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StPO I: Vier Pflichtverteidigungsentscheidungen, oder: 3 x rückwirkende Bestellung, 1 x Betreuung

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So, heute dann ein StPO-Tag.

Zunächst stelle ich Pflichtverteidigungsentscheidungen vor.

Ich beginne mit drei Entscheidungen zur rückwirkenden Bestellung, dem Dauerbrenner zum neuen Recht, und zwar:

Als zulässig angesehen haben die rückwirkende Bestellung:

Als unzulässig angesehen hat die rückwirkende Bestellung, was unzutreffend ist und bleibt:

Und zu den Beiordnungsgründe der LG Schwerin, Beschl. v. 30.09.2021 – 31 Qs 56/21 – mit folgendem Leitsatz:

Einem Beschuldigten ist ein Pflichtverteidiger beizuordnen, wenn er unter einer besonders umfassenden Betreuung steht, so dass von einer fehlenden Verteidigungsfähigkeit auszugehen ist. Die Betreuung kann als umfassend eingestuft werden, wenn ihr Aufgabenkreis umfasst Behörden-, Versicherungs-, Renten- und Sozialleistungsangelegenheiten, die Entgegennahme, das Öffnen und Anhalten der Post im Rahmen der übertragenen Aufgabenkreise, Geltendmachung von Ansprüchen auf Sozialleistungen, Hilfe zum Lebensunterhalt, und Leistungen aus der Sozialversicherung, Gesundheitssorge, Vermögenssorge mit Einwilligungsvorbehalt und Wohnungsangelegenheiten umfasst.

Akteneinsicht? Nein. Kannst dir ja eine Bedienungsanleitung kaufen!

Vorab. Ich bin den Kollegen, die mir immer wieder (neue) Entscheidungen der Amtsgerichte zur Akteneinsicht in die Bedienungsanleitung im Bußgelvderfahren schicken, sehr dankbar. An dieser Stelle daher ein herzliches Dankeschön.

Vor allem auch deshalb, weil damit nicht solche Knaller wie AG Wetzlar, Beschl. v. 04.01.2012 – 45 OWi 21/11 in der Versenkung verschwinden. Die Akteneinsicht wird dort abgelehnt, das AG sieht den dagegen gerichteten Antrag auf gerichtliche Entscheidung als unzulässig an und schreibt dem Verteidiger:

Auch soweit der Verteidiger die Herausgabe der Betriebsanleitung des Geschwindigkeitsmessgeräte Riegl FG 21 P begehrt, besteht hierauf kein Anspruch. Seitens der Verteidigung darf nicht der Umfang und die Ausgestaltung des Akteninhaltes bestimmt werden. Wenn der Verteidiger die Betriebsanleitung benötigt, so kann er diese beim Regionalen Verkehrsdienst Lahn-Dill in Dillenburg einsehen oder aber diese beim Hersteller des Geschwindigkeitsmessgerätes gegebenenfalls käuflich erwerben.“

M.E. doppelt falsch. Der Antrag ist m.E. zulässig, da es sich um eine eigenständige Maßnahme der Verwaltungsbehörde handelt, der im Hinblick auf das Recht auf rechtliches Gehör auch selbständige Bedeutung zukommt. Und: Der „Kaufhinweis“ liegt m.E. völlig neben der Sache. Es kann doch nicht Aufgabe des Betroffenen sein, sich das Material zur Überprüfung des gegen ihn gemachten Vorwurfs selbst zu beschaffen. Sondern: Wenn die Messung zugrunde gelegt wird, muss ihre Überprüfbarkeit anhand des Akteninhalts möglich sein. So schafft man nur eine neue Einnahmequelle für die Hersteller der Bedienungsanleitungen.