Archiv der Kategorie: Strafvollzug

Welche Briefe/Unterlagen darf ich als Verteidiger meinem inhaftierten Mandanten geben?

entnommen wikimedia.org Urheber Fotografie: Frank C. Müller, Baden-Baden

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Nicht selten stecken/kommen Verteidiger bei inhaftierten Mandanten in ein Dilemma, wenn es nämlich um die Frage geht, welche Sachen und Nachrichten, vor allem Briefe, er an seinen Mandanten weitergeben kann/darf. Die Frage und vor allem die richtige Antwort ist für den Verteidiger vor allem auch deshalb von Bedeutung, weil die falsche Antwort zu einem Verstoß gegen § 115 Abs. 1 OWiG (die Vorschrift des § 258 StGB lassen wir mal außen vor) und ggf. sogar zu einem Ausschluss nach § 138a Abs. 1 StPO als Verteidiger führen kann. Ein wenig Licht ins Dunkel bzw. eine Abgrenzung lässt sich dem OLG Karlsruhe, Beschl. v. 03.02.2014 – 2(6) SsBs 628/13-AK 166/13 – entnehmen. Da hatte die Staatsanwaltschaft einen Verstoß gegen § 115 Abs. 1 OWiG angenommen, weil der Verteidiger in einem Strafverfahren mit dem Vorwurf der Vergewaltigung gegen den Mandanten, diesem die Kopie eines Briefes übermittelt hatte,  den das mutmaßliche Opfer der dem Beschuldigten vorgeworfenen Tat an ihn geschrieben hatte. Das AG hatte den Verteidiger frei gesprochen, das OLG hat den Freispruch bestätigt und das Verhalten des Verteidigers als durch das sog. Verteidigerprivileg des § 148 Abs. 1 StPO gedeckt gesehen.

„Da ein ungehinderter Verkehr zwischen Verteidiger und Beschuldigtem zu den unabdingbaren Voraussetzungen einer wirksamen Strafverteidigung gehört (vgl. BVerfG NJW 2007, 2749), muss die Verteidigung von jeder Behinderung oder Erschwerung freigestellt, der Anwalt wegen seiner Integrität als Organ der Rechtspflege jeder Beschränkung enthoben sein (BGHSt 27, 260 <262>; 53, 257 <261>; NJW 1973, 2035). Allerdings ist der Verkehr zwischen Verteidiger und Beschuldigtem nur für die Zwecke der Verteidigung frei. Das Verteidigerprivileg des § 148 Abs. 1 StPO ist deshalb auf solchen Verkehr beschränkt, der unmittelbar der Vorbereitung oder Durchführung der Verteidigung dient, und umfasst daher nur Schriftstücke, die unmittelbar das Strafverfahren betreffen (BVerfG NJW 2010, 1740; BGHSt 26, 304; OLG Dresden NStZ 1998, 535; LG Tübingen NStZ 2008, 643; Gürtler in Göhler, OWiG, 16. Aufl., 2012, § 115 Rn. 21; Rogall in Karlsruher Kommentar zum OWiG, 3. Aufl. 2006, §115 Rn. 33; Rebmann/Roth/Hermann, OWiG, 3. Aufl., § 115 Rn. 24; krit. Wieder StV 2010, 146).

Der vom Betroffenen übermittelte Brief wies indes einen solchen direkten Bezug zur Verteidigung auf. Zwar hatte sich das mutmaßliche Opfer darin nicht zu dem Vergewaltigungsvorwurf selbst geäußert. Die in dem Schreiben zum Ausdruck gebrachte positive Einstellung der Absenderin gegenüber dem Adressaten war jedoch – insoweit schließt sich der Senat den zutreffenden Ausführungen im angefochtenen Urteil an – für die Glaubhaftigkeit der Aussage des mutmaßlichen Tatopfers und damit für die Beurteilung des dem Beschuldigten gemachten Tatvorwurfs, der maßgeblich auf den Angaben des mutmaßlichen Tatopfers beruhte, von Bedeutung und betraf deshalb unmittelbar die Verteidigung des Beschuldigten gegen diesen Tatvorwurf.

M.E. zutreffend, aber: Dennoch Vorsichtig!!

Schließt sich heute die Zellentür hinter U.Hoeneß? – Strafantritt?

entnommen wikimedia org Urheber Harald Bischoff

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Urheber Harald Bischoff

Nach drei Monate stellt sich für U.Hoeneß heute die Frage aller Fragen: Strafantritt bzw. „Schließt sich die Zellentür hinter ihm? Focus meldet unter Hinweis auf eine Bild-Meldung, dass U. Hoeneß offenbar heute seine Haftstrafe antritt. Na, dann haben wir heute Abend sicher einen Brennpunkt in der ARD. Das ist doch eine Meldung wert.

Arbeitsrecht meets Strafvollzug – die „Ablösung“ des Gefangenen von der Arbeit

© chris52 - Fotolia.com

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Ich habe länger nichts mehr zu Haftfragen gebracht. Daher heute mal Strafvollzug mit arbeitsrechtlichem Einschlag: Der Antragsteller verbüßt eine Freiheitsstrafe in der JVA Saarbrücken. Seit dem 5.12.2012 war er als Hausarbeiter eingesetzt. Am 5.8.2013 wandte sich der Gefangene A an den Sozialdienst der Vollzugsabteilung und gab an, er werde von den Mitgefangenen M, G und D, zu denen auch der Antragsteller gehörte, bedroht. Diese bestritten in den folgenden Anhörungen den Vorwurf und behaupteten, der Gefangene A habe gerade eine Bedrohung oder einen Angriff auf seine Person provozieren wollen, um eine Verlegung in sein Heimatland zu erzwingen. Der Antragsteller befand sich als einziger dieser Gefangenen im Arbeitseinsatz. Nachdem er bis auf weiteres für die Tätigkeit gesperrt worden war, ordnete der Anstaltsleiter – ohne weitere Disziplinierung – am 10.9.2013 die Ablösung des Antragstellers von seiner Tätigkeit an. Dagegen wendet sich dieser und begehrt die gerichtliche Entscheidung gemäß § 109 StVollzG sowie die Verpflichtung ihm seine vorherige Arbeit wieder zuzuweisen. Nach seiner Auffassung komme eine Ablösung nur in Betracht, wenn sich nachträglich seine fehlende Eignung herausgestellt habe. Er sei jedoch nach wie vor motiviert und auch geeignet der Tätigkeit nachzugehen. Sein Vollzugsverhalten sei zudem ohne Beanstandung gewesen und er habe bisher keine Probleme bereitet.

Der Antragsteller hat mit seinem Antrag bei der StVK des LG Saarbrücken Erfolg. Die hat im LG Saarbücken, Beschl. v. 18.03.2014 – IV StVK 1366/13 – die JVA angewiesen, den Antragsteller wieder zu beschäftigen.

„Die Antragsgegnerin hat zu Unrecht die von ihr ermittelte Verdachtslage als ausreichend für die erfolgte Ablösung von der Arbeit gehalten.

Besteht nur der Verdacht einer Verfehlung, so muss er seiner Intensität nach ebenso gravierend wie in jenen Fällen sein, in denen die arbeitsgerichtliche Rechtsprechung ihn als Kündigungsgrund genügen lässt (OLG Frankfurt, NStZ-RR 2005, 158; Feest-Lesting, StVollzG, 6. Auflage, § 37 Rdnr. 17).

Grundsätzlich kann nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichtes nicht nur eine erwiesene Vertragsverletzung, sondern auch schon der schwerwiegende Verdacht einer strafbaren Handlung oder einer sonstigen Verfehlung ein wichtiger Grund zur außerordentlichen Kündigung gegenüber dem verdächtigen Arbeitnehmer sein. Eine Verdachtskündigung liegt dann vor, wenn und sobald der Arbeitgeber seine Kündigung damit begründet, gerade der Verdacht eines (nicht erwiesenen) strafbaren Verhaltens habe das für die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses erforderliche Vertrauen zerstört (ständige Rsp. des BAG; vgl. nur BAG vorn 26.09.2002 — 2 SZR 424/02 = AP Nr. 37 zu § 626 BGB Verdacht strafbarer Handlung; BAG vom 05.04.2011 — 2 AZR 217/00 = AP Nr. 34 zu § 626 BGB Verdacht strafbarer Handlung; BAG vorn 20.08.1997 — 2 AZR 620/96 = AP Nr. 27 zu § 626 BGB Verdacht strafbarer Handlung; BAG vom 14.09.1994 — 2 AZR 164/94 AP Nr. 24 zu § 626 BGB Verdacht strafbarer Handlung). Der Verdacht einer strafbaren Handlung stellt gegenüber dem Vorwurf, der Arbeitnehmer habe die Tat begangen, einen eigenständigen Kündigungsgrund dar. Bei der Verdachtskündigung sind objektive Tatsachen, die für den Verlust des zur Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses notwendigen Vertrauens ursächlich sind, der Kündigungsgrund. § 626 Abs. 1 BGB lässt im Fall des Verdachts einer Straftat eine außerordentliche Kündigung dann zu, wenn sich starke Verdachtsmomente auf objektive Tatsachen gründen; wenn die Verdachtsmomente geeignet sind, das für die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses geforderte Vertrauen zu zerstören und wenn der Arbeitgeber alle zumutbaren Anstrengungen zur Aufklärung des Sachverhalts unternommen hat, insbesondere dein Arbeitnehmer Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben hat (vgl. BAG AP Nr. 23, 24 und 25 zu § 626 BGB Verdacht strafbarer Handlung). Der Verdacht muss objektiv durch bestimmte, im Zeitpunkt der Kündigung vorliegende (Indiz-)Tatsachen begründet sein. Der Verdacht muss sich aus Umständen ergeben, die so beschaffen sind, dass sie einen verständigen und gerecht abwägenden Arbeitgeber zum Ausspruch der Kündigung veranlassen können. Er muss darüber hinaus schwerwiegend sein. Es ist zu prüfen, ob eine große Wahrscheinlichkeit dafür spricht, dass der gekündigte Arbeitnehmer eine Straftat begangen hat (LAG Schleswig-Holstein vom 25.02.2004 — 3 Sa 491/03; KR-Fischermeier, Gemeinschaftskommentar zum KSchG, 6. Auflage, Rdnr. 212 und 214 zu § 626 BGB; KR-Etzel, Rdnr. 508 zu § 1 KSchG, jeweils m. w. N.)….“

Die Sicherheitsplombe – wer muss dafür bezahlen?

entnommen wikimedia.org Urheber Hieke at de.wikipedia

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Bei manchen Entscheidungen, die mir unterkommen, denke ich: Sachen gibts, die gibt es gar nicht, bzw. die sollte es nicht geben. So die Frage, wer eigentlich die Kosten für die zu Sicherungszwecken erfolgende (erneute) Verplombung eines Fernsehgeräts eines Sicherungsverwahrten zu tragen hat. Er oder handelt es um nach § 40 Abs. 1 SVVollzGNW nicht erstattungsfähige Kosten? In der Sache ging es um einen Betroffene, der sich im Vollzug der Sicherungsverwahrung in der JVA B befand. Diesem verweigerte die Leiterin der JVA B die Rückgabe eines Fernsehgeräts, welches zuvor zur Reparatur eingeschickt worden war, solange der Betroffene nicht die Kosten für die (erneute) Verplombung trage. Das OLG Hamm sagt im OLG Hamm,  Beschl. v. 18.02.2014 – 1 Vollz (Ws) 26/14: So nicht:

„Da § 40 Abs. 4 SVVollzGNW eine Kostenerstattung für die Verplombung von Fernsehgeräten bei Sicherungsverwahrten nicht regelt, durfte die Leiterin der JVA B die Herausgabe des Fernsehgeräts aus diesem Grunde nicht verweigern.

Nach § 40 Abs. 1 SVVollzGNW werden die Untergebrachten an den Kosten für Unterbringung und Verpflegung nicht beteiligt. In den Gesetzesmaterialien wird dazu ausgeführt, dass Grund für die Regelung sei, dass die Sicherungsverwahrung zum Schutze der Allgemeinheit vollstreckt werde und nicht mehr – wie die Strafe – dem Schuldausgleich diene (LT-Drs. 16/1435 S. 91 f.). Damit wird der Sache nach der Sonderopfergedanke des Bundesverfassungsgerichts aufgegriffen, wonach dem Sicherungsverwahrten zu präventiven Zwecken ein Sonderopfer auferlegt wird. Dem muss nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts auch bei der Ausgestaltung des Vollzuges Rechnung getragen werden (BVerfG, Urt. v. 04.05.2011 – 2 BvR 2333/08 u.a., Rdnr. 101).

Dementsprechend muss man § 40 Abs. 1 SVVollzGNW als Grundsatz verstehen, wonach sämtliche Kosten für Unterbringung und Verpflegung von der Allgemeinheit zu tragen sind. Dafür spricht auch die Gesetzessystematik, die in den Absätzen 2 bis 4 lediglich Ausnahmeregelungen enthält, in denen eine Kostenerstattung von der Vollzugseinrichtung gefordert werden kann. Zwar könnte man bei enger Auslegung unter den Kosten der Unterbringung nur solche verstehen, wie z.B. die Zurverfügungstellung des Zimmers, Heizung etc. Jedoch wird man angesichts des o.g. Zwecks dieser Maßregel auch erst Recht Kosten der Sicherung (wie z.B. Bewachung, mechanische Sicherungsvorrichtungen etc.) dazu zählen müssen.

Die Verplombung des Fernsehgeräts dient allein Sicherungszwecken, nämlich dazu, dass das Gehäuse des Geräts nicht als Versteck benutzt oder das Gerät so manipuliert werden kann, dass damit verbotene Inhalte zu empfangen sind. Eine Kostenerstattung kann demnach nur dann gefordert werden, wenn hierfür eine gesetzliche Grundlage besteht. § 40 Abs. 4 SVVollzGNW ergibt eine solche Rechtsgrundlage nicht. Nach § 40 Abs. 4 S. 2 Nr. 4 SVVollzGNW kann eine Kostenerstattung für die „Überlassung“ und den „Betrieb“ (u.a.) von Fernsehgeräten erhoben werden. Schon der Wortlaut legt nahe, dass Verplombungskosten hierunter nicht fallen, denn sie entstehen weder durch die Überlassung noch durch den Betrieb des Gerätes, sondern eben aufgrund des Sicherungsbedürfnisses der Anstalt. Der Gesetzgeber hatte dabei auch eher Dinge wie den Mietzins für Leihgeräte, Kosten für Bezahlfernsehen etc. im Blick (LT-Drs. 16/1435 S. 92 f.).

Eine Rechtsgrundlage ergibt sich auch nicht aus der allgemeinen Regelung in § 40 Abs. 4 S. 1 SVVollzGNW. Nach dieser Vorschrift können Kosten des Landes für „Leistungen“ vom Untergebrachten erhoben werden. Die Aufzählung der Einzeltatbestände in § 40 Abs. 4 S. 2 SVVollzGNW ist nicht abschließend, sondern hat nur Regelbeispielcharakter („insbesondere“; LT-Drs. 16/1435 S. 92).

Indes fällt eine Verplombung zu Sicherungszwecken nicht unter die erstattungsfähigen „Leistungen“. Die Regelbeispiele nach § 40 Abs. 4 S. 2 SVVollzGNW zeigen schon, dass es sich hierbei um Leistungen handelt, die entweder im Interesse des Sicherungsverwahrten liegen müssen (z.B. Gesundheitsfürsorge) oder aber aufgrund eines schuldhaften Verhaltens veranlasst wurden (Suchtmittelkontrolle). Insoweit ergibt sich – neben § 40 Abs. 4 S. 3 SVVollzGNW – auch aus den Gesetzesmaterialien, dass z.B. die Kosten der Suchtmittelkontrolle nur erhoben werden sollen, wenn ein Missbrauch „auch tatsächlich festgestellt“ wird (LT-Drs. 16/1435 S. 92). Schließlich stellen die Gesetzesmaterialien klar, dass von dem Untergebrachten nur diejenigen Kosten erhoben werden können, die ihm auch außerhalb der Anstalt entstünden. Kosten für besondere Sicherungsmaßnahmen – wie hier – fallen darunter aber gerade nicht.“

Bei solchen Sachverhalten frage ich mich immer, ob wir eigentlich nichts anderes zu tun haben und habe nicht übel Lust, die Kosten – es kann sich m.E. ja wohl nur um Minimalbeträge handeln – an die Justizkasse zu überweisen. Dann wäre das Problem gelöst.

 

 

„Kommt Uli Hoeneß in den Gemüseanbau“ ?

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„Kommt Uli Hoeneß in den Gemüseanbau“? so titelt merkur-online.de über die Vermutungen eines „Insiders“ – wer immer das auch ist oder sein soll, vielleicht „ein ehemaliger Landtagsabgeordneter, der einst selbst im Polizeidienst war“ – der sich dazu geäußert hat, dass das Haupthaus der JVA Landsberg ggf. nur eine Durchlaufstation für U.Hoeneß ist und er ggf. schon nach kurzer Zeit in die Außenstelle Rothenfeld kommen könnte.

Was man als „Insider“ so alles weiß. Ich bin dann doch erstaunt, aber das war ja zu erwarten, dass die „Spekulationen und Berichte ins Kraut schießen“ würden.

Und wieso Gemüsebau: Dazu aus der Nachricht:

„Eine weitere Besonderheit ist die anstaltseigene Landwirtschaft, mit Hühnern, Wild, Kuhherde. Dienstleiter Johannes Ringmayr sagt: „Gerade die älteren Gefangenen hängen sich beim Gemüseanbau mit Herzblut rein.“ Eine Aufgabe für Hoeneß, 62? Auch einen Hofladen gibt es, in dem die JVA Nudeln, Kartoffeln, Wurst, Eier verkauft.“