Und dann im Mittagsposting drei Entscheidungen zu diversen Pflichtverteidigungsfragen, und zwar:
Zunächst der KG, Beschl. v. 25.02.2022 – (2) 161 Ss 25/22 (7/22) – zur Dauer der Pflichtverteidigung:
„Aus Gründen der Klarstellung war dem Angeklagten auf seinen Antrag Rechtsanwalt pp. gemäß § 140 Abs. 2 StPO zum Pflichtverteidiger zu bestellen. Zwar endet eine Beiordnung gemäß § 143 Abs. 1 StPO erst mit dem rechtskräftigen Abschluss des Strafverfahrens und gilt somit auch für das Revisionsverfahren einschließlich einer etwaigen Revisionshauptverhandlung (vgl. Meyer-Goßner/Schmitt, StPO 64. Aufl., § 143 Rdn. 1, § 350 Rdn. 9, 11). Da die Beiordnung durch das Landgericht am 15. Dezember 2021 jedoch ausdrücklich mit dem (einschränkenden) Zusatz „für das Berufungsverfahren“ erfolgt ist, war die Beiordnung klarstellend noch einmal auszusprechen.“
Als zweite Entscheidung der KG, Beschl. v. 28.03.2022 – 2 Ws 57/22 -zur Aufhebung der Bestellung mit folgendem Leitsatz:
Nach rechtskräftigem Abschluss eines Strafverfahrens ist die Aufhebung einer Pflichtverteidigerbestellung nicht mehr möglich.
Und als dritte Entscheidung dann der angekündigte weitere Beschluss zum zweiten Verteidiger (§ 144 StPO), und zwar zur Frage: Erfordert die Encro-Chat-Problematik einen weiteren Verteidiger? Das LG Frankfurt (Oder) sagt im LG Frankfurt (Oder), Beschl. v. 07.04.2022 – 22 Qs 18/22: Nein:
„…. a) Entgegen dem Vorbingen des Beschuldigten hat der Verfahrensstoff keinen derart außergewöhnlichen Umfang. Wie in anderen Verfahren, in denen die Auswertung von Telekommunikationsdaten eine Rolle spielt, ist ein nicht unerheblicher Datenbestand vorhanden, wobei nicht jedes Gespräch bzw. Nachricht eine wesentliche Rolle spielt. Das Ausmaß der Daten in diesem Verfahren ist nicht umfangreicher als in vergleichbaren Verfahren einer Großen Strafkammer, ohne dass grundsätzlich beim Vorhandensein von Telekommunikationsdaten größeren Umfangs die Voraussetzungen des § 144 Abs. 1 StPO vorliegen. Ein unabweisbares Bedürfnis für die Beiordnung eines zusätzlichen Pflichtverteidigers ist aus dem konkreten Aktenbestand nicht abzuleiten (OLG Bremen, Beschl. v. 30.04.2021 – 1 Ws 24/21 –, Rn. 19 – juris). Dass der Verfahrensstoff so außergewöhnlich umfangreich wäre, dass er überhaupt nur bei arbeitsteiligem Zusammenwirken zweier Verteidiger beherrscht werden könnte, und anderenfalls eine konkrete Gefahr für die zügige Durchführung des ordnungsgemäß betriebenen Verfahrens bestünde, ist nicht ersichtlich.
Dies ergibt sich im Übrigen auch nicht aus dem Umstand, dass die Ermittlungen teilweise auf Encrochat-Daten beruhen. Eine besondere Komplexität geht damit nicht zwingend einher. Dies folgt auch daraus, dass die rechtlichen Fragen in Rechtsprechung und Wissenschaft bereits in breitem Umfang diskutiert sind, sich eine obergerichtliche Rechtsprechung herausgebildet und nunmehr auch der Bundesgerichtshof eindeutig und ausführlich Position bezogen hat (BGH, Beschl. v. 02.03.2022 – 5 StR 457/21).“