Pflichti I: Nichts Neues zum Pflichtverteidigerwechsel, oder: Pauschale Behauptungen reichen nicht.

Bild von Gerd Altmann auf Pixabay

Und heute stelle ich dann Pflichtverteidigungsentscheidungen vor.

Ich beginne mit zwei Beschlüssen des BGH zum Pflichtverteidigerwechsel. Es kommt zunächst der BGH, Beschl. v. 14.01.2025 – 5 StR 655/24.

Der Angeklagte hatte bereits beim LG einen Pflichtverteidigerwechsel beantragt. Begründung: Sein bisheriger Verteidiger sei „erpresserisch“, er hintergehe ihn und er „pfusche“ an seinen Emotionen „herum“. Das LG hat den zurückgewiesen.

Nun hat der Angeklagte abermals einen Pflichtverteidigerwechsel beantragt. Er fühle sich durch seinen bisherigen Verteidiger „nicht gut vertreten“, er sei „narzisstisch“, „unkompetent“ und wisse nicht, was er tue, er hintergehe und schikaniere ihn. Der Pflichtverteidiger ist den Anschuldigungen des Angeklagten entgegengetreten. Aus seiner Sicht sei auch dieser Antrag im Kontext der krankheitsbedingten, persönlichen Unzufriedenheit des Angeklagten zu sehen, so habe der Angeklagte zuletzt zahlreiche Personen mit unbegründeten Beschwerden „überzogen“.

Der BGH hat den Antrag abgelehnt:

„1. Die Regelung des § 143a Abs. 3 StPO, der eine vereinfachte Möglichkeit für den Pflichtverteidigerwechsel im Revisionsverfahren enthält, greift nicht ein. Über den Antrag des Angeklagten vom 27. September 2024 hat bereits die seinerzeit zuständige Strafkammervorsitzende am 10. Oktober 2024 entschieden. Bezüglich des hier zu entscheidenden Antrags vom 18. Dezember 2024 ist die Wochenfrist des § 143a Abs. 3 StPO bereits abgelaufen.

2. Auch die daneben anwendbaren allgemeinen Tatbestände für einen Wechsel des Pflichtverteidigers gemäß § 143a Abs. 2 StPO liegen nicht vor. Insbesondere eine endgültige Zerstörung des Vertrauensverhältnisses zum bisherigen Pflichtverteidiger (§ 143a Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 Alt. 1 StPO) ist nicht glaubhaft gemacht. Eine Störung des Vertrauensverhältnisses ist aus Sicht eines verständigen Angeklagten zu beurteilen und von diesem oder seinem Verteidiger substantiiert darzulegen (vgl. BGH, Beschluss vom 22. Februar 2022 – StB 2/22 Rn. 12). Daran fehlt es, da der Angeklagte unter anderem nur angibt, dass sein bisheriger Verteidiger ihn hintergehe und schikaniere. In der Sache wiederholt der Angeklagte damit nur seine bereits gegenüber dem Landgericht geäußerten Anschuldigungen gegen seinen Pflichtverteidiger, die schon die Strafkammervorsitzende in ihrem Beschluss vom 10. Oktober 2024 als unsubstantiiert zurückgewiesen hat. Derartig pauschale Behauptungen, ohne konkrete Tatsachen vorzubringen, genügen für eine substantiierte Darlegung nicht (vgl. BGH, Beschluss vom 29. Juni 2020 – 4 StR 654/19 Rn. 5).

Auch sonst ist kein Grund ersichtlich, der einer angemessenen Verteidigung des Angeklagten entgegensteht und einen Wechsel in der Person des Pflichtverteidigers gebietet (§ 143a Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 Alt. 2 StPO). Eine offenkundige Untätigkeit des Pflichtverteidigers, durch die dem Angeklagten ein an sich zustehendes Rechtsmittel genommen wird (vgl. hierzu EGMR, Urteil vom 22. März 2007 – 59519/00, NJW 2008, 2317, 2320; BGH, Beschluss vom 7. August 2019 – 3 StR 165/19, NStZ-RR 2019, 349), liegt nicht vor. So hat der Pflichtverteidiger Rechtsanwalt K. die Revision fristgerecht eingelegt und jedenfalls ordnungsgemäß mit der allgemeinen Sachrüge begründet und damit eine Überprüfung des Urteils durch den Senat ermöglicht. Auch deshalb erweisen sich die weiteren Behauptungen des Angeklagten, der Pflichtverteidiger sei „total unorganisiert und unkompetent“ als unerfindlich.“

Nichts Besonderes der Beschluss, in dem wir im Grunde nur das lesen, was wir zu dieser Frage immer lesen. Ebenso ist es mit dem BGH, Beschl. v. 30.12.2024 – 2 StR 350/24 -, auf den ich der Vollständigkeit halber hinweisen will.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert