Archiv für den Monat: November 2023

Ich habe da mal eine Frage: Erhalte ich als Terminsvertreter Anreise- und Hotelkosten?

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Und dann noch das RVG-Rätsel, und zwar heute mit folgender Frage:

„Terminsvertretung, Erhalte ich auch die Kosten für Anreise und Hotelunterbringung? Oder muss ich das extra beantragen im Termin? Bin gerade im Termin. Es eilt!“

Kostenerstattung aus einer Vergütungsvereinbarung?, oder: Erstattung nur der gesetzlichen VwGO-Gebühren

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Und als zweite Entscheidung dann der OVG Lüneburg, Beschl. v. 10.10.2023 – 4 OA 39/23 – zur Erstattungsfähigkeit von aufgrund einer Vergütungsvereinbarung mit dem Rechtsanwalt anfallenden Kosten.

Der Kläger wollle im Kostenfestsetzungsverfahren erstreiten, dass ihm vom Beklagten über die für die Vertretung durch einen Rechtsanwalt gesetzlich vorgesehenen Gebühren und Auslagen hinaus weitere Kosten erstattet werden, die auf einer Vergütungsvereinbarung beruhen. Damit hatte er beim OVG keinen Erfolg:

„Die Beschwerde ist jedoch unbegründet. Das Verwaltungsgericht hat im Rahmen der Entscheidung über die Erinnerung gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss vom 29. März 2023 die Festsetzung von weiteren dem Kläger vom Beklagten zu erstattenden Kosten zu Recht abgelehnt. Mit dem vorangegangenen Kostenfestsetzungsbeschluss vom 18. Oktober 2022 sind zugunsten des Klägers bereits (neben Aufwendungen für die Vorlage eines Privatgutachtens) für die anwaltliche Vertretung im Verwaltungsprozess die in Höhe der gesetzlich vorgesehenen Gebühren und Auslagen entstandenen Kosten festgesetzt worden. Der Kläger hat keinen Anspruch darauf, dass darüber hinaus weitere, auf einer Vergütungsvereinbarung beruhende Kosten als erstattungsfähig festgesetzt werden. Denn auf der Grundlage von § 162 Abs. 2 Satz 1 VwGO sind stets nur die gesetzlich vorgesehenen Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts erstattungsfähig. Zur Begründung verweist der Senat auf die zutreffenden Gründe der mit der Beschwerde angegriffenen Entscheidung des Verwaltungsgerichts und die dort zitierte Rechtsprechung und Kommentarliteratur (vgl. nur: OVG Berlin-Brandenburg, Beschl. v. 16.1.2023 – OVG 6 K 81/22 -, juris Rn. 3 m.w.N.). Das Beschwerdevorbringen des Klägers führt nicht zu einer anderen Beurteilung der Rechtslage.

Ohne Erfolg macht der Kläger mit der Beschwerde geltend, dass nach dem Wortlaut des § 162 Abs. 2 Satz 1 VwGO anders als nach § 91 Abs. 2 Satz 1 ZPO die erstattungsfähigen Kosten nicht ausdrücklich auf die „gesetzlichen“ Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts beschränkt sind. Es sind keine Anhaltspunkte dafür gegeben, dass die fehlende Verwendung des Wortes „gesetzlich” vor den Worten „Gebühren und Auslagen” in § 162 Abs. 2 Satz 1 VwGO davon motiviert war, für den Bereich der Verwaltungsgerichtsbarkeit eine von der gesetzlichen Vergütung abweichende höhere Honorarvereinbarung erstattungsfähig zu machen. Es ist vielmehr davon auszugehen, dass die sprachliche Fassung des jetzigen § 162 Abs. 2 Satz 1 VwGO erfolgt ist, weil die Hinzufügung des Wortes „gesetzlich” vor den Worten „Gebühren und Auslagen” entbehrlich und überflüssig erschien, da unter Gebühren und Auslagen ohnehin die gesetzliche Vergütung des Rechtsanwalts zu verstehen ist. Diese Auslegung erscheint auch deshalb richtig, weil eine gegenteilige Gesetzesinterpretation zu einer Änderung des gesamten Gefüges der Kostenfestsetzung für den Rechtsanwalt führen würde, womit die Prüfung der Angemessenheit einer abweichenden höheren Honorarvereinbarung in das Kostenfestsetzungsverfahren verlagert würde. Hätte der Gesetzgeber eine so weitgehende Verschiedenheit der Kostenerstattung für die anwaltliche Vertretung im Verwaltungsprozess von derjenigen im Zivilprozess beabsichtigt, so hätte dies in § 162 Abs. 2 Satz 1 VwGO klarer zum Ausdruck kommen müssen (vgl. zum Ganzen: OVG NRW, Beschl. v. 25.10.1968 – IV B 566/68 -, NJW 1969, 709 = BeckRS 1968, 105533). Für das gegenteilige Verständnis des Klägers finden sich zudem auch in der Entstehungsgeschichte des § 162 Abs. 2 Satz 1 VwGO keine Anhaltspunkte (vgl. die Begründung des Gesetzentwurfs einer Verwaltungsgerichtsordnung zu § 159 Abs. 2 Satz 1 VwGO-E, BT-Drs. III/55, S. 48).

Auch die Ausführungen des Klägers zur Erstattungsfähigkeit der notwendigen außergerichtlichen Kosten im Sinne des § 162 Abs. 1 VwGO und insbesondere zu den Grundsätzen, die sich für die Erstattungsfähigkeit von Privatgutachten herausgebildet haben (vgl. dazu den Senatsbeschl. v. 19.1.2021 – 4 OA 203/20 -, juris), vermögen ein anderes Entscheidungsergebnis nicht begründen.

Gemäß § 162 Abs. 1 VwGO gehören zu den erstattungsfähigen Kosten neben den Gerichtskosten auch die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtverteidigung notwendigen Aufwendungen. Der damit vorgegebene Maßstab der Notwendigkeit für die Erstattung von außergerichtlichen Kosten wird durch die Vorschrift des § 162 Abs. 2 Satz 1 VwGO hinsichtlich der Vertretung durch einen Rechtsanwalt allerdings konkretisiert. Es ist daher grundsätzlich entbehrlich, die Notwendigkeit der Zuziehung des Rechtsanwalts im Einzelfall zu prüfen; gleiches gilt auch für die Höhe der hierfür entstandenen Aufwendungen, soweit im Rahmen der Kostenerstattung die gesetzliche Rechtsanwaltsvergütung abgerechnet wird (vgl. Nds. OVG, Beschl. v. 6.3.2019 – 5 OA 23/19 -, juris Rn. 20 m.w.N.). Das spricht dafür, dass § 162 Abs. 2 Satz 1 VwGO als lex specialis einen Rückgriff auf § 162 Abs. 1 VwGO hinsichtlich von über die gesetzlichen Gebühren und Auslagen hinausgehenden Aufwendungen, die auf einer Vergütungsvereinbarung mit dem Rechtsanwalt beruhen, ausschließt (vgl. Bay. VGH, Beschl. v. 19.7.2013 – 3 ZB 08.2979 -, juris Rn. 12 m.w.N.).

Im Übrigen ergäbe sich aber auch bei einer ergänzenden Anwendung von § 162 Abs. 1 VwGO kein anderes Entscheidungsergebnis. Denn die dem Kläger über die gesetzlich vorgesehenen Gebühren und Auslagen hinaus entstandenen Kosten für die anwaltliche Vertretung wären dann jedenfalls nicht als notwendig für die zweckentsprechende Rechtsverfolgung anzusehen.

Ob Kosten notwendig im Sinne von § 162 Abs. 1 VwGO sind, beurteilt sich danach, wie ein verständiger Beteiligter, der bemüht ist, die Kosten so niedrig wie möglich zu halten, in gleicher Lage seine Interessen wahrgenommen hätte (vgl. Senatsbeschl. v. 19.1.2021 – 4 OA 203/20 -, juris Rn. 3). Die Beteiligten im Verwaltungsprozess unterliegen somit einer Kostenminimierungspflicht (vgl.BVerwG, Beschl. v. 4.7.2017 – 9 KSt 4.17 -, juris Rn. 2; Nds. OVG, Beschl. v. 6.3.2019 – 5 OA 23/19 -, juris Rn. 19 m.w.N.). Wählt ein Beteiligter diesen Weg nicht, so wirkt er bei der Entstehung der darüber hinaus entstehenden Kosten mit und muss sie selbst tragen (vgl. BVerfG, Beschl. v. 6.11.1984 – 2 BvL 16/83 -, juris Rn. 39). Aufgrund dessen können über die gesetzlichen Gebühren und Auslagen hinaus weitere Aufwendungen für die Beauftragung eines Rechtsanwalts allenfalls dann als notwendig angesehen werden, wenn in Fällen, die besonders umfangreich oder schwierig sind oder spezielle Rechtskenntnisse verlangen, insbesondere bei einem geringen Streitwert die Gefahr bestünde, dass der Beteiligte ohne Abschluss einer Honorarvereinbarung keinen zur Vertretung bereiten Rechtsanwalt fände (vgl. dazu Bay. VGH, Beschl. v. 19.7.2013 – 3 ZB 08.2979 -, juris Rn. 12 m.w.N.).

Für einen solchen Ausnahmefall ist hier aber nichts ersichtlich. Dem Vorbringen des Klägers sind keine Anhaltspunkte dafür zu entnehmen, dass es ihm aufgrund der Komplexität der naturschutzrechtlichen Angelegenheit trotz entsprechender Bemühungen nicht gelungen ist, einen geeigneten Rechtsanwalt zu finden, der bereit gewesen wäre, auf der Grundlage der gesetzlich vorgesehenen Vergütung das Mandat zu übernehmen.“

Vergütungsvereinbarung mit dem WEG-Verwalter, oder: Person des Rechtsanwalts bestimmen die Eigentümer

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Und heute dann etwas zur Vergütungsvereinbarung (§ 3a RVG).

Zunächst hier das LG Karlsruhe, Urt. v. 04.09.23 – 11 S 68/22 – zur Frage des wirksamen Zustandekommens eine Vergütungsvereinabrung.

Das LG sagt:

Bei einer die Wohnungseigentümergemeinschaft verpflichtenden Vergütungsvereinbarung muss zumindest die Person des Rechtsanwalts durch die Eigentümerversammlung bestimmt werden. Eine weitergehende Delegation an den Verwalter ist – abgesehen von tatsächlich geringfügigen Vergütungsbeträgen – durch Beschluss nicht möglich.

Mit der Begründung hat das das LG den Beschluss einer Eigentümerversammlung betreffend die Entscheidungskompetenz der Verwalterin zum Abschluss einer Honorarvereinbarung mit einem Anwalt für Beschlussklagen auf Passivseite für ungültig erklärt. Der Beschluss widerspricht nach Auffassung des LG einer ordnungsgemäßer Verwaltung. Denn bei einer Vergütungsvereinbarung müsste zumindest die Person des Anwalts durch die Eigentümerversammlung bestimmt werden (zur wohl überwiegend vertretenen Auffassung Bärmann, WEG, 15. Aufl., 2023, § 27 Rn. 180 f.). Ein praktischer Bedarf für Vergütungsvereinbarungen besteht in der Regel in WEG-Sachen nicht. Hinzukommt, dass nur bei einer Abrechnung nach RVG gewährleistet ist, dass im Obsiegensfall alle Kosten vom Gegner im Rahmen des Kostenfestsetzung erlangt werden können. Im Regelfall ist eine Vergütungsvereinbarung auch nicht von § 27 Abs. 1 WEG n.F. gedeckt. Etwas anderes kann nach Auffassung des LG Karlsruhe gelten, wenn es sich um tatsächlich geringfügige Beträge etwa in einer sehr großen Gemeinschaft handelt. Die Frage hat es aber dahinstehen lassen (können), weil im entschiedenen Fall alle Beschlussklagen auf Passivseite von der Delegation umfasst waren, also auch solche mit sehr hohen Streitwerten und entsprechend hoher Anwaltsvergütung.

Als Rechtsanwalt wird man sich also vor Abschluss einer Vergütungsvereinbarung mit einer WEG, die dabei vom Verwalter vertreten wird, darüber informieren, ob die Beschlusslage den Vorgaben der Entscheidung des LG Karlsruhe entspricht.

Ab heute mal wieder für 14 Tage Auszeit/Urlaub, oder: Mal wieder Leinen los

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Moin, kurze Info heute zwischendurch.

Es ist mal wieder so weit: Auszeit. Und zwar ab heute Nachmittag geht es ab, zunächst mit der DB nach Düsseldorf – dass sollte heute klappen – und von dort morgen mit dem Flieger, wahrscheinlich ein Airbus A330neo, nach La Romana und dort geht es dann aufs Schiff.

Samstagabend startet dann die Kreuzfahrt „Karibik und Mittelamerika“. „Zwei Fliegen mit einer Klappe“: Die Gattin wollte immer schon mal in die Karibik und ich immer schon mal zum Panamakanal. Und beides können wir mit der Reise „abhaken“.

Hier geht es normal weiter: Die Beiträge sind vorbereitet, alles aber vielleicht nicht ganz so aktuell wie gewohnt. Aber klappt schon.

Kommentarfunktion habe ich eingeschaltet gelassen. Ich werde aber kaum schnell antworten. Und auf Kommentare, die immer wieder die Geschichte mit dem nicht unterschriebenen – ungültigen – Urteil aufwärmen, antworte ich eh nicht mehr. Das Thema ist ausgelutscht.

Also dann bis zum gesunden „Wiedersehen“.

StPO III: Wenn von der Unterbringung abgesehen wird, oder: Keine Beschwer des Angeklagten

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Und der dritte Beschluss des BGH stammt auch aus dem Rechtsmittelrecht. Im BGH, Beschl. v. 26.09.2023 – 5 StR 399/23 – geht es noch einmal um die Beschwer des Angeklagten bei fehlender Entscheidung über die Unterbringung:

„Das Landgericht hatte den Angeklagten im ersten Rechtsgang mit Urteil vom 9. Mai 2022 wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt. Von seiner Unterbringung in einer Entziehungsanstalt (§ 64 StGB) hatte es abgesehen. Auf die Revision des Angeklagten hatte der Senat mit Beschluss vom 22. November 2022 (5 StR 416/22) das Urteil – unter Aufrechterhaltung der Feststellungen – aufgehoben, soweit die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt unterblieben war. Nunmehr hat das Landgericht mit dem angegriffenen Urteil von einer Unterbringung nach § 64 StGB erneut abgesehen. Hiergegen wendet sich der Angeklagte mit seiner Revision.

Das Rechtsmittel ist mangels Beschwer unzulässig. Es entspricht der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, von der abzuweichen der vorliegende Fall keinen Anlass bietet, dass ein Angeklagter ein gegen ihn ergangenes Urteil nicht allein deswegen anfechten kann, weil gegen ihn neben der Strafe keine Maßregel nach § 64 StGB angeordnet worden ist (BGH, Urteil vom 21. März 1979 – 2 StR 743/78, BGHSt 28, 327 ff.; Beschlüsse vom 13. Juni 1991 – 4 StR 105/91, BGHSt 38, 4, 7; vom 29. August 2011 – 5 StR 329/11; vom 19. April 2016 – 1 StR 45/16; vom 6. März 2019 – 3 StR 60/19 mwN). Diese Grundsätze gelten auch, wenn nach Aufhebung und Zurückverweisung allein noch über die Frage zu entscheiden war, ob die Maßregel anzuordnen sei (vgl. BGH, Beschlüsse vom 1. August 2023 – 5 StR 279/23; vom 27. April 2021 – 5 StR 102/21).“