Archiv für den Monat: April 2015

Ein Hauptverhandlungstag/Woche reicht nicht, oder: Wenn ein LG es besser kann als ein OLG

© Birgit Reitz-Hofmann - Fotolia.com

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Es gibt sie – „schöne Beschlüsse“ aus Dresden. Über einen weniger „schönen“ des OLG Dresden hatte ich ja neulich erst berichtet müssen (vgl. den OLG Dresden, Beschl. v. 23.12.2014 – 2 Ws 542/14 und dazu Freibrief/Freilos – Erstaunliches zur U-Haft-Fortdauer vom OLG Dresden und dazu dann noch der VerfGH Sachsen, Beschl. v. 26.02.2015 – Vf. 7-IV-15 (EIS) mit Freibrief/Freilos – Erstaunliches zur U-Haft-Fortdauer aus Sachsen – II). Heute dann auch zu einer Haftfrage der LG Dresden, Beschl. v. 30.03.2015 – 4 Qs 25/15, ein „schöner“ Beschluss. Er verhält sich u.a. zur Frage der Verletzung des Beschleunigungsgebotes durch das AG Dresden. Das hatte in einem Verfahren wegen gewerbs- u. bandenmäßigen Fälschens von Zahlungskarten mit Garantiefunktion u.a. nach Auffassung des LG nicht ausreichend „hautpverhandelt“. Die Beschlussgründe sprechen m.E. für sich, wenn es heißt:

…. Durch Beschluss des Oberlandesgerichts Dresden vom 25.11.2014 wurde bei der gesetzlichen Haftprüfung im Sinne der §§ 121, 122 StPO die Fortdauer der Untersuchungshaft bei beiden Angeklagten angeordnet. Das bei Haftsachen zu beachtende Beschleunigungsgebot wurde u.a. auch deshalb als gewahrt angesehen, da der Vorsitzende des Schöffengerichts in Absprache mit den Verteidigern bereits Hauptverhandlungstermin auf den 21.01.2015 festgesetzt hatte. An diesem Hauptverhandlungstag, bei dem die Strafsache zwischen 13:33 Uhr und 14:55 Uhr verhandelt wurde, wurden keine Zeugen geladen. Auch der weitere Fortsetzungstermin am 10.02.2015 war erkennbar als sogenannter Schiebetermin geplant und war ausweislich des Protokolls nur von 15-minütiger Verhandlungsdauer. Gleiches gilt für den dritten Fortsetzungstermin am 03.03.2015, bei dem ebenfalls keine Zeugen gehört sondern im Wesentlichen nur Bestandteile der Akte in Augenschein genommen wurden. Auch dieser Termin erstreckte sich über lediglich 15 Minuten. Erst am weiteren Fortsetzungstermin am 13.03.2015 wurde erstmals eine Polizeibeamtin als Zeugin gehört, wobei sich die Verhandlung über einen Zeitraum von 2 Stunden und 25 Minuten – einschließlich einer Sitzungsunterbrechung von 35 Minuten – erstreckte. In diesem Hauptverhandlungstermin stellten die beiden Verteidiger der Angeklagten, die Rechtsanwälte pppp. und pppp. jeweils Antrag auf Aufhebung des Haftbefehls. Durch Beschluss des Amtsgerichts Dresden, der noch in der Hauptverhandlung verkündet wurde, wurden die Anträge jeweils abgelehnt. Zur Begründung wurde hierbei folgendes ausgeführt: „Nach der bis her durchgeführten Beweisaufnahme besteht weiterhin dringender Tatverdacht. Auf Beschluss des Landgerichts Dresden vom 22.10.2014 wird Bezug genommen. Das Verfahren wurde, soweit es die Terminplanung mit den Verteidigern ermöglichte, zügig bearbeitet. Krankheitsbedingte Ausfälle der Zeugen sind nicht vom Gericht zu verantworten. In Anbetracht der Straferwartung im Falle einer Verurteilung ist die Aufrechterhaltung des Haftbefehls und Fortdauer der Untersuchungshaft zu beiden Angeklagten derzeit verhältnismäßig.“  …..

Die Haftbeschwerden sind zulässig und sind auch in der Sache begründet……

Darüber hinaus liegt zugleich auch eine Verletzung des Beschleunigungsgebotes vor. Zwar hat das Amtsgericht mit dem ersten Hauptverhandlungstermin am 21.01.2015 dem Beschleunigungsgebot noch genügt. Nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichts reicht eine Verhandlungsdichte von durchschnittlich einem oder knapp über einem Verhandlungstag pro Woche jedenfalls dann nicht mehr aus, wenn die Untersuchungshaft schon lange andauert bzw. an einzelnen Verhandlungstagen nur kurz verhandelt wird. Das Beschleunigungsgebot ist jedenfalls dann nicht mehr gewahrt, wenn die in Haftsachen gebotene Terminierungsdichte nicht annähernd eingehalten wird und es sich bei den bislang stattgefunden Hauptverhandlungsterminen seit dem 21.01.2015 – wie dargestellt – überwiegend um sogenannte Schiebetermine gehandelt hat, mit denen nur ein äußerst geringer Verfahrensfortschritt erzielt werden konnte. Es kommt hinzu, dass die weiteren geplanten Hauptverhandlungstermine (07.04., 28.04. und 12.05.2015) mit dem Beschleunigungsgebot in Haftsachen nicht mehr in Übereinstimmung gebracht werden können. Dies gilt umso mehr, da sich die Angeklagten derzeit bereits mehr als 10 Monate ununterbrochen in Untersuchungshaft befinden.“

Weniger schön für das AG im Übrigen auch die Ausführungen des LG zur Nichtabhilfeentscheidung:

„Vorliegend enthält weder die Nichtabhilfeentscheidung noch der Beschluss vom 13.03.2015 eine – wenn auch noch so rudimentäre – Auseinandersetzung mit dem bisherigen Ergebnis der Beweisaufnahme….

Dies gilt umso mehr, da die Nichtabhilfeentscheidung des Amtsgerichts jegliche Auseinandersetzung mit den in den beiden Beschwerdeschriftsätzen vorgetragenen Umständen vermissen lässt.

Ach so. Nein, ich habe kein „O“ vergessen, es ist „nur“ ein LG Beschluss, aber manchmal können die es besser als ein OLG 🙂 .

Edathy und die Folgen: Keine Geldbuße – vom AG Bochum – mehr für den Kinderschutzbund!

© mpanch - Fotolia.com

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Für Sebastian Edathy mag das Strafverfahren gegen ihn ein Ende gefunden haben. Er hat die Geldauflage von 5.000 € gezahlt und das Verfahren ist dann vom LG Verden endgültig eingestellt worden (vgl. hier). Noch nicht zu Ende ist das Verfahren – im übertragenen Sinn – allerdings wohl für den Kinderschutzbund. Wir erinnern uns: Der hatte die Entgegennahme der Geldbuße abgelehnt. Begründung: Die Einstellung des Verfahrens sei ein „fatales Signal“, es entstehe so der Eindruck, dass es möglich sei, sich von Vergehen gegen Kinder freikaufen zu können. Das entsprach so ungefähr dem Meinungsbild an vielen Stellen.

Nun: Unter dieser Entscheidung hat der Kinderschutzbund jetzt/in Zukunft dann wohl zu leiden. Die WAZ berichtet nämlich über den (von mir sehr geschätzten) Kollegen Dr. Deutscher beim AG Bochum, und zwar unter der Überschrift: „Richter schneidet Kinderschutzbund von Geldauflagen ab„.  Der Kollege Dr. Deutscher hat danach in einem Verfahren wegen Kinderpornografie einen Antrag der Staatsanwältin abgelehnt, „eine finanzielle Bewährungsauflage an den Kinderschutzbund fließen zu lassen. „Der kriegt von mir nichts mehr. So ein unprofessionelles Verhalten habe ich selten erlebt. Das hat mich umgehauen.

Ich bin gespannt, ob das Schule macht. Dann könnte es für den Kinderschutzbund teuer werden. Verstanden habe ich die Entscheidung im Verfahren Edathy übrigens auch nicht. Man kann lange darüber diskutieren, ob es richtig ist, solche Verfahren einzustellen. Nur: Die Entscheidung war gefallen, so dass sich für mich die Frage des Freikaufens nicht (mehr) stellte. Und § 153a StPO macht nun mal keine Einschränkungen dahin, dass bestimmte Verfahren nicht gegen Zahlung einer Geldbuße eingestellt werden können.

Telefonische Zeugenbefragung – unterbricht nicht die Verjährung

© reeel - Fotolia.com

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Schon etwas älter ist eine Entscheidung des OLG Köln, die in den 80-ziger Jahren sich mit den Folgen einer telefonischen Zeugenbefragung im Bußgeldverfahren befasst und die Verjährungsunterbrechung verneint hat. Das OLG Bamberg hatte jetzt dieselbe Problematik zu entscheiden. Es hat die Unterbrechung der Verjährung im OLG Bamberg, Beschl. v. 02.03.2015 – 2 Ss OWi 13/15 ebenfalls verneint:

„b) Mit Verfügung vom 13.02.2014 hob die Tatrichterin diesen Hauptverhandlungstermin „von Amts wegen“ ersatzlos auf. Desweiteren fand offenbar am selben Tag ein Telefongespräch (möglicherweise auch zwei Telefongespräche) der Tatrichterin mit dem Zeugen N. statt, in dem dieser ausweislich zweier von der Tatrichterin jeweils unter dem 13.02.2014 gefertigter Aktenvermerke mitteilte, er habe seinen Aufenthalt in Spanien und könne bzw. werde nicht kommen. Seine Adresse teilte der Zeuge nicht mit, wohl aber zwei Telefonnummern. Einer der gefertigten Aktenvermerke der Tatrichterin enthält […] zum Inhalt des Telefongespräches […] noch folgende Ausführungen: „Nach Belehrung erklärt der Zeuge: Ja ich bin mit dem weißen PKW gefahren. Vor mir war ein Passat und ein BMW. Die wurden angehalten und fuhren raus. Ich dachte ich soll auch raus. Das war aber nicht so. Im Passat war eine junge Frau, im BMW ein junger Mann. Ich bin nicht in einer Kolonne hinter diesen hergefahren. Es war nicht mein Pkw. Habe ihn nicht in V. abgeholt. Ich war unterwegs in B., nicht in V. an diesem Tag.“

…..

Das offenbar am 13.02.2014 mit dem Zeugen N. geführte Telefongespräch , in dem dieser „nach Belehrung“ Erklärungen (anscheinend) im Zusammenhang mit der verfahrensgegenständlichen Tat und betreffend den Fahrer des Tatfahrzeugs abgab, unterbrach nicht die Verjährung gemäß § 33 I 1 Nr. 2 OWiG. Die in der Strafprozessordnung nicht vorgesehene telefonische Befragung des Zeugen durch den Tatrichter bzw. die Tatrichterin kann einer förmlichen richterlichen Zeugenvernehmung nicht gleichgesetzt werden (vgl. OLG Köln, Beschl. v. 23.01.1979 – Ss 1067/78 = DAR 1980, 55). § 33 I 1 Nr. 2 OWiG spricht ausdrücklich von einer „richterlichen Vernehmung“ eines Zeugen; eine solche richterliche Zeugeneinvernahme hat dann aber im Rahmen der hierfür gesetzlich vorgegebenen Bestimmungen zu erfolgen. Eine hierüber hinausgehende Auslegung des Begriffs der richterlichen Vernehmung eines Zeugen hält der Senat aus Gründen der Rechtssicherheit weder für möglich noch für geboten (zumal bei Kenntnis vom voraussichtlichen Nichterscheinen des Zeugen zum Termin eine Verjährungsunterbrechung durch schlichte Terminsverlegung problemlos hätte erfolgen können; vgl. KK/Graf OWiG 4. Aufl. § 33 Rn. 89).“

Aprilscherz – 25 Ideen für harmlose Streiche

© Daniel Ernst - Fotolia.com

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Nun haben wir schon wieder den 1. April- das Jahr ist schon fast wieder rum 🙂 . Und wie in fast jedem Jahr auch in diesem Jahr ein themenbezogenes Posting zum 1. April. Aber so ganz einfach ist das gar nicht, etwas Nettes zu finden. Leider hat mir weder die Suche bei Juris mit dem Keyword „Aprilscherz“ etwas Vernünftiges gebracht und auch das gesamte WWW war etwas mau, nachdem ich im vorigen Jahr den Aprilscherz des Bundeskanzleramtes gefunden hatte. Aber man kann ja nicht