Irrt der Betroffene feststellbar über die Funktionsfähigkeit einer Lichtzeichenanlage („Dauerrot“) und begeht dann einen sog. qualifizierten 1-Sec-Rotlichtverstoß, so ist trotz Vorsatzes nur wegen eines fahrlässigen einfachen Rotlichtverstoßes zu der hierfür vorgesehenen Geldbuße zu verurteilen. So hat das AG Dortmund entschieden (vgl. AG Dortmund, Urt. v. 17.01.2017 – 729 OWi-264 Js 2313/16 -9/17). Ähnlich hat vor einiger Zeit auch bereits das OLG Hamm entschieden (vgl. OLG Hamm NZV 2000, 52 = VRS 97, 384).
Das AG hat außerdem – ebenfalls ähnlich wie das OLG Hamm – von einem Fahrverbot abgesehen. Begründung: Bei einem solchen Irrtum sei der Handlungsunwert des Rotlichtverstoßes deutlich verringert und der Verstoß dementsprechend nicht mehr als grob pflichtwidrig i.S.d. § 25 Abs. 1 StVG anzusehen. Das macht dann die Festsetzung eines Fahrverbotes unmöglich.
So weit, so gut. Ich frage mich allerdings, was ein „zweifelnder Anschluss“ ist. So hat nämlich das AG im Leitsatz(vorschlag) formuliert: „zweifelnder Anschluss an OLG Hamm, Beschl. v. 10.06.1999 – 2 Ss OWi 486/99 = NZV 2000, 52 = MDR 1999, 1264 = VerkMitt 2000, Nr. 12 = VRS 1999 Bd. 97, 384 = NStZ 1999, 518“. Entweder oder, oder?
In dem vom OLG Hamm verhandelten Fall hatte ein Fahrer nach ca. drei Minuten Dauerrot eine Ampel „ignoriert“ und musste sich für einen fahrlässigen Rotlichtverstoß verantworten.
Das OLG Hamm hatte entgegen der Auffassung des AG Lüdenscheid bei der irrigen Annahme einer Funktionsstörung der Lichtzeichenanlage – zutreffend- keinen unvermeidbaren Verbotsirrtum i.S. des § 11 II OWiG, sondern einen Tatbestandsirrtum nach § 11 I OWiG angenommen, da der Irrtum des Betroffenen, die Ampel zeige Dauerrot und sei daher defekt, im tatsächlichen Bereich liege und nicht auf einer unzutreffenden rechtlichen Wertung beruhe.
Gleichwohl hat es aber einen fahrlässigen Rotlichtverstoß angenommen. Das Fahrverbot blieb ihm wegen der besonderen Situation erspart – die Geldstrafe allerdings nicht.
Vielleicht hat dies das AG Dortmund ja etwas irritiert; an dieser Stelle stellt man sich die Frage, wie lange man in solchen Fällen eigentlich warten soll um der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt nachzukommen und nicht fahrlässig zu handeln.
Nach einer angemessenen Wartezeit, die von Fall zu Fall unterschiedlich sein kann, denn Ampelschaltphasen können an vielbefahrenen Kreuzungen oder an Hauptstraßen durchaus länger ausfallen. Zum Teil wird empfohlen eine Wartezeit von mindestens fünf Minuten einzuhalten oder jedenfalls mindestens zwei normale Schaltphasen abzuwarten.
Beim Fall des AG Dortmund waren sogar schon fünf Grünphasen (für die rechte Fahrspur), durchlaufen und die Linksabbiegerspur dabei kein Mal freigeschalten worden, wobei der gesamte Umlauf der Ampelphasen der Kreuzung über fünfzig Sekunden betragen habe. Der Betroffene hatte mit seinem Fahrzeug daher mindestens zweihundertfünfzig Sekunden gewartet.
Es ist tatsächlich schwierig zu verstehen, warum dann hier dennoch nach §§ 37 Abs. II, 49 StVO, 24 StVG wegen fahrlässigem Rotlichverstoßes verurteilt wurde.
Immerhin hat das Gericht im Ergebnis wenigstens eine grobe Pflichtwidrig i.S. § 25 I StVG verneint und auf die Verhängung eines Fahrverbotes verzichtet.