waldgebiet gehörende Bäume zu Boden stieß und schließlich an einem Baum zum Stehen gekommen ist (LGU 4), wobei es schwer beschädigt wurde (vgl. dazu auch die Lichtbildmappe der Polizei in der beigezogenen Akte der Zentralen Bußgeldstelle, dort Bl. 8 ff.). Damit sind gemäß Abschn. A.2.5 AKB die Voraussetzungen für einen Leistungsfall in der Vollkaskoversicherung gegeben. Ein Recht, ihre Versicherungsleistung zu kürzen, hat die Beklagte unter den hier gegebenen Umständen laut Abschn. A. 2.21.1 Satz 3 AKB lediglich dann, wenn der Versicherungsfall vom Kläger infolge des Genusses alkoholischer Getränke oder anderer berauschender Mittel grob fahrlässig herbeigeführt wurde; diese Regelung schränkt § 81 Abs. 2 VVG – in zulässiger Weise (arg. e c. § 87 VVG) – zugunsten des Versicherungsnehmers ein. Die sogenannte Trunkenheitsklausel im Abschn. D.2.1 AKB, auf die sich die Rechtsmittelgegnerin schon vorgerichtlich in ihrem Schreiben vom 09.01.2017 (Kopie Anl. K6/GA I 28) berufen hat und deren Missachtung als Obliegenheitsverletzung ausgestaltet ist (Abschn. D.3 AKB), gilt – wie sich aus der Systematik des Regelwerkes ergibt – allein für die Kfz-Haftpflicht- und die Umweltschadenversicherung. Die Darlegungs- und Beweislast für sämtliche tatsächlichen Voraussetzungen eines Leistungskürzungsrechts trägt der Versicherer; er kann sich dabei hinsichtlich des Verschuldensgrades zwar auf Indizien, nicht aber auf einen Beweis des ersten Anscheins stützen (vgl. Halbach in Stiefel/Maier, KraftfahrtVers, 19. Aufl., AKB 2015 A.2 Rdn. 953 und 956, m.w.N.). Um eine relative Fahruntüchtigkeit des Wagenlenkers zu bejahen, deren Unfallkausalität tatsächlich vermutet wird, genügt nicht allein die Feststellung einer Blutalkoholkonzentration im Bereich zwischen 0,2 und 1,1 ‰, sondern es müssen sich – anders als bei absoluter Fahruntüchtigkeit, die nach neuerer Rechtsprechung bei 1,1 ‰ beginnt (grundlegend BGH, Urt. v. 09.10.1991 – IV ZR 264/90, LS und Rdn. 7, juris = BeckRS 9998, 96172) – weitere Gegebenheiten, speziell alkoholtypische Ausfallerscheinungen oder Fahrfehler, konstatieren lassen, die den Schluss rechtfertigen, der Fahrer sei nicht mehr in der Lage gewesen, sein Automobil sicher im Verkehr zu steuern (so zur privaten Unfallversicherung BGH, Urt. v. 30.10.1985 – IVa ZR 10/84, Rdn. 8 ff, 13 und 16 f., juris = BeckRS 2008, 18039; vgl. ferner zur Kaskoversicherung OLG Karlsruhe, Urt. v. 11.05.1989 – 12 U 49/89, VersR 1991, 181; OLG Saarbrücken, Urt. v. 07.04.2004 – 5 U 688/03, juris Rdn. 13 ff. = BeckRS 2004, 7093; Halbach aaO Rdn. 963 ff.; jurisPK-StrVkR/Reichel, Stand 24.06.2019, AKB 2015 Rdn. 89 ff.; Klimke in Prölss/Martin, VVG, 30. Aufl., AKB 2015 A.2.16 Rdn. 51 ff.).

2. Im Streitfall kann bereits keine alkoholbedingte Fahruntüchtigkeit des Berufungsführers zum Unfallzeitpunkt festgestellt werden.

a) Seine Blutalkoholkonzentration betrug bei dem Test, der ungefähr 75 Minuten nach dem Unfall durchgeführt wurde, 0,49 ‰. Sie lag somit nur wenig über dem unteren Schwellenwert, der für die relative Fahruntüchtigkeit bei etwa 0,3 ‰ angenommen wird (vgl. Klimke in Prölss/Martin, VVG, 30. Aufl., AKB 2015 A.2.16 Rdn. 51, m.w.N.). Alkoholbedingte Auffälligkeiten, insbesondere Ausfallerscheinungen, haben sich bei der Blutentnahme nicht gezeigt (LGU 2). Vielmehr waren laut ärztlichem Untersuchungsbericht vom pp.12.2016 11:18 Uhr (in der Akte der Zentralen Bußgeldstelle, Bl. 12R) bei dem Kläger der Gang geradeaus, die plötzliche Kehrtwendung nach vorherigem Gehen, die Finger-Finger-Probe und die Nasen-Finger-Probe sicher, die Sprache deutlich, der Denkablauf geordnet, das Verhalten beherrscht, die Stimmung unauffällig und er schien äußerlich nicht merkbar unter Alkoholeinfluss zu stehen.

b) Freilich können – wie von der Vorinstanz zutreffend ausgeführt wird (LGU 4) – auch beim Unfallgeschehen zu Tage getretene alkoholtypische Fahrfehler, beispielsweise das Abkommen von der Fahrbahn ohne ersichtlichen Grund, den Schluss auf eine relative Fahruntüchtigkeit rechtfertigen. Es obliegt jedoch nicht dem klagenden Versicherungsnehmer, die von ihm behauptete – alkoholunabhängige – Unfallursache zu beweisen, sondern dem beklagten Versicherer die Sachdarstellung seines jeweiligen Prozessgegners zu widerlegen (vgl. insb. BGH, Urt. v. 30.10.1985 – IVa ZR 10/84, Rdn. 13, juris = BeckRS 2008, 18039). Selbst wenn das gelingt und danach eine alkoholbedingte Fahruntüchtigkeit konstatiert werden kann, spricht nur ein Prima-facie-Beweis für den ursächlichen Zusammenhang zwischen dieser und dem Unfall, der keine Umkehr der Beweislast bewirkt; er ist vielmehr entkräftet, sobald der Gegner der beweisbelasteten Partei Umstände nachweist, aus denen sich die ernsthafte – nicht allein rein theoretische (denkgesetzliche), sondern reale – Möglichkeit eines abweichenden Geschehensverlaufes ergibt, woran keine überspannten Anforderungen gestellt werden dürfen (so BGH aaO Rdn. 16 f.). Eine plausible Erklärung für die alkoholunabhängigen Unfallgründe, wie sie in der obergerichtlichen Rechtsprechung unter Berücksichtigung der Höhe der jeweiligen Blutalkoholkonzentration vom Versicherungsnehmer verlangt wird (vgl. dazu insb. OLG Saarbrücken, Urt. v. 07.04.2004 – 5 U 688/03, juris Rdn. 15 ff. m.w.N. = BeckRS 2004, 7093), hat der hiesige Kläger gegeben.

