Archiv für den Monat: Juni 2015

Hoeneß-Erpressung: Wer sich nicht erwischen lassen will, wird nicht extra bestraft

entnommen wikimedia.org Urheber Harald Bischoff

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Urheber Harald Bischoff

Ich erinnere: Kurz nach seiner Verurteilung ist U.Hoeneß erpresst worden. Ihm ist von dem Erpresser kurz vor Haftantritt vorgespiegelt worden, der Erpresser könne tatsächlich auf dessen Haftverlauf – etwa die Gewährung von Vollzugslockerungen oder Besuchsmöglichkeiten – einwirken und habe bei seinem Vorgehen Mittäter oder Helfer. Wenn U.Hoeneß an einem „normalen“ Haftverlauf liege, solle er 215.000 € in bestimmter Stückelung in einer Tüte verstauen und diese zu einem benannten Zeitpunkt an einer bestimmten Bushaltestelle in den Mülleimer werfen. Die Sache ist dann aufgeflogen, der Erpresser wurde gefasst und ist dann vom LG München II wegen versuchter Erpressung zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren und neun Monaten verurteilt worden.

Die Sache hat nun beim BGH ein Ende gefunden. Nun ja, nicht ganz. Denn der BGH hat im BGH, Beschl. v. 19.05.2015 – 1 StR 200/15 – den Rechtsfolgenausspruch aufgehoben, weil er in der Strafzumessung ein „paar Haare in der Suppe“ gefunden hat, die ihm nicht gefallen haben. Das LG habe, so der BGH, bei der Wahl des Strafrahmens und – aufgrund vollumfänglicher Bezugnahme – bei der konkreten Strafzumessung eine Reihe von Erwägungen zu Lasten des Angeklagten angestellt, die sich nach Auffassung des BGH als nicht tragfähig erweisen.

An der Spitze:

a) Als maßgeblich zu Lasten des Angeklagten gewerteten Ausdruck „erheblicher krimineller Energie“ wertet die Strafkammer u.a., der Angeklagte habe die Datei mit dem Erpresserschreiben bewusst nicht auf seinem Computer ab-gespeichert, um ein späteres Auffinden zu vermeiden (aktiv gelöscht wurde die Datei hingegen nicht); weil er auch das Aufbringen seiner Fingerabdruckspuren durch Tragen von Handschuhen und Verwenden eines Geschirrspültuchs vermieden habe, wäre eine Ermittlung des Angeklagten als Täter durch die Ermitt-lungsbehörden ohne die Observation der Geldübergabe „nicht ohne weiteres gelungen“. Die Bedrohungslage sei gerade wegen der Diffusität der Drohungen erheblich gewesen und durch den Umstand, dass der Angeklagte in dem Schreiben anonym als „MisterX“ aufgetreten sei, noch verstärkt worden.

In der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist zwar anerkannt, dass die sorgfältig geplante Vermeidung von Tatspuren oder deren Beseitigung vor der Tat als die Tat prägende Umstände strafschärfend herangezogen werden dürfen (vgl. Theune in LK, 12. Aufl., § 46 Rn. 201; Detter NStZ 1997, 476, 477 f., je mwN; vgl. zuletzt auch BGH, Beschluss vom 26. März 2015 – 2 StR 489/14). Dem Angeklagten darf aber nicht straferschwerend zur Last gelegt werden, er habe den Ermittlungsbehörden seine Überführung nicht erleichtert, indem er keine auf ihn hindeutenden Hinweise geschaffen habe (vgl. BGH, Beschluss vom 17. Januar 2006 – 4 StR 422/05; zur einfachen Spurenverhinderung auch Theune aaO Rn. 202). Dies wäre aber der Fall, wenn man einem Erpresser anlastet, er trete nicht unter seinem Namen, sondern anonym auf, und er habe ein Erpresserschreiben nicht abgespeichert, sondern ohne Speicherung auf seinem Computer erstellt.“

An sich liegt die Überlegung m.E. auf der Hand. Im Übrigen: Der ein oder andere Blogger hat ein feines Gespür und ahnt, was kommt. So der Kollege Garcia schon am 26.01.105 in Fall Hoeneß II: Strafzumessung nachgemessen.

Gefallen hat dem BGH dann auch nicht,

  • dass ganz maßgeblich zu Lasten des Angeklagten auch die Höhe des von ihm angestrebten Vermögensvorteils gewertet worden ist, auch weil U.Hoeneß diesen Betrag nicht ohne weiteres, sondern nur abhängig von dem Ergebnis eines noch ausstehenden Steuerbescheids habe aufbringen können, und zwar deshalb weil das LG nicht mitgeteilt hat, ob der Angeklagte damit rechnete oder damit rechnen konnte, dass die erpresste Summe von U.Hoenß nur unter Schwierigkeiten hätte aufgebracht werden können,
  • die strafschärfende Erwägung des LG, die Tat sei nach Vorstellung des Angeklagten bereits vollendet gewesen („subjektive Vollendungsnähe“), denn der Versuch sei grundsätzlich davon gekennzeichnet, dass der subjektive Tatbestand vollständig erfüllt werde, während die Tat objektiv unvollständig bleibe.

Mein Groupie

RVG-Kommentar 4. Aufl.Der regelmäßige Leser dieses Blog weiß: Gelegentlich gibt es hier auch mal Werbung. Nicht (zu) viel, aber immer mal wieder, in der Hoffnung, dass sich das dann ggf. in einer Buch-Bestellung niederschlägt. Ich muss nur immer den richtigen Aufhänger/Anlass finden. Nun, und den habe ich mal wieder, also Werbemodus an:

Am Samstag hat nämlich ein Kollege – ich sage nicht, wer – da steht der Datenschutz vor 🙂 – einen Kommentar „Burhoff (Hrsg.), RVG Straf- und Bußgeldsachen, 4. Aufl. 2014“ bei mir für sein Büro bestellt, und zwar mit folgender lieben Mail:

Lieber Herr Kollege Burhoff.

Ich freue mich auf die neue Ausgabe Ihres bereits in der Vorauflage bewährten Kommentars zum RVG. Von besonderer Bedeutung für unsere alltägliche Arbeit mit diesem Werk war (und ist!) Ihre persönliche an mich gerichtete Widmung.

Ich würde mich nun sehr freuen, wenn Sie Ihrem Fan auch für die aktuelle Folgeauflage wieder ein Autogramm ins Buch schreiben möchten.

Vielen Dank vorab und allerbeste Wochenend-Grüße aus xxxxxxx nach Münster, Borkum oder wo auch immer Sie auch sein mögen.

 Ihr Groupie und Kollege“

Ich rufe dem Kollegen, der – wie ich weiß – mitliest zu: Vielen Dank für die Bestellung und ich verstehe das „Groupie“ dahin, dass Sie nicht ihre „Aufmerksamkeit einem Idol oder Star…. widmen“, sondern einfach nur ein „Fan“ des Buches sind (zum Groupie). Das freut mich und die Mitautoren im Kommentar.

Ach so: Wer auch bestellen will: Hier geht es 🙂

Werbemodus aus 🙂 .

Sonntagswitz, heute zur Kunst, Künstlern und so

© Teamarbeit - Fotolia.com

© Teamarbeit – Fotolia.com

Für den heutigen Sonntagswitz war es etwas schwieriger, ein passendes Thema zu finden. So richtig ist mir zunächst nichts eingefallen. Einen „Gedenktag“, an den ich hätte anknüpfen können, hatten wir in der vergangenen Woche nicht. Schade. Und auf Borkum bin ich erst am nächsten Sonntag 🙂 . Aber dann hatte ich die Idee: In Münster sind die Flurstücke 2015 veranstaltet worden (vgl. u.a. hier: Bagger Ballett, oder: Der Tanz mit/im/auf dem Bagger oder In Münster ist was los: Flurstücke, oder: Gesichter in einer Stadt, und das hat mit Kunst zu tun. Und daher gibt es heute Witze zur Kunst.

Der eine Besucher einer Ausstellung zum andern: „Das Bild passt doch gar nicht in die Ausstellung für abstrakte Kunst? Die Landschaft wirkt ja ganz natürlich.“
„Stimmt, deshalb ist es ja auch kein Bild, sondern ein Fenster.“

Der Kunstlehrer zeigt ein Bild und fragt die Schüler: „Was wird hier dargestellt, ein Sonnenaufgang oder ein Sonnenuntergang?“
Darauf Fritzchen: „Ein Sonnenuntergang, kein Künstler steht so früh auf!“


Ein Ölscheich in einer Galerie zum Galeriesten:
„Ich bewundere Picasso – niemand hat sein Öl so teuer verkauft wie er.“


Die Ehefrau empfängt ihren Mann ganz aufgeregt, als dieser am Abend nach Hause kommt:
„Heute war ein Kunstexperte da wegen unseren Bildern, und er hat gesagt, dass unser Rembrandt höchstens acht Jahre alt ist!“
„Aber Liebling,“ tröstet der Ehemann, „das macht doch nichts, Hauptsache, er ist echt!“


gefunden zum Teil hier oder hier.

