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Haft II: Drei Monate zwischen Eröffnungsreife und HV, oder: Mehr ist nicht nur „vorübergehende Überlastung“

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Im zweiten Posting etwas zum Beschleunigungsgrundsatz. Ergangen ist der OLG Frankfurt am Main, Beschl. v. 19.07.2023 – 1 Ws 225- 229/23 – in einem BtM-Verfahren, das sich gegen fünf Angeklagte richtet. Die haben sich seit dem 17. bzw. 19.11.2022 in Untersuchungshaft befunden..

Die StA hat am 14.04. 2023 Anklage zum LG Frankfurt am Main erhoben. Der Vorsitzende der zutsändigen Strafkammer zeigte dem Präsidium des LG Ende Mai 2023 die Überlastung der Kammer an und ersuchte das Präsidium, die Überlastung der Strafkammer festzustellen und das Verfahren auf eine andere Strafkammer zu übertragen. Das Präsidium des LG hat am 31.05. wurde die Überlastungsanzeige erörtert. Eine Überlastung wurde nicht festgestellt.

Die Strafkammer hat dann mit Beschlüssen vom 30. 06.2023 die Haftbefehle gegen die Angeklagten außer Vollzug. Zur Begründung führte sie aus, dass die Durchführung der Hauptverhandlung vor Januar 2024 nicht in Betracht komme und vor diesem Hintergrund der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit die Außervollzugsetzung gebiete. Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Staatsanwaltschaft. Die hatte keinen Erfolg. Das OLG hat die aufgehoben:

„Auf die Beschwerden der Staatsanwaltschaft, die gemäß § 301 StPO auch zugunsten der Angeschuldigten wirken, sind die Haftbefehle aufzuheben.

Die Aufrechterhaltung der Haftbefehle ist vorliegend nicht gerechtfertigt, weil das aus Art. 2 Abs. 2 Satz 2 GG und Art. 5 Abs. 3 Satz 1, 2. Halbsatz MRK folgende Beschleunigungsgebot verletzt ist. Das in Haftsachen geltende Gebot der besonderen Verfahrensbeschleunigung verlangt, dass die Strafverfolgungsbehörden und Gerichte von Anfang an alle möglichen und zumutbaren Maßnahmen ergreifen, um die notwendigen Ermittlungen mit der gebotenen Schnelligkeit abzuschließen und eine gerichtliche Entscheidung über die einem Beschuldigten vorgeworfenen Taten herbeizuführen (vgl. nur BVerfG, BeckRS 2007, 33088). Liegt ein Verstoß gegen das Beschleunigungsgebot vor, kann die Untersuchungshaft zur Durchführung eines geordneten Strafverfahrens und zur Sicherstellung der Strafvollstreckung nicht mehr als notwendig anerkannt werden. Selbst wenn noch keine vermeidbare Verzögerung vorliegt, aber bereits hinreichend deutlich absehbar ist, dass das Verfahren nicht mit der in Haftsachen gebotenen Beschleunigung betrieben werden kann, ist von der Aufrechterhaltung der Untersuchungshaft abzusehen (BVerfG, BeckRS 2007, 33088; OLG Stuttgart, NStZ-RR 2012, 62). Eine erst bevorstehende, aber zum Entscheidungszeitpunkt schon deutlich absehbare Verfahrensverzögerung steht einer bereits eingetretenen Verfahrensverzögerung gleich (BVerfG, Beck RS 2021, 1240 Rn. 39).

So liegt der Fall hier. Die Strafkammer hat in den angefochtenen Entscheidungen festgehalten, dass angesichts der Belastungssituation der Kammer die Hauptverhandlung nicht vor Januar 2024 beginnen könne. Zwischen Eröffnungsreife und Hauptverhandlung lägen mithin nicht drei Monate, wie dies üblicherweise der Fall sein soll, sondern rund sechs Monate. Damit verzögert sich das Verfahren absehbar um mindestens drei Monate, weshalb schon nicht von einer nur vorübergehenden Überlastung auszugehen ist. Die Verzögerung ist schließlich auch der Justiz anzulasten, was die Aufhebung und nicht die Außervollzugsetzung der Haftbefehle gebietet. Soweit die Staatsanwaltschaft rügt, die Kammer wähne sich trotz der anderslautenden Entscheidung des Präsidiums und auch zu Unrecht überlastet und könne bei gebotener Reduzierung der Sitzungstage in dem Verfahren … eine Terminierung im September 2023 ermöglichen, bedarf es keiner Entscheidung des Senats. Der Senat hat keine Möglichkeit, auf die Terminierung der Kammer Einfluss zu nehmen, geschweige denn, eine bestimmte Terminierung zu erzwingen. Umgekehrt, soweit die Kammer der Auffassung ist, das Präsidium habe eine Überlastung zu Unrecht nicht festgestellt, vermag der Senat auch keinen Einfluss auf die Gerichtsorganisation des Landgerichts zu nehmen. Es verbleibt dabei, dass ein Beginn der Hauptverhandlung vor Januar 2024 mit dem Beschleunigungsgebot nicht in Einklang zu bringen ist. Justizinterne Unstimmigkeiten zwischen dem Präsidium des Gerichts und der Kammer bzgl. deren Belastungssituation dürfen nicht zu Lasten der Angeschuldigten gehen. Die Angeschuldigten haben die absehbare Verzögerung keinesfalls zu vertreten.“

Haft II: Haftverschonung, oder: Auch danach gilt das Beschleunigungsgebot

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Bei der zweiten Entscheidung, die ich vorstelle, handelt es sich um den KG, Beschl. v. 22.02.2019 – (4) 161 HEs 11/19 (4/19) – 4 Ws 19-20/19. In ihm geht es um Haftverschonung und das Beschleunigungsgebot in Fällen der Haftverschonung und bei der Gestaltung der Hauptverhandlung. Das KG hat in seinem rund 20 Seiten langen Beschluss den landgerichtlichen Haftbefehl aufgehoben.

Die Leitsätze:

1. Das nicht nur ganz kurzfristige Fehlen einer wirksamen Haftersatzmaßnahme kann den Bestand des Haftbefehls in Frage stellen, weil eine Haftverschonung ohne eine ernsthafte beschränkende Anordnung im Sinne des § 116 Abs. 1 StPO unzulässig ist.

2. Das in § 116 Abs. 4 StPO zum Ausdruck kommende Gebot, die Aussetzung des Vollzuges eines Haftbefehls nur dann zu widerrufen, wenn sich die Umstände im Vergleich zu der Beurteilungsgrundlage zur Zeit der Gewährung der Verschonung verändert haben, gehört zu den bedeutsamsten (Verfahrens-) Garantien, deren Beachtung Art. 104 Abs. 1 Satz 1 GG fordert und mit grundrechtlichem Schutz versieht. Das maßgebliche Kriterium für den Widerruf besteht in einem Wegfall der Vertrauensgrundlage der Aussetzungsentscheidung, wobei das Gericht an die Beurteilung der Umstände gebunden ist, auf denen die Vollzugsaussetzung beruhte.

3. Zur Verletzung des in Haftsachen geltenden Gebotes der besonderen Verfahrensbeschleunigung bei geringer Hauptverhandlungsdichte.

4. Das Beschleunigungsgebot in Haftsachen ist, wenngleich in abgeschwächter Form, auch in Haftverschonungsfällen zu beachten.

Ganz interessant zu lesen.

Der BGH schlägt zum „kleinteiligen“ Kammergericht zurück, oder: Mia san mia

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Der ein oder andere Leser wird sich noch an den KG, Beschl. v. 17.01.2018 – 4 Ws 159 u. 160/17 – und mein Posting dazu: “Sieben Monate beim BGH ist zu lang”, oder: Klatsche für den 1. Strafsenat vom KG erinnern. Das endete mit: „Nachdem meine Frage 2 aus dem Posting: Gut (?) Ding, will (lange) Weile haben, oder: Sieben Monate beim BGH ist auch in einer Haftssache nicht so schlimm, beantwortet ist, bleibt dann noch, wie der BGH nun mit der Verfahrensverzögerung umgehen wird. Vor allem: Sagt er überhaupt etwas dazu?

Nun, die Frage ist jetzt mit dem BGH, Beschl. v. 24.01.2018 – 1 Str 36/17, der erst sein ein paar Tagen auf der Homepage des BGH veröffentlicht worden ist, beantwortet. Der BGH hat etwas gesagt, und dann gleich etwas für BGHSt: Und man merkt dem Beschluss m.E. deutlich an, wie angefressen der BGH über die Rüge aus Berlin, dass es bei ihm zu lange gedauert hat, ist/war. Der Leitsatz der BGH-Entscheidung:

„Der Bundesgerichtshof hat das Beschleunigungsgebot in Haftsachen eigenständig – unter den spezifischen Bedingungen des Revisionsverfahrens – zu wahren; er ist nicht gehalten, Einzelheiten zum internen Arbeitsablauf des Senats den mit der Haftkontrolle befassten Gerichten mitzuteilen.“

Hintergrund dieses Leitsatzes ist der Umstand, dass das KG moniert hatte, dass nicht bzw. nicht ausreichend Auskunft aus Karlsruhe bekommen hatte. Das mag der BGH nun gar nicht, oder: Mia san mia. Und wir werden doch nicht einem OLG Auskunft = Rechenschaft geben – was wir im Übrigen auf der Grund der gesetzlichen Konstruktionen der Zuständigkeiten auch gar nicht müssen. Wir passen selbst auf den Beschleunigungsgrundsatz auf und haben den im Blick (hoffen wir es).

Und: Zu langsam ist es bei uns auch nicht gegangen, denn:

„c) Eine Verletzung des Beschleunigungsgrundsatzes ist – entgegen der Auffassung des Kammergerichts – nicht erkennbar.

(1) Das angefochtene Urteil ist am 8. April 2016 ergangen, zugleich wurde bezüglich beider Angeklagten die Haftfortdauer angeordnet. Das schriftliche Urteil und das Protokoll über die Hauptverhandlung wurden den Verteidigern der Angeklagten K. am 6. bzw. 7. September 2016 zugestellt. Gegen das Urteil haben der Angeklagte E. , der Angeklagte A. sowie die Staatsanwaltschaft Berlin und drei Verfallsbeteiligte Revision eingelegt. Die Verteidiger der Angeklagten E. und A. haben ihre Rechtsmittel mit zahlreichen Verfahrens- und Sachrügen begründet. Die Rechtsmittel der Staatsanwaltschaft und der revidierenden Verfallsbeteiligten richten sich – nach Teilrücknahme – nur noch gegen die Verfallsentscheidungen.

(2) Bei dem gegenständlichen Revisionsverfahren handelt es sich um ein sehr komplexes und umfangreiches Wirtschaftsstrafverfahren wegen Steuerhinterziehung, bei dem ohne weiteres erkennbar ist, dass bereits die Vorbereitung der Senatsberatung erheblichen Zeit- und Arbeitsaufwand erfordert. Dies zeigt sich schon am Umfang der Verfahrensakten des Revisionsverfahrens mit zehn Stehordnern, die neben dem angefochtenen Urteil mit 1.001 Seiten Revisionsbegründungen der Beschwerdeführer mit zahlreichen Verfahrens- und Sachrügen, der Staatsanwaltschaft Berlin und von drei Verfallsbeteiligten sowie Anträge des Generalbundesanwalts und Gegenerklärungen von Verfahrensbe-teiligten enthalten. Dabei umfassen die Revisionsbegründungen der Beschwerdeführer jeweils drei Stehordner; weitere drei Stehordner beinhalten die Revisi-onsbegründungen der Staatsanwaltschaft Berlin und von drei Verfallsbeteiligten, die Antragsschriften des Generalbundesanwalts und Revisionsgegenerklärungen.

Beide Angeklagte waren aufgrund der Haftbefehle des Amtsgerichts Tiergarten in Berlin vom 1. Juli 2014 – 348 Gs 1872/14 – am 14. Juli 2014 festgenommen worden und befanden sich seither ununterbrochen in dieser Sache bis zum Beschluss des Kammergerichts vom 17. Januar 2018 in Untersuchungshaft in der Justizvollzugsanstalt Moabit.

(3) Bei diesem Ablauf liegt eine Verletzung des Beschleunigungsgrundsatzes in Haftsachen nicht vor, sodass auch eine überlange Verfahrensdauer, die nach dem Vollstreckungsmodell der Rechtsprechung zu kompensieren wäre (vgl. BGH, Beschluss vom 17. Januar 2008 – GSSt 1/07, BGHSt 52, 124, 135 ff.), nicht gegeben ist. Eine Bearbeitungsdauer von etwa acht Monaten nach Ablauf der Frist in § 349 Abs. 3 Satz 2 StPO bis zur Entscheidung durch den Senat über die Revisionen der Angeklagten ist in Anbetracht des Umfangs des Verfahrens nicht als erhebliche, vermeidbare Verzögerung anzusehen. Es bedarf dabei keines weiteren Eingehens auf die (teilweise kleinteiligen) Erwägungen des Kammergerichts.“

Ah, „teilweise (kleinteilige) Erwägungen des Kammergerichts„. Nun zumindest das hätte man sich als letzten Schlag ersparen können/sollen. Immerhin ging es um das Freiheitsgrundrecht des Angeklagten. Und „kleinteilig“ – ich weiß nicht bzw. wie war das noch mit den Steinen und dem Glashaus.

Zu dem Beschluss des KG hatte übrigens auch schon  VorsRi BGH a.D. Th. Fischer im StraFo Stellung genommen. Der war auch „not amused“.

5 Jahre U-Haft, oder: BGH – das ist doch noch beschleunigt

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Aus der „Abteilung U-Haft-Sachen“ weise ich dann zum Abschluss des Tages hin auf den BGH, Beschl. v. 23.02.2017 – StB 4/17, ergangen in einem beim OLG München anhängigen Verfahren. Der Angeklagte befindet sich seit dem 29.11.2011 in U-Haft. Der BGH hat seitdem immer wieder Fortdauer der U-Haft angeordnet und Beschwerden des Angeklagten gegen Haftfortdauerbeschlüsse des OLG verworfen. So dann jetzt auch wieder in dem Beschl. vom 23.02.2017, in dem er folgende Ausführungen zum „Beschleunigungsgebot“ macht:

3. Die Untersuchungshaft hat mit Blick auf das Spannungsverhältnis zwi-schen dem Freiheitsanspruch des Angeklagten und dem Interesse der Allgemeinheit an einer effektiven Strafverfolgung bei Berücksichtigung und Abwägung der gegebenen Besonderheiten des vorliegenden Verfahrens – auch angesichts der nunmehr über fünf Jahre währenden Untersuchungshaft und der zu erwartenden Gesamtdauer des Verfahrens – fortzudauern. Ihr weiterer Voll-zug steht angesichts der gegebenen Besonderheiten auch nicht außer Verhält-nis zu der Bedeutung der Sache und der zu erwartenden Strafe (§ 120 Abs. 1 Satz 1 StPO).

a) Dies gilt auch mit Blick auf das in Art. 2 Abs. 2 Satz 2 GG gewährleistete Recht des Einzelnen auf persönliche Freiheit. …..

Das damit angesprochene Beschleunigungsgebot in Haftsachen verlangt, dass die Strafverfolgungsbehörden und Strafgerichte alle möglichen und zumutbaren Maßnahmen ergreifen, um die notwendigen Ermittlungen mit der gebotenen Schnelligkeit abzuschließen und eine gerichtliche Entscheidung über die einem Beschuldigten vorgeworfenen Taten herbeizuführen. Zur Durchführung eines geordneten Strafverfahrens und einer Sicherstellung der etwaigen späteren Strafvollstreckung kann die Untersuchungshaft deshalb nicht mehr als notwendig anerkannt werden, wenn ihre Fortdauer durch vermeidbare Verfahrensverzögerungen verursacht ist. Bei absehbar umfangreicheren Verfahren ist daher stets eine vorausschauende, auch größere Zeiträume umgrei-fende Planung der Hauptverhandlung mit im Grundsatz durchschnittlich mehr als einem Hauptverhandlungstag pro Woche notwendig. Insgesamt ist eine auf den Einzelfall bezogene Prüfung des Verfahrensablaufs erforderlich. Zu würdigen sind auch die voraussichtliche Gesamtdauer des Verfahrens und die für den Fall einer Verurteilung konkret im Raum stehende Straferwartung (st. Rspr.; vgl. etwa BVerfG, Beschluss vom 17. Januar 2013 – 2 BvR 2098/12 mwN, juris Rn. 39 ff.; BGH, aaO).

Gemessen an diesen Anforderungen ist das Verfahren und insbesonde-re die Hauptverhandlung mit der in Haftsachen gebotenen besonderen Be-schleunigung geführt worden. Wie das Oberlandesgericht in seinem Beschluss vom 21. Dezember 2016 im Einzelnen dargelegt hat, wird die Hauptverhandlung weiterhin in aller Regel an drei Verhandlungstagen pro Woche durchgeführt und betrifft nahezu durchgängig auch den Angeklagten. Auch die weiteren Einwände gegen die Verhandlungsführung (Ladung nur eines Zeugen pro Verhandlungstag, zu geringe Verhandlungszeit pro Sitzungstag) verfangen aus den Gründen des Beschlusses des Oberlandesgerichts vom 21. Dezember 2016, die der Beschwerdeführer mit seinem Rechtsmittel auch nicht angreift, nicht.

Im Übrigen verweist der Senat zum Umfang und zu den Schwierigkeiten des Verfahrens auf seine Beschwerdeentscheidung vom 5. Februar 2015 (StB 1/15, juris Rn. 8) und hält daran fest, dass die dem Angeklagten vorgeworfenen Beihilfehandlungen isolierter Betrachtung nicht zugänglich sind; ein gesondertes Urteil im Verfahren gegen den Angeklagten scheidet deshalb nach wie vor aus.

b) Wie der Senat zuletzt im Beschluss vom 14. Juli 2016 ausgeführt hat, stellt sich das aufzuklärende Tatgeschehen nicht nur nach der gesetzlichen Strafandrohung als eine erhebliche Straftat dar, sondern wiegt auch unter den konkret gegebenen Umständen schwer. Die im Falle der Verurteilung des Angeklagten zu erwartende und zu verbüßende Strafe wird deshalb bis auf Weiteres die Untersuchungshaft nicht nur unwesentlich übersteigen. Soweit der Beschwerdeführer meinen sollte, die Vollziehung von Untersuchungshaft über fünf Jahre hinaus stelle sich bei einem Gehilfen aus grundsätzlichen Erwägungen als unverhältnismäßig dar, könnte der Senat dem nicht folgen. Gerade die Verhältnismäßigkeitsprüfung erfordert vielmehr eine Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls.“

Mich würde interessieren, was das BVerfG dazu sagt….

Ein Hauptverhandlungstag/Woche reicht nicht, oder: Wenn ein LG es besser kann als ein OLG

© Birgit Reitz-Hofmann - Fotolia.com

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Es gibt sie – „schöne Beschlüsse“ aus Dresden. Über einen weniger „schönen“ des OLG Dresden hatte ich ja neulich erst berichtet müssen (vgl. den OLG Dresden, Beschl. v. 23.12.2014 – 2 Ws 542/14 und dazu Freibrief/Freilos – Erstaunliches zur U-Haft-Fortdauer vom OLG Dresden und dazu dann noch der VerfGH Sachsen, Beschl. v. 26.02.2015 – Vf. 7-IV-15 (EIS) mit Freibrief/Freilos – Erstaunliches zur U-Haft-Fortdauer aus Sachsen – II). Heute dann auch zu einer Haftfrage der LG Dresden, Beschl. v. 30.03.2015 – 4 Qs 25/15, ein „schöner“ Beschluss. Er verhält sich u.a. zur Frage der Verletzung des Beschleunigungsgebotes durch das AG Dresden. Das hatte in einem Verfahren wegen gewerbs- u. bandenmäßigen Fälschens von Zahlungskarten mit Garantiefunktion u.a. nach Auffassung des LG nicht ausreichend „hautpverhandelt“. Die Beschlussgründe sprechen m.E. für sich, wenn es heißt:

