Frist I: Was gehört zur Zulässigkeit der Anhörungsrüge?, oder: Der BGH sagt es uns noch einmal

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Und heute dann zum Wochenstart zweimal etwas zu Fristen und was damit zu tun hat.

Ich stelle hier dann zunächst den BGH, Beschl. v. 04.04.2024 – 1 StR 450/23 – ein. Der äußert sich zur Anhörungsrüge (§ 356a StPO) und zeiht noch einmal schön, worauf man achten muss, damit die Anhörungsrüge zumindest zulässig ist. Das war sie hier nämlich nicht:

„Der Senat hat die Revision des Verurteilten mit Beschluss vom 7. Februar 2024 als unbegründet verworfen. Dagegen wendet sich der mit der Vertretung des Verurteilten in der Revisionsinstanz bevollmächtigte Verteidiger mit Schreiben vom 28. Februar 2024 und erhebt die Anhörungsrüge. Er führt aus, dass er nach Erhalt der Antragsschrift des Generalbundesanwalts vom 5. Dezember 2023 mit dem Antrag, die auf die nicht näher ausgeführte Sach- und Verfahrensrüge gestützte Revision durch Beschluss als unbegründet zu verwerfen, die Revision mit Schreiben vom 26. Dezember 2023 ausführlich begründet und der Generalbundesanwalt mit Schreiben vom 17. Januar 2024 hierzu Stellung genommen habe. Er beanstandet, dass er diese Stellungnahme am 19. Januar 2024 vom Senat mit der Bitte um Kenntnisnahme „kommentarlos“ zugeleitet bekommen und der Senat sodann die Revision, ohne den Revisionsführer zu den Ausführungen des Generalbundesanwalts anzuhören, mit Beschluss vom 7. Februar 2024 als unbegründet verworfen habe. Der Rechtsbehelf hat keinen Erfolg.

1. Die Anhörungsrüge erweist sich bereits als unzulässig.

a) Der Verteidiger trägt vor, er habe den Beschluss des Senats vom 7. Februar 2024 – „übermittelt laut Poststempel mit Datum vom 13.02.2024 an den Verteidiger“ – erst am 21. Februar 2024 nach Rückkehr von einer Urlaubsreise vom 29. Januar 2024 bis zum 20. Februar 2024 zur Kenntnis genommen, weshalb er die Anhörungsrüge vom 28. Februar 2024 fristgerecht innerhalb einer Woche erhoben habe.

b) Die Anhörungsrüge ist nicht fristgerecht erhoben. Der Verteidiger des Verurteilten hat den Senatsbeschluss nach eigenem Vorbringen mit Poststempel vom 13. Februar 2024 erhalten. Die Gehörsrüge ist infolge urlaubsbedingter Abwesenheit des Verteidigers erst am 28. Februar 2024, mithin nach Ablauf der Wochenfrist des § 356a Satz 2 StPO , beim Revisionsgericht eingegangen. Ohnehin wäre ein etwaiges Verschulden des Verteidigers an der Fristversäumung dem Verurteilten zuzurechnen (vgl. BGH, Beschluss vom 15. September 2020 – 1 StR 280/19 Rn. 3). Dem Verteidiger hätte es nach Erhalt der Stellungnahme des Generalbundesanwalts am 19. Januar 2024 freigestanden, hierzu vor Urlaubsantritt Ausführungen zu machen, jedenfalls aber mit Rücksicht auf die anstehende, urlaubsbedingte längere Abwesenheit die Bestellung eines Vertreters zu veranlassen ( § 53 BRAO ).

c) Zudem ist dem Vorbringen des Verteidigers nicht zu entnehmen, wann der Verurteilte von der behaupteten Verletzung des rechtlichen Gehörs Kenntnis erlangt hat. In Fällen, in denen sich – wie hier – die Einhaltung der Frist des § 356a Satz 2 StPO nicht schon aus dem aus den Akten ersichtlichen Verfahrensgang ergibt, gehören die Mitteilung des für den Fristbeginn maßgeblichen Zeitpunkts der Kenntniserlangung von den tatsächlichen Umständen, aus denen sich die Gehörsverletzung ergeben soll, und dessen Glaubhaftmachung ( § 356a Satz 3 StPO ) zu den Zulässigkeitsvoraussetzungen des Rechtsbehelfs (vgl. BGH, Beschlüsse vom 28. November 2023 – 1 StR 311/23 Rn. 2; vom 3. September 2019 – 3 StR 226/19 Rn. 5; vom 1. August 2019 – 5 StR 85/19 Rn. 4 und vom 22. Juli 2016 – 1 StR 579/15 Rn. 2, jeweils mwN). Hierbei kommt es entscheidend auf die Kenntnis desjenigen Beteiligten an, dessen Anspruch auf rechtliches Gehör durch die Entscheidung des Revisionsgerichts verletzt sein soll (vgl. BGH, Beschluss vom 13. September 2016 – 5 StR 524/15 Rn. 2 mwN), hier also des Verurteilten als Revisionsführer. Vorliegend verhält sich die Anhörungsrüge allein zur Kenntniserlangung durch den neu mandatierten Verteidiger des Verurteilten.

2. Die Anhörungsrüge hätte aber auch in der Sache keinen Erfolg.

a) Der Senat hat bei seiner Entscheidung weder Tatsachen oder Beweisergebnisse verwertet, zu denen der Verurteilte nicht gehört worden ist, noch hat er bei der Entscheidung zu berücksichtigendes Vorbringen des Verurteilten übergangen oder dessen Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs in sonstiger Weise verletzt. Die Gegenerklärung der Verteidigung vom 26. Dezember 2023 zur Zuleitungsschrift des Generalbundesanwalts hat der Senat auch inhaltlich vor Fassung des Verwerfungsbeschlusses zur Kenntnis genommen.

b) Aus dem Umstand, dass der Senat sodann die Verwerfung der Revision nicht weiter begründet und insbesondere zu der vom Verteidiger erst nach Erhalt der Zuleitungsschrift des Generalbundesanwalts vom 5. Dezember 2023 abgegebenen Begründung der zunächst nur allgemein erhobenen Sachrüge keine Ausführungen gemacht hat, kann nicht auf einen Verstoß gegen den Grundsatz der Gewährung rechtlichen Gehörs geschlossen werden.

aa) Eine Begründungspflicht für letztinstanzliche, mit ordentlichen Rechtsmitteln nicht mehr anfechtbare Entscheidungen besteht nicht (vgl. BGH, Beschluss vom 5. Mai 2014 – 1 StR 82/14 , NStZ-RR 2014, 222 mwN; BVerfG, Beschluss vom 23. August 2005 – 2 BvR 1066/05 , NJW 2006, 136; vgl. auch BVerfG [Kammer], Beschluss vom 30. Juni 2014 – 2 BvR 792/11 ,wistra 2014, 434mwN). Die Vorschrift des § 349 Abs. 2 StPO sieht keine Begründung des die Revision verwerfenden Beschlusses vor.

bb) Das gilt auch dann, wenn – erstmals – in einer Gegenerklärung zur Antragsschrift des Generalbundesanwalts die Sachrüge näher begründet wird (st. Rspr.; vgl. BGH, Beschlüsse vom 28. November 2023 – 1 StR 311/23 Rn. 5; vom 21. November 2019 – 1 StR 563/18 Rn. 4 und vom 24. Januar 2019 – 5 StR 619/18 Rn. 3). Denn das System der Revisionsentscheidung im Beschlussverfahren nach § 349 Abs. 2 und 3 StPO baut darauf auf, dass der Beschwerdeführer die Gründe für die Anfechtung eines Urteils bereits in der Revisionsbegründung anführt ( § 344 Abs. 1 StPO ). Hierzu nimmt die Revisionsstaatsanwaltschaft in ihrer Antragsschrift Stellung und legt – sofern sie die Beanstandungen nicht für durchgreifend erachtet – die hierfür maßgebenden Gründe in ihrem Antrag auf Verwerfung des Rechtsmittels näher dar. Folgt das Revisionsgericht einstimmig der Auffassung der Staatsanwaltschaft, so kann es die Revision durch Beschluss verwerfen, ohne dass dieser einer näheren Begründung bedarf. Dieses System kann der Beschwerdeführer nicht dadurch außer Kraft setzen, dass er seine Sachrüge während der Revisionsbegründungsfrist nicht weiter ausführt, seine Einzelbeanstandungen vielmehr erst nachschiebt, nachdem die Staatsanwaltschaft ihre Antragsschrift beim Revisionsgericht eingereicht hat, und dieser damit die Möglichkeit zu der gesetzlich vorgesehenen spezifizierten Stellungnahme nimmt. In diesem Fall hat der Beschwerdeführer gemäß Art. 103 Abs. 1 GG zwar Anspruch darauf, dass das Revisionsgericht seine nachgeschobenen Ausführungen zur Kenntnis nimmt und prüft; er kann jedoch nicht verlangen, dass ihm die Gründe, aus denen seine Beanstandungen für nicht durchgreifend erachtet werden, im Verwerfungsbeschluss mitgeteilt werden ( BGH, Beschlüsse vom 28. November 2023 – 1 StR 311/23 Rn. 5; vom 21. August 2008 – 3 StR 229/08 Rn. 3 und vom 23. November 2022 – 5 StR 184/22 Rn. 3).

3. Die Kostenentscheidung folgt aus einer entsprechenden Anwendung des § 465 Abs. 1 StPO ( BGH, Beschluss vom 28. November 2023 – 1 StR 311/23 Rn. 6 mwN).“

Alles kein Hexenwerk.

Sonntagswitz, heute dann noch einmal zum Fußball

Im Sonntagswitz heute doch noch einmal Fußballwitze. Und das, obwohl „wir“ ausgeschieden sind. Da kann ich nur sagen: Na und,  es gibt Schlimmeres. Jedenfalls für mich. Und ob es nun ein Elfmeter war, oder nicht. Der Schiedsrichter hat keinen gegeben. Also keine Diskussion. Tatsachenentscheidung. Also: Ncht traurig sein. Aufstehen, Krönchen richten und weitermachen. Und es geht weiter.

Hier dann also:

Eine Fußballmannschaft fliegt nach Amerika.

Aus Langeweile beginnen die Burschen, in der Maschine mit dem Leder zu spielen.

Der Pilot kann die Maschine kaum noch halten und schickt den Funker nach hinten.

Nach zwei Minuten ist absolute Ruhe.

„Wie hast Du denn das gemacht?“

„Ich habe gesagt: Jungs, es ist schönes Wetter draußen, spielt doch vor der Tür!“


Der Fußballtrainer will gerade das Haus verlassen als seine Frau ihm hinterher ruft:

„Unser Nachbar gibt seiner Frau immer einen Abschiedskuss bevor er zur Arbeit fährt. Warum tust du das nicht auch?“

Der Trainer ist etwas verlegen: „Aber so gut kenne ich seine Frau doch gar nicht.“


Nach der dritten Niederlage in Folge fragt der Trainer seinen Star-Stürmer: „Na, wann bekomme ich denn vor dir mal wieder etwas Ordentliches zu sehen?“

„Heute Abend!“ erwidert der Stürmer. „Da präsentiere ich in einem Werbespot ein neues Aftershave.“


Paul hat sich beim Fußballspielen den Fuß gebrochen.

Nach vier Wochen meldet er sich beim Chef wieder zurück.

„Ja, wie geht’s denn, Paul, ist der Fuß wieder in Ordnung?“

„Alles in bester Ordnung, Chef!“ strahlt Paul. „Ich kann jetzt besser gehen als je zuvor!“

„Das freut mich für dich. Was dir dann jetzt noch fehlt, ist eine anständige Gehirnerschütterung!“

Rückschau: Wochenspiegel für die 27. KW./2023, das war das GEG, Katjes, lebenslang, Fingerabdruck und Rechtsbeugung

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Heute kann ich mal wieder keinen aktuellen Wochenspiegel erstellen. Daher gibt es mal wieder eine Rückschau auf die 27. KW./2023. Ist ja auch immer mal wieder interessant zu sehen, was uns so vor einem Jahr beschäftigt hat. Das war dann:

  1. Novelle verzögert sich: Bundesverfassungsgericht stoppt GEG

  2. OLG Düsseldorf: Katjes darf seine Produkte „klimaneutral“ nennen

  3. Verteidiger-Antrag: Lebenslang?
  4. Mitwirkungsobliegenheit „ohne schuldhaftes Zögern“ – Update zum Urlaubsverfall bei Langzeiterkrankung

  5. VG Berlin: Exmatrikulation wegen Teilnahme an Online-Chat während einer Klausur

  6. BAG: Kein Verwertungsverbot im Kündigungsschutzprozess bei offener Videoüberwachung auch wenn nicht alle datenschutzrechtlichen Vorgaben eingehalten werden
  7. EuGH-Generalanwältin: Erfassung und Speicherung des Fingerabdrucks auf Personalausweis mit DSGVO und anderen unionsrechtlichen Vorgaben vereinbar
  8. Bestellbuttons im E-Commerce

  9. LG München I: Gewinnverteilung bei Autorennen: Geteiltes Fahren – geteilter Gewinn

  10. und aus meinem Blog:  StGB III: Richter-Rechtsbeugung durch Unterlassen, oder: Verfälschungen und Arbeitsverweigerung

Schadensersatz nach einer falschen Verdächtigung?, oder: AG Brandenburg auf mehr als 30 Seiten: Nein.

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Und dann das AG Brandenburg, Ur. v. 08.01.2024 – 30 C 138/23. Es geht um Schadensersatz nach einer (behaupteten) falschen Verdächtigung. Die Parteien streiten darum nach einer Strafanzeige. Der Kläger begehrt von dem Beklagten insofern die Zahlung von Schadenersatz für Rechtsanwaltskosten, die ihm in einem strafrechtlichen Ermittlungsverfahren entstanden sind.

Das AG hat die Klage abgewiesen und das auf mehr als 30 (!) Seiten begründet. Das kann man nun wirklich hier nicht einstellen. Daher nur der Leitsatz:

Derjenige, der nicht „wider besseren Wissens“ jemanden einer rechtswidrigen Tat verdächtigt handelt grundsätzlich auch noch nicht rechtswidrig, wenn er durch diese Strafanzeige das hierfür gesetzlich geregelte Verfahren in Gang bringt (§ 826 BGB unter Beachtung von § 164 StGB).

Rest dann bitte im Volltext selbst lesen. Viel Spaß 🙂 .

Ersatz von Sachverständigenkosten als Unfallschaden, oder: Unbrauchbares Sachverständigengutachten

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Und dann mal wieder etwas Zivilrecht, und zwar zunächst zur Unfallschadenregulierung. Dazu das OLG Saarbrücken, Urt. v. 03.05.2024 – 3 U 13/23.

Gestritten wird um den Ersatz von Unfallschäden. Das LG hat die Klage insgesamt abgewiesen. Das OLG spricht dann auf die Berufung teilweise zu. Die durch den Unfall entstandenen SV-Kosten gibt es aber auch vom OLG nicht. Denn:

    1. Durch einen Verkehrsunfall entstandene Sachverständigenkosten sind nicht ersatzfähig, wenn das Gutachten infolge nicht berücksichtigter Vorschäden unbrauchbar ist und der Geschädigte dies zu vertreten hat. Die Grundsätze zum Sachverständigenrisiko ändern hieran nichts.
    2. Der Geschädigte hat die Unbrauchbarkeit des Gutachtens zu vertreten, wenn er es nach dem Erhalt des Gutachtens versäumt hat, den Sachverständigen auf einen von diesem nicht berücksichtigten Vorschaden hinzuweisen und auf eine Berichtigung bzw. Ergänzung des Gutachtens hinzuwirken, obwohl die Berücksichtigung des Vorschadens sich aus seiner Sicht aufdrängen musste.