Wochenspiegel für die 25. KW., das war NSU, Tuğçe, ein frustrierender Einzeiler und der „Coverboy“ Gerhard Schröder

© Aleksandar Jocic - Fotolia.com

© Aleksandar Jocic – Fotolia.com

In der vergangenen Woche war ich drei Tage unterwegs. Da geht dann doch der ein oder andere Beitrag „durch“, so dass die Erstellung eines Wochenspiegels für mich immer auch eine gute Gelegenheit ist zu prüfen, ob man/ich auch kein wichtiges Thema/einen interessanten Beitrag übersehen. s habe ich dann 🙂 . Und berichten will ich heute über:

  1. Konflikt um Zschäpe-Verteidigerin spitzt sich zu,
  2. dazu passt: Schweigen als Waffe? ,
  3. den Fall Tugce mit: Urteil im Fall Tugce: 3 Jahre Jugendstrafe für Sanel M. – ein gerechtes Urteil?, oder: Warum ist der Fall Tugce zu dem geworden, was er ist?, oder: Tuğçe: Sanel M. zu 3 Jahren Jugendstrafe verurteilt, und auch: Jeder, der heute 3 Jahre Haft in einem gewissen Urteil skandalisiert….,
  4. OLG Köln: Über­ho­len trotz Gegen­ver­kehr – not­falls muss der Gegen­ver­kehr ausweichen,
  5. Frustrierende Einzeiler, in der Tat ,
  6. Szenetypische Stückelung,
  7. LG Münster: Wenn eine Kanzlei die Andere „vernichten“ will…,
  8. Gerhard Schröder ./. DER SPIEGEL: Coverstory – Update,
  9. Haftung von Forenbetreibern: (k)eine Revolution aus Straßburg, oder auch: “Ihr beschissenen Heuchler” – Verhindert das neue Urteil des EGMR Hasskommentare besser?,
  10. und dann war da noch: Griechenland-Krise gelöst: Merkel und Tsipras einigen sich in persönlichem Telefonat – leider dann wohl doch nicht 🙂 .

Bagger Ballett, oder: Der Tanz mit/im/auf dem Bagger

Bagger_5Wir kennen den „Tanz auf dem Vulkan“, wir kennen den „Tanz um das goldene Kalb“ und wir kennen auch, aber wir kennt schon: Den „Tanz mit und um den Bagger“? In Münster konnte man ihn heute kennenlernen, und zwar beim Flurstücke-Festival 2015, über das ich schon heute morgen berichtet hatte (vgl. hier: In Münster ist was los: Flurstücke, oder: Gesichter in einer Stadt). Heute Nachmittag dann u.a. TRANSPORTS EXCEPTIONNELS | Beau Geste | Val de Reuil. Interessierte mich als Verkehrsrechtlicher natürlich besonders. Die Vorankündigung:

„Ein Mann und sein Bagger. Auf der Baustelle keine überraschende Paarung. Aber Philippe Priasso ist kein Bauarbeiter. Sondern Tänzer. Und der 13-Tonnen-Koloss, mit dem er sich auf offener Straße trifft, hebt keine Gruben aus. Sondern wird sein Partner in einem Pas de deux, wie man noch keinen gesehen hat. „Transports Exceptionnels“ heißt die Mensch-Maschine-Performance der französischen Compagnie Beau Geste. Die hat schon quer durch Europa große und kleine Zuschauer mit ihren Bagger-Pirouetten in Verzückung versetzt. Priasso, weißes Hemd, schwarze Hose, verneigt sich formvollendet vor dem stählernen Riesen und bittet zum Tanz. Der erwidert die Geste gern und reicht den Schaufelarm. Habe die Ehre. Selten war ein Geschöpf mit Zündschlüssel so lebendig….

war vielversprechend. Und sie hat gehalten, was sie versprochen hat.

Hier ein paar Bilder:

 

Bagger 2

Bagger 2

 

Bagger 4

Bagger 4

 

Bagger 5

Bagger 5

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Und noch besser erkennen kann man es auf dem Video: