Schlagwort-Archive: Besorgnis der Befangenheit

Ablehnung I: „Geheimabsprache“ über „Aufklärungshilfe“, oder: Keine (geheime) Verständigung zu Lasten Dritter

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Urhber: Hichhich – Eigenes Werk

Heute dann mal ein „Ablehnungstag“, also drei Entscheidungen zur Besorgnis der Befangenheit und/oder zum Ablehnungsverfahren (§§ 24 ff. StPO u.a.).

Ich starte mit dem BGH, Beschl. v. 10.01.2019 – 5 StR 648/18, den ich auch auch ebenso gut in der Rubrik „Anfängerfehler“ hätte bringen können. Ergangen ist die Entscheidung in einem Verfahren mit sieben Angeklagten, denen vorgeworfen worden ist, in unterschiedlicher Tatbeteiligung mehrfach als Mitglied einer Bande mit Heroin und Kokain Handel getrieben zu haben, wobei ein Angeklagter N. als „Bandenchef“ fungiert haben soll. An den ersten beiden Hauptverhandlungstagen räumten alle Angeklag­ten den Handel im Wesentlichen ein, habe aber in bestritten, Mitglieder einer Bande gewesen zu sein.

Nach dem dritten Verhandlungstag fanden sich die beiden Verteidiger des N. auf Aufforderung des Vorsitzenden in dessen Dienstzimmer ein. Nach seiner Einschätzung war den Gesprächs­teilnehmern bewusst, dass lediglich die Einlassung des Angeklagten N. erörtert werden solle. Der Vorsitzende bemerkte, dass die Einlassung zwar be­reits sehr umfangreich sei, in ihrer bisherigen Form jedoch kein Geständnis im Sinne der Anklage darstelle. Eine erhebliche Strafmilderung komme nur in Betracht, wenn ein umfassendes Geständnis bereits am Anfang des Verfah­rens vorläge. Bei Bestätigung der Anklage in vollem Umfang nach durchgeführ­ter Beweisaufnahme stehe eine Gesamtfreiheitsstrafe „von sieben Jahren plus minus x“ im Raum. Ob und ggf. in welchem Umfang eine durch den Angeklagten N. ge­leistete Aufklärungshilfe in Bezug auf einen anderweitig Verfolgten zu einer wei­teren Strafmilderung führe, könne derzeit nicht beurteilt werden.

Auf den Hinweis eines Verteidigers, dass der Angeklagte N. aufgrund der familiären Verbundenheit nichts über seinen mitangeklagten Onkel Ha. sagen wolle, erwiderte der Vorsitzende, dass es jedem Angeklagten freistehe, selbst zu entscheiden, ob und in wel­chem Umfang er sich äußere. Der Vorsitzende bat die Gesprächsteilnehmer, über das Gespräch Still­schweigen zu wahren. Über den Gesprächsverlauf fertigte der Vorsitzende keinen Vermerk.

In dem folgenden Hauptverhandlungstermin lehnte der Verteidiger des Angeklagten Ha. den Vorsitzenden aufgrund der ihm bekanntgewordenen Unterredung wegen Besorgnis der Befangenheit ab. Dem Antrag haben sich andere Angeklagte angeschlossen. Der Vorsitzende teilte den Inhalt des Gesprächs nicht mit. Das Befangenheitsgesuch wurde vom LG als unbegründet zurückgewiesen. Begründung:

Es begegne keinen rechtlichen Bedenken, dass die abgelehnten Richter mit den Verteidigern des Angeklagten N.    ein Gespräch außerhalb der Hauptverhandlung geführt hätten, in dem es auch darum gegangen sei, den Verteidigern die vorläufige Einschätzung der abgelehnten Richter über die rechtlichen Folgen darzulegen, mit denen der Angeklagte N.   im Fall eines unveränderten Einlassungsverhaltens einerseits und im Falle eines umfassenden Geständnisses im Sinne der Anklage einschließlich der Schilderung der Tatbeiträge der übrigen Angeklagten andererseits unter Umständen zu rechnen habe. Bei den genannten Straferwartungen handele es sich trotz der durchaus erheblichen Differenz um vertretbare Rechtsfolgen. Dass eine Verständigung nach § 257c StPO wegen der Einordnung als minder schwere Fälle vielleicht nicht hätte geschlossen werden dürfen, stelle für sich genommen keinen Befangenheitsgrund dar. Gleiches gelte für die Bitte um Vertraulichkeit. Die dienstlichen Erklärungen der abgelehnten Richter seien diesbezüglich schlüssig und erklärten nachvollziehbar, warum um Vertraulichkeit gebeten worden und dass beabsichtigt gewesen sei, die übrigen Verfahrensbeteiligten und die Öffentlichkeit im Rahmen des Fortsetzungstermins am 27. November 2017 entsprechend zu informieren.“

Dagegen die Revision, die erfolgreich war. Der BGH sieht es – zutreffend – anders als die Kammer und meint: Geheimabsprachen hinter verschlossenen Türen gibt es nicht:

„2. Die zulässig erhobenen Rügen der Verwerfung der Gesuche zur Ablehnung des Vorsitzenden und des Berichterstatters führen zur Aufhebung des Urteils.

