AE II: AE im Bußgeldverfahren, oder: (Beschränkte) Akteneinsicht in SV-Gutachten eines anderen Verfahrens

entnommen wikimedia.org
Urheber Jepessen

In der zweiten Entscheidung, dem LG Chemnitz, Beschl.v. 22.07.2021 – 2 Qs 127/21, über die der Kollege Gratz schon im VerkehrsrechtsBlog berichtet hat, geht es auch um Akteneinsicht im Bußgeldverfahren, und zwar in Zusammenhang mit Leivtec XV 3.

Das AG hatte dazu in einem Verfahren ein Sachverständigengutachten eingeholt. Es haben dann  Verteidiger von Betroffenen aus anderen Verfahren, über § 475 StPO Einsicht in das Gutachten verlangt. Das AG hat das abgelehnt, das LG Chemnitz hat Akteneinsicht gewährt:

„Die Beschwerden sind zulässig und begründet.

Da die Beschwerdeführer am hier zugrundeliegenden Ordnungswidrigkeitenverfahren nicht beteiligt sind, gelten für diese die Beschränkungen des § 305 S. 1 StPO nicht (Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 63. Auflage 2020, § 304 Rn. 7).

Die Beschwerdeführer haben gem. § 475 Abs. 1 StPO einen Anspruch auf beschränkte Akteneinsicht durch Übersendung einer anonymisierten Form des Sachverständigengutachtens ohne Falldaten; schutzwürdige Belange des Betroffenen stehen nicht entgegen.

Das berechtigte Interesse liegt in der Verteidigung von Mandanten in anderen Verfahren, bei denen ebenfalls ein Messgerät des genannten Typs zum Einsatz kam. Die hier mit dem Sachverständigengutachten gewonnenen Erkenntnisse können für die Frage der Geeignetheit des Messgerätetyps auch in anderen Ordnungswidrigkeitenverfahren bedeutsam sein. Entgegenstehende schutzwürdige Belange des hier Betroffenen sind weder dargelegt noch ersichtlich. Datenschutzbelange können gewahrt werden, indem eine anonymisierte Gutachtenfassung zur Einsichtnahme zur Verfügung gestellt wird.

Die begehrte Einsichtnahme war daher – beschränkt – zu gewähren. Die Kammer hat gem. § 309 Abs. 2 StPO die in der Sache erforderliche Entscheidung getroffen.“

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert