Schlagwort-Archive: BayVGH

Entziehung der Fahrerlaubnis? oder: Langer Zeitraum und nur „einmaliger Konsum“

entnommen wikimedia.org
By Dundak – Own work

Heute im Kessel Buntes dann noch einmal zwei verwaltungsrechtliche Entscheidungen.

Zunächst stelle ich den BayVGH, Beschl. v. 25.06.2020 – 11 SCS 20.791 – vor. Gegenstand der Entscheidung: Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO gegen Entziehung der Fahrerlaubnis wegen nicht erfolgter Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens. Dessen Beibringung war dem Antragsteller nach einer „Drogenfahrt“ aufgegeben worden. Der Antragssteller hat sich dagegen gewehrt und hat auf den langen Zeitraum zwischen der Fahrt am 05.06.2017 und dem Erlass des Bescheids am 29.01.2020 verwiesen. Zudem habe er auch nicht gelegentlich, sondern nur einmalig Cannabis konsumiert. Das hat nicht geholfen:

„2. Gemessen daran ergeben sich aus der Beschwerdebegründung keine durchgreifenden rechtlichen Bedenken gegen die vom Landratsamt verfügte Entziehung der Fahrerlaubnis.

a) Das Landratsamt durfte davon ausgehen, dass der Antragsteller zumindest gelegentlich Cannabis konsumiert oder konsumiert hat. Gelegentlicher Konsum von Cannabis liegt vor, wenn der Betroffene in zwei oder mehr selbständigen Konsumvorgängen Cannabis zu sich genommen hat und diese Konsumvorgänge einen gewissen, auch zeitlichen Zusammenhang aufweisen (stRspr, zuletzt BVerwG, U.v. 11.4.2019 – 3 C 14.17NJW 2019, 3395 14).

aa) Bei der Wertung, dass der Antragsteller mehr als einmal und damit gelegentlich Cannabis konsumiert hat, handelt es sich um einen Akt der Beweiswürdigung. Zwar ist die Gelegentlichkeit des Cannabiskonsums ein Tatbestandsmerkmal, für das die Fahrerlaubnisbehörde die materielle Beweislast trägt, mit der Folge, dass eine etwaige Nichterweislichkeit zu ihren Lasten geht. Allerdings liegt ein einmaliger Konsum nur dann vor, wenn der Betreffende entweder erstmals im Rahmen eines Probierkonsums Cannabis zu sich genommen hat oder frühere Konsumakte derart weit zurückliegen, dass daran nicht mehr angeknüpft werden kann und er aus besonderen Umständen heraus einmalig Cannabis eingenommen hat. Dies plausibel darzulegen, obliegt dem Betroffenen. Vor dem Hintergrund des äußerst seltenen Falles, dass ein mit den Wirkungen der Droge noch völlig unerfahrener Erstkonsument bereits wenige Stunden nach dem Konsum ein Kraftfahrzeug führt und dann auch noch von der Polizei kontrolliert wird, ist im Rahmen der Beweiswürdigung die Annahme gerechtfertigt, dass ohne substantiierte und plausible Darlegung des Gegenteils nicht von einem einmaligen Konsum ausgegangen werden muss (vgl. BayVGH, B.v. 6.11.2018 – 11 CS 18.821 – juris 16 m.w.N.; OVG NW, U.v. 15.3.2017 – 16 A 432/17 – Blutalkohol 54, 328 = juris Rn. 47 ff. m.w.N.).

bb) Hiervon ausgehend ist die Annahme eines mehrfachen und damit gelegentlichen Cannabiskonsums gerechtfertigt.

Ein Konsum vor der Fahrt, den der Antragsteller auch eingeräumt hat, steht aufgrund des Ergebnisses der Blutuntersuchung fest. Sollte dieser Konsum, wie vom Antragsteller zuletzt behauptet, am 5. Juni 2017 gegen 19 Uhr und damit ca. 3 ½ Stunden vor der Blutentnahme stattgefunden haben, bei der noch ein THC-Wert von 3,4 ng/ml im Blutserum festgestellt wurde, bestehen allerdings erhebliche Zweifel an der Einlassung des Antragstellers in seiner eidesstattlichen Versicherung vom 2. März 2020, der Joint, den einer seiner beiden Bekannten angezündet habe, habe in der Runde gekreist und er (der Antragsteller) habe pro Runde mehrere Züge inhaliert. Diese Konsumform kann auch bei einem hohen Wirkstoffgehalt den nach 3 ½ Stunden festgestellten THC-Wert von immerhin noch 3,4 ng/ml kaum erklären (zu den Untersuchungsergebnissen der ersten Maastricht-Studie hinsichtlich der festgestellten Werte im Serum in Abhängigkeit der aufgenommenen Menge und der Zeit nach dem Rauchen vgl. i.e.: Körner/Patzak/Volkmer, Betäubungsmittelgesetz, 8. Auflage 2016, vor §§ 29 ff. BtMG, Rn. 389: bei Aufnahme von 17 mg THC nach 180 Minuten 1,7 ng/ml, nach 240 Minuten 0,9 ng/ml; bei Aufnahme von 36 mg THC nach 180 Minuten 3,0 ng/ml, nach 240 Minuten 1,8 ng/ml). Vielmehr wäre bei einem von drei Personen gemeinsam konsumierten Joint nach 3 ½ Stunden ein niedrigerer THC-Wert zu erwarten gewesen.

Abgesehen davon ist die Einlassung des Antragstellers auch keineswegs stringent und widerspruchsfrei, wie die Beschwerdebegründung behauptet. Während sich aus seiner zuletzt abgegebenen eidesstattlichen Versicherung ein Konsumzeitpunkt gegen 19 Uhr ergibt, will er seinen Aussagen gegenüber dem Gutachter am 6. November 2017 „gegen 17.30 Uhr an einem Joint gezogen“ (Gutachten vom 21.11.2017, Blatt 6) bzw. diesen „gegen halb sechs, sechs“ konsumiert haben (Gutachten vom 21.11.2017, Blatt 8). Schon daraus ergeben sich Zweifel an seiner Einlassung.

Entscheidend gegen einen einmaligen Konsum spricht aber der vom Landratsamt in seiner Beibringungsanordnung und auch vom Ausgangsgericht ausdrücklich berücksichtigte Umstand, dass der Antragsteller den Feststellungen des rechtskräftigen Urteils des Amtsgerichts Würzburg vom 4. April 2019 zufolge für seine Fahrdienste ca. 10 Gramm Marihuana in einer Druckverschlusstüte erhielt, die er in das Handschuhfach seines Fahrzeugs legte. Ein erst- und einmaliger Probierkonsument, der nicht die Absicht hat, nochmals Cannabis zu konsumieren, würde eine solche „Entlohnung“ wohl kaum akzeptieren und das Marihuana auch nicht in seinem Fahrzeug ablegen. Eine plausible Erklärung hierfür ist dem Vorbringen des Antragstellers nicht zu entnehmen.

c) Der Antragsteller hat am 5. Juni 2017 auch gegen das Trennungsgebot (Nr. 9.2.2 der Anlage 4 zur FeV) verstoßen, da er unter der Wirkung von Cannabis mit einem festgestellten THC-Wert von 3,4 ng/ml im Blutserum ein Kraftfahrzeug geführt hat.

Ein einmaliger Verstoß gegen das Trennungsgebot ist eine ausreichende „Zusatztatsache“ für die Anordnung zur Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens gemäß § 14 Abs. 1 Satz 3 FeV zur Abklärung der Fahreignung (BVerwG, U.v. 11.4.2019 – 3 C 14.17NJW 2019, 3395 Rn. 37). Trotz des Plurals in der Rechtsgrundlage („weitere Tatsachen“) müssen hierfür nicht mehrere der in Nr. 9.2.2 der Anlage 4 zur FeV genannten Zusatztatsachen und auch nicht mehrere Verstöße gegen das Trennungsgebot vorliegen. Das ergibt sich auch aus § 14 Abs. 2 Nr. 3 FeV, der bei wiederholten Zuwiderhandlungen im Straßenverkehr nach § 24a StVG die Anordnung zur Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens nicht in das Ermessen der Fahrerlaubnisbehörde stellt, sondern zwingend vorsieht.

d) Das Verwaltungsgericht ist auch zu Recht davon ausgegangen, dass trotz der in der Beibringungsanordnung neben 14 Abs. 1 Satz 3 FeV zitierten Vorschrift des § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 FeV aus der Nichtbeibringung des Gutachtens auf die Ungeeignetheit des Antragstellers zum Führen von Kraftfahrzeugen geschlossen werden kann.

……

d) Dem Antragsteller kommt auch nicht zugute, dass zwischen der Fahrt am 5. Juni 2017 und dem Erlass des Bescheids vom 29. Januar 2020 knapp 32 Monate vergangen sind und er nach dieser Fahrt weder im Straßenverkehr noch durch Betäubungsmittelkonsum negativ aufgefallen ist. Daraus ergibt sich weder, dass es geboten wäre, von der Anordnung des Sofortvollzugs abzusehen, noch eine Verwirkung der Entziehung der Fahrerlaubnis als solche.

Es kann dahinstehen, ob eine Verwirkung im Rahmen sicherheitsrechtlicher Befugnisse, die nicht im Ermessen der Behörde stehen, überhaupt in Betracht kommt (vgl. BayVGH, B.v. 30.3.2020 – 11 CS 20.123 – juris Rn. 32; v. 6.4.2020 – 11 CS 20.432 – juris Rn. 11; v. 8.4.2020 – 11 ZB 19.2337 – juris Rn. 19). Voraussetzung für eine Verwirkung wäre jedenfalls, dass neben dem Verstreichen eines längeren Zeitraums weitere Umstände hinzukommen, die ein schutzwürdiges Vertrauen darauf begründen, die Behörde werde von ihrer Befugnis auch künftig keinen Gebrauch mehr machen. Letzteres ist hier nicht der Fall, da das Landratsamt nie den Eindruck erweckt hat, es werde von einer Entziehung der Fahrerlaubnis Abstand nehmen, sondern den ersten Entziehungsbescheid lediglich nach richterlichem Hinweis aufgehoben hat. Nach Bekanntwerden des im Strafverfahren ergangenen Urteils des Amtsgerichts Würzburg vom 4. April 2019 hat es das Verfahren zeitnah fortgeführt. Die danach bis zum Bescheiderlass verstrichene Zeit ergibt sich aus der Aufforderung des Antragstellers zur Beibringung des Gutachtens mit entsprechender Fristsetzung und der gebotenen Anhörung vor der Entziehung der Fahrerlaubnis.“

 

„Aloha“ auf dem Unterarm?, oder: Geht nicht bei einem bayerischen Polizeibeamten, die sind clean.

entnommen wikimedia.org
Author Queen Lili’uokalani

Und als letzte Entscheidung des Jahres dann das BayVGH, Urt. v. 14.11.2018 – 3 BV 16.2072 -, über den ja auch schon an einigen anderen Stellen berichtet worden ist. Zu entscheiden war über die vom Kläger, einem Polizeibeamten, beantragte Genehmigung für eine Tätowierung seines Unterarms im sog. sichtbaren Bereich. Die war ihm versagt worden war. Gestützt wurde diese Entscheidung auf die Bekanntmachung des Bayerischen Staatsministeriums des Innern zum Erscheinungsbild der Bayerischen Polizei vom 07.02.2000, wonach bei uniformierten bayerischen Polizisten im Dienst Tätowierungen – ausgenommen im Dienstsport – grundsätzlich nicht sichtbar sein dürfen.

Der BayVGH hat die Ablehnung der Tätowierung im Ergebnis nicht beanstandet. Dazu aus der PM zu der Entscheidung:

„Wesentlicher Grund hierfür sei, dass mit der im Mai 2018 durch den bayerischen Landtag eingeführten Regelung in Art. 75 Abs. 2 des Bayerischen Beamtengesetzes (BayBG) nunmehr eine hinreichend bestimmte gesetzliche Ermächtigung zur Reglementierung von Tätowierungen in einem bestehenden Beamtenverhältnis vorliege. Damit habe die ministerielle Bekanntmachung aus dem Jahr 2000 eine Gesetzesgrundlage erhalten, die wegen des mit dem Tätowierungsverbot einhergehenden Eingriffs in Grundrechte – vor allem in das allgemeine Persönlichkeitsrecht – erforderlich sei. Im Rahmen der Neuregelung hat der bayerische Gesetzgeber festgestellt, dass sich die allgemeine gesellschaftliche Anschauung zu Tätowierungen im Allgemeinen und besonders bei Trägern hoheitlicher Gewalt bislang in den letzten zehn Jahren nicht wesentlich geändert hat und daher für eine Änderung der bestehenden Vorgaben zu Tätowierungen von Polizeibeamten kein Anlass besteht. Diese Wertung ist Teil des Einschätzungsspielraums des Gesetzgebers und daher aufgrund der Gewaltenteilung vom Gericht nicht zu beurteilen.“

Und wer sich fraget, worum es eigentlich ging? Der Beamte hatte sich ein verziertes „aloha“ auf den Unterarm tätowieren lassen. „Aloha“ = „Bedeutung „Liebe“, „Zuneigung“, „Nächstenliebe“, „Mitgefühl“, „Freundlichkeit“ oder „Sympathie“. “ so wikipedia 🙂 .

Halter eines Kraftfahrzeuges ist man auch, wenn man darin ständig wohnt

entnommen wikimedia.org
Urheber Erkaha

Der (verkehrsrechtliche) Halterbegriff spielt in der Praxis eine große Rolle, ich erinnere nur an § 25a StVG. Daher beschäftigen die Fragen auch immer wieder die Rechtsprechung. So vor kurzem den BayVGH im BayVGH, Beschl. v. 12.09.2018 – 11 C 17.1659.

Es geht um einen Verwaltungsrechtsstreit, in dem es um die Bewilligung von Prozesskostenhilfe (PKH) für eine Klage gegangen ist, mit der sich der Antragsteller gegen die Untersagung des Betriebs des von ihm bewohnten Fahrzeugs, einem Lkw, wegen fehlender Hauptuntersuchung, wenden wollte. Die Frage war: Wer ist Halter dieses Lkw? Ist es der Antragsteller, der zwar nicht Eigentümer des Lkw ist, der das Fahrzeug aber seit Jahren als Wohnung nutzt? Der BayVGH hat die Haltereigenschaft des Antragstellsers bejaht:

„….. Nachdem für den auf öffentlichem Grund abgestellten Lastkraftwagen mit dem amtlichen Kennzeichen pp. seit April 2014 keine Hauptuntersuchung nachgewiesen und eine polizeiliche Aufforderung, dies nachzuholen, erfolglos geblieben war, gab das Landratsamt Augsburg dem Sohn des Antragstellers als zulassungsrechtlichem Fahrzeughalter und dem Antragsteller als tatsächlichem Fahrzeughalter mit Bescheid vom 27. Oktober 2016 gestützt auf § 29 Abs. 7 StVZO, § 5 Abs. 1 und 2 Satz 1 FZV auf, bis spätestens 17. November 2016 der Zulassungsstelle eine gültige Hauptuntersuchung nachzuweisen oder ersatzweise das Fahrzeug außer Betrieb zu setzen. Widrigenfalls wurde der Betrieb des Fahrzeugs im öffentlichen Verkehr ab dem 18. November 2016 untersagt. Für beide Verfügungen wurde der Sofortvollzug angeordnet. Außerdem wurden die zwangsweise Außerbetriebsetzung des Fahrzeugs und die polizeiliche Einziehung des Fahrzeugscheins im Wege der Ersatzvornahme gemäß Art. 29, 32, 36 VwZVG angedroht.

……

Die Beschwerde ist jedoch unbegründet, weil die beabsichtigte Rechtsverfolgung aus den im erstinstanzlichen Beschluss dargelegten Gründen (§ 122 Abs. 2 Satz 3 VwGO) keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet (§ 166 Abs. 1 Satz 1 VwGO i.V.m. § 114 Abs. 1 Satz 1, § 121 Abs. 1 ZPO). Daher kommt es auf die wirtschaftliche Bedürftigkeit des Antragstellers nicht an. Auch die Beiordnung eines Rechtsanwalts gemäß § 121 Abs. 2, 5 ZPO scheidet aus (vgl. BayVGH, B.v. 27.4.2015 – 9 ZB 15.793 – juris Rn. 6).

…….

Das Landratsamt hat auch zu Recht den Betrieb des Fahrzeugs untersagt (Nummer 2 des Bescheids). Wie der Antragsteller selbst einräumt, ist er als Fahrzeughalter der richtige Adressat des Bescheids. Halter ist ungeachtet des Eigentums am Fahrzeug oder der Eintragung im Fahrzeugbrief, wer das Kraftfahrzeug für eigene Rechnung gebraucht, nämlich die Kosten bestreitet und die Verwendungsnutzungen zieht, wer tatsächlich, vornehmlich wirtschaftlich über die Fahrzeugbenutzung (als Gefahrenquelle) so verfügen kann, wie es dem Wesen der Veranlasserhaftung entspricht (König in Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, 44. Aufl. 2017, § 7 StVG Rn. 14). Davon ist auszugehen, da der Antragsteller das Fahrzeug seit Jahren als Wohnung nutzt und damit die ständige tatsächliche Verfügungsmacht hierüber ausübt. Nachdem die Prüfplakette an dem Fahrzeug unstreitig die letzte Hauptuntersuchung für das Frühjahr 2014 bescheinigt, steht fest, dass der Antragsteller seinen zulassungsrechtlichen Verpflichtungen, als Halter eines zulassungspflichtigen (§ 3 Abs. 1 FZV) Fahrzeugs dieses fristgerecht und auf eigene Kosten nach Maßgabe der Anlage VIII i.V.m. der Anlage VIII a untersuchen zu lassen (§ 29 Abs. 1 Satz 1 StVZO) und dies durch eine Prüfplakette nachzuweisen (§ 29 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 StVZO), nicht nachgekommen ist…….“

Entzug der Fahrerlaubnis: Nicht ohne MPU nach einmal Fahren unter Cannabiseinfluss

© gepard – Fotolia.com

Vor einiger Zeit sind in nahem zeitlichen Zusammenhang eine ganze Reihe von Entscheidungen zur Entziehung der Fahrerlaubnis nach dem StVG und/oder zur MPU über die Ticker gelaufen. Es dauert dann immer ein wenig bis die Volltexte vorliegen. Allmählich trudeln sie nun ein. So zum BayVGH, Urt. v. 25.04.2017 – 11 BV 17.33, über das ich dann heute zunächst berichte. Es geht um einen 1994 geborenen Fahrerlaubnisinhaber, dem die Fahrerlaubnis nach einer einmaligen unter Cannabiseinfluss durchgeführten Fahrt, die als Ordnungswidrigkeit nach § 24a StVG geahndet wurde, entzogen worden war. Die Entziehung der Fahrerlaubnis hat die Verwaltungsbehörde damit begründet, dass der Kläger, der gelegentlich Cannabis konsumiert hat, zum Führen von Kraftfahrzeugen ungeeignet sei, weil er den Konsum von Cannabis vom Führen eines Kraftfahrzeugs nicht trennen könne. Eine medizinisch-psychologische Untersuchung oder sonstige weitere Aufklärungsmaßnahmen erfolgten nicht.

Dagegen dann die Klage, die beim BayVGH Erfolg hatte. Nach Auffassung des BayVGH ergibt sich sowohl aus dem Wortlaut als auch aus der Entstehungsgeschichte der Bestimmungen der Fahrerlaubnis-Verordnung, dass zuerst darüber hätte entscheiden müssen, ob eine medizinisch-psychologische Untersuchung des Klägers angeordnet wird. Es komme darauf an, ob aus dem Verhalten des Betreffenden der Schluss gezogen werden könne, dass er auch in Zukunft Fahren und Cannabiskonsum nicht trenne. Eine solche Beurteilung könne die Fahrerlaubnisbehörde im Regelfall – ebenso wie bei Alkoholfahrten – nur auf der Grundlage eines medizinisch-psychologischen Gutachtens treffen.

Der Leitsatz der Entscheidung:

Bei einem gelegentlichen Cannabiskonsumenten kann die Fahrerlaubnisbehörde nach einer erstmaligen, als Ordnungswidrigkeit geahndeten Fahrt mit einem Kraft­fahrzeug unter der Wirkung von Cannabis grundsätzlich nicht gemäß § 11 Abs. 7 FeV ohne weitere Aufklärungsmaßnahmen von der Nichteignung zum Führen von Kraftfahrzeugen ausgehen. Vielmehr sieht § 14 Abs. 1 Satz 3 FeV hierfür die Anord­nung einer medizinisch-psychologischen Untersuchung im Ermessenswege vor.“

Der BayVGH hat die Revision zugelassen. Demnächst dann also zu der Frage etwas aus Leipzig 🙂 .

Hast du eine schwedische Fahrerlaubnis, ja oder nein? Darum muss man sich selbst kümmern….

© sashpictures - Fotolia.com

© sashpictures – Fotolia.com

Für mich sind die mit der/einer ausländischen Fahrerlaubnis zusammenhängenden Fragen inzwischen unüberschaubar, das Dickicht/das Gestrüpp kann man m.E. kaum noch durchdringen, wenn es darum geht: Hat der Betroffene nun eine ausländische Fahrerlaubnis, die ggf. hier in der BUndesrepublik anerkannt werden muss. Um die Frage ging es auch im VGH Bayern, Beschl. v. 28.04.2015 – 11 ZB 15.220, und zwar mal nicht bezogen auf eine polnische oder tschechische Fahrerlaubnis, sondern bezogen auf eine schwedische. Nachdem dem Kläger hier in der Bundesrepublik in mehreren Verfahren die Fahrerlaubnis entzogen worden war, hatte er beantragt, ihm das Recht zu erteilen, von (s)seiner schwedischen Fahrerlaubnis im Inland Gebrauch zu machen. Das Kraftfahrt-Bundesamt übermittelte dem zuständigen Landratsamt u.a. ein Schreiben der schwedischen zentralen Fahrerlaubnisbehörde „Transport Styrelsen“ vom 25. 08. 2011. Darin wurde mitgeteilt, der Kläger besitze keine gültige schwedische Fahrerlaubnis. Er könne diese aber unter erleichterten Bedingungen erwerben, wenn er seinen Wohnsitz in Schweden habe. Die Anerkennung wurde versagt. Dagagen hat der Kläger Klage erhoeben. Im Verfahren gin es dann um die Richtigkeit dieser Auskunft:

