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Auf jeden Fall Mittelgebühr bei drohendem Fahrverbot, oder: Erstattung von Sachverständigenkosten

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Und dann: Von der Staatsschutzsache und dem OLG zum Bußgeldverfahren und dem AG Ratingen, Beschl. v. 25.11.2022 – 20 OWi 413/21.

Es geht um die Gebühren nach Verteidigung eines Betroffenen im Bußgeldverfahren. Das Verfahren ist von der Verwaltungsbehörde eingestellt worden. Die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen des Betroffenen sind der Staatskasse auferlegt worden. Über die Höhe der Erstattung ist dann gestritten worden. Die Behörde hat notwendige Auslagen in Höhe von 850,26 EUR festgesetzt. In Streit stehen noch zum einen die Differenzbeträge zwischen einer von der Behörde in Ansatz gebrachten Mittelgebühr und der vom Betroffenen begehrten Erhöhung wegen einer vorgetragenen überdurchschnittlichen Bedeutung der Sache und einer überdurchschnittlichen Schwierigkeit sowie zum Anderen die Erstattungsfähigkeit von Kosten eines, privaten Sachverständigengutachtens in Höhe von 1,350,03 EUR. Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung des Betroffenen hatte Erfolg:

„Der Betroffene hat einen Gebührenanspruch bezüglich der Nrn, 5100, 5103 und 5109 VV RVG, wie im Antrag vom 08,06,2022 geltend gemacht.

Die Angelegenheit hatte bereits wegen des drohendes einmonatigen Fahrverbotes bei einer beruflichen Abhängigkeit vom Führerschein und daraus resultierenden persönlichen, wirtschaftlichen Härte mit einer möglichen Existenzgefährdung für den Betroffenen eine überdurchschnittliche Bedeutung. Insbesondere wenn ein Eintrag von mehr als zwei Punkten in Betracht kommt, liegt eine hohe Bedeutung für den Betroffenen vor, so dass eine erhöhte Gebühr veranschlagt werden kann (vgl. LG Gera Juristisches Büro 2000, 581; LG Potsdam MDR 2000, 581).

Im Übrigen liegt auch eine überdurchschnittliche Schwierigkeit angesichts des Verfahrensablaufs eindeutig vor. Der Verteidiger musste angesichts der Aktenunvollständigkeit einen Antrag auf gerichtliche Entscheidung nach. § 62 OWG stellen; u. a. weil die Behörde sich weigerte, die Messreihe zur Verfügung zu stellen, Ferner wurde im Hinblick darauf, dass die Behörde nach erstmaliger Zurückverweisung der Sache eine Vorladung zur Vernehmung an den Betroffenen hat, obwohl dieser bereits mitgeteilt, keine Angaben zur Sache zu machen, ein erneutes Tätigwerden des Verteidigers erforderlich, das in einem Verfahren mit durchschnittlicher Schwierigkeit nichterforderlich gewesen wäre,

Der Betroffene konnte vorliegend auch angemessen erscheinende Kosten für die Einholung eines Privatgutachtens in Höhe von 1.350,03 EUR in, Ansatz bringen. Kosten für die Einholung eines— privaten Sachverständigengutachtens sind ausnahmsweise dann als notwendige Kosten anzuerkennen, wenn schwierige technische Fragestellungen zu beurteilen sind oder wenn aus Sicht des Betroffenen ex ante ein privates Sachverständigengutachten erforderlich ist, da ansonsten eine erhebliche Verschlechterung der Prozesslage zu befürchten wäre (vgl. nur LG Wuppertal, Beschl. v, 08,02.2018 – 26 Qs 214/17, BeckRS 2018, 2186), Bei einem standardisierten Messverfahren wie hier dem verwendeten Messgerät PoliscanSpeed bestehen realistischerweise nur dann Möglichkeiten des Betroffenen, konkrete Einwendungen vorzubringen, wenn er bereits frühzeitig vor einem etwaigen Hauptverhandlungstermin ein Privatgutachten einholt. Die Argumentation der Behörde im Kostenfestsetzungsbescheid vom 02.08.2022, es sei wegen des Amtsermittlungsgrundsatzes zumutbar, auch ex-ante notwendig erscheinende Ermittlungen erst dann selbst zu veranlassen, wenn das in der Hauptsache zuständige Gericht diese abgelehnt habe, erscheint in einem Ordnungswidrigkeitsverfahren jedenfalls bei Anwendung der Grundsätze des standardisierten Messverfahrens unrealistisch, weil nach Ablehnung entsprechender Beweisanträge im Hauptverhandlungstermin regelmäßig unmittelbar eine Entscheidung des Gerichts erfolgt. Somit musste der Betroffene jedenfalls zum Zeitpunkt seines Einspruchs davon ausgehen, dass keine Beweiserhebung zur Ordnungsgemäßheit der Messung erfolgen würde, wenn er keine konkreten Anhaltspunkte für einen Messfehler vorbringt. Da nicht ersichtlich ist, dass solche vor Beauftragung des Gutachtens vorgelegen hätten, waren aus der maßgeblichen ex ante Sicht des Beschwerdeführers ohne die Einholung seines privaten Gutachtens seine Verteidigungsmöglichkeiten deutlich eingeschränkt.“

Unfallschadenregulierung: Wie weit darf ich mich abschleppen lassen?

entnommen wikimedia.org Author: Maschinenjunge

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Author: Maschinenjunge

Eine für die Unfallschadenregulierung interessante Konstellation behandelt das AG Ratingen, Urt. v. 29‌.‌11‌.‌2013‌ – 9 C ‌292‌/‌13‌.  Es ging nämlich um die Frage, in welcher Höhe nach einem Verkehrsunfall Abschleppkosten zu ersetzen sind. Der Geschädigte hatte seinen beschädigten Pkw nämlich nicht zur nächst gelegenen Vertragswerkstatt schleppen lassen, sondern zu einer weiter entfernten an seinem Heimatort. Das AG Ratingen geht von folgenden Grundsätzen aus:

  • Die Kosten, die einem Geschädigten aus einem Verkehrsunfall durch das Abschleppen des Fahrzeugs entstanden sind, gehören grundsätzlich zum ersatzfähigen Schaden infolge eines Unfalls.
  • Aufgrund der Schadenminderungspflicht des Geschädigten sind die zu erstattenden Abschleppkosten aber grundsätzlich auf einen Abschleppvorgang zur nächstgelegen, geeigneten Werkstatt begrenzt.
  • Geeignet in diesem Zusammenhang ist jede nächstgelegene Werkstatt des Herstellers des Fahrzeugs und somit die nächstgelegene Herstellerwerkstatt, da im Reparaturfall davon auszugehen ist, dass jede Vertragswerkstatt in der Lage ist, eine Reparatur fachgerecht durchzuführen.
  • In Ausnahmefällen kann jedoch, ohne dass dem Geschädigten ein Verstoß gegen seine Schadensminderungspflicht anzulasten ist, auch ein Abschleppvorgang bis zum Heimatort des Geschädigten zu ersetzen sein, wenn andernfalls entsprechende oder höhere Kosten entstehen würden.
  • Abschleppkosten zur Heimatwerkstatt sind auch dann nicht erstattungsfähig, wenn spätere Abholkosten bedeutend günstiger gewesen wären als das Abschleppen bis zur Heimatwerkstatt.

Im entschiedenen Fall sind die höheren Abschleppkosten nicht ersetzt worden:

„Es ist nicht ersichtlich, dass dem Kläger hier erheblich höhere Kosten entstanden wären, die den Ersatz der hier entstandenen Abschleppkosten rechtfertigen, wenn sein beschädigtes Fahrzeug nur bis zu einer Vertragswerkstatt nach S verbracht worden wäre. Warum sein weniger als drei Jahre altes Fahrzeug zwingend in der Vertrauenswerkstatt zu reparieren ist, ist weder vorgetragen noch ersichtlich, sodass eine besondere Notwendigkeit zur Beauftragung einer Werkstatt in Köln seitens des Klägers nicht ausreichend dargelegt wurde.“