…. Durch Beschluss des Oberlandesgerichts Dresden vom 25.11.2014 wurde bei der gesetzlichen Haftprüfung im Sinne der §§ 121, 122 StPO die Fortdauer der Untersuchungshaft bei beiden Angeklagten angeordnet. Das bei Haftsachen zu beachtende Beschleunigungsgebot wurde u.a. auch deshalb als gewahrt angesehen, da der Vorsitzende des Schöffengerichts in Absprache mit den Verteidigern bereits Hauptverhandlungstermin auf den 21.01.2015 festgesetzt hatte. An diesem Hauptverhandlungstag, bei dem die Strafsache zwischen 13:33 Uhr und 14:55 Uhr verhandelt wurde, wurden keine Zeugen geladen. Auch der weitere Fortsetzungstermin am 10.02.2015 war erkennbar als sogenannter Schiebetermin geplant und war ausweislich des Protokolls nur von 15-minütiger Verhandlungsdauer. Gleiches gilt für den dritten Fortsetzungstermin am 03.03.2015, bei dem ebenfalls keine Zeugen gehört sondern im Wesentlichen nur Bestandteile der Akte in Augenschein genommen wurden. Auch dieser Termin erstreckte sich über lediglich 15 Minuten. Erst am weiteren Fortsetzungstermin am 13.03.2015 wurde erstmals eine Polizeibeamtin als Zeugin gehört, wobei sich die Verhandlung über einen Zeitraum von 2 Stunden und 25 Minuten – einschließlich einer Sitzungsunterbrechung von 35 Minuten – erstreckte. In diesem Hauptverhandlungstermin stellten die beiden Verteidiger der Angeklagten, die Rechtsanwälte pppp. und pppp. jeweils Antrag auf Aufhebung des Haftbefehls. Durch Beschluss des Amtsgerichts Dresden, der noch in der Hauptverhandlung verkündet wurde, wurden die Anträge jeweils abgelehnt. Zur Begründung wurde hierbei folgendes ausgeführt: „Nach der bis her durchgeführten Beweisaufnahme besteht weiterhin dringender Tatverdacht. Auf Beschluss des Landgerichts Dresden vom 22.10.2014 wird Bezug genommen. Das Verfahren wurde, soweit es die Terminplanung mit den Verteidigern ermöglichte, zügig bearbeitet. Krankheitsbedingte Ausfälle der Zeugen sind nicht vom Gericht zu verantworten. In Anbetracht der Straferwartung im Falle einer Verurteilung ist die Aufrechterhaltung des Haftbefehls und Fortdauer der Untersuchungshaft zu beiden Angeklagten derzeit verhältnismäßig.“  …..

Die Haftbeschwerden sind zulässig und sind auch in der Sache begründet……

Darüber hinaus liegt zugleich auch eine Verletzung des Beschleunigungsgebotes vor. Zwar hat das Amtsgericht mit dem ersten Hauptverhandlungstermin am 21.01.2015 dem Beschleunigungsgebot noch genügt. Nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichts reicht eine Verhandlungsdichte von durchschnittlich einem oder knapp über einem Verhandlungstag pro Woche jedenfalls dann nicht mehr aus, wenn die Untersuchungshaft schon lange andauert bzw. an einzelnen Verhandlungstagen nur kurz verhandelt wird. Das Beschleunigungsgebot ist jedenfalls dann nicht mehr gewahrt, wenn die in Haftsachen gebotene Terminierungsdichte nicht annähernd eingehalten wird und es sich bei den bislang stattgefunden Hauptverhandlungsterminen seit dem 21.01.2015 – wie dargestellt – überwiegend um sogenannte Schiebetermine gehandelt hat, mit denen nur ein äußerst geringer Verfahrensfortschritt erzielt werden konnte. Es kommt hinzu, dass die weiteren geplanten Hauptverhandlungstermine (07.04., 28.04. und 12.05.2015) mit dem Beschleunigungsgebot in Haftsachen nicht mehr in Übereinstimmung gebracht werden können. Dies gilt umso mehr, da sich die Angeklagten derzeit bereits mehr als 10 Monate ununterbrochen in Untersuchungshaft befinden.“

Weniger schön für das AG im Übrigen auch die Ausführungen des LG zur Nichtabhilfeentscheidung:

„Vorliegend enthält weder die Nichtabhilfeentscheidung noch der Beschluss vom 13.03.2015 eine – wenn auch noch so rudimentäre – Auseinandersetzung mit dem bisherigen Ergebnis der Beweisaufnahme….

Dies gilt umso mehr, da die Nichtabhilfeentscheidung des Amtsgerichts jegliche Auseinandersetzung mit den in den beiden Beschwerdeschriftsätzen vorgetragenen Umständen vermissen lässt.

Ach so. Nein, ich habe kein „O“ vergessen, es ist „nur“ ein LG Beschluss, aber manchmal können die es besser als ein OLG 🙂 .