Nach seinem Vorbringen ist er durch eine plötzlich aus dem Waldgebiet von links kommende Wildschweinrotte, die nach rechts über die Straße auf die daneben befindliche Wiese lief, zu seinem Fahrverhalten veranlasst worden. So hat er den Unfallhergang laut der Verkehrsunfallanzeige vom 21.12. 2016 (in der Akte der Zentralen Bußgeldstelle, Bl. 1 f.) noch an der Unfallstelle den dort erschienenen Polizeibeamten geschildert. Deren Fotos vom Ort des Ereignisses lassen einen Wildwechsel solcher Art als denkbare Möglichkeit erscheinen, auch wenn es nicht zur Kollision mit den Tieren gekommen ist. Soweit die Zivilkammer angenommen hat, der Buchstabe „W“, der für Wildschwein stehen soll, sei vom Zeugen Dpp. Bpp. bei seiner erstinstanzlichen Vernehmung in der dem Protokoll vom 15.03.2018 beigefügten Karte (GA I 83, 85) auf der falschen Seite eingezeichnet worden, beruht dies – wie die Erörterung der Sache und die Wiederholung der Beweisaufnahme in der Berufungsinstanz ergeben hat – offensichtlich auf einem Irrtum des Landgerichts. Dass die Fahrzeuginsassen zu den Details des allenfalls wenige Sekunden andauernden Geschehensablaufs unmittelbar vor dem Abkommen des Wagens von der Fahrbahn, speziell dazu, wer die Wildschweine zuerst sah und wer sich weshalb erschrak, unterschiedliche oder – wie möglicherweise die ursprünglich benannte Zeugin Lpp. Kpp. – keine Wahrnehmungen oder Erinnerungen haben, erscheint dem Senat nachvollziehbar und ist aus seiner Sicht ungeeignet, die Plausibilität des klägerischen Vorbringens infrage zu stellen und die durch die Zivilkammer gezogenen Schlüsse zu tragen. Eine etwaige nicht alkoholbedingte Unaufmerksamkeit des Berufungsführers bliebe gemäß Abschn. A.2.21.1 Satz 2 AKB ohnehin folgenlos, da die Beklagte grundsätzlich auf das Recht zur Leistungskürzung bei grober fahrlässiger Schadensverursachung verzichtet hat. Dass eine plötzlich die Fahrbahn überquerende Wildschweinrotte Auslöser des Unfalls gewesen ist, hat der Zeuge Dpp. Bpp. bei seiner – aus prozessualen Gründen erforderlichen erneuten – Vernehmung vor dem Senat bestätigt. Seine Aussage war in sich schlüssig, glaubhaft und nachvollziehbar; er konnte den Ablauf auch anhand des ihm vorgelegten Kartenmaterials widerspruchsfrei darstellen. Anders als das Landgericht hat der Senat nicht den Eindruck gewonnen, dass die Bekundungen auswendig gelernt wurden. Soweit in den Gründen des angefochtenen Urteils argumentiert wird, der Zeuge habe eingeräumt, vor dem Termin seiner Vernehmung die Unterlagen des Klägers eingesehen zu haben, steht dies nicht im Einklang mit dem Inhalt des Protokolls der mündlichen Verhandlung vom 27.09.2018 (GA I 115, 116). In zweiter Instanz hat der Zeuge auf explizite Nachfrage bestätigt, die Prozessunterlagen nicht zu kennen (GA II 226, 228). Im Ergebnis vermag der Senat – abweichend von der Zivilkammer (LGU 5) – insbesondere nicht die Überzeugung zu gewinnen, dass gar kein Wildwechsel stattgefunden hat.“

Erstattung von Kopien, oder: Es ist nicht Aufgabe des Gerichts, die Erforderlichkeit zu prüfen – wirklich?

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Am Gebührenfreitag heute zwei Beschlüsse zur Erstattung von Fotokopiekosten, und zwar ein „positiver“ und ein „negativer“ Beschluss. Ich beginne mit dem negativen, dann haben wir es hinter uns.

Es handelt sich um den LG Braunschweig, Beschl. v. 05.08.2019 – 9 Qs 158/19. Ergangen ist er in einem Verfahren betreffend Festsetzung der Pflichtverteidigervergütung. Der Pflichtverteidiger hatte deren Festsetzung beantragt, enthalten war im Antrag ein Betrag von 205,90 € für 1.256 Kopien entfielen. Das AG hat die nicht festgesetzt. Dagegen die Beschwerde, die beim LG dann keinen Erfolg hatte:

„Die Beschwerde ist indes unbegründet.

Gem. § 46 RVG, Nr. 7000, Nr. 1 a VV RVG sind Ablichtungen aus Behörden- oder Gerichtsakten nur dann erstattungsfähig, wenn ihre Herstellung zur sachgemäßen Bearbeitung des Sachverhaltes und der Rechtssache geboten ist. Bei dieser Prüfung besteht ein objektiver Maßstab. Zu berücksichtigen ist ferner, dass ein Ermessensspielraum des Verteidigers besteht. Eine ordnungsgemäße Ausübung dieses Ermessens ist indes vorliegend nicht erkennbar.

Die ungeprüfte Ablichtung einer gesamten Akte genügt den gesetzlichen Anforderungen grundsätzlich nicht (vgl. Mayer/Kroiß, 4. Aufl. 2009, RVG Nr. 7000-7002 VV Rn. 5). Nach ständiger Rechtsprechung des hiesigen Oberlandesgerichtes sind z. B. eigene Schriftsätze des Verteidigers in der Akte nicht zu kopieren. Enthalten sind weiterhin z. B. ein Empfangsbekenntnis oder bloße Anfragen zum Bundesamt für Justiz. Auch insoweit ist nicht erkennbar, dass eine ordnungsgemäße Ausübung des anwaltlichen Ermessens bei der Auswahl der kopierenden Aktenbestandteile erfolgt ist.

Unter diesen Umständen ist es auch nicht die Aufgabe des Gerichtes im Kostenfestsetzungsverfahren, nunmehr selbst zu prüfen, welche Aktenbestandteile aus Sicht der Verteidigung zwingend zu kopieren waren und welche nicht. Daher ist es nicht zu beanstanden, dass das Amtsgericht in der angefochtenen Entscheidung die Dokumentenpauschale insgesamt in Abzug gebracht hat.“

Der Beschluss ist in meinen Augen falsch. Zutreffend ist es  wenn das das LG davon ausgeht, dass die Notwendigkeit von Aufwendungen dargetan werden muss. Ebenso geht die Rechtsprechung aber auch davon aus, dass die Staatskasse trägt die Beweislast dafür trägt, dass Auslagen zur sachgemäßen Wahrnehmung der Interessen der Partei nicht erforderlich gewesen sind. Und diese Beweislast trägt die Staatskasse m.E. eben nicht bzw. kommt ihr nicht nach, wenn man sich einfach darauf zurück zieht, dass es nicht Aufgabe des Gerichtes ist, im Kostenfestsetzungsverfahren zu prüfen, welche Aktenbestandteile aus Sicht der Verteidigung zwingend zu kopieren waren und welche nicht. Denn: Der Rechtsanwalt hat mit der Vorlage der Kopien und der Erklärung, dass nach seiner Auffassung alles zu kopieren gewesen sei, die Notwendigkeit der von ihm gemachten Aufwendungen dargetan, wobei das Ermessen des Rechtsanwalts recht weit geht. Die Ermessensausübung mag falsch gewesen sein. Das Ermessen ist aber ausgeübt und dargelegt und daher ist es dann m.E. Aufgabe der Staatskasse darzulegen, welche Kopien sie nicht erstatten will, warum diese als nicht erforderlich gewesen sind. Und das hat die Staatskasse hier nicht getan. Und das LG will sich – was offensichtlich ist – mit der Frage leider auch nicht befassen. Ergebnis: Der Rechtsanwalt bleibt auf den Kopiekosten sitzen.

Und wer Rechtsprechung zu der Problematik sucht: Steht alles/einiges auf meiner Homepage und auch im <<Werbemodus an>> RVG-Kommentar Burhoff/Volpert, den man hier bestellen kann <<Werbemodus aus>>.

Aber, wer will sich schon mit der Staatskasse streiten 🙂 : M.E. kann der Verteidiger diesem Streit entgehen, wenn er in seinem Kostenfestsetzungsantrag konkreter als es hier offenbar geschehen ist, darlegt, welche Kopien nach seiner Auffassung erforderlich waren. Also ein wenig mehr schreibt als: Ich habe alle für erforderlich gehalten. Damit bietet er nämlich kein Einfallstor für solche Entscheidungen.

Wildunfall, oder: Rettungskostenersatz aus der Teilkaskoversicherung?

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Das LG Kleve, Urt. v. 30.08.2018- 6 O 97/16 – bezieht sich auf einen Sachverhalt/Unfallablauf, der in der Praxis häufiger vorkommen dürfte. Es geht um den Ersatz von Schäden, die durch das Ausweichen vor einem Widltier zur Vermeidung einer Kollision entstanden sind. Besteht dann keine Vollkaskoversicherung, wird gern auf eine bestehende Teilkaskoversicherung zurückgegriffen. Die Versicherungen sind an der Stelle aber sehr „argwöhnisch“ , weil u.U/nicht selten ein Sachverhalt wahrheitswidrig geschildert wird, um Versicherungsschutz in der Teilkaskoversicherung erhalten zu können. Vor dem Hintergrund geht die Rechtsprechung davon aus, dass der Versicherungsnehmer nach dem strengen Maßstab des § 286 ZPO frei von Zweifeln den Vollbeweis dafür zu erbringen hat, dass der von ihm behauptete Fall eines Rettungskostenersatzes bei einer ansonsten drohenden Kollision mit einem ausreichend großen Tier auch tatsächlich so stattgefunden hat. So eben auch das LG Kleve:

„Unstreitig besteht für das streitgegenständliche Fahrzeug „lediglich“ ein Premium-Teilkaskoversicherungsvertrag bei der Beklagten. Gern. E. 2 b) der anzuwendenden AKB besteht in der Premium-Teilkaskoversicherung Versicherungsschutz bei einem Zusammenstoß des fahrenden Fahrzeuges mit Tieren, wobei es in der Premium-Versicherung – anders als in der Basis-Versicherung – nicht darauf ankommt, um welche Tierart es sich handelt.

Unstreitig ist es nicht zu einem Zusammenstoß zwischen dem fahrenden Fahrzeug und einem Tier gekommen, so dass sich ein Anspruch auf Versicherungsleistungen nicht ausschließlich aus dem Versicherungsvertrag der Parteien ergibt.

Der Klägerin würde jedoch ein Anspruch aus §§ 90, 83 VVG zustehen, wenn die behaupteten Fahrzeugschäden entstanden sind, um einen unmittelbar bevorstehenden Versicherungsfall abzuwenden oder in seinen Auswirkungen zu mindern (sog. Rettungskostenersatz). Gern. § 83 Abs. 1 VVG hat der Versicherer Aufwendungen des Versicherungsnehmers nach § 82 Abs. 1 und 2 VVG, auch wenn sie erfolglos bleiben, insoweit zu erstatten, als der Versicherungsnehmer sie den Umständen nach für geboten halten durfte, Nach § 82 Abs, 1 VVG ist der Versicherungsnehmer bei Eintritt des Versicherungsfalls verpflichtet, nach Möglichkeit für die Abwendung und Minderung des Schadens zu sorgen. Aufwendung i. S. d. § 83 Abs. 1 S. 1 VVG ist dabei jede auch unfreiwillige Vermögensverminderung, welche adäquate Folge einer Maßnahme ist, die der Versicherungsnehmer zur Schadensabwehr oder Schadensminderung getroffen hat. Grundsätzlich kommen hierfür auch Vermögensminderungen wegen der Beschädigung von Sachen in Betracht, Hierzu zählen Reparaturkosten (vgl. OLG Rostock, Urt. vom 27.05.2016, Az. 5 U 45/14 zit. nach juris).

Bei der Klage auf sog. Rettungskostenersatz wegen Wildwechsels gegen die Teilkaskoversicherung — wie hier — bedarf es der vollen richterlichen Überzeugung im Sinne des § 286 ZPO, dass der Unfall durch einen Wildwechsel verursacht worden ist (vgl. OLG Rostock, a.a.O.). Die Beklagte hat den von der Klägerin vorgetragenen Unfallhergang — auch dass dieser durch einen Wildwechsel verursacht wurde -bestritten. Die beweisbelastete Klägerin hat Beweis durch Vernehmung der Zeugen pp. und Beifahrer) angetreten.

Nach der durchgeführten Beweisaufnahme durch Vernehmung der Zeugen pp. ist die Kammer nicht davon überzeugt, dass die Fahrzeugschäden aufgrund eines Wildwechsels und einem dadurch bedingten Ausweichmanöver entstanden sind……“