Nach § 24 Abs. 2 StPO kann ein Richter wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt werden, wenn ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Misstrauen gegen die Unparteilichkeit eines Richters zu rechtfertigen. Das ist der Fall, wenn der Ablehnende bei verständiger Würdigung des ihm bekannten Sachverhalts Grund zu der Annahme hat, der Richter nehme ihm gegenüber eine innere Haltung ein, die dessen Unparteilichkeit und Unvoreingenommenheit störend beeinflussen kann (st. Rspr., vgl. etwa BGH, Urteile vom 10. November 1967 – 4 StR 512/66, BGHSt 21, 334, 341 mwN; vom 23. Januar 1991 – 3 StR 365/90, BGHSt 37, 298, 302). Danach haben die Beschwerdeführer den Vorsitzenden und den Berichterstatter mit Recht abgelehnt.

a) Der Bundesgerichtshof hat schon mehrfach darauf hingewiesen, dass bei außerhalb der Hauptverhandlung geführten Gesprächen mit einzelnen Angeklagten unter Ausschluss von Mitangeklagten besondere Zurückhaltung geübt werden muss, um jeden Anschein der Parteilichkeit zu vermeiden (vgl. BGH, Beschlüsse vom 4. Juli 1990 – 3 StR 121/89, BGHSt 37, 99, 103 ff.; vom 18. Dezember 2007 – 1 StR 301/07, NStZ 2008, 229; vom 5. Oktober 2010 – 3 StR 287/10, StV 2011, 72, 73). Dies galt hier in besonderem Maße. Sämtliche Angeklagten, darunter die Beschwerdeführer, hatten die tatsächlichen Voraussetzungen einer Bande im Sinne von § 30 Abs. 1 Nr. 1, § 30a Abs. 1 BtMG bestritten. Es lag auf der Hand, dass sich das vom Vorsitzenden angesprochene „Geständnis im Sinne der Anklage“ durch den Angeklagten N. , das aus Sicht der abgelehnten Richter für ihn eine bis um drei Jahre geminderte Gesamtfreiheitsstrafe zu rechtfertigen vermochte, zum Nachteil der Beschwerdeführer auswirken konnte. Schon aufgrund dieser Verfahrenslage drängte sich auf, dass bei den am Gespräch nicht beteiligten Beschwerdeführern berechtigte Zweifel an der Unvoreingenommenheit der Richter aufkommen konnten; denn aus ihrer Sicht stand zu befürchten, dass auf Betreiben der abgelehnten Richter ihre Tatbeteiligung hinter verschlossenen Türen und ohne ihre Kenntnis gleichsam mitverhandelt würde (vgl. BGH, Beschlüsse vom 4. Juli 1990 – 3 StR 121/89, aaO, S. 104; vom 5. Oktober 2010 – 3 StR 287/10, aaO).

b) Dem Vorsitzenden hätte es deshalb oblegen, eine umfassende und unverzügliche Information aller Verfahrensbeteiligter über die Durchführung und den Inhalt des Gesprächs zu gewährleisten, um von vorneherein jedem Anschein der Heimlichkeit sowie der hieraus entstehenden Besorgnis der Befangenheit vorzubeugen und dem Recht auf ein faires, rechtsstaatliches Verfahren Rechnung zu tragen (vgl. BGH, Beschlüsse vom 4. Juli 1990 – 3 StR 121/89, aaO; vom 5. Oktober 2010 – 3 StR 287/10, aaO). Der insoweit „unverzüglich“ herzustellenden Transparenz stand jedoch vorliegend bereits entgegen, dass der nächste Hauptverhandlungstag, an dem nach den dienstlichen Stellungnahmen der abgelehnten Richter die Information hätte stattfinden sollen, wegen des Erholungsurlaubs des Vorsitzenden erst nach knapp drei Wochen stattfinden würde. Den damit naheliegenden Weg einer im Termin vom 8. November 2017 vorab erteilten Information, dass geplant sei, mit dem Angeklagten N. und danach mit den Mitangeklagten Gespräche „zur Erörterung ihrer Einlassung“ zu führen, hat der Vorsitzende nicht beschritten. Er hat die Verteidiger des Angeklagten N. im Gegenteil gebeten, das Gespräch vertraulich zu behandeln. Dies war – wie auch der weitere Verlauf erweist – geeignet, den Eindruck einer „Geheimabsprache“ nochmals zu verstärken.

c) Das danach berechtigte Misstrauen der Beschwerdeführer, bei dem unter Ausschluss ihrer Verteidiger geführten Gesprächs seien ihnen zum Nachteil gereichende Umstände erörtert worden, ist durch die abgelehnten Richter in der Folge auch nicht ausgeräumt worden (vgl. hierzu BGH, Beschlüsse vom 18. Dezember 2007 – 1 StR 301/07, NStZ 2008, 229; vom 22. September 2008 – 1 StR 323/08, NStZ 2009, 159, 160; vom 4. März 2009 – 1 StR 27/09, NStZ 2009, 701).

aa) Die Gelegenheit, die gebotene umfassende Information im vorgenannten Sinne eingangs des Termins vom 27. November 2017 nachzuholen, hat der Vorsitzende nicht genutzt. Der Senat kann nicht nachvollziehen, aus welchem Grund diese Verfahrensweise angesichts des Befangenheitsantrages nicht mehr „opportun“ gewesen sein könnte.

bb) Im Ergebnis das Gleiche gilt für die (ersten) dienstlichen Stellungnahmen der abgelehnten Richter. Denn diese verhielten sich nicht zu dem in den Ablehnungsgesuchen als zentral herausgestellten Vorwurf einer „Geheimabsprache“. Sie legten auch nicht offen, von wem die Initiative für das Gespräch ausgegangen war. Die Offenbarung auch dieser Umstände erfolgte erst auf eine ausdrückliche Aufforderung im Ablehnungsverfahren. Auch aus Sicht eines verständigen Angeklagten vermochte dieses zögerliche Verhalten die Zweifel an der Unvoreingenommenheit der abgelehnten Richter damit nicht mehr zu entkräften.

d) Nach alledem kann dahingestellt bleiben, ob die Vorgehensweise der abgelehnten Richter unter dem Aspekt einer unzulässigen Verfahrensabsprache auch gegenüber den Beschwerdeführern einen eigenständigen Befangenheitsgrund ergeben würde (vgl. hierzu etwa BGH, Urteil vom 23. Januar 1991 – 3 StR 365/90, aaO, S. 302 ff.; BeckOK StPO/Cirener, Stand: 15. Oktober 2018, § 24 Rn. 24 ff.; LR/Siolek, 27. Aufl., § 24 Rn. 58 ff.), was deswegen nicht fernliegt, weil das durch den Vorsitzenden initiierte und unter Ausschluss anderer Verfahrensbeteiligter geführte Gespräch über eine bloße Erörterung des Verfahrensstandes hinausging (zur Abgrenzung BGH, Beschluss vom 14. April 2015 – 5 StR 9/15, NStZ 2015, 535, 536 f.).“

Sollte man als Vorsitzender, wenn man sich in der Rechtsprechung des BGh ein wenig auskennt – oder besser: auskennen sollte, – eigfentlich auch selbst drauf kommen.

Richter als Autor in einer Festschrift, oder: Wer den Beklagten ehrt, ist als Richter nichts wert.

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Im Kessel Buntes heute dann zunächst der BGH, Beschl. v. 07.11.2018 – IX ZA 16/17 -. Der Beschluss hat, obwohl Zivilrecht, eine Problematik zum Inhalt, die ggf. auch in einem Strafverfahren von Bedeutung sein kann. Der BGH beantwortet nämlich die Frage, ob die frühere Mitwirkung eines Richters an einer juristischen Festschrift in einem Rechtsstreit, in dem der Geehrte als Beklagter wegen Pflichtverletzung in Anspruch genommen wird, die Besorgnis der Befangenheit begründen kann. Der BGH sagt: Ja, kann:

„Nach diesen Maßstäben liegt ein Ablehnungsgrund in Bezug auf den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Kayser und die Richter Prof. Dr. Pape und Prof. Dr. Gehrlein vor, nicht aber in Bezug auf die weiteren abgelehnten Richterinnen und Richter.
1. Die Kläger meinen zu Recht, eine Besorgnis der Befangenheit des Vorsitzenden Richters Prof. Dr. Kayser ergebe sich daraus, dass dieser als Mitverfasser eines Geleitworts zu einer Festschrift anlässlich des 70. Geburtstags des Beklagten dessen Person und Lebenswerk in heraushebender Weise gewürdigt hat. In dem Geleitwort bezeichnet der abgelehnte Richter den Beklagten als einen Mann, „der sich wie kein zweiter in vielfältiger Weise um das Insolvenzrecht und die angrenzenden Rechtsgebiete verdient gemacht“ habe; der „zu der seltenen Spezies Insolvenzverwalter gehört, die unternehmerisches Denken mit scharfsinniger juristischer Analyse verbinden können“, der „unternehmerisch mit dem bestmöglichen Bemühen um die Sanierung als die ökonomisch vorzugswürdige Lösung“ vorgehe, „mit seinen Publikationen seine Qualifikation als Vordenker für die Praxis“ beweise und „den Acker «Insolvenz und Sanierung» in sehr unterschiedlichen, einander aber immer wieder befruchtenden Funktionen bestellt und daraus reiche Ernte hervorgebracht“ habe.
Die damit verlautbarte Hochachtung nicht nur von Person und Lebenswerk des Beklagten, sondern auch seiner besonderen insolvenzrechtlichen Treffsicherheit und seiner Vorbildfunktion für Insolvenzverwalter, kann bei vernünftiger Würdigung aller Umstände Anlass geben, in einem Rechtsstreit, in dem der Beklagte wegen angeblicher Pflichtverletzung bei der Ausübung seines Amtes als Insolvenzverwalter auf Schadensersatz in Anspruch genommen wird, an der Unvoreingenommenheit des Richters zu zweifeln. Dabei kommt es nicht darauf an, ob die persönliche Verwendung zu Ehren des Beklagten tatsächlich Ausdruck einer besonderen Nähebeziehung ist oder ob die Laudatio etwa nur geschäftsmäßig verfasst oder gar lediglich mitunterzeichnet wurde. Denn maßgeblich ist die Sicht der ablehnenden Partei, die bei vernünftiger Würdigung der äußeren Umstände Zweifel daran haben darf, dass das mit dem Geleitwort zum Ausdruck Gebrachte hinter seinem objektiven Wortsinn zurückbleibt.

2. Ebenso begründet sind die Ablehnungsgesuche gegen die Richter Prof. Dr. Pape und Prof. Dr. Gehrlein, welche jeweils einen umfangreichen Fachbeitrag zu der Festschrift geleistet haben. Gegenstand dieser Beiträge war zwar zuvorderst eine Teilnahme am wissenschaftlichen Diskurs über ein insolvenzrechtliches Thema; allerdings war der äußere Anlass hierfür durch die mit der Festschrift vorzunehmende Ehrung des Beklagten gesetzt. Auch wenn die Fachbeiträge der Richter Prof. Dr. Pape und Prof. Dr. Gehrlein für sich genommen keine persönliche Würdigung des Beklagten enthalten, der Aufsatz von Prof. Dr. Gehrlein sogar eine unabhängige Zweitverwertung in NZI 2015, 577 gefunden hat, darf die ablehnende Partei bei vernünftiger Würdigung der äußeren Umstände davon ausgehen, dass sich die Autoren mit ihrer Teilnahme an der Festschrift in den Dienst einer Sache gestellt haben, die auf eine Ehrung des Jubilars unter Hervorhebung außergewöhnlicher Verdienste ausgerichtet war. Diese Sichtweise wird auch durch das Geleitwort vermittelt, an dessen Ende versichert wird, dass gemeinsames Anliegen der Herausgeber und Autoren die Würdigung von Person und Lebenswerk des Beklagten sei. Aus Sicht der ablehnenden Partei kann dies Anlass geben, an der Unvoreingenommenheit der Richter bei der hier vorzunehmenden Beurteilung einer möglichen Pflichtwidrigkeit des Beklagten bei der Ausübung seines Amtes als Insolvenzverwalter zu zweifeln.“

Die befangene Vorsitzende der Berufungskammer, oder: Druck auf den Angeklagten ist nicht erlaubt.

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Ebenfalls in der vergangenen Woche ist mir der OLG Hamm, Beschl. v. 11.10.2018 – 3 RVs 32/18 – zugegangen. Den hat mir der Kollege Hochmann aus Bielefeld geschickt. Thematik: Besorgnis der Befangenheit der Vorsitzenden einer Berufungskammer aufgrund von außerhalb der Hauptverhandlung geführten Gesprächen der Vorsitzenden mit dem Verteidiger. Der Angeklagte hatte die Vorsitzende abgelehnt, damit (natürlich) keinen Erfolg, den hatte jetzt aber seine Revision:

„1. Der Schuldspruch kann keinen Bestand haben, denn das gegen die Vorsitzende gerichtete Ablehnungsgesuch vom 20. Februar 2018 war begründet, §§ 338 Nr. 3, 24 StPO.

a) Die Ablehnung eines Richters wegen Besorgnis der Befangenheit ist nach § 24 Abs. 2 StPO gerechtfertigt, wenn der Angeklagte aufgrund des ihm bekannten Sach-verhalts bei verständiger Würdigung der Sache Grund zu der Annahme hat, der abgelehnte Richter nehme ihm gegenüber eine innere Haltung ein, die dessen Unparteilichkeit und Unvoreingenommenheit störend beeinflussen könne (Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 61. Aufl., § 24. Rdnr. 8). Maßstab für die Besorgnis der Befangenheit ist, ob der Richter den Eindruck erweckt. er habe sich in der Schuld-und Straffrage bereits festgelegt (BGH, Urteil vom 10. November 1967 — 4 StR 512/66, juris; Urteil vom 9. August 2006 — 1 StR 50/06, NJW 2006, 3290; Beschluss vom 30. Juli 2013 — 4 StR 190/13, juris). Dazu ist entscheidend auf den nach außen deutlich gewordenen Eindruck von der inneren Haltung des Richters abzustellen, ohne dass es maßgeblich darauf ankommt, inwieweit dieser Eindruck tatsächlich der inneren Haltung des Richters entspricht (BGH, Urteil vom 29. März 2012 — 3 StR 455/11, NStZ-RR 2012, 211).

aa) Eine solche Einstellung kann sich auch aus Erklärungen vor der Hauptverhandlung gegenüber dem Angeklagten ergeben (KK-StPO/Scheuten, 7. Aufl., § 24, Rdnr. 12; Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 61. Aufl., § 24, Rdnr. 16). Einem Richter ist es zwar nicht verwehrt, -zwecks Förderung des Verfahrens mit Prozessbeteiligten auch außerhalb der Hauptverhandlung Fühlung aufzunehmen und eine bestimmte Prozesshandlung, unter Umständen auch die Rücknahme eines Rechtsmittels, anzuregen. Dabei hat er stets die gebotene Zurückhaltung zu wahren (BGH, Urteil vom 5. September 1984 — 2 StR 347/84, NStZ 1985, 36, 37; Urteil vom 29. März 2012 — 3 StR 455/11, NStZ-RR 2012, 211, 212), Der Rat des Vorsitzenden einer Berufungskammer zur Zurücknahme eines Rechtsmittels wegen geringer Erfolgsaussichten muss daher in vorsichtiger Form erteilt werden (KG Berlin, Beschluss vom 30. April 1987 — (4) 1 Ss 106/87 (51/87), juris). Die Besorgnis der Befangenheit kann begründet sein, wenn der Vorsitzende dabei zum Ausdruck bringt oder auf andere Weise den Eindruck erweckt, bereits festgelegt zu sein, etwa einen nach Form und Inhalt unangemessenen Einschüchterungsversuch oder eine unzulässige Willensbeeinflussung unternimmt, so dass ein besonnener Angeklagter die Befürchtung hegen muss, das Gericht werde sich nur unwillig und voreingenommen mit dem Rechtsmittel befassen (OLG Hamm, Beschluss vom 23. Oktober 1997 — 2 Ss 816/97, BeckRS 1997, 31399932; OLG Nürnberg, Beschluss vom 20. November 2007 — 2 St OLG Ss 133/07, juris, Rdnr. 20; OLG Stuttgart, Beschluss vom 30. Januar 2006 — 1 Ss 5/06, juris, Rdnr. 12, 21, 22).

bb) Die gebotene Zurückhaltung hat die Vorsitzende der Berufungskammer hier ver-missen lassen. Der Senat legt der Beurteilung der Befangenheitsrüge — die nach Beschwerdegrundsätzen zu erfolgen hat (Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 61. Aufl., § 338, Rdnr. 27 m.w.N.) — den Sachverhalt zugrunde, der sich der dienstlichen Stellungnahme der abgelehnten Richterin vom 22. Februar 2018 entnehmen lässt.

(1) Aufgrund der Inhalte der mit dem Verteidiger am 17, Mai 2017 und am 13. Juli 2017 geführten Telefonate, über die der Angeklagte von dem Verteidiger informiert wurde, konnte bei dem Angeklagten unter Gesamtwürdigung aller Umstände die Besorgnis entstehen, die Vorsitzende wolle ihn zu einer Rücknahme der Berufung drängen.

(2) Dabei hält es der Senat für zulässig, dass die Vorsitzende den Verteidiger unmittelbar nach Eingang der Akte und vor Anberaumung eines Hauptverhandlungstermins anrief, um ein Gespräch über die Erfolgsaussichten der Berufung zu führen und in diesem Zusammenhang ggf. auch den Ratschlag zu erteilen, die Berufung wegen geringer Erfolgsaussichten zurückzunehmen. Ob die dabei erteilten Hinweise im Einklang mit der materiellen Rechtslage standen, kann der Senat anhand des Inhalts der Befangenheitsrüge nicht überprüfen, da hierfür die wörtliche oder zumindest inhaltliche Wiedergabe der hierfür relevanten Teile der erstinstanzlichen Beweisaufnahme erforderlich gewesen wäre (OLG Nürnberg, Beschluss vom 20. November 2007 2 St OLG Ss 133107, juris, Rdnr. 14).

(3) Allerdings tätigte die Vorsitzende bereits in dem ersten Telefonat vom 17. Mai 2017 Äußerungen, die, in das Gewand von Warnungen, Belehrungen oder Hinweisen gekleidet, als Versuch aufgefasst werden konnten, die Willensfreiheit des Angeklagten im Hinblick auf die Durchführung des Rechtsmittels zu beeinträchtigen. Dies gilt insbesondere für die Ankündigung, im Fall einer Verurteilung im Urteil zu erwähnen, dass die Kammer durch das Verschlechterungsverbot gehindert sei, eine Sperrfrist zu verhängen, und dieses Urteil möglicherweise von der Straßenverkehrsbehörde gelesen werden würde. Diese Mitteilung weist keinen unmittelbaren Bezug zu den Erfolgsaussichten der Berufung auf. Sie konnte von dem Angeklagten nur so verstanden werden, dass er im Rahmen seiner Bemühungen um Wiedererlangung einer Fahrerlaubnis im Fall einer Verurteilung über die Tatsache der Rechtskraft des amtsgerichtlichen Urteils hinaus mit weiteren Nachteilen zu rechnen habe, die er vermeiden könne, wenn er die Berufung zurücknimmt. Gleiches gilt für die Ankündigung, im Fall einer Verurteilung möglicherweise die Bewährungszeit zu erhöhen oder Bewährungsauflagen zu verändern. Anhaltspunkte dafür, aus welchen maßgeblichen Erwägungen heraus die Vorsitzende bei vorläufiger Überprüfung davon ausging, die vom Amtsgericht festgesetzte Bewährungszeit von drei Jahren könne nicht ausreichen, sind nicht ersichtlich.

(4) Entscheidend für den Erfolg der Befangenheitsrüge ist letztlich, dass der Senat keinen Zusammenhang zwischen dem Inhalt des weiteren Telefonats vom 13. Juli 2017 und einer sachlichen Förderung des Verfahrens sieht. Die dienstliche Stellungnahme der abgelehnten Richterin verhält sich nicht zu den Gründen für ein erneutes Telefonat mit dem Verteidiger; ein aktueller Anlass für eine Kontaktaufnahme — etwa die Absprache eines Termins — bestand nicht. Der Inhalt des geführten Telefonats legt nahe, dass die Vorsitzende die durch die ergänzenden Ermittlungen geänderte Sach- und Rechtslage erörtern und ihren Rat zur Rücknahme des Rechtsmittels wiederholen wollte. Es kann dahinstehen, ob dies zulässig war, obwohl der Verteidiger bereits in dem Telefonat vom 17. Mai 2017 erklärt hatte, dass der Angeklagte die ihm angelastete Tat bestreite und er auch nicht wünsche, dass ein Verhandlungstermin zur Erörterung der Sach- und Rechtslage ohne Ladung von Zeugen durchgeführt werden solle; dies ließ aus Sicht der Vorsitzenden nur den Schluss zu, dass das Rechtsmittel durchgeführt werden sollte. Jedenfalls aufgrund des Hinweises, die Staatsanwaltschaft könne aufgrund der protokollierten polizeilichen Aussage der Zeugin G. ein weiteres Verfahren einleiten, konnte auch bei einem besonnenen Angeklagten der Eindruck entstehen lassen, die Vorsitzende wolle Druck auf ihn ausüben, um ihn doch noch zur Rücknahme der Berufung zu bewegen. Die Verknüpfung zwischen einer Rechtsmittelrücknahme und der Vermeidung weiterer, außerhalb des Verfahrens liegender Nachteile stellte die Vorsitzende in dem Telefonat selbst her, indem sie nach dem Hinweis ergänzend hinzufügte, dass die Möglichkeit der Einleitung eines neuen Verfahrens aus der Sicht des Angeklagten ein Argument darstellen könne, die Berufung vor der potenziellen Einleitung eines solchen Verfahrens zurückzunehmen. Diese Äußerung wies keinen sachlichen Bezug mehr zu dem zur Entscheidung stehenden Verfahren auf, zumal die Frage, ob es zur Einleitung eines neuen Verfahrens kommt und mit welcher Entscheidung dieses ggf. in der Zukunft abgeschlossen wird, erkennbar außerhalb des Einflussbereichs der Vorsitzenden lag. 3 StR 111/17, juris)…..“

M.E. zutreffend, denn so geht es nun wirklich nicht. Für mich auch eine der Thematiken, bei der man über das Verhalten/Vorgehen mancher Richter nur den Kopf schütteln kann. Gelinde ausgedrückt.

Ablehnung der Dolmetscherin, oder: Die Dolmetscherin als psychosoziale Prozessbegleiterin?

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Author Affemitwaffe

Über das BGH, Urt. v. 04.07.2018 – 2 StR 485/17 habe ich ebenfalls bereits berichtet. Das ist das Verfahren mit dem Vorwurf der Vergewaltigung, in dem u.a. mit der Verfahrensrüge ein Beweisverwertungsverbot gegen die Verwertung eines „belauschten“ Verteidigergesprächs geltend gemacht worden war (vgl. Verteidiger III: Das “belauschte” Verteidigergespräch, oder: Mund halten, aber immer und überall.).

Ich komme dann heute auf dieses Urteil des BGH noch einmal zurück. Geltend gemacht war nämlich auch noch eine Verletzung von § 191 GVG in Verbindung mit §§ 74 Abs. 1, 24 Abs. 1 StPO dadurch, dass das Landgericht die Ablehnung der bei der Vernehmung der Nebenklägerin hinzugezogenen Dolmetscherin wegen Besorgnis der Befangenheit zu Unrecht zurückgewiesen habe. Auch die Rüge hatte keinen Erfolg:

Der Rüge lag Folgendes Verfahrensgeschehen zugrunde:

„Im Termin zur Fortsetzung der Hauptverhandlung am 22. Mai 2017 erschien die Dolmetscherin F. und berief sich auf ihren allgemein geleisteten Dolmetschereid. Sie war sodann bei der Zeugenvernehmung der Nebenklägerin anwesend und übertrug deren Äußerungen aus der polnischen Sprache ins Deutsche. Am nächsten Sitzungstag, dem 28. Juni 2017, lehnte der Beschwerdeführer die Dolmetscherin wegen Besorgnis der Befangenheit ab. Diese habe schon am vorangegangenen Verhandlungstag während der Vernehmung der Nebenklägerin dieser den Arm um die Schultern gelegt, um sie zu trösten; am 8. Juni 2017 habe sie ihr bei einer Fortsetzung der Vernehmung Taschentücher gereicht und gut zugeredet. Außerdem habe sie in Sitzungspausen vor dem Gerichtsgebäude mit der Nebenklägerin und deren anwaltlichen Beistand gesprochen. Schließlich sei die Dolmetscherin am 8. Juni 2017 nach Abschluss der Vernehmung der Nebenklägerin zwischen 16.32 Uhr und 16.34 Uhr beobachtet worden, wie sie auf einer Treppe neben der Nebenklägerin gesessen, den Arm um diese gelegt und tröstend auf sie eingeredet habe. Schließlich sei zu beanstanden, dass die Dolmetscherin ihre Übersetzung mit Wertungen versehen habe.“

Dazu der BGH:

„bb) Die Verfahrensrüge ist unbegründet.

(1) Nach § 191 GVG gelten für die Ablehnung eines Dolmetschers die Regeln über die Ablehnung eines Sachverständigen entsprechend. Gemäß § 74 Abs. 1 StPO sind auf den Sachverständigen wiederum die Vorschriften über die Richterablehnung entsprechend anzuwenden.

Anders als bei der Richterablehnung prüft das Revisionsgericht bei der Sachverständigen- und Dolmetscherablehnung nicht selbständig, ob die Voraussetzungen für die Ablehnung des Sachverständigen oder Dolmetschers wegen Besorgnis der Befangenheit im konkreten Fall vorliegen. Es hat vielmehr nach revisionsrechtlichen Grundsätzen zu entscheiden, ob das Ablehnungsgesuch ohne Verfahrensfehler und mit ausreichender Begründung zurückgewiesen worden ist. Das Revisionsgericht ist dabei an die vom Tatrichter festgestellten Tatsachen gebunden (vgl. zur Dolmetscherablehnung BGH, Beschluss vom 28. August 2007 – 1 StR 331/07, NStZ 2008, 50; zur Sachverständigenablehnung Senat, Beschluss vom 23. März 1994 – 2 StR 67/94, BGHR StPO § 74 Ablehnungsgrund 3; BGH, Beschluss vom 22. Juli 2014 – 3 StR 302/14, BGHR StPO § 74 Abs. 1 Satz 1 Befangenheit 6).

(2) Danach ist kein Rechtsfehler der Entscheidung über die Zurückweisung des Ablehnungsgesuchs festzustellen.

In der Verweisung des § 191 GVG auf § 74 StPO und von dort auf § 24 Abs. 1 StPO kommt der gesetzgeberische Wille zum Ausdruck, die inhaltlichen Grundsätze zur Richter- und Sachverständigenablehnung wegen Besorgnis der Befangenheit auf Dolmetscher zu übertragen. Eine Dolmetscherablehnung ist danach begründet, wenn vom Standpunkt des Antragstellers aus objektive Gründe bestehen, die Zweifel an der Unparteilichkeit des als Gehilfe des Gerichts herangezogenen Sprachmittlers erregen. Bei der Anwendung dieser Maßstäbe ist allerdings die besondere Funktion und Stellung des abgelehnten Dolmetschers zu berücksichtigen. Einerseits ist dieser verpflichtet, so vollständig und wortgetreu zu übersetzen, dass das rechtliche Gehör der Verfahrensbeteiligten gewahrt bleibt; bei der Erfüllung dieser Aufgabe ist ihm kein Ermessen oder ein sonstiger Entscheidungsspielraum eingeräumt (vgl. Kissel/Mayer, GVG, 9. Aufl. 2018, § 185 Rn. 10). Andererseits kann seine Tätigkeit von den Verfahrensbeteiligten regelmäßig nur schwer kontrolliert werden mit der Folge, dass deren berechtigtes Vertrauen in die Integrität und Unparteilichkeit des Dolmetschers besonderen Schutzes bedarf.

