OWi I: Absehen vom Fahrverbot wegen langer Dauer, oder: Zweijahresfrist

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Und heute dann ein „OWi-Donnerstag“.

Ich starte mit einem Beschluss des OLG Brandenburg zum Fahrverbot: Das OLG hat im OLG Brandenburg, Beschl. v. 15.07.2024 – 1 ORbs 134/24 – zum Absehen vom Fahrverbot bei langer Verfahrensdauer Stellung genommen, und zwar:

„b) Die auf die Sachrüge vorgenommene Überprüfung des angefochtenen Urteils hat Rechtsfehler zum Nachteil des Betroffenen nicht ergeben.

Insbesondere ist das Erkenntnis des Bußgeldgerichts, von der Verhängung des nach BKatV bei der hier vorliegenden Geschwindigkeitsüberschreitung um 49 km/h indizierten Fahrverbots vermittels Kompensation durch eine Verdoppelung der Geldbuße abzusehen, von Rechts wegen nicht zu beanstanden.

Der Verhängung des Fahrverbots steht grundsätzlich nicht entgegen, dass die Ordnungswidrigkeit bereits 22,5 Monate vor der angefochtenen Entscheidung des Bußgeldgerichts begangen worden war. Das Fahrverbot nach § 25 Abs. 1 S. 1 StVG hat nach der gesetzgeberischen Intention in erster Linie eine Erziehungsfunktion. Es ist als Denkzettel- und Besinnungsmaßnahme gedacht und ausgeformt (vgl. BT-Drucks. V/1319, S. 90; BVerfGE 27, 36, 42). Das Fahrverbot kann deshalb seinen Sinn verloren haben, wenn seit dem Verkehrsverstoß ein erheblicher Zeitraum vergangen ist (vgl. KG StraFo 2007, 518 m. w. N.). Wann bei langer Verfahrensdauer der Zeitablauf entweder allein oder zusammen mit anderen Umständen ein Absehen vom nach der BKatV indizierten Fahrverbot rechtfertigen kann, ist eine Frage des Einzelfalls, die dem Tatrichter einen Beurteilungsspielraum eröffnet.

Nach gefestigter obergerichtlicher Rechtsprechung ist der Sinn des Fahrverbots in Frage zu stellen, wenn die zu ahndende Tat mehr als zwei Jahre zurückliegt (vgl. OLG Hamm DAR 2012, 340; OLG Celle VRS 108, 118; OLG Karlsruhe DAR 2005, 168; OLG Bamberg DAR 2008, 651 m. w. N.; ständige Senatsrspr., vgl. statt vieler: Beschluss vom 05. Februar 2021 – 1 OLG 53 Ss-OWi 6/21; s. a. König in: Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, 45. Auflage, zu § 25 StVG, Rz. 24 m. zahlr. N.). Hinsichtlich dieser Zweijahresfrist kommt es auf den Zeitraum zwischen Tatbegehung und letzter tatrichterliche Verhandlung an, da der Tatrichter den sich anschließenden Zeitraum zwischen seiner Entscheidung und deren Rechtskraft nicht berücksichtigen kann und das Rechtsbeschwerdegericht lediglich zu prüfen hat, ob das Urteil des Bußgeldgerichts auch den Rechtsfolgenausspruch, insbesondere die Verhängung und Begründung des Fahrverbots, betreffend Rechtsfehler aufweist (vgl. OLG Hamm, Beschluss vom 24. März 2011- 3 RBs 70/10;OLG Oldenburg, Beschluss vom 03. August 2011- 2 BsSs 172/11; jeweils zitiert nach juris).Selbst ein Zeitablauf von zwei Jahren zwischen Tatbegehung und tatrichterlichem Urteil führt nicht automatisch zu einem Absehen von einem Fahrverbot. Er beinhaltet lediglich einen Anhaltspunkt dafür, dass eine tatrichterliche Prüfung dazu, ob das Fahrverbot seinen erzieherischen Zweck noch erfüllen kann, geboten ist. Bei einem Zeitablauf von mehr als zwei Jahren zwischen Tat und Urteil bedarf es nach Auffassung des Senats besonderer Umstände für die Annahme, dass ein Fahrverbot noch unbedingt notwendig ist (vgl. OLG Düsseldorf MDR 2000, 829; s. zum Ganzen auch: König in: Hentschel/Dauer/König a. a. O.).

Im vorliegenden Fall war die Zweijahresfrist bei der Entscheidung des Amtsgerichts noch nicht abgelaufen. Die Kompensation seines Wegfalls durch eine Verdoppelung der Geldbuße ist deshalb nicht zu beanstanden.“

Nichts Neues, sondern nur ein Reminder. Zum Fahrverbot kann man übrigens eine Menge erfahren in <<Werbemodus ein> Burhoff (Hrsg), Handbuch für das straßenverkehrsrechtliche OWi-Verfahren, 7. Aufl. 2024. Dort hat der Kollege Deutscher sehr schon – vielfach kopiert, aber nicht erreicht – ausgeführt. Bestellen kann man das Werk hier. <<Werbemodus aus>>

Verkehrsrecht III: Ladungssicherung und VDI-Richtlinie, oder: Anerkannte Regeln der Technik

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Und dann als dritte Entscheidung das AG Dortmund, Urt. v. 11.07.2024 – 729 OWi-257 Js 630/24 -58/24 – zu Fragen der Ladungssicherung. Ich beschränke mich aber auf die Leitsätze, die lauten:

    1. Auch wenn die Ladungssicherungsmittel nicht ordnungsgemäß (VDI-richtlinienkonform) eingesetzt sind, stellt dies keine Ordnungswidrigkeit nach §§ 49, 22 StVO dar, wenn die Ladung gleichwohl ausreichend hierdurch gesichert ist (konkret: ablegereife Sicherungsgurte und möglicherweise ablegereife Sicherungsketten).
    2. Die Formulierung des § 22 Abs. 1 S. 2 StVO dahin, dass die anerkannten Regeln der Technik bei der Ladungssicherung zu beachten sind (hier also der VDI-Richtlinie 2700) hat keinen eigenständigen Regelungsgehalt, der durch einen Ordnungswidrigkeitentatbestand abgesichert wird. Vielmehr bezieht sich die Ordnungswidrigkeitenvorschrift des § 49 Abs. 1 Nr. 21 StVO nur auf die „Ladung nach § 22“. Eine eigenständige Ahndung von Verstößen gegen VDI-Richtlinien und § 22 Abs. 1 S. 2 StVO, die sich nicht auf die Sicherheit der Ladung auswirken, ist damit nicht möglich.O, 46 OWiG.

Verkehrsrecht II: Teilnahme am unerlaubten Entfernen, oder: Psychische Beihilfe

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Und im zweiten Posting dann noch einmal etwas vom 4. Strafsenat des BGH, und zwar erneut zu § 142 StGB.

Der BGH nimmt im BGH, Urt. v. 01.08.2024 – 4 StR 409/23 – noch einmal zur Teilnahme beim unerlaubten Entfernen Stellung. Folgende Feststellungen hatte das LG getroffen:

Am 19.07. 2021 verusachte der Angeklagte K. einen schweren Verkehrsunfall, bei dem der Geschädigte erheblich verletzt und erheblicher Sachschaden angerichtet wurde. Unmittelbar nach dem Zusammenstoß verständigten sich die Angeklagten K. und M. und Y., die sich auch im Fahrzeug des Angeklagten befunden hatten, noch im Fahrzeug darauf zu flüchten. Die Angeklagten M. und Y. stärkten hierdurch den Entschluss des Angeklagten K., den Unfallort zu verlassen, ohne die notwendigen Feststellungen zu ermöglichen. Alle Angeklagten verließen zeitnah zueinander das Fahrzeug und liefen davon.

Der BGH hat die Schuldsprüche wegen Beihilfe zum unerlaubten Entfernen nicht beanstandet:

„a) Die Schuldsprüche wegen Beihilfe zum unerlaubten Entfernen vom Unfallort gegen die Angeklagten Y. und M.  im Fall II.2. der Urteilsgründe sind rechtlich nicht zu beanstanden. Sie werden von den Feststellungen getragen, die ihrerseits rechtsfehlerfrei belegt sind.

aa) Das Landgericht hat zutreffend eine psychische Beihilfe (§ 27 StGB) der Angeklagten Y.   und M. darin gesehen, dass sie sich mit dem Angeklagten K.   auf eine gemeinsame Flucht verständigten und ihn hierdurch in seinem Entschluss, sich vom Ort des durch ihn verursachten Verkehrsunfalls zu entfernen, bestärkten. Danach kann dahinstehen, ob die Feststellungen sogar eine Verurteilung der Angeklagten Y. und M. wegen mittäterschaftlich begangenen unerlaubten Entfernens vom Unfallort getragen hätten, weil sie selbst wartepflichtig gewesen sein könnten (vgl. zur Wartepflicht eines Mitfahrers, dessen Verhalten nach den Umständen zu dem Unfall beigetragen haben kann, BGH, Urteil vom 22. Juli 1960 – 4 StR 232/60, BGHSt 15, 1, 4 f.). Denn die unterbliebene Verurteilung wegen etwaiger täterschaftlicher Verwirklichung des § 142 StGB beschwert die Angeklagten jedenfalls nicht.

bb) Gegen die diesen Feststellungen zugrundeliegende Beweiswürdigung ist revisionsrechtlich nichts zu erinnern…..“

Verkehrsrecht I: Begriff des Unfalls bei der Unfallflucht, oder: Verkehrstypische Gefahr realisiert?

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Heute dann drei Entscheidungen mit „verkehrsrechtlichem Einschlag“.

Ich beginne mit dem BGH, Urt. v. 20.06.2024 – 4 StR 15/24 -, das in zweifacher Hinsicht interessant ist. Ich stelle es heute wegen des verkehrsrechtlichen Aspekts vor. Und zwar geht es u.a. noch einmal um den Begriff des Unfalls in § 142 StGB.

Das Landgericht hat den Angeklagten – unter Freisprechung im Übrigen – wegen versuchten Totschlags in zwei tateinheitlich begangenen Fällen in Tateinheit mit gefährlichem Eingriff in den Straßenverkehr zur Herbeiführung eines Unglücksfalls, in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung in zwei tateinheitlich begangenen Fällen sowie in Tateinheit mit Sachbeschädigung in fünf tateinheitlich begangenen Fällen zu einer Jugendstrafe von drei Jahren verurteilt. Ferner hat es dem Angeklagten die Fahrerlaubnis entzogen und eine Sperrfrist für die Wiedererteilung bestimmt. Die Staatsanwaltschaft erstrebt mit ihrer zu Ungunsten des Angeklagten eingelegten, auf die Verletzung sachlichen Rechts gestützten Revision eine Verurteilung wegen versuchten Mordes in zwei tateinheitlichen Fällen sowie – unter Aufhebung des Teil-Freispruchs – wegen unerlaubten Entfernens vom Unfallort. Der Angeklagte rügt mit seiner Revision die Verletzung materiellen Rechts. Die Rechtsmittel erzielen den aus der Urteilsformel ersichtlichen Erfolg.

Das LG hatte u.a. folgende Feststellungen und Wertungen getroffen:

„Zu Beginn des Jahres 2022 erfuhren der Angeklagte und das soziale Umfeld seiner Familie von dem außerehelichen Verhältnis seiner Mutter zu dem späteren Geschädigten I. Wegen der damit aus Sicht des Angeklagten verbundenen Herabwürdigung seines Vaters sah er hierin eine Kränkung der Familienehre. Zudem kam es infolge der außerehelichen Beziehung zu fast täglichen Streitigkeiten der Eltern, die den Angeklagten sehr belasteten. Ende 2022 teilte er dem Geschädigten, dem er die alleinige Verantwortung für das Liebesverhältnis mit seiner Mutter zuwies, mit, dass dieser keine Mitglieder seiner Familie mehr belästigen solle, anderenfalls würde es „schlimm“ für ihn werden.

Am Abend des 2. Januar 2023 war der Angeklagte mit dem auf seinen Vater zugelassenen Pkw Fiat Stilo in A. unterwegs. Als er sich auf dem Heimweg befand und soeben die D.    straße passierte, bemerkte sein Beifahrer, der ebenfalls um die Affäre wusste, den späteren Geschädigten. Dieser lief auf dem linksseitigen Gehweg in Begleitung der späteren Geschädigten H. – dabei miteinander scherzend – in Fahrtrichtung des Angeklagten. Auf die Frage seines Beifahrers, ob er gesehen habe, wer da sei, hielt der Angeklagte augenblicklich an und setzte das Fahrzeug zurück. Dabei erkannte er zwischen den am Fahrbahnrand geparkten Fahrzeugen den Geschädigten. Dieser nahm den rückwärtsfahrenden Pkw wahr und ging davon aus, dass der Fahrer auf der Suche nach einem Parkplatz sei. Vor dem Beginn eines abgesenkten Bordsteins bremste der Angeklagte sein Fahrzeug erneut ab, legte den ersten Gang ein und trat das Gaspedal vollständig durch. Er fuhr in einer S-Kurve über den abgesenkten Bordstein auf den dort 4,1 Meter bis 4,7 Meter breiten Gehweg. Spätestens jetzt erkannte er im Scheinwerferlicht auch die neben dem Geschädigten auf der linken, der Hauswand zugewandten Seite des Bürgersteiges gehende Geschädigte H. Obgleich sein Beifahrer ihm noch zurief, er solle es nicht tun, fuhr der Angeklagte mit weiterhin vollständig durchgedrücktem Gaspedal von hinten auf die Geschädigten zu. Hierbei heulte der Motor – wie dem Angeklagten bewusst war – deutlich wahrnehmbar auf. Trotz des nun auch von der Geschädigten H. vernommenen Motorengeräuschs drehte sich diese nicht um. Schließlich kollidierte der vom Angeklagten gesteuerte Pkw bei einer Geschwindigkeit von 38 km/h nach circa 21 Metern auf dem Bürgersteig ungebremst mit den Geschädigten. Dabei beabsichtigte er, den Liebhaber seiner Mutter mit dem Pkw zu treffen und ihn hierdurch erheblich zu verletzen. Dessen Tod sowie den Tod oder erhebliche Verletzungen dessen Begleiterin nahm der Angeklagte billigend in Kauf. Mit dem mittigen Frontbereich prallte er gegen den linken Unterschenkel des Geschädigten I. Das linke Drittel der Stoßstange stieß gegen die rechte Wade der Geschädigten H. Mit der rechten Fahrzeugseite touchierte der Pkw zugleich einen am Fahrbahnrand geparkten Pkw. Während die Geschädigte sich nach einem kollisionsbedingten Sturz in Richtung Hauswand rasch wieder aufrichten und schreiend dem Fahrzeug hinterherlaufen konnte, wurde der Geschädigte I. infolge des Anpralls rücklings auf die Motorhaube aufgeladen und seine Füße wurden bis auf das Fahrzeugdach geschleudert. Dabei prallte er mit dem Kopf gegen die Windschutzscheibe, so dass diese zerbarst. Nach einer Fahrstrecke von mindestens 13 Metern auf dem Fahrzeug des Angeklagten stürzte der Geschädigte auf die Motorhaube eines am Fahrbahnrand abgestellten Pkw und von dort auf den Gehweg. Der Angeklagte fuhr danach weiter und insgesamt circa 50 Meter auf dem Bürgersteig. Hierbei verursachte er Sachschäden an fünf Fahrzeugen in Höhe von insgesamt circa 12.000 €. Als er sein Fahrzeug wieder auf die Fahrbahn zurücksetzte, nahm er im Rückspiegel noch den auf dem Gehweg liegenden Geschädigten wahr. Obwohl er um die potentiell tödlichen Verletzungen der beiden Geschädigten und die Fahrzeugschäden wusste, entfernte er sich von der Kollisionsstelle, ohne sich Gewissheit über deren Zustand und die Folgen seines Handelns zu verschaffen. Der Geschädigte I.  erlitt infolge des Zusammenstoßes Hautabschürfungen und -unterblutungen, einen Teilabriss der linken Ohrmuschel und eine Verletzung am linken Zeh, die sämtlich folgenlos ausheilten. Die Geschädigte H.     zog sich ein Hämatom an der Außenseite des rechten Unterschenkels zu.“

Das LG hat die Tat als versuchten Totschlag in zwei rechtlich zusammentreffenden Fällen in Tateinheit mit gefährlichem Eingriff in den Straßenverkehr zur Herbeiführung eines Unglücksfalls, gefährlicher Körperverletzung in zwei rechtlich zusammentreffenden Fällen und mit Sachbeschädigung in fünf rechtlich zusammentreffenden Fällen gewertet, darauf komme ich noch einmal zurück. Vom (tatmehrheitlichen) Vorwurf des unerlaubten Entfernens vom Unfallort hat die Jugendkammer den Angeklagten aus rechtlichen Gründen freigesprochen. Es handele sich bei dem Kollisionsgeschehen nicht um einen Unfall im Straßenverkehr im Sinne des § 142 Abs. 1 StGB. Das gesamte Schadensereignis stelle nicht die Auswirkung eines allgemeinen Verkehrsrisikos dar, sondern sei einer vom Angeklagten deliktisch geplanten Kollision seines Fahrzeugs mit dem Geschädigten I. geschuldet.

Dagegen die Revision der Staatsanwaltschaft, die – auch – insoweit Erfolg hatte:

„2. Auch der Teil-Freispruch vom Vorwurf des unerlaubten Entfernens vom Unfallort hat keinen Bestand; insoweit hat die Jugendkammer zu Unrecht das Vorliegen eines Unfalls im Straßenverkehr verneint und deshalb den Tatbestand des § 142 Abs. 1 StGB als nicht erfüllt angesehen.

a) Unter dem Begriff des Unfalls im Straßenverkehr ist jedes mit dem Straßenverkehr ursächlich zusammenhängendes Ereignis zu verstehen, durch das ein Mensch zu Schaden kommt oder ein nicht ganz belangloser Sachschaden verursacht wird. Der Kennzeichnung eines solchen Geschehens als Verkehrsunfall steht nicht entgegen, dass ein daran Beteiligter es vorsätzlich herbeigeführt hat, wenn nur einem anderen ein von ihm ungewollter Schaden entstanden ist. Dann handelt es sich mindestens für diesen anderen um ein ungewolltes, ihn plötzlich von außen her treffendes Ereignis (st. Rspr.; vgl. BGH, Urteile vom 15. November 2001 – 4 StR 233/01, BGHSt 47, 158, 159 mwN und vom 27. Juli 1972 – 4 StR 287/72, BGHSt 24, 382, 383 mwN). Zudem setzt die Annahme eines „Verkehrsunfalls“ einen verkehrsspezifischen Gefahrenzusammenhang in der Weise voraus, dass sich in dem „Verkehrsunfall“ gerade die typischen Gefahren des Straßenverkehrs verwirklicht haben müssen. Eine solche Verknüpfung des Schadensereignisses mit einem Verkehrsgeschehen ist jedenfalls dann zu verneinen, wenn sich das Verhalten schon nach seinem äußeren Erscheinungsbild als Auswirkung einer deliktischen Planung, wie sie an beliebigen anderen Orten mit beliebigen anderen Mitteln auch durchführbar wäre, darstellt (vgl. BGH, Urteil vom 15. November 2001 – 4 StR 233/01 aaO mwN).

b) Danach liegt es nahe, dass sich jedenfalls in den Kollisionen mit den geparkten Fahrzeugen verkehrstypische Gefahren realisiert haben. Denn der Angeklagte hat den Pkw insoweit nicht mehr (ausschließlich) als Tatwaffe benutzt. Der in der Folge entstandene Sachschaden könnte als Auswirkung des allgemeinen Verkehrsrisikos verstanden werden und damit zum Begriff des Verkehrsunfalls gehören.“

Strafe III: Verfahrensverzögerung in der Revision, oder: LG bummelt, GBA arbeitet schnell

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Und zum Tagesschluss dann noch etwas zur Verfahrensverzögerung und zur Berücksichtigung bei der Strafzumessung – oder auch nicht. Dazu der BGH im BGH, Beschl. v. 13.08.2024 – 5 StR 388/24:

„Das Landgericht hat den Angeklagten unter Freispruch im Übrigen wegen besonders schwerer Vergewaltigung und wegen besonders schweren Raubes in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Jahren und zehn Monaten verurteilt und eine Einziehungsentscheidung getroffen. Die mit der allgemeinen Sachrüge geführte Revision führt lediglich zur Feststellung einer rechtsstaatswidrigen Verzögerung des Revisionsverfahrens und erweist sich im Übrigen als unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.

Es ist im Revisionsverfahren zu einer Verletzung des Gebots zügiger Verfahrenserledigung (Art. 6 Abs. 1 Satz 1 EMRK, Art. 2 Abs. 1 iVm Art. 20 Abs. 3 GG) gekommen. Dem liegt Folgendes zugrunde: Gegen das nach sieben Hauptverhandlungstagen in Anwesenheit des Angeklagten verkündete Urteil vom 1. August 2023 hat der Beschwerdeführer mit am 2. August 2023 beim Landgericht eingegangenen Schriftsatz seines Verteidigers Revision eingelegt, den Antrag auf Aufhebung des Urteils und Zurückverweisung der Sache an eine andere Strafkammer gestellt und dies mit der Rüge einer Verletzung materiellen Rechts begründet. Nach Urteilszustellung am 17. Oktober 2023 und zweimaliger Sachstandsanfrage der Staatsanwaltschaft Berlin ist dieser die Revisionsbegründung erst am 25. Juni 2024 nach § 347 Abs. 1 Satz 1 StPO zugestellt worden. Eine Förderung des Revisionsverfahrens fand in der Zwischenzeit nicht statt. Der Beschwerdeführer befand sich – mit zweitägiger Unterbrechung wegen Erzwingungshaft – aufgrund des Haftbefehls der Kammer vom 1. August 2023 während der gesamten Dauer des Revisionsverfahrens in Untersuchungshaft.

Damit ist das Revisionsverfahren nach Ablauf der einmonatigen Revisionsbegründungsfrist des § 345 Abs. 1 Satz 1 StPO nicht hinreichend gefördert worden, obwohl es sich um eine Haftsache handelte. Der Senat hat diese Verzögerung auf die Sachrüge hin zu berücksichtigen, weil sie nach Ablauf der Revisionsbegründungsfrist eingetreten ist (vgl. BGH, Beschluss vom 17. August 2023 – 5 StR 349/23 mwN). Rechtfertigende Gründe für die eingetretene Verzögerung sind aus den Akten nicht ersichtlich. Soweit über die Voraussetzungen einer möglichen Haftverschonung verhandelt wurde, hätte dies gegebenenfalls anhand zu fertigender Doppelakten geschehen müssen (vgl. BGH, Urteil vom 6. März 2008 – 3 StR 376/07, NStZ-RR 2008, 208).

Zur Kompensation genügt hier deren Anerkennung durch eine entsprechende Feststellung, weil das Ausmaß der Verzögerung durch die ausgesprochen zügige Bearbeitung der Revisionssache beim Generalbundesanwalt deutlich gemildert worden ist (vgl. BGH, Beschluss vom 17. August 2023 – 5 StR 349/23 mwN) und der Verteidiger des Angeklagten selbst um eine zweiwöchige Verfristung gebeten hatte, um die Frage einer möglichen Revisionsrücknahme zu klären.“