Archiv für den Monat: November 2016

Angeklagter erscheint nicht zur HV ==> Ordnungsgeld, oder: Teure Kreuzfahrt (?)

entnommen wikimedia.org Urheber Patrick-sg

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Ein wenig kurios (?) ist für mich der Sachverhalt des OLG Celle, Beschl. v. 17.05.2016 – 2 Ws 88/16. Es geht um die Verhängung eines Ordnungsgeldes gegen den Angeklagten wegen Ungebühr. Und zwar auf der Grundlage folgenden Sachverhaltes:

Anklageerhebung unter dem 28.06.2015 zum Amtsgericht ? Schöffengericht – wegen des Vorwurfs des Bankrotts und der Insolvenzverschleppung. Termin zur Hauptverhandlung wurde auf den 08. 03.2016 bestimmt. In diesem Termin wurden die Beteiligten zur Fortsetzung der Hauptverhandlung auf den 17.03.2016 geladen. Im Fortsetzungstermin am 17.03.2016 wurde erörtert, an welchem weiteren Tag die Hauptverhandlung fortgesetzt werden soll. Der Angeklagte erklärte, dass er sich ab dem 26.03.2016 auf einer Südamerikareise befinde und während dieses Urlaubs nicht zur Fortsetzung der Hauptverhandlung zur Verfügung stehe. Einen eigenen Terminsvorschlag unterbreitete er nicht. Der Vorsitzende des Schöffengerichts wies ihn darauf hin, dass er bei eigenmächtiger Abwesenheit mit einem Haftbefehl rechnen müsse. Eine Übereinkunft über einen Fortsetzungstermin wurde in der Hauptverhandlung letztlich nicht erzielt. Die Hauptverhandlung wurde hierauf ohne weitere Terminsbestimmung unterbrochen. Mit Verfügung vom 23.03.2016 bestimmte der Vorsitzende des Schöffengerichts Termin zur Fortsetzung der Hauptverhandlung auf den 07.04.2016. Dabei wies er den Angeklagten darauf hin, dass er zur Anwesenheit verpflichtet sei und die Hauptverhandlung im Falle seiner Abwesenheit ohne ihn fortgesetzt werden könne. Die Reise sei kein ausreichender Entschuldigungsgrund, da der Angeklagte bereits seit Zugang der Ladung am 11.11.2015 Kenntnis vom Beginn der Hauptverhandlung habe. Es sei für ihn vorauszusehen gewesen, dass sich die Hauptverhandlung in dem umfangreichen und unter Beteiligung eines Sachverständigen geführten Verfahren mit der Reise überschneiden könnte. Der Angeklagte habe aber weder die Reise verlegt noch das Gericht von Beginn der Hauptverhandlung hiervon in Kenntnis gesetzt. Das Gericht sei daher nicht in der Lage gewesen, die Hauptverhandlung auf einen Zeitpunkt nach der Rückkehr des Angeklagten zu verlegen.

Zum Fortsetzungstermin am 07. 04.2016 erschien der Angeklagte nicht. Mit in der Hauptverhandlung verkündetem Beschluss verhängte das Schöffengericht gegen den Angeklagten wegen Ungebühr ein Ordnungsgeld von 1.000 EUR, ersatzweise eine Woche Ordnungshaft. Daneben ordnete es an, dass die Hauptverhandlung in Abwesenheit des Angeklagten fortgesetzt wird. Dagegen richtet sich die Beschwerde des Angeklagten. Das OLG hat aufgehoben:

Voraussetzung für die Verhängung eines Ordnungsmittels nach § 178 GVG gegen einen der dort genannten Beteiligten ist, dass sich dieser einer Ungebühr in der Sitzung schuldig gemacht hat. Darunter fällt jedes Verhalten, welches den ordnungsgemäßen Ablauf der Sitzung gefährdet oder beeinträchtigt und die Würde des Gerichts und der Verfahrensbeteiligten angreift oder missachtet (vgl. KG, Beschluss vom 6. November 2007 – 4 Ws 140/07 = StraFo 2008, 33; Diemer in Karlsruher Kommentar, StPO, 7. Aufl. (2013), § 178 RdNr. 1, 2; Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 58. Aufl. (2015), § 178 RdNr. 2). Solche Verfahrensweisen, die lediglich prozessualen Vorgaben zuwiderlaufen, beinhalten für sich genommen noch keine Ungebühr, sondern ziehen ggf. die im Verfahrensrecht vorgesehenen Konsequenzen nach sich (vgl. OLG Stuttgart, Beschluss vom 3. Dezember 1990 – 1 Ws 252/90 = NStZ 1991, 297; Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht, Beschluss vom 15. August 1995 – 6 W 15/95 = SchlHA 1995, 293).

In dem bloßen Nichterscheinen zu dem Fortsetzungstermin ist eine Ungebühr des Angeklagten nach diesen Maßstäben auch nicht vor dem Hintergrund zu sehen, dass sich der Angeklagte dazu entschlossen hat, stattdessen die geplante Urlaubsreise anzutreten. Die Generalstaatsanwaltschaft hat in ihrer Zuschrift an den Senat hierzu Folgendes ausgeführt:

„Allein die Teilnahme an der Kreuzfahrt lässt nicht erkennen, dass dem Gericht kein hinreichender Respekt gegenüber gebracht wird. Der Angeklagte hat den Interessenkonflikt bezüglich des von ihm gewünschten Urlaubs und der Teilnahme an der Hauptverhandlung dahingehend für sich gelöst, sich für seinen Urlaub zu entscheiden. Dass er damit aber das Gericht provozieren oder herabsetzen wollte, ist nicht ersichtlich.

Gleiches gilt für den Umstand, dass er seine Meinung gegenüber dem Gericht kommuniziert hat, was in keiner anstößigen Art und Weise erfolgt ist.

Ihm ist es offenbar lediglich darum gegangen, den gebuchten Urlaub auch wahrzunehmen und Stornierungskosten zu vermeiden. Durch seinen Verteidiger ist er offenkundig auch darin bestärkt worden, dass von ihm Unzumutbares abverlangt werde und er deshalb die Reise auch antreten dürfe. Sein Verhalten zielt nicht auf eine Provokation oder Herabsetzung des Gerichts ab. Eine Ungebühr ist vor diesem Hintergrund nicht zu erkennen.“

Dem tritt der Senat bei und hebt den Beschluss hinsichtlich des Ordnungsmittels auf.“

M.E. zutreffend, auch wenn man nicht weiß, wann die Kreuzfahrt gebucht worden ist: Vor oder nach der Ladung zum HV-Termin. Denn m.E. muss der Angeklagte nicht mit Fortsetzungsterminen rechnen, so lange das Gericht keine anberaumt oder in Aussicht gestellt hast. Und unabhängig davon stellt sich dann immer noch die vom OLG verneinte Frage, ob das Nichterscheinen einen Ungebühr ist. M.E. handelt es sich bei dem AG-Beschluss um einen Retourkutsche für einen offenbar nicht koopertaionswilligen Angeklagten.

Kurios: JVA Berlin Tegel ist/war eine Mucki-Bude

© ogressie Fotolia.cm

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In der „Ostfriesen-Zeitung“ von gestern – ja, ich bin auf Borkum und da geht es nicht anders – lese ich gerade über einen kuriosen Eintrag – Fehler (?) – bei Google:

Wenn man dort nach der JVA Berlin-Tegel sucht, erhält man das Ergebnis, dass das Gefängnis/die JVA auch eine Muckibude ist. Besser schreibe ich wohl „war“. Denn, wenn man jetzt noch sucht, gibt es das Ergebnis nicht mehr, sondern man bekommt als Treffer:

„Die Justizvollzugsanstalt Tegel im gleichnamigen Ortsteil des Berliner Bezirks Reinickendorf ist die größte geschlossene und zugleich eine der ältesten Justizvollzugsanstalten Deutschlands. Wikipedia

Adresse: Seidelstraße 39, 13507 Berlin

Öffnungszeiten:

Heute geöffnet · 24 Stunden geöffnet.“
In den letzten Tagen muss dort dann wohl gestanden haben: „Gesundheits-Park – Ihr Figur Experte“ und geöffnet war von 12.00 – 18.00 Uhr (vgl. hier).
Aber auch jetzt ist ja noch 24 Stunden geöffnet. Kurios 🙂 .

Gebührenrechtlicher Unsinn aus Hessen, oder: Wir wissen es besser als die h.M.

© Alex White - Fotolia.com

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Gebührenrechtlicher Unsinn ist m.E. der AG Hanau, Beschl. v. 08.11.2016 – 55 OWi 2255 Js 21203/15 – zur zuästzlichen Verfahrengebühr Nr. 5115 VV RVG. Der Kollege Pfeifer aus Rodenbach, war Verteidiger des Betroffenen im Bußgeldverfahren. Die Hauptverhandlung war für den 06.06.2016 anberaumt. Der Verteidiger beantragte mit Schreiben vom 25.05.2016 die Einstellung des Verfahrens. Er stellte in diesem Zusammenhang mehrere Beweisanträge, die darauf abzielten, dass das vorliegende Messergebnis nicht verwertbar sei. Der Hauptverhandlungstermin wurde nicht aufgehoben. In der Hauptverhandlung wurden weitere Unterlagen vorgelegt, die die Amtsrichterin dazu veranlassten, den Termin zu vertagen, um den Beweisanträgen nachzugehen. Die daraufhin eingeholten Stellungnahmen führten zur Einstellung des Verfahrens. Der Kollege hat auch die Gebühr Nr. 5115 VV RVG geltend gemacht. Die ist von der Rechtspflegerin nicht festgesetzt worden. Das AG führt aus:

„Dass die Mitwirkung des Verteidigers im vorliegenden Fall zur Einstellung des Verfahrens beigetragen hat, steht außer Frage. Es bleibt lediglich zu prüfen, ob tatsächlich ein Hauptverhandlungstermin entbehrlich geworden ist. Diese Frage ist nach Ansicht des Gerichts zu verneinen.

Hätte die Richterin den Hauptverhandlungstermin auf Grund der Eingaben des Verteidigers aufgehoben, so wäre die Gebühr nach Nr. 5115 VV RVG ohne Zweifel entstanden. Gleichzeitig wäre aber eine Terminsgebühr nicht angefallen.

Das Gericht sieht im vorliegenden Fall nicht, dass es zu einem weiteren Hauptverhandlungstermin hätte kommen müssen. Letztendlich hatte sich im schriftlichen Verfahren bestätigt, was der Verteidiger mit Schreiben vom 25.05.2016 vorgetragen hatte. Es gab somit keinen Grund, einen weiteren Termin anzuberaumen. Somit wurde durch die Einstellung auch keine Hauptverhandlung entbehrlich und die Voraussetzungen der Nr. 5115 VV RVG sind nicht erfüllt. Die Gebühr war daher abzusetzen.“

Die Entscheidung ist falsch und widerspricht der ganz h. M. in dieser Frage, die sowohl bei der zusätzlichen Verfahrensgebühr Nr. 4141 VV RVG als auch bei der zusätzlichen Verfahrensgebühr Nr. 5115 VV RVG eine Rolle spielt. Dazu verweise ich auf Gerold/Schmidt/Burhoff, RVG, 22. Aufl., VV 4141 Rn 23; Burhoff JurBüro 2011, 287; Burhoff/Burhoff, RVG, Nr. 4141 VV Rdn 39 lfd. Nr. 5 und 6 und die dortigen Ncahweise.