Danach ist die Annahme des Landgerichts, ein Ablehnungsgrund liege nicht vor, rechtlich nicht zu beanstanden. Dafür ist es von Bedeutung, dass die Dolmetscherin in einer besonderen Kommunikationsbeziehung zu der Nebenklägerin stand, deren Äußerungen aus dem Polnischen zu übertragen waren. Die Nebenklägerin befand sich in einer angespannten psychischen Verfassung, sie hatte Weinkrämpfe und erlitt einen Nervenzusammenbruch. Bei dieser Sachlage ist das Landgericht rechtsfehlerfrei davon ausgegangen, es sei nur ein Anzeichen von Mitgefühl, wenn die Dolmetscherin der Nebenklägerin den Arm um die Schulter legte und ihr Trost zusprach. Auswirkungen auf die Richtigkeit der Übertragung, die zurzeit der zuletzt beschriebenen Szene bereits beendet war, hat das Landgericht ausgeschlossen, nachdem es die Bedeutung einzelner Begriffe hinterfragt hatte; auch dagegen ist rechtlich nichts zu erinnern.“

Na ja: Mir scheint, als habe die Dolmetscherin sich mehr als psychosoziale Prozessbegleiterin gesehen, so dass die Besorgnis (!) der Befangenheit aus Sicht des Angeklagten vielleicht doch nicht so fern liegt.

„Herr Verteidiger, Ihre Zwischenfrage war „unverschämt“….“, oder: Befangen?

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Über das beim BGH anhängige Revisionsverfahren 4 StR 138/18 habe ich bereits einmal berichtet, und zwar über den BGH, Beschl. v. 05.06.2018 – 4 StR 138/18 (vgl. hier: Pflichti I: Anweisung vom BGH: Pflichtverteidigerwechsel, oder: Wenn der alte Pflichtverteidiger zu krank ist…..). Der dem Angeklagten beigeordnete Pflichtverteidiger hatte wegen Krankheit die Revision nicht begründet. Der BGH hat daher unter Hinweis auf die Rechtsprechung des EGMR an das LG zurückgegeben. Da ist dann ein neuer Pflichtverteidiger bestellt worden.

Nun hat der BGH im BGH, Beschl. v. 29.08.2018 – 4 StR 138/18 – über die Revision des Angeklagten entschieden. Geltend gemacht war ein Verstoß gegen § 338 Nr. 3 StPO, der darauf gestützt war, der Vorsitzende sei u.a. deshalb befangen (§ 24 StPO) gewesen, weil er dem Verteidiger das Recht abgeschnitten habe, weitere Fragen an die Sachverständige zu richten. Der BGH hat die Rüge als jedenfalls unbegründet angesehen:

„Jedenfalls ist die Befangenheitsrüge unbegründet; das Revisionsgericht behandelt diese Rüge nach Beschwerdegesichtspunkten (vgl. dazu BGH, Urteil vom 18. Oktober 2012 – 3 StR 208/12; Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 61. Aufl., § 338 Rn. 27 mwN). Spannungen zwischen Richter und Verteidiger, die erst im Verfahren entstanden sind, begründen in aller Regel nicht die Besorgnis der Befangenheit (BGH, Beschluss vom 4. März 1993 – 1 StR 895/92, StV 1993, 339; Urteil vom 5. April 1995 – 5 StR 681/94, StV 1995, 396). So liegt es auch hier: Wie das Landgericht in dem das Befangenheitsgesuch zurückweisenden Beschluss vom 11. Oktober 2017 sachlich und rechtlich zutreffend ausgeführt hat, liegt die Besorgnis einer Befangenheit des Vorsitzenden des Schwurgerichts nicht vor. Zwar hat der Vorsitzende dem Verteidiger eine „selektive Wahrnehmung“ vorgehalten und eine von ihm gestellte Zwischenfrage als „unverschämt“ bezeichnet. Vor dem Hintergrund des jeweils vorangegangenen, in dem Zurückweisungsbeschluss ausführlich dargelegten Prozessverhaltens des Verteidigers erweisen sich diese Reaktionen des Vorsitzenden aber nicht als in hohem Maße rechtsfehlerhaft, unangemessen oder sonst unsachlich (vgl. BGH, Beschlüsse vom 20. August 2008 – 5 StR 336/08; vom 12. Februar 2013 – 2 StR 536/12; Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 61. Aufl., § 24 Rn. 17 f. mwN). Die wiederholten Ermahnungen des Vorsitzenden, der Verteidiger möge bei der Ausübung seines Erklärungsrechts nach § 257 Abs. 2 StPO den Schlussvortrag nicht vorwegnehmen, beruhen auf Absatz 3 der Vorschrift; sie waren zudem, wie das Landgericht ebenfalls zutreffend dargelegt hat, sachlich berechtigt. Auch in der Gesamtschau liegt nach der tatsächlichen Würdigung des Senats (vgl. BGH, Urteil vom 18. Oktober 2012 – 3 StR 208/12) kein Grund vor, der vom Standpunkt eines vernünftigen Angeklagten die Besorgnis begründen könnte, der Vorsitzende nehme ihm gegenüber eine voreingenommene Haltung ein.“