Archiv für den Monat: August 2015

Schon wieder (Besetzungs)Ärger beim BGH, oder: Auch Präsidentinnen können nicht alles

© Blackosaka - Fotolia.com

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Nach dem Äger um die Besetzung des 2. Strafsenats (vgl. u.a. Stellenbesetzung am BGH: Fischer : Tolksdorf – (vorläufig) 2 : 0 und Was lange währt, wird endlich gut – Fischer wird Vorsitzender beim BGH) gibt es nun neuen Ärger „im Haus“. Der ein oder andere wird das vielleicht noch nicht mitbekommen haben. Ich bin darauf erst durch LTO-Nachrichten aufmerksam geworden.

Für die Stelle des nach der Pensionierung von Clemens Basdorf vakanten Vorsitz im 5. Strafsenat des BGH gibt es (zumindest) zwei Bewerber. Die Präsidentin des BGH Limperg hat sich für einen entschieden und einen Besetzungsvorschlag abgegeben, dem Minister Heiko Maas folgen will und den favorisierten Bewerber dem dem für die Ernennung zuständigen Bundespräsidenten zur Ernennung zum Vorsitzenden Richter am Bundesgerichtshof vorschlagen will. Das „schmeckt“ einem/dem „unterlegenen“ Mitbewerber nicht und er hat deshalb Konkurrentenklage erhoben und einstweiligen Rechtsschutz begehrt.

Im Verfahren über den einstweiligen Rechtsschutz hatte er keinen Erfolg. Das VG Karlsruhe hat im VG Karlsruhe, Beschl. v. 19.06.2015 – 1 K 499/15 – seinen Antrag zurückgewiesen (vgl. hier bei LTO). U.a. heißt es da:

„Es sei auch unschädlich, dass Limperg in ihrer Bewertung gerade das Spezifikum einer Tätigkeit als Vorsitzender des 5. (und nicht eines anderen) Strafsenats ins Auge gefasst habe. Das sei zwar grundsätzlich nicht zulässig, habe für die Bewertung jedoch auch keine tragende Rolle gespielt.“

Im Beschwerdeverfahren hat sich nun aber das Blatt gewendet. Nach dem VGH Baden-Württemberg, Beschl. v. 12.08.2015 – 4 S 1405/15 – war die Auswahlentscheidung nämlich rechtswidrig (vgl. dazu ebenfalls LTO ). Da heißt es in der PM:

„Die auf der Grundlage aktueller dienstlicher Anlassbeurteilungen ergangene Auswahlentscheidung sei fehlerhaft. Die Anlassbeurteilungen seien in mehrfacher Hinsicht rechtlich zu beanstanden. Zum einen fehle es an der Festlegung des zugrunde liegenden Beurteilungszeitraums. Die für die Auswahlentscheidung herangezogenen Anlassbeurteilungen des Antragstellers und des Beigeladenen beruhten darüber hinaus nicht auf einer hinreichend tragfähigen Tatsachengrundlage. Die Beurteilerin könne aus eigener Anschauung die dienstlichen Leistungen der Bewerber im jeweiligen Beurteilungszeitraum nur zu einem geringen Teil selbst beurteilen. Sie müsse daher Beurteilungsbeiträge sachkundiger Personen einholen. Tatsächlich deckten die eingeholten Beurteilungsbeiträge jedoch nur einen Teil des jeweils beurteilten Zeitraums ab. Schließlich gehe die für den Beigeladenen erstellte Anlassbeurteilung von einem fehlerhaften Beurteilungsmaßstab aus. Nicht der konkrete Dienstposten des Vorsitzenden Richters eines bestimmten Senats des Bundesgerichtshofs, hier des 5. sogenannten Leipziger Senats, sondern das Statusamt eines Vorsitzenden Richters am Bundesgerichtshof sei richtiger Bezugspunkt der Anlassbeurteilung.“

Nicht so schön, Frau Präsidentin, wenn der VGH einem mitteilt, dass man – als Vorsitzende des Kartellsenats des BGH – „aus eigener Anschauung die dienstlichen Leistungen der Bewerber im jeweiligen Beurteilungszeitraum nur zu einem geringen Teil selbst beurteilen“ könne. Und dabei können Präsidenten/Präsidentinnen an sich doch alles.

Die Dickfelligkeit des AG München – wie gehabt, oder: Beim AG München ist alles anders

entnommen wikimedia.org Author Bubo

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Author Bubo

Der regelmäßige Leser erinnert sich vielleicht noch an meine „Beitragsserie“ zur „Dickfelligkeit“ des AG München, über die ich im März mit drei Beiträgen berichtet habe, und zwar mit: Die Dickfelligkeit des AG München, oder: Ich bin es leid und Die Dickfelligkeit des AG München, oder: Ich bin einen Schritt weiter und dann mit Die Dickfelligkeit des AG München – An der Antwort drückt man sich präsidial vorbei. Es ging um die Übersendung von Entscheidungen des AG München und/oder die Bearbeitung von entsprechenden Anforderungen. Im Anschluss daran hatte ich – lassen wir mal das „Vorbeidrücken“ im Schreiben des Präsidenten des AG München v. 25_03_2015 – außen vor, gedacht/gehofft, dass es nun in Zukunft besser werden würden. Aber: Ist es nicht. Das AG München ist in meinen Augen genauso dickfellig wie in der Vergangenheit, nur mit anderen Mitspielern und Begründungen.

Angefordert hatte ich mit Email vom 16.07.2015 das AG München Urt. v. 11.06.2015 – 1034 Ls468 Js 199228/14. Schön artig mit „Sehr geehrte Damen und Herren, ….“ also mit der einem bayerischen AG zukommenden Ehrerbietung. Denn ich weiß ja aus dem Schreiben des Schreiben des Präsidenten des AG München v. 25_03_2015, dass man dort Emails mit „Hallo“ nicht mag. Wer nun gedacht hat, dass die Übersendung des Urteils, auf das ich u.a. durch die PM des AG München 37/15 v. 13.07.2015 aufmerksam geworden war, ohne große Probleme von statten gehen würde (s. das Schreiben des Präsidenten des AG München v. 25_03_2015), der hat sich geirrt.

Erst mal passiert nichts. Und da ich ja weiß, dass die Mühlen der (bayerischen) Justiz gelegentlich langsam mahlen, habe ich dann erst am 29.07.2015 erinnert, wieder artig mit „Sehr geehrte….“. Und es passiert weiterhin nichts, so dass ich dann am 05.08.2015 erinnert habe, und zwar mit: „.…. ich erinnere dann erneut an meine Anfrage, die inzwischen gut drei Wochen alt ist. Es muss doch möglich sein, in der Zeit zumindest eine Zwischennachricht zu erteilen. Die nächste Anfrage erfolgt über den Präsidenten.“

Auf diese Nachricht erhalte ich dann die Antwort eines netten (ist jetzt nicht ironisch gemeitn 🙂 ) Rechtspflegers, der mir mittteilt, dass er meine Anfrage das erste Mal sieht und sie nun sofort an die Pressedezernentin weiter leitet. Nun, denke ich, dann kann es ja nicht mehr lange dauern. Aber: Geirrt. Denn von der höre ich nichts. Erst als ich dann am 13.08.2015 noch einmal erinnert habe, entwickelt sich ein „fröhlicher Mailverkehr“, den ich dann hier doch auch einstellen will, Und zwar:

meine Mail vom 13.08.2015

Sehr geehrte Frau Kollegin …..

ich gehe davon aus, dass Ihnen meine Anfrage inzwischen vorliegt. Nach fast einem Monat seit meiner ersten Mail frage ich dann, was einer Übersendung der Entscheidung denn nun noch im Wege steht. Für zeitnahe Überlassung wäre ich daher dankbar.

die Antwort vom 13.08.2015

Sehr geehrter Herr Kollege Burhoff,

ich erhalte nunmehr erstmals Kenntnis von Ihrer Anfrage, die bisher immer an die Poststelle gerichtet war und offensichtlich leider nicht weitergeleitet wurde. Als Pressereferentin bin ich nur befugt, in eigener Zuständigkeit Presseanfragen zu beantworten. Aus dem Inhalt Ihrer Anfrage ist nicht erkennbar, in welcher Funktion Sie die Anfrage stellen (Privatperson, Vertreter einer Fachzeitschrift, Pressevertreter,  u.Ä.).  Das berechtigte Interesse ist konkret darzulegen. Ein presserechtlicher Hintergrund ist bisher nicht erkennbar.

Ich bitte, Ihre bisherigen Unannehmlichkeiten zu entschuldigen und werde nach Zuleitung der noch fehlenden Informationen durch Sie die Sache schnellstmöglich bearbeiten.

 

meine Antwort vom 13.08.2015

Sehr geehrte Frau Kollegin, ich glaube, ich muss dann doch noch mal bloggen.

Ich denke, mein Anliegen ergibt sich aus meiner ersten Mail (s. ganz unten)

Sehr geehrte Damen und Herren,

„….zur Prüfung der Frage, ob das o.a. Urteil ggf. für eine Veröffentlichung in einer Fachzeitschrift in Betracht kommt, bitte ich um Übersendung einer Abschrift in digitalisierter Form. Kosten können mir aufgegeben werden…..“

Kann man diese Anfragen nicht irgendwie vereinfachen. Das würde für alle Beteiligten eine Arbeitserleichterung bringen.

Antwort vom 13.08.2015

Sehr geehrter Herr Kollege,

wie Sie wissen ist die Herausgabe von (geschwärzten) Urteilen aus Gründen des Datenschutzes nur unter den gesetzlichen Vorgaben der §§ 474 ff. StPO erlaubt. Üblicher Weise wird von den Verlagen selbst bei uns ein Urteil angefordert. Ich muss Sie bitten, offen zu legen, für welche Fachzeitschrift Sie tätig werden wollen.“

meine Antwort vom 13.08.2015 – der Ton ist jetzt schon nicht mehr locker….

Sehr geehrte Frau Kollegin,

so ein Theater habe ich ja noch nie erlebt und das hat bisher auch beim AG München immer geklappt. Ich bin Herausgeber des VRR und des StRR und dort jeweils auch Schriftleiter und würde die Entscheidung gerne in einer oder in beiden Zeitschriften veröffentlichen. Wenn Sie schon eine PM herausgeben, dann müssen Sie auch damit rechnen, dass nachgefragt wird.

und darauf dann als Antwort der Schlusspunkt aus München:

Sehr geehrter Herr Kollege,

die Akten befinden sich derzeit bei der Staatsanwaltschaft. Da das Urteil noch nicht rechtskräftig ist, kann ich Ihnen derzeit keine Urteilsabschrift überlassen.

Nach rechtskräftigem Abschluss des Verfahrens komme ich Ihrer Anforderung bei fortbestehendem Interesse gerne nach.

und darauf dann mein „Schlusspunkt“.

Sehr geehrte Frau Kollegin,

für mich nicht nachvollziehbar. Warum geben Sie dann eine PM heraus? Natürlich habe ich auch weiterhin Interesse an der Entscheidung. Die Frage der Rechtskraft hat im Übrigen m.E. nichts mit der Frage einer Veröffentlichung zu tun. Dann dürften viele OLG-Urteile nicht veröffentlicht werden. Aber beim AG München ist eben alles anders.

Seitdem ist Ruhe und ich frage mich: Was tun? Dienstaufsichtsbeschwerde? Führt zu nichts, wie das Schreiben des Präsidenten des AG München v. 25_03_2015 zeigt. Oder vielleicht doch? Und den Präsidenten daran erinnern, was er geschrieben hat“. „Anfragen werden weiter geleitet“ – offenbar nicht. Und: „Zuständig ist die jeweilige Abteilung“ – offenbar dann doch nicht, oder? Oder wende ich mich noch mal an das Bayerische Staatsministerium der Justiz? Nun, bringt auch nichts, außer ein Schreiben eines Ministerialen, der mich an das AG verweist.

Ich glaube, ich werde einen anderen Weg gehen. Ich werde nun noch einmal – schön artig auf Papier und mit „Sehr geehrte Damen und Herren….,“ die Erteilung einer geschwärzten Kopie der o.a. Entscheidung erbitten, und zwar beim AG mit der Bitte, die Anfrage an das LG weiter zu leiten. Denn da hat sie wohl Recht die Pressedezernentin – wenn sie das überhaupt sagen wollte: Zuständig dürfte derzeit nach § 478 Abs. 1 Satz 1 StPO das LG München sein. Und dann schauen wir mal, was passiert. Wenn die Sache inzwischen beim LG München in der Berufungsinstanz ist, werde ich sicherlich von dort Nachricht erhalten. Oder auch nicht. Und dann schauen wir weiter…..

Und dabei wollte ich doch nur eine Urteilsabschrift. Aber in Bayernbeim AG München ist eben alles anders

Sonntagswitz: Heute über Schule, Lehrer und Schüler

© Teamarbeit - Fotolia.com

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In NRW sind in der vergangenen Woche die Sommerferien zu Ende gegangen und das neue Schuljahr hat angefangen. Das ist dann mal Anlass zu Witzen über Schule, Lehrer und Schüler:

Lehrer: „Georg, geh zur Tafel und finde Nord-Amerika“
Georg „Hier ist es!“
Lehrer “ Richtig. Jetzt Klasse! Wer hat Amerika entdeckt?“
Klasse “ Georg!“


 „Schau mal einer an, auf diese Stunde habe ich zwanzig Jahre gewartet!“ sagt der Verkehrsrichter zu seinem früheren Lehrer.
„Jetzt setzen Sie sich mal dort drüben hin und dann schreiben sie hundertmal: „Ich soll nicht über eine rote Ampel fahren!“


 In der Grundschule werden die bestimmten Artikel durchgenommen. Die Lehrerin fragt, wer diese denn nennen kann.
Fritz meldet sich und antwortet: „Der, die, das.“
„Sehr schön,“ antwortet die Lehrerin.
„Und wer kann einen Satz sagen in dem zwei Artikel vorkommen?“
Wieder weiß Fritz eine Antwort: „Der Junge malt die Katze.“
„Toll, Fritz!“ lobt die Lehrerin.
„Und jetzt bin ich gespannt, ob jemand einen Satz mit allen drei Artikeln weiß.“
Lange herrscht Schweigen, dann meldet sich aber mal Fritz:
„Meine Schwester hat ein Kind gekriegt.“
„Aber da ist ja kein einziger Artikel drin,“ wundert sich die Lehrerin.

„Moment, ich war ja noch nicht fertig,“ antwortet Fritz. „Der die das gemacht hat, ist schon über alle Berge.“


Und dann war da noch:

Eine junge Lehrerin gab ihrer 6. Klasse gerade eine Aufgabe. Da es eine große Aufgabe war, fing sie ganz oben an der Tafel zu schreiben an. Plötzlich hörte sie ein Kichern von einem der Jungen. Sie drehte sich schnell um und fragte: „Was ist so lustig, Peter?“
„Frau Lehrerin, ich habe gerade eines ihrer Strumpfbänder gesehen.“
„Raus aus meiner Klasse!“ schrie sie, „ich will dich hier für die nächsten drei Tage nicht mehr sehen!“
Die Lehrerin drehte sich zurück zur Tafel und bemerkte, dass sie die Überschrift vergessen hatte. Sie streckte sich und versuchte ganz oben an der Tafel zu schreiben. Da hörte sie ein noch lauteres Kichern von einen der Jungen. Sie drehte sich schnell um und fragte: „Was ist so lustig , Paul?“
„Frau Lehrerin, ich habe gerade beide ihre Strumpfbänder gesehen.“
Wieder schrie die Lehrerin: „Raus aus meiner Klasse!“
Diesmal war die Strafe noch härter: „Ich will dich drei Wochen nicht mehr sehen!“.
Frustriert drehte sie sich um und ließ aus Versehen die Kreide fallen. Sie bückte sich, um sie wieder aufzuheben, da hörte sie erneut eine Lachsalve von einem der Jungen. Sie drehte sich schnell um und sah wie der kleine Hans gerade das Klassenzimmer verlassen wollte.
„Wo glaubst du denn, dass du hin gehst?“ fragte sie ihn.
“ Frau Lehrerin, was ich gerade gesehen habe, bedeutet das Ende meiner Schultage!“