„a) Den Antrag auf Anerkennung des Rechts, von der schwedischen Fahrerlaubnis in Gestalt des am 6. Januar 2007 ausgestellten Führerscheins in der Bundesrepublik Deutschland Gebrauch zu machen, hat die Fahrerlaubnisbehörde zu Recht abgelehnt, weil der Kläger nicht über eine gültige EU-Fahrerlaubnis verfügt. Nach § 28 Abs. 5 Fahrerlaubnisverordnung (FeV) vom 13. Dezember 2010 (BGBl S. 1980), zuletzt geändert durch Verordnung vom 16. Dezember 2014 (BGBl S. 2213), wird das Recht, von einer EU- oder EWR-Fahrerlaubnis nach einer der in Absatz 4 Nummer 3 und 4 genannten Entscheidungen im Inland Gebrauch zu machen, auf Antrag erteilt, wenn die Gründe für die Entziehung oder die Sperre nicht mehr bestehen. Voraussetzung dafür ist, dass die EU-Fahrerlaubnis grundsätzlich geeignet ist, eine Berechtigung zum Führen von Kraftfahrzeugen im Inland nach 28 Abs. 1 Satz 1 FeV zu vermitteln. Das ist hier aber nicht der Fall, denn die nunmehr zuständige schwedische zentrale Fahrerlaubnisbehörde „Transport Styrelsen“ hat mit Schreiben vom 25. August 2011 mitgeteilt, dass der Kläger keine gültige schwedische Fahrerlaubnis besitzt.

Soweit der Kläger geltend macht, diese Auskunft sei unzutreffend und er verfüge über eine gültige schwedische Fahrerlaubnis, so fehlt es dafür an einem von ihm beizubringenden Nachweis. Nach § 28 Abs. 5 Satz 2 FeV findet auf das Verfahren zur Erteilung des Rechts nach § 28 Abs. 5 Satz 1 FeV, § 20 Abs. 1 und 3 FeV entsprechend Anwendung. Nach § 20 Abs. 1 Satz 1 FeV gelten für die Neuerteilung einer Fahrerlaubnis nach vorangegangener Entziehung oder nach vorangegangenem Verzicht die Vorschriften für die Ersterteilung. Gemäß § 22 Abs. 2 Satz 1 FeV hat die Fahrerlaubnisbehörde zu ermitteln, ob Bedenken gegen die Eignung des Bewerbers zum Führen von Kraftfahrzeugen bestehen und er bereits im Besitz einer Fahrerlaubnis ist oder war. Hinsichtlich des Verfahrens kann die Fahrerlaubnisbehörde nach § 22 Abs. 2 Satz 3 FeV Auskünfte aus den entsprechenden ausländischen Registern einholen oder nach § 22 Abs. 2 Satz 4 FeV bei bestehenden Anhaltspunkten, dass die Angaben über den Vorbesitz einer ausländischen Fahrerlaubnis nicht zutreffen, einen ausländischen Registerauszug durch den Bewerber auf dessen Kosten beibringen lassen. Hier hat die Fahrerlaubnisbehörde über das Kraftfahrt-Bundesamt eine Anfrage an die schwedische Fahrerlaubnisbehörde gestellt, um zu klären, ob der Kläger über eine gültige schwedische Fahrerlaubnis verfügt. Die schwedische Fahrerlaubnisbehörde hat daraufhin schriftlich mitgeteilt, dass der Kläger über keine Fahrerlaubnis verfüge. Die deutsche Fahrerlaubnisbehörde hat damit ihrer Aufklärungspflicht nach § 22 Abs. 2 Satz 1 FeV Genüge getan. Die Behauptung des Klägers, die schwedische Botschaft habe telefonisch eine andere Rechtsmeinung vertreten, da es durch die Neuorganisation der schwedischen Fahrerlaubnisbehörden eventuell zu Unregelmäßigkeiten gekommen sei, reicht nicht aus, um die schriftliche Auskunft der zuständigen Behörde zu erschüttern. Es ist Aufgabe des Klägers und nicht der deutschen Fahrerlaubnisbehörde, mit den schwedischen Behörden zu klären, ob er entgegen der schriftlichen Auskunft doch über eine gültige schwedische Fahrerlaubnis verfügt.“