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Erfolgreiches (!!) Klageerzwingungsverfahren gegen Polizeibeamte, oder: Das Fehlen „jeglicher oder völlig unzureichender Ermittlungen …“

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Ich eröffne den heutigen Tag mal mit einer Entscheidung zum Klageerzwingungsverfahren, und zwar mit dem OLG Brandenburg, Beschl. v. 18.10.2018 – 1 Ws 109/18. Wer ihn gelesen hat, wird sich verwundert die Augen reiben. Denn es handelt sich aus mehreren Gründen um eine bemerkenswerte Entscheidung, bei der von folgendem Sachverhalt auszugehen ist:

„Der Antragsteller erstattete am 9. Dezember 2017 auf dem Polizeipräsidium, Polizeidirektion pp. in pp., gegen vier Polizeibeamte des Landes Brandenburg wegen eines am 26. November 2017 in seinem Wohnhaus durchgeführten Einsatzes Strafanzeige. Das Verfahren wurde vom Polizeipräsidium, Polizeidirektion pp. mit abschließendem Bericht vom 12. März 2018 am 16. März 2018 an die Staatsanwaltschaft Potsdam abgegeben. Mit Bescheid vom 29. März 2018 teilte die Staatsanwaltschaft Potsdam dem Antragsteller mit, dass sie das Ermittlungsverfahren gemäß §§ 152 Abs. 2, 170 Abs. 2 StPO eingestellt habe; von der Aufnahme von Ermittlungen sei mangels zureichender tatsächlicher Anhaltspunkte für ein strafbares Handeln der Angezeigten abgesehen worden. Nach Prüfung seines Anzeigevorbringens sei unter Einbeziehung des gegen ihn selbst geführten Ermittlungsverfahrens wegen des Vorwurfs der Beleidigung und des Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte (4102 Js 51878/17) sowie unter Beachtung seiner Anzeige wegen des Vorwurfs der falschen Verdächtigung vom 28. November 2017 gegen seine Ehefrau zu Gunsten der Angezeigten von folgendem Sachverhalt auszugehen:

„Am 26.11.2017 erschienen die o g. Polizeibeamten in Ihrer Wohnung, weil gegen 22.45 Uhr Ihre Ehefrau um dringende Hilfe ersucht hat. Sie gab an, von ihnen in den Nachmittagsstunden beleidigt worden zu sein. Nunmehr habe sie vor Ihnen Angst und traue sich nicht mehr, die gemeinsame Wohnung zu betreten. Die Polizeibeamten, die vom Wahrheitsgehalt der Angaben Ihrer Ehefrau ausgehen durften und mussten, trafen Sie im Bett liegend vor. Sie forderten Sie auf, sich auszuweisen und aufzustehen. Sie ha?tten sich jedoch geweigert, sich gegenu?ber den Polizeibeamten auszuweisen. Daran habe auch die Androhung, Sie zum Zweck der Identifizierung zur Polizeiwache zu verbringen, nichts a?ndern ko?nnen. Augenscheinlich seien Sie aufgrund Ihres alkoholisierten Zustandes nicht in der Lage gewesen, ohne Unterstu?tzung anderer aufzustehen. Deshalb ha?tten die Beamten Ihnen helfen wollen und Sie aufgerichtet. Hierbei verschra?nkten Sie jedoch Ihre Arme vor dem Oberko?rper und ließen sich wieder fallen. Zudem schlugen Sie mit Ihren Armen um sich, ohne die Polizeibeamten allerdings zu treffen. Zur Eigensicherung der Beamten wurden Ihnen Handfesseln angelegt. Sodann ha?tten Sie sich geweigert, sich anziehen zu lassen, weswegen Sie in Socken zum Funkstreifenwagen verbracht worden seien. Am Funkstreifenwagen angekommen, ha?tten Sie sich aktiv zur Wehr gesetzt, um nicht in den Funkstreifenwagen einsteigen zu mu?ssen. Nur unter Einsatz einfacher ko?rperlicher Gewalt sei es den Polizeibeamten gelungen, Sie in den Funkstreifenwagen zu setzen und zur Polizeiwache zu verbringen.“