Dem AG kann man aber wegen der falschen Entscheidung im Grunde keinen Vorwurf machen. Denn es bezieht sich – muss sich beziehen (?) –  auf Rechtsprechung seines übergeordneten OLG Frankfurt am Main, das offenbar in ständiger Rechtsprechung die Frage ebenso falsch löst (vgl. den vom AG zitierten OLG Frankfurt am Main, Beschl. v. 5.3.2011 – 2 Ws 177/11). Und das, obwohl der BGH die Frage zuvor anders entschieden hatte. Zur Begründung bezieht sich das OLG auf die sprachliche Änderung im RVG gegenüber der BRAGO, nämlich „die Hauptverhandlung“ in Nr. 4114 VV RVG anstelle „eine Hauptverhandlung“ in § 84 Abs. 2 BRAGO. Dazu hatte aber schon das OLG Bamberg  darauf hingewiesen, dass es sich dabei eine sprachliche Änderung handelt, mit der keine rechtlichen Folgerungen ausgelöst werden sollten. Dafür ergibt sich auch nichts aus den Gesetzesmaterialien zum RVG (vgl. BT-Drucks. 15/1971 S. 227). Denen lässt sich vielmehr entnehmen, dass auch mit den Nrn. 4114 bzw. 515 VV RVG dem Rechtsanwalt in den in den Vorschriften genannten Fällen eine zusätzliche Gebühr in Höhe der jeweiligen Verfahrensgebühr zugebilligt werden, um den Anreiz, Verfahren ohne Hauptverhandlung zu erledigen, zu erhöhen. Ziel der Regelung ist eine Verringerung der Arbeitsbelastung der Gerichte. Und diese wird nicht nur erreicht, wenn der „erste“ Hauptverhandlungstermin vermieden wird, sondern auch, wenn es um weitere Hauptverhandlungstermine geht. Auch die müssen vorbereitet werden. Es mag sein, dass die Vorbereitung des ersten Hauptverhandlungstermins ggf. umfangreicher und arbeitsintensiver ist als die der weiteren Termine, die nach Aussetzung anberaumt werden. Das hat aber auf die Nr. 4141 VV RVG keinen Einfluss. Denn diese Regelung verlangt nicht, wie offenbar das OLG Frankfurt (a.a.O.) meint, eine Vermeidung jeglicher Arbeitsbelastung. Der Verteidiger des Betroffenen im Verfahren des AG Hanau hat Erinnerung eingelegt.

Es ist zu hoffen, dass die Gerichte im Zuständigkeitsbereich des OLG Frankfurt zur Besinnung kommen und/oder das OLG Frankfurt eine unzutreffende Mindermeinung aufgibt und sich der zutreffenden h.M. anschließt. Dazu gilt: Die Hoffnung stirbt zuletzt, allerdings: Ich habe beim OLG Frankfurt wenig Hoffnung…..

Die Ablehnung des Staatsanwaltes

© beermedia.de -Fotolia.com

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Das OLG Celle hat im Sommer 2015 im OLG Celle, Beschl. v. 10.07.2015 – 2 VAs 5/15 – in einem Verfahren betreffend einen Antrag auf gerichtliche Entscheidung (§§ 23 ff. EGGVG) dargelegt, dass ein Anzeigeerstatter – ebenso wie im Strafverfahren nach h.M. der Angeklagte – keinen Anspruch auf Ablehnung/Ersetzung des Staatsanwaltes hat. Dazu wird ausgeführt:

„b) Der Antragsteller hat überdies nicht dargetan, dass er durch eine unterlassene oder abgelehnte Bestimmung einer anderen Staatsanwaltschaft außerhalb des Zuständigkeitsbereiches der Generalstaatsanwaltschaft Celle in seinen Rechten verletzt wäre. Nach ganz herrschender Meinung in Literatur und Rechtsprechung, der sich der Senat anschließt, besteht für den Beschuldigten im Rahmen eines Strafverfahrens kein Rechtsanspruch auf Substituierung des ermittelnden Staatsanwaltes (vgl. Löwe?Rosenberg, StPO, 26. Aufl. vor § 22 GVG Rdnr. 9, 11 m. w. N.). In einem solchen Fall kann der Beschuldigte auch die Verfügung des vorgesetzten Beamten der Staatsanwaltschaft, mit der die Substitution des Staatsanwalts nach § 145 GVG abgelehnt worden ist, nicht mit einem Antrag auf gerichtliche Entscheidung nach §§ 23 ff. EGGVG anfechten (vgl. Löwe?Rosenberg a. a. O. Rdnr. 11 und Löwe?Rosenberg, StPO, 26. Aufl. § 23 EGGVG Rdnr. 125). Dass dem Antragsteller in dem von ihm angestrengten Ermittlungsverfahren weitergehende Rechte als einem Beschuldigten im Strafverfahren zustehen könnten, vermag der Senat nicht zu erkennen.“

Schon ein wenig älter der Beschluss, aber erst jetzt bekannt geworden.

„Jetzt geht es los“, oder das Betreten des Hausflurs als Wohnungseinbruchsdiebstahl

Diebstahl.pngIn seinem umfangreichen BGH, Urt. v. 10.08.2016 – 2 StR 493/15 – hat jetzt der 2. Strafsenat des BGH noch einmal im Zusammenhang mit dem Überfall auf einen Zeugen zur Frage der Versuchstrafbarkeit (§ 22 StGB) Stellung genommen. Danach ist es, was allerdings nichts Neues ist, nicht erforderlich, dass der Täter bereits ein Tatbestandsmerkmal verwirklicht hat. Entscheidend ist das „Jetzt geht es los“:

„a) Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin ist es jedoch nicht zu beanstanden, dass das Landgericht nicht bereits eine Versuchsstrafbarkeit angenommen hat.

Zwar ist es dafür nicht erforderlich, dass der Täter bereits ein Tatbestandsmerkmal verwirklicht hat. Es genügt, dass er Handlungen vornimmt, die nach seinem Tatplan der Erfüllung eines Tatbestandsmerkmals vorgelagert sind und in die Tatbestandshandlung unmittelbar einmünden, die mithin – aus der Sicht des Täters das geschützte Rechtsgut in eine konkrete Gefahr bringen. Dementsprechend erstreckt sich das Versuchsstadium auf Handlungen, die im ungestörten Fortgang unmittelbar zur Tatbestandserfüllung führen sollen oder die im unmittelbaren räumlichen und zeitlichen Zusammenhang mit ihr stehen. Dies ist der Fall, wenn der Täter subjektiv die Schwelle zum „jetzt geht es los“ überschreitet und objektiv zur tatbestandsmäßigen Angriffshandlung ansetzt, so dass sein Tun ohne Zwischenakte in die Tatbestandserfüllung übergeht (st. Rspr.; vgl. BGH, Urteil vom 25. Oktober 2012 – 4 StR 346/12, NStZ 2013, 156, 157 mwN). Ein unmittelbares Ansetzen zu Eigentums- oder auch zu Körperverletzungsdelikten in der Wohnung eines Opfers liegt danach vor, wenn die Tat in der Wohnung dadurch ermöglicht werden soll, dass sich ein Täter unter einem Vorwand Einlass verschafft, um auf das Tatopfer einzuwirken bzw. es zu bestehlen. Der Angriff auf die körperliche Integrität und den fremden Gewahrsam beginnt in diesen Fällen bereits mit dem Begehren um Einlass (vgl. zum Diebstahl: Senat, Urteil vom 16. September 2015 – 2 StR 71/15; zum Raub vgl. Senat, 2. Juni 1993 – 2 StR 158/93, BGHSt 39, 236, 238; Urteil vom 11. Juli 1984 – 2 StR 249/84, NStZ 1984, 506). Gleiches gilt, wenn der Täter für seine Tat „das Überraschungsmoment ausnutzen“ will, weil er davon ausgeht, dass das Tatopfer die Tür öffnen werde (vgl. BGH, Urteil vom 9. August 2011 – 1 StR 194/11, NStZ 2012, 85).

Nach diesem Maßstab haben die Angeklagten, als sie den Flur des Mehrfamilienhauses betraten, die Schwelle zum „jetzt geht es los“ noch nicht überschritten und hierdurch unmittelbar zur Verwirklichung ihres Vorhabens angesetzt. Denn um zu dem Zeugen Sch. zu gelangen, hätten die Täter noch die Treppen hoch zur Wohnung des Zeugen gehen und dort um Einlass bitten müssen. Sie rechneten daher nach Betreten des Hausflurs noch nicht damit, im ungestörten Fortgang unmittelbar mit der Gewalt gegen den Zeugen Sch. beginnen zu müssen (vgl. Senat, Urteil vom 11. Juli 1984 – 2 StR 249/84, NStZ 1984, 506), weshalb das Vorhaben nach Vorstellung der Täter nicht ohne einen weiteren Zwischenakt „in einem Zug“ umsetzbar war.“