Archiv für den Monat: Dezember 2020

Auslagenentscheidung zu Lasten der Landeskasse, oder: Auch alles kann „besonders“ sein

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Und die zweite schöne 🙂 Gebührenentscheidung kommt vom LG Berlin. Das hat im LG Berlin, Beschl. v. 13.11.2020 – 502 Qs 91/20 -, den mir der Kollege Kroll geschickt hat, zu den „besonderen“ Auslagen i.S. von § 465 Abs. 2 Satz 1 StPO Stellung genommen.

Nach dem Sachverhalt war die Verurteilte wegen fahrlässiger Trunkenheit im Verkehr gemäß § 316 StGB angeklagt worden war. Sie ist dann aber nur wegen einer fahrlässigen Verkehrsordnungswidrigkeit gem. § 24a Abs. 1 StVG zu einer Geldbuße von 500,00 Euro verurteilt worden. Die Verurteilte hat sich gegen die Kosten- und Auslagenentscheidung des Urteils des AG gewendet und beantragt, ihre notwendigen Auslagen der Landeskasse aufzuerlegen. Zur Begründung hat sie im Wesentlichen ausgeführt, dass sie nicht wegen der angeklagten Tat – § 316 StGB -, sondern nur wegen einer Ordnungswidrigkeit nach § 24a Abs. 1 StVG verurteilt wurde, wobei sie sich gegen einen entsprechenden Bußgeldbescheid nicht gewehrt hätte, so dass aus, Billigkeitsgründen die notwendigen Auslagen gern. § 465 Abs. 2 StPO der Staatskasse aufzuerlegen seien.

Das LG hat ihr Recht gegeben:

„Die sofortige Beschwerde ist begründet. Der Staatskasse sind billigerweise die notwendigen Auslagen der Beschwerdeführerin für das gerichtliche Verfahren aufzuerlegen, § 465 Abs. 2 S. 1, 3 StPO. Im Einzelfall können die gesamten Auslagen „besondere“ sein, wenn nämlich bei anfänglicher Begrenzung des Schuldvorwurfs auf den sich später als begründet erwiesenen Teil Auslagen überhaupt nicht entstanden wären, etwa weil der wegen eines Vergehens Angeklagte, der nur wegen einer Ordnungswidrigkeit verurteilt wird, einen Bußgeldbescheid widerspruchslos hingenommen hätte (BGH, Beschluss vom 24. Januar 1973 — 3 StR 21/72, NJW 1973, 665, 667 = BGHSt 25, 109; m.w.N. KK-StP0/Gieg, 8. Aufl. 2019 Rn. 5, StPO § 465 Rn. 5; BeckOK StPO/Niesler, 37. Ed. 01. Juli 2020, § 465 Rn. 8). Es ist davon auszugehen, dass — sofern die Sachlage noch vorgerichtlich im Sinne der Verurteilung gewürdigt worden wäre — ein Bußgeldbescheid ergangen wäre, gegen den sich die Verurteilte nicht gewendet hätte. Dass die Verurteilte in dieser Konstellation kein gerichtliches Verfahren veranlasst hätte, wird dadurch bestätigt, dass sie gegen das amtsgerichtliche Urteil keine Rechtsmittel eingelegt hat. Billigerweise ist sie damit nicht als Verursacherin ihrer notwendigen Auslagen, soweit diese das gerichtliche Verfahren betreffen, anzusehen und die Staatskasse ist insoweit zu belasten.“

Bußgeldverfahren mit Verletzung des Zitiergebotes, oder: Wenn schon, dann da zumindest die Mittelgebühr

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Heute ist 2. Weihnachtstag. An sich gibt es ja an diesen Tagen keine Entscheidungen. Aber in diesem Jahr ist ja alles anders bzw. soll alles anders sein. Also habe ich mir überlegt: Was kann man mal anders machen? Und man kann: Man kann nämlich auch mal an dem Tag Entscheidungen vorstellen. Natürlich nichts „Schlimmes“, denn man will den Leser ja nicht ärgern.

Und da habe ich mir – zumal ja heute auch gerade erst Freitag und damit der Gebührentag vorbei ist 🙂 – positive RVG-Entscheidungen ausgesucht. Die gibt es ja auch 🙂 . Und die liest mal ja vielleicht auch an Weihnachten ganz gern.

Ich starte dann mit dem AG Trier, Beschl. v. 08.12.2020 – 35a Qs 58/20. Es ist eine besondere Entscheidung, die in einem besonderen Verfahren ergangen ist, nämlich in einem Verfahren, in dem es um die Verletzung des Zitiergebotes – Stichwort: StVO-Novelle – gegangen ist (vgl. hier: OWI III: Verletzung des Zitiergebotes ==> Rücknahme des “BGB” , oder: Wer trägt die notwendigen Auslagen?). 

Das AG sagt zu den Gebühren bzw. zur Gebührenhöhe:  Wenn schon, denn schon, oder: Zumindest die Mittelgebühr ist angemessen:

„Es war die Mittelgebühr festzusetzen.

Unter der Geltung der BRAGO war streitig, ob in Bußgeldverfahren wegen alltäglicher Verkehrsordnungswidrigkeiten die Mittelgebühr oder lediglich nur im unteren Bereich des jeweiligen Rahmens liegende Gebühren als angemessen angesehen werden können. Unter der Geltung des RVG ist jedoch nach weit überwiegender Rechtsprechung bei straßenverkehrsrechtlichen Bußgeldverfahren grundsätzlich der Ansatz der Mittelgebühr als Ausgangspunkt gerechtfertigt (vgl. Burhoff RVGreport 2007, 252, Einl. Teil 5 W Rn 20, LG LSK 07 230178, AG Saarbrücken RVGreport 2006, 181). Insbesondere wird die Mittelgebühr in der Regel als gerechtfertigt angesehen, wenn ein Fahrverbot in Frage steht oder Eintragungen in das Verkehrszentralregister (vgl. AG Frankenthal AGS 2005, 293 f, AG Viechtach AGS 2007, 83f, AG Pinneberg AGS 2005, 552 f). Dies ist hier der Fall. In dem Bußgeldbescheid vom 16.06.2020 wurde gegen den Betroffenen ein Bußgeld in Höhe von 80,00 € festgesetzt und ein Fahrverbot von 1 Monat angeordnet. Unerheblich ist, dass selbst ohne Einlegung eines Einspruchs die Nebenfolge des Fahrverbotes aufgrund zwischenzeitlich erfolgten Weisungen des zuständigen Ministeriums nicht vollstreckt worden wäre, da auch ein Bußgeld in Höhe von 80,00 € die Eintragung von einem Punkt im Fahreignungsregister nach sich zieht.

Auch unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, vor allem des Umfangs und der Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit, war vorliegend die Mittelgebühr nicht herabzusetzen. Entgegen der Auffassung der Bußgeldbehörde ist das vorliegende Verfahren als absolut durchschnittliche Verkehrsordnungswidrigkeit einzustufen.

Allein aus dem Grund, dass bei Erlass des ersten Bußgeldbescheides am 16.06.2020 der Bußgeldbehörde noch keine Hinweise auf den Verstoß gegen das Zitiergebot vorlagen, kann darauf geschlossen werden, dass eine anwaltliche Tätigkeit von nicht nur unterdurchschnittlicher Schwierigkeit vorlag. Vielmehr musste auch nach Bekanntwerden des Verstoßes von Art. 3 (Änderung der Bußgeldkatalog-Verordnung) der 54. Verordnung zur Änderung straßenverkehrsrechtlicher Vorschriften gegen das Zitiergebot anwaltlich geprüft werden, ob tatsächlich ein Verstoß gegen Art. 80 Abs. 1 Satz 3 GG vorliegt. Der Verstoß gegen das Zitiergebot war nicht derart offensichtlich, dass von einer einfachen Angelegenheit ausgegangen werden kann. In diesem Kontext wird auch auf die fehlerhafte Annahme des Justizministeriums Baden-Württemberg hingewiesen, dass die STVO-Novelle von 2013 das Zitiergebot verletze. Die Angelegenheit war daher insgesamt als durchschnittlich anzusehen.“

Was (ehemalige) Richter alles können, oder: „Happy Xmas“

Und das zweite Posting am 1. Weihnachtstag? Da gibt es ja bzw. gab es ja in den vergangenen Jahren immer Songs. Und auch an der Stelle: So viele Jurasongs gibt es gar nicht, um jedes Jahr etwas Neues bringen zu können. Daher waren immer mal wieder Wiederholungen angesagt.

Dieses Jahr aber nicht. Denn dieses Jahr ist alles anders bzw. soll alles anders sein. Und da kam mir die Weihnachtsmail eines lieben (ehemaligen) Kollegen vom KG gerade recht. Und zwar des RiKG a.D. ( 🙂 ) K. P. Hanschke, ehemals RiKG (ich erinnere: Verabschiedung am/vom KG, oder: Sag beim Abschied leise “Servus”). Er war mein  Hauptlieferant von KG-Entscheidungen, bis er im vergangenen Jahr pensioniert wurde.

Und er ist – wie nicht anders zu erwarten – im (Un)Ruhestand. Dazu gehört für ihn Musik in seiner kleinen Band, mit der er auch im vergangenen Jahr sein „Entlassungsfeier“ umrahmt hat. Herr Hanschke hatte mir in diesem Jahr den Link zu „seinem“ Weihnachtsvideo auf YouTube geschickt. Eine Steilvorlage. Denn warum immer nur Unbekannte, warum nicht mal jemand Bekanntes? Und das Video zeigt doch auch sehr schön, dass Richter „auch anders können“. Sollte man nicht vergessen. 😀

In dem Sinne dann noch einen schönen 1. Weihnachtsfeiertag.

Der Weihnachtsengel

Jedes Jahr dieselbe Frage: Was bringt man an Weihnachten? Entscheidungen mit weihnachtlichem Bezug sind ja nicht so häufig und nicht jedes Jahr bringt uns eine „Lametta-Entscheidung (vgl. den OLG München, Beschl. v. 14.08.2019 – 6 W 927/19 –  und dazu: Zum 1. Weihnachtstag, oder: Früher war mehr Lametta).

Aber: Ich habe mal in meinem Ordner gesucht und bin auf eine kleine Geschichte gestoßen, die uns im vorigen Jahr gute Freunde geschickt hatten. Und die passt – finde ich – ganz gut. Nämlich:

Der Weihnachtsengel

Als ich letztes Jahr meine Krippe und die Weihnachtsengel wieder einpackte, behielt ich den letzten in der Hand. „Du bleibst“, sagte ich. „Du kommst auf meinen Schreibtisch. Ich brauche ein bisschen Weihnachtsfreude für das ganze Jahr.“

„Da hast du aber Glück gehabt“, sagte er. „Wieso?“, fragte ich ihn.

„Na, ich bin der einzige Engel, der reden kann.“ – Stimmt, jetzt erst fiel es mir auf. Ein Engel, der reden kann? Das gibt es ja gar nicht. In meiner ganzen Verwandtschaft und Bekanntschaft ist das noch nicht vorgekommen. Da hatte ich wirklich Glück. „Wieso kannst du eigentlich reden?“, fragte  ich ihn. „Das gibt es doch gar nicht. Du bist doch aus Papier!“ „Das ist so“, erklärte er mir, „nur, wenn jemand einmal nach Weihnachten einen Engel zurückbehält, nicht aus Versehen oder weil er sich nichts dabei gedacht hat, sonden wegen der Weihnachtsfreude, wie bei dir, dann können wir reden. Aber es kommt ziemlich selten vor.“

Seitdem steht der Engel auf meinem Schreibtisch. Und er ist in gewisser Weise ein wunderbarer Papierkorb für mich geworden oder vielmehr ein Müllkorb, wie ihr gleich sehen werdet.

Der Engel steht meistens still an seinem Platz in der rechten hinteren Ecke. Aber wenn ich mich über irgendetwas ärgere, hält er mir gleich seinen Müllkorb hin und sagt: „Wirf rein!“ Ich werfe meinen Ärger hinein – und weg ist er! Manchmal ist es ein kleiner Ärger, wenn ich zum Beispiel mal wieder meine Brille oder Schlüssel verlegt habe. Es kann aber auch ein großer Ärger sein oder eine große Not oder ein großer Schmerz, mit dem ich nicht fertig werde. „Wirf rein!“, sagt der Engel, und ich halte kurz inne und werfe meinen Kummer in seinen Müllkorb.

Eines Tages fiel mir auf, dass der Müllkorb immer gleich wieder leer war. „Wohin bringst du das eigentlich alles?“, fragte ich ihn. „In die Krippe!“, sagte er. „Ist denn so viel Platz in der kleinen Krippe?“ Der Engel lachte „Pass mal auf! In der Krippe liegt ein Kind, das ist noch kleiner als die Krippe. Und sein Herz ist noch viel, viel kleiner. Deinen Ärger lege ich in Wahrheit nicht in die Krippe, sondern in das Herz dieses Kindes. Verstehst du?“ Ich dachte lange nach. „Das ist schwer zu verstehen. Und trotzdem freue ich mich, denn mir ist danach immer leichter ums Herz. Komisch, nicht?“

Der Engel runzelte die Stirn, dann lächelte er: „Das ist gar nicht komisch, sondern … Das ist die Weihnachtsfreude, verstehst du?“ Ich dachte wieder nach und wollte dem Engel noch viele Fragen stellen, aber er legte den Finger auf den Mund. „Pst!“, sagte er. „Nicht reden!“- Freuen!“

Behaltet doch auch einmal einen Engel zurück… …wegen der Weihnachtsfreude!

In dem Sinn: Nochmals ein frohes Fest und ein paar frohe Stunden im Kreise der (engsten) Lieben.

Übrigens: Ich werde es in diesem Jahr mal mit einem meiner Engel versuchen. Vielleicht klappt es ja. Wäre doch toll, wenn man da den ganzen Corona-Müll abladen könnte. Und wenn nicht: Vielleicht hilft ja allein die Vorstellung 🙂 ?

Der BOB wünscht „Frohe Weihnachten“ 2020, auch wenn „Corona“ uns im Griff hat ….

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Und dann ist es mal wieder so weit. Wir schreiben den 24. Dezember, also „Heilig Abend“. Damit naht „Weihnachten 2020“. Ein, wie man an vielen Stellen lesen, kann „anderes Weihnachten“. Man fragt sich: Ist es wirklich so anders? Ja, natürlich wird das ein oder andere fehlen und auch der ein oder andere wird sich – hoffentlich – nicht auf den Weg gemacht haben, um zu feiern. Aber: Letztlich ist Weihnachten ein Fest der Familie und das ist es dann eben in diesem Jahr ganz besonders. Der Kernfamilie. Ich bin mir bewusst, dass ich das gut sagen/schreiben kann, wenn man die „neben an“ hat

Hier gibt es dann heute – wie an immer am „Hl. Abend“ keine Entscheidungen oder Sonstiges, sondern eben nur Weihnachtsgrüße und Weihnachtswünsche an alle Leser/Abonnenten/Abonnentinnen, Kommentatoren und Freunde. Ich wünsche allen ein frohes Weihnachtsfest und viel Spaß bei allem, was sie in den nächsten Tagen tun/machen. Zumindest mal ein Tag ohne Entscheidungen, Bücher, Kommentare usw.. Das schaffe ich auch, die Enkelinnen helfen mir dabei.

Und allen, die von Corona betroffen sind/waren: Kopf hoch, es wird auch wieder besser (?) oder zumindest anders. Man muss daran nur fest glauben. Dann klappt das.

Dieses Weihnachtsposting nehme ich auch in diesem Jahr wirde zum Anlass, mich bei allen, die mit Weihnachtskarten und -grüßen an BOB und mich gedacht haben, zu bedanken. Ich freue mich aber über jede Karte, die ich bekomme 🙂 , aber auch über jede, die ich nicht bekomme. Denn es gilt für mich nach wie vor: Weihnachtskarten, ja danke, aber: Können wir das im nächsten Jahr nicht anders regeln?.

Und dann stellte sich wie immer die Frage: Welches Bild zum hl. Abend. Ich habe mich in diesem Jahr für ein Bild des Weihnachtsmannes mit Maske entschieden. Passt doch, oder 🙂 ?

In dem Sinn: Allen ein Frohes Fest.