Verkehrsdatenerhebung, oder: Geht das auch beim Wohnungseinbruchsdiebstahl?

Und als dritte Entscheidung dann der LG Arnsberg, Beschl. v. 24.02.2017 – 2 Qs 14/17. Er hat im ganz, ganz weiten Sinn auch mit Verkehr zu tun. Denn es geht um die Frage der Zulässigkeit einer Verkehrsdatenerhebung bei (einfachem) Wohnungseinbruchsdiebstahl 🙂 . Nach dem Sachverhalt ist/war bei der StA ein Verfahren gegen Unbekannt wegen Wohnungseinbruchsdiebstahls anhängig. Zugrunde liegt dem eine Strafanzeige und ein Tatortbefundbericht. Daraus ergaben sich Hinweise auf ein Aufhebeln eines Fensters. Entwendet wurden u.a. ein Tablet-PC, ein Mobiltelefon, Bargeld und andere Wertgegenstände im Wert von rund 1.000 EUR. Am Tattag hatte die Nachbarstochter eine verdächtige Person aus der Einfahrt des Einbruchsobjektes herauskommen gesehen. Die StA hat die Anordnung der Herausgabe sämtlicher zukünftig anfallender Verkehrsdaten, die Anordnung der Zielverkehrssteuerung, die Erhebung und Kontrolle der Bestands- und Verbindungsdaten im Netz, die Aufenthaltsermittlung durch Übermittlung der aktuellen Funkzelle sowie die Übermittlung aller systembedingten Statusmeldungen bezogen auf die dem entwendeten Mobiltelefon zuzuordnende IMEI beantragt. Das AG hat den Antrag auf Verkehrsdatenerhebung gem. § 100g StPO abgelehnt. Hinweise auf eine Bandentat lägen nicht vor. Eine Straftat von auch im Einzelfall erheblicher Bedeutung im Sinne des § 100g Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 StPO sei nicht erkennbar. Das Rechtsmittel der StA scheitert beim LG, das ebenfalls die Voraussetzungen für die Anordnung der Erhebung von Verkehrsdaten nach § 100g StPO verneint:

„Gemäß § 100g Abs. 1 S. 1 Nr. 1 i.V.m. S. 3 StPO ist die Erhebung von Verkehrsdaten, insbesondere Standortdaten, zulässig, wenn bestimmte Tatsachen den Verdacht begründen, dass jemand als Täter oder Teilnehmer eine Straftat von auch im Einzelfall erheblicher Bedeutung, insbesondere eine in § 100a Abs. 2 StPO bezeichnete Straftat, begangen hat. Der Katalog des §§ 100a Abs. 2 StPO enthält unter dem Buchstaben j) die Delikte des Bandendiebstahls nach § 244 Abs. 1 Nr. 2 StGB und des schweren Bandendiebstahls nach § 244a StGB. Das Delikt des Wohnungseinbruchsdiebstahls gemäß § 244 Abs. 1 Nr. 3 StGB ist im Katalog nicht enthalten. Eine Straftat von auch im Einzelfall erheblicher Bedeutung sind Straftaten der mittleren Kriminalität, denen auch im Einzelfall aufgrund der besonderen Umstände, des Gewichts des geschützten Rechtsgut und des öffentlichen Interesses an der Strafverfolgung erhebliche Bedeutung zukommen können (Meyer-Goßner/Schmitt 59. Aufl., § 100 g, Rz. 13). Straftaten von erheblicher Bedeutung sind unter anderem anzunehmen, wenn zureichende tatsächliche Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass diese gewerbs- oder gewohnheitsmäßig (§ 98a Abs. 1 S. Nr. 5 StPO) oder von einem Bandenmitglied oder in anderer Weise (§ 98a Abs. 1 S. Nr. 6 StPO) organisiert begangen worden sind (Meyer-Goßner/Schmitt 59. Aufl., § 100g, Rz. 13 mit Verweis auf § 98a, Rz. 5). Das Amtsgericht hat zutreffend darauf abgestellt, dass sich aus dem bisherigen Ermittlungsergebnis keine Anhaltspunkte dafür ergeben, dass der verfahrensgegenständliche Wohnungseinbruchsdiebstahl durch mehrere Personen begangen wurde, so dass eine Bandentat anzunehmen sein könnte. Die bisherige Aussage der Nachbarstochter lässt derzeit allein einen Verdacht auf eine Person zu. Auch die Durchführung der Tat, die sich aufgrund der Spuren im Haus ergeben, lässt nicht zwingend den Verdacht auf die Ausführung durch mehrere Personen zu. Im Hinblick darauf, dass die betroffenen Eigentümer mehrere Stunden abwesend waren, ist auch eine „Durchsuchung“ der Räume durch eine Person möglich. Aus dem bisherigen Ermittlungsergebnis ergibt sich ebenfalls nicht, ob diese Tat einer so genannten „Einbruchsserie“ zugeordnet werden könnte, die einen Schluss auf die Begehung durch mehrere Täter oder eine gewerbsmäßige Begehung nahelegen könnte.

Das Amtsgericht hat sich auch mit der Frage beschäftigt, ob sich aufgrund der konkreten Umstände im Einzelfall unter Berücksichtigung der gesetzgeberischen Wertungen der verfahrensgegenständliche Wohnungseinbruchsdiebstahl als eine Straftat von auch im Einzelfall erheblicher Bedeutung darstellt und dies zutreffend verneint. Wegen der Begründung schließt sich die Kammer vollumfänglich der Begründung des angefochtenen Beschlusses in Gestalt des Nichtabhilfebeschlusses an. Soweit die Staatsanwaltschaft in ihrer Beschwerdebegründung auch auf die Höhe des entstandenen Sachschadens abstellt, vermag dies keine andere Beurteilung zu rechtfertigen. Nach dem bisherigen Ermittlungsergebnis ist das Einstiegsfenster durch Aufhebeln beschädigt worden. Eine konkrete Schadenshöhe ergibt sich nicht. Ein Eindringen durch ein aufzuhebelndes Fenster stellt eine typische Begehungsart eines Wohnungseinbruchsdiebstahls dar. Weitere Sachschäden sind derzeit nicht ersichtlich.“

M.E zutreffend

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