Gegen diesen Bescheid legte der Antragsteller unter dem 20. April 2018, eingegangen am selben Tage, Beschwerde gemäß § 172 Abs. 1 StPO ein. Unter näherer Begründung hat er gegen die Angezeigten die Vorwürfe des Hausfriedensbruches, der Körperverletzung im Amt, der Nötigung und der Freiheitsberaubung erhoben. Mit Bescheid vom 25. Mai 2018, dem Antragsteller zugegangen am 5. Juni 2018, wies der Generalstaatsanwalt des Landes Brandenburg die Beschwerde des Antragstellers als unbegründet zurück und führte zur Begründung aus, auch unter Berücksichtigung des Beschwerdevorbringens hätten sich keine zureichenden tatsächlichen Anhaltspunkte für ein strafbares Verhalten der Angezeigten, die gemäß § 152 Abs. 2 StPO Voraussetzung für die Einleitung und die Durchführung eines Ermittlungsverfahrens seien, ergeben.

Mit Antrag vom 5. Juli 2018, eingegangen am selben Tage, begehrt der Antragsteller im Wege der gerichtlichen Entscheidung gemäß § 172 Abs. 2 StPO die Erhebung der öffentlichen Klage gegen die Beschuldigten wegen Freiheitsberaubung, Nötigung und Körperverletzung im Amt.

Die Generalstaatsanwaltschaft des Landes Brandenburg hat die Akten mit Verfügung vom 19. September 2018 an das Brandenburgische Oberlandesgericht mit dem Hinweis übersandt, dass der Antrag auf gerichtliche Entscheidung zwar zulässig, aber aus den Gründen der angefochtenen Bescheide unbegründet sei.

Und: Bemerkenswert, denn:.

1. der Antragsteller hat im Klageerzwingungsverfahren Erfolg, was selten genug der Fall ist, und dann auch noch gegen Polizeibeamte (!).

2. das OLG findet deutliche Worte zum „Ermittlungseifer“ von Polizei und StA : „Fehler jeglicher oder völlig unzureichender Ermittlungen“.

3. die StA hat nicht nur die Ermittlungen eingestellt, sondern die Polizisten haben – bei dem festgestellten Sachverhalt: besonders bemerkenswert) die übliche Gegenanzeige wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte erstattet,

4. es erkennt endlich einmal ein Gericht – zumindest schon mal ein OLG – an, dass die polizeiliche Identitätsfeststellung Voraussetzungen hat (§ 163b StPO).

Das alles ergibt sich aus der nachfolgenden Begründung des OLG: 

„Der form- und fristgerecht eingelegte und begründete Antrag auf gerichtliche Entscheidung führt zwar nicht zur Anordnung der Erhebung einer öffentliche Klage, weil das Ermittlungsverfahren bei weitem noch nicht als abgeschlossen angesehen werden kann. Indes gibt er Anlass zur Aufhebung der angefochtenen Bescheide und zur Anordnung der Aufnahme sachdienlicher Ermittlungen.

Beim Fehlen jeglicher oder völlig unzureichender Ermittlungen der Staatsanwaltschaft – wie hier – kommt ausnahmsweise die Anordnung in Betracht, dass die Staatsanwaltschaft die nach der Rechtsauffassung des Oberlandesgerichts erforderlichen Ermittlungen durchzuführen hat. Dies ist in der Rechtsprechung der Oberlandesgerichte überwiegend anerkannt (so bereits OLG Zweibrücken, Beschluss vom 05. Februar 1980 – 1 Ws 424/79; KG, Beschluss vom 26. März 1990 – 4 Ws 220/89; OLG Braunschweig, Beschluss vom 23. September 1992 – Ws 48/91; OLG Koblenz, Beschluss vom 05. September 1994 – 1 Ws 164/94; OLG Hamm, Beschluss vom 29. September 1998 – 1 Ws 227/98; OLG Zweibrücken, Beschluss vom 01. März 2001 – 1 Ws 83/01; OLG Karlsruhe, Beschluss vom 16. Dezember 2002 – 1 Ws 85/02; OLG München, Beschluss vom 27. Juni 2007 – 2 Ws 494/06 Kl; KG Berlin, Beschluss vom 11. April 2013 – 3 Ws 504/12; OLG Celle, Beschluss vom 21. Januar 2014 – 1 Ws 513/13; OLG Stuttgart, Beschluss vom 06. Juli 2015 – 6 Ws 2/15; OLG Celle, Beschluss vom 05. Februar 2016 – 2 Ws 1/16; OLG Stuttgart, Beschluss vom 21. Dezember 2016 – 4 Ws 284/16; Hanseatisches Oberlandesgericht, Beschluss vom 21. September 2017 – 1 Ws 55/17) und wird auch vom Senat so gesehen (vgl. z. B. Beschluss vom 17. März 2008 – 1 Ws 125/07).

Die vom Antragsteller in der Antragsschrift ausführlich dargelegten Umstände, aber auch selbst der von der Staatsanwaltschaft „zu Gunsten der Angezeigten“ angenommene Sachverhalt begründen einen Anfangsverdacht im Sinne von § 152 Abs. 2 StPO, der ein staatsanwaltschaftliches Einschreiten gebietet. Denn es bestehen zureichende tatsächliche Anhaltspunkte, die die Annahme eines einzelnen oder sämtlichen der angezeigten Beamten anzulastenden strafbaren Handelns nahelegen. Mit der im Bescheid des Generalstaatsanwalts vom 25. Mai 2018 gegebenen Begründung lässt sich die Rechtswidrigkeit des Handelns der Angezeigten nicht verneinen.

Nicht der Prüfung durch den Senat angefallen ist allerdings die Verneinung der Voraussetzungen des Hausfriedensbruchs nach § 123 Abs. 1 StGB. Denn in der Antragsschrift nimmt der Antragsteller hierauf keinen Bezug mehr.

Die an den Antragsteller gerichtete Forderung, aufzustehen und sich auszuweisen und der sich anschließende unmittelbare Zwang (Wegziehen der Decke, gewaltsame Fesselung und Verbringung in den Polizeigewahrsam) waren nach dem bisherigen Ermittlungsstand nicht gerechtfertigt. Insbesondere konnten diese Maßnahmen nicht – wie der Generalstaatsanwalt angenommen hat – auf die Vorschrift des § 163b Abs. 1 Sätze 1 und 2 StPO gestützt werden. Dabei verkennt der Senat nicht den hier maßgeblichen strafrechtlichen Rechtswidrigkeitsbegriff. Die Rechtmäßigkeit des Handelns von staatlichen Hoheitsträgern bei der Ausübung von Hoheitsgewalt bestimmt sich weder streng akkzessorisch nach der materiellen Rechtmäßigkeit des dem Handeln zugrundeliegenden Rechtsgebiets (meist des materiellen Verwaltungsrechts) noch nach der Rechtmäßigkeit entsprechend dem maßgeblichen Vollstreckungsrecht (st. Rspr.; vgl. zuletzt BGH, Urteil vom 9. Juni 2015, Az.: 1 StR 606/14, Rn. 25 – m. zahlr. w. Nachw.; juris). Die Rechtmäßigkeit des hoheitlichen Handelns in einem strafrechtlichen Sinne hängt vielmehr lediglich davon ab, dass „die äußeren Voraussetzungen zum Eingreifen des Beamten“ gegeben sind, „er also örtlich und sachlich zuständig“ ist, er die vorgeschriebenen Förmlichkeiten einhält und der Hoheitsträger sein – ihm ggf. eingeräumtes – Ermessen pflichtgemäß ausübt (ebd.). Befindet sich allerdings der Hoheitsträger in einem schuldhaften Irrtum über die Erforderlichkeit der Amtsausübung, handelt er willkürlich oder unter Missbrauch seines Amtes, so ist sein Handeln rechtswidrig (ebd.).

Nach diesen Maßstäben kann derzeit die Rechtswidrigkeit des Handelns der angezeigten Beamten nicht ausgeschlossen werden. Zwar dürften sie örtlich und sachlich zuständig gewesen sein. Schon die Einhaltung der für Maßnahmen nach § 163b Abs. 1 StPO vorgeschriebenen wesentlichen Förmlichkeiten ist jedoch nicht ersichtlich. Gemäß § 163b Abs. 1 Satz 1, letzter Halbsatz in Verbindung mit § 163a Abs. 4 Satz 1 StPO hätten die eingesetzten Beamten dem Antragsteller nämlich zu Beginn ihrer Identitätsfeststellungsmaßnahmen eröffnen müssen, welche Tat ihm zur Last gelegt wird. Das ist ersichtlich nicht geschehen, jedenfalls nicht aktenkundig geworden. Solange allein dieser Punkt nicht aufgeklärt worden ist, kann bereits die Rechtswidrigkeit des Handelns der Beamten nicht verneint werden. Zudem bestehen erhebliche Zweifel, ob die Beamten ihr Ermessen pflichtgemäß ausgeübt haben. Dabei sind folgende Gesichtspunkte zu berücksichtigen: § 163b Abs. 1 Satz 1 StGB gestattet Maßnahmen zur Identitätsfeststellung nur, soweit sie erforderlich sind.

Es ist auch aus der für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit des Polizeieinsatzes maßgeblichen ex-ante-Sicht schlechterdings nicht nachvollziehbar, weshalb wegen einer mehr als sechs Stunden zurückliegenden Beleidigung (§ 185 StGB) nach 22.00 Uhr polizeiliche Ermittlungshandlungen in einer Privatwohnung vorzunehmen waren. An der Identität des Antragstellers bestanden zudem keine vernünftigen Zweifel. Die Ehefrau des Antragstellers hatte nicht behauptet, dass sich ein Unbekannter in dem Schlafzimmer befinde, sondern ihr Ehemann. Die Personalien des Antragstellers hätten durch eine einfache Befragung seiner Ehefrau ohne Schwierigkeiten geklärt werden können, ohne dass es zu nachtschlafender Zeit (22.45 Uhr) des Betretens seines Schlafzimmers bedurfte. Bestand demnach offensichtlich schon kein gerechtfertigter Anlass, zum Zwecke der Identitätsfeststellung in die Intimsphäre des Antragstellers einzudringen und sein Schlafzimmer zu betreten, erscheint es erst recht unvertretbar, von dem im Bett befindlichen Antragsteller die Decke wegzuziehen und ihn aufzufordern, aufzustehen und sich auszuweisen. Dass die Beamten vor ihrem Einsatz irgendwelche Überlegungen zu diesen Punkten angestellt und damit das ihnen eingeräumte Ermessen überhaupt ausgeübt haben, ist nicht ersichtlich und bedarf der Aufklärung. Nach dem bisherigen Ermittlungsstand lässt sich nämlich nicht feststellen, dass die Polizeibeamten im Bewusstsein ihrer Verantwortung und unter bestmöglicher pflichtgemäßer Abwägung der Umstände ihr Einschreiten für nötig und sachlich gerechtfertigt halten durften (vgl. zu diesen Voraussetzungen BGHSt 21, 334). Der Akteninhalt spricht gegen eine solche Annahme. Der polizeilichen Maßnahme fehlt es nach dem bisherigen Ermittlungsstand damit auch an der Verhältnismäßigkeit von Zweck und Mittel. Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verlangt, dass eine Maßnahme unter Würdigung aller persönlicher und tatsächlicher Umstände des Einzelfalls zur Erreichung des angestrebten Zwecks geeignet und erforderlich ist und dass der mit ihr verbundene Eingriff nicht außer Verhältnis zur Bedeutung der Sache und zur Stärke des bestehenden Tatverdachts steht (vgl. BVerfGE 30, 1; 44, 353; 59, 95; 67, 157). Dieses Übermaßverbot setzt der Zulässigkeit einer sonst zulässigen Maßnahme eine Grenze (vgl. BVerfGE 32, 373; 34, 238).

Aus dem Vorstehenden ergibt sich zwangsläufig, dass auch das Verbringen des Antragstellers in den Polizeigewahrsam nicht gerechtfertigt war. Zur Identitätsfeststellung war dies offenkundig nicht erforderlich (vgl. § 163b Abs. 2 Satz 2 StPO). Auch die Voraussetzungen des § 17 des Brandenburgischen Polizeigesetzes (BbgPolG) lagen ersichtlich nicht vor. § 17 Abs. 1 Nr. 1 BbgPolG gestattet die Ingewahrsamnahme einer Person nur, wenn das zum Schutz der Person gegen eine Gefahr für Leib oder Leben erforderlich ist, insbesondere die Person sich erkennbar in einem die freie Willensbildung ausschließenden Zustand oder sonst in hilfloser Lage befindet.

Der Antragsteller befand sich indes selbst nach den Feststellungen im Ingewahrsamnahme-Protokoll vom 26. November 2017 (Bl. 17/18 d. A.) nicht annähernd in einem derartigen schutzbedürftigen Zustand. Er war durchaus in der Lage, die Beamten zum Verlassen des Hauses aufzufordern und die Durchführung eines Atemalkoholtests abzulehnen sowie aktiven und passiven Widerstand zu leisten. Da sich der Antragsteller in seinem Schlafzimmer befand, ist schlechterdings nicht erkennbar, auf welche Weise für seinen Leib oder sein Leben eine Gefahr bestanden haben könnte, wenn man ihn dort beließ. Auch die Voraussetzungen des § 17 Abs. 1 Nr. 2 BbgPolG lagen offensichtlich nicht vor. Danach kann eine Person auch dann in Gewahrsam genommen werden, wenn das unerlässlich ist, um die unmittelbar bevorstehende Begehung oder Fortsetzung einer Straftat oder einer Ordnungswidrigkeit, die hinsichtlich ihrer Art und Dauer geeignet ist, den Rechtsfrieden nachhaltig zu beeinträchtigen, zu verhindern. Dass die Fortsetzung einer solchen Tat zu verhindern war, kann nach bisherigem Ermittlungsstand nicht angenommen werden. Insbesondere stellt sich die vom Antragsteller gegen den Einsatz der Polizeibeamten geleistete Gegenwehr unter den obwaltenden Umständen nicht als strafbare Widerstandshaltung im Sinne von § 113 StGB dar, weil es an der Rechtmäßigkeit der Diensthandlung der angezeigten Beamten fehlte (§ 113 Abs. 3 StGB).

Im weiteren Ermittlungsverfahren wird ferner zu berücksichtigen sein, dass der gegen den Antragsteller vollzogene Polizeigewahrsam an weiteren gravierenden formellen Mängeln leidet: Es ist nicht ersichtlich, dass dem Antragsteller unverzüglich der Grund für seine Festhaltung bekanntgegeben wurde (§ 19 Abs. 1 Satz 1 BbgPolG) noch dass ihm unverzüglich Gelegenheit gegeben wurde, einen Rechtsbeistand seiner Wahl beizuziehen und einen Angehörigen oder eine Person seines Vertrauens zu benachrichtigen (§ 19 Abs. 2 Satz 1 BbgPolG). Nach dem bislang unwidersprochen gebliebenen Vortrag des Antragstellers ist sein zu Beginn des Polizeigewahrsams geäußerter Wunsch, sich mit seinem Verfahrensbevollmächtigten telefonisch in Verbindung zu setzen, nicht respektiert worden. Dies stellt sich – entgegen der im Beschwerdebescheid vertretenen Ansicht des Generalstaatsanwalts – nicht lediglich als dienstrechtlich zu beanstandendes Fehlverhalten der Beamten dar, sondern macht den Vollzug des Polizeigewahrsams spätestens ab diesem Zeitpunkt in jedem Fall formell rechtswidrig, so dass spätestens von da an die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 239 StGB nicht mehr verneint werden können.

Nach allem bestehen zureichende tatsächliche Anhaltspunkte im Sinne von § 152 Abs. 2 StPO, dass die angezeigten Beamten oder ein Teil von ihnen bei ihrem Einsatz in der Wohnung des Antragstellers am späten Abend des 26. November 2017 die Straftatbestände der §§ 239, 240 und/oder 340 StGB verwirklicht haben könnten. Demgemäß ist die Staatsanwaltschaft Potsdam anzuweisen, die Ermittlungen aufzunehmen und den Sachverhalt vor einer abschließenden Entscheidung zunächst auch unter Anhörung der angezeigten Beamten umfassend zu ermitteln.

U.a. „Schlechterdings nicht nachvollziehbar“ und „geravierend formelle Mängel“…. das sind deutliche Worte des OLG. Wie gesagt: Bemerkenswert. Und darum: Bitte Nachsicht wegen des vielen Textes.