Wochenspiegel für die 33. KW, das war das „Schurkenstück“, Mindestlohn, das beA und Datenschutz

© Aleksandar Jocic - Fotolia.com

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Die ablaufende Woche hatte m.E. kein richtiges „Knaller-Thema“, es scheinen sich alle von der vorigen Woche und der Affäre Range/Maas/von Maaßen zu erholen (dazu sehr schön zu lesen: Ein Abgrund von Landesverrat von Th. Fischer). So ist der heutige Wochenspiegel ein richtiger „Kessel Buntes“, in dem enthalten ist:

  1. Nochmal: Das „Schurkenstück“ – Wer hat in der „Landesverrats-Affäre“ rechtswidrig gehandelt?, dazu dann aber: Netzpolitik.org: Empörung in Deutschland, Alltag in der Schweiz,

  2. BVerfG zur Durchsuchung der Kanzlei eines Rechtsanwalts: Geringe Straftaten kein Anlass,

  3. die Frage nach dem Mindestlohn für Strafgefangene,

  4. die Erfolgreiche Verfassungsbeschwerde eines Bloggers,

  5. lobenswert: Engagierte Geschäftsstelle,

  6. und es kommt, das beA – und dazu: Besonderes elektronisches Anwaltspostfach: Empfangsbekenntnis mit einem interessanten Lin zur BRAK,

  7. Windows 10: Nutzer bezahlen mit ihren Daten, dazu passt: Windows 10 und der Datenschutz

  8. und dann war da noch: Was Ihr Smartphone-Akku über Sie verrät,

  9. aber auch: So prüfen und aktualisieren Sie Ihre Datenschutzerklärung,

  10. und ganz zum Schluss: Jura Schwerpunkt: Wo kann ich was studieren?

Der nächste Winter kommt bestimmt II, oder: Auch morgens um 5.00 Uhr muss ggf. gestreut sein..

entnommen wikimedia.org Urheber Simon A. Eugster

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Urheber Simon A. Eugster

Ich hatte ja einen „Wintertag“ angekündigt, obwohl das Wetter an sich sehr schön hochsommerlich ist (zum „Wintertag“: Der nächste Winter kommt bestimmt I, oder: Die Streupflicht an Fussgängerüberwegen). Daher dann hier die zweite Entscheidung zur Räum- und Streupflicht. Nämlich der OLG Koblenz, Beschl. v. 29.04.2015 – 5 U 1479/14, der sich mit der Räum- und Streupflicht eines Grundstückseigentümers befasst. Geklagt hat eine Fleischereifachverkäuferin, die im Metzgerbetrieb der Beklagten tätig war. Als sie sich am Hl. Abend 2010 morgens gegen 5 Uhr zu ihrer Arbeitsstelle begab, rutschte sie vor dem Betriebstor aus und kam zu Fall und hat sich nicht unerheblich verletzt. Das OLG hat auch für diesen Ort, der außerhalb des Betriebsgeländes der Beklagten lag und auch (schon) für diesen Zeitpunkt eine Streupflicht bejaht:

Im Bereich der – innerhalb einer geschlossenen Ortslage befindlichen – Unfallstelle war die Verkehrssicherungspflicht im Ausgangspunkt der Gemeinde zugewiesen; diese durfte sie indessen auf die Anlieger delegieren (§ 17 LStrG). Das ist vorliegend durch die Straßenreinigungssatzung vom 17.06.2009 zu Lasten der Beklagten geschehen (§ 1 Abs. 2 der Satzung), ohne dass Restverantwortlichkeiten bei der Gemeinde belassen worden wären. Für eine Anwendbarkeit von § 1 Abs. 3 der Satzung, der bestimmte örtliche Bereiche von der Übertragung der Verkehrssicherungspflicht ausnimmt, ist weder etwas vorgetragen noch sonst etwas zu erkennen.

Damit oblag es der Beklagten, die notwendigen und zumutbaren Vorkehrungen zu treffen, um eine Schädigung der Benutzer der an ihr Grundstück angrenzenden Verkehrsfläche möglichst verhindern (BGH VersR 1990, 498; BGH VersR 2002, 247; BGH VersR 2003, 1319; BGH VersR 2005, 279; BGH VersR 2006, 233; BGH NJW 2007, 1683). Das verpflichtete sie zu den Maßnahmen, die ein umsichtiger und verständiger, in vernünftigen Grenzen vorsichtiger Mensch für erforderlich erachten musste, um andere vor Beeinträchtigungen zu bewahren. Zwar brauchte nicht jeder denkbaren Gefahr vorbeugend begegnet zu werden. Haftungsbegründend wurde eine Gefahr aber dann, wenn es aus sachkundiger Sicht nahe lag, dass Rechtsgüter anderer beeinträchtigt werden würden (BGH VersR 2006, 233; BGH NJW 2007, 1683). Dabei war der Sicherheitsstandard zu wahren, den die in dem entsprechenden Bereich herrschende Verkehrsauffassung für angemessen erachtete (BGH VersR 1972, 559; BGH VersR 2006, 233; BGH NJW 2007, 1683).

Vor diesem Hintergrund ist konkret zu sehen:

Wie den erstinstanzlichen Zeugenaussagen zu entnehmen ist und von der Beklagten auch nicht ernsthaft geleugnet wird, war am Unfallort Glätte vorhanden. Das stellte sich nicht überraschend ein, sondern war jahreszeitgemäß und im Hinblick auf die allgemeine Wetterlage absehbar gewesen. Die Beklagte hat selbst vorgetragen, dass sich ein Mitarbeiter bereit hielt, um zu streuen. Diese – angesichts des Sicherungsbedürfnisses der Klägerin und der anderen Betriebsangehörigen erforderliche – Arbeit war dann allerdings bis zu dem Zeitpunkt, zu dem die Klägerin eintraf, nicht ausgeführt worden. Allerdings trug sich das Schadensereignis frühmorgens gegen 5 Uhr und damit zu einer Stunde zu, die in §§ 6 Abs. 3, 7 Abs. 4 der Gemeindesatzung nicht als verkehrssicherungsrelevant herausgestellt ist. Dort wird darauf abgehoben, dass nächtlich gefallener Schnee und entstandene Glätte an Werktagen bis 7 Uhr zu beseitigen sind. Daraus kann indessen nicht geschlossen werden, dass die Beklagte vor dem Schadenszeitpunkt noch nicht tätig zu werden brauchte. Die Vorgabe in §§ 6 Abs. 3, 7 Abs. 4 der Gemeindesatzung beinhaltete keine zeitliche Freistellung von der der Beklagten in § 1 Abs. 2 der Satzung umfassend zugewiesenen Verkehrssicherungspflicht. Diese Pflicht richtete sich – unabhängig davon, was gemeindlicherseits unter öffentlichen Gesichtspunkten für opportun erachtet wurde – nach den allgemein anerkannten Regeln.

Zwar hat im Rahmen dieser Regeln auch der Grundsatz Bedeutung, dass lediglich ab 7 Uhr morgens für sichere Verhältnisse zu sorgen ist (OLGR Düsseldorf 2001, 263), weil es üblicherweise erst dann auf Straßen und Gehwegen zu einer Verkehrsverdichtung kommt (vgl. OLG Frankfurt NJW-RR 2004, 312; OLG Hamm NVwZ-RR 2001, 798). Aber die Dinge liegen anders, falls sich abzeichnet, dass ein relevanter Verkehr schon vorher stattfindet und dieser Verkehr zudem von dem allgemein Sicherungspflichtigen veranlasst ist; dann hat er diesem Verkehr gefahrvorbeugend Rechnung zu tragen (OLGR Celle 2004, 125; Senat MDR 2008, 625). So war es auch im vorliegenden Fall. Die Klägerin hat unwidersprochen vorgetragen, dass der Arbeitsbeginn für den 24.12.2010 betriebsseits auf 5 Uhr angesetzt worden war. Insofern war mit dem Eintreffen der Angestellten ab kurz vor diesem Zeitpunkt zu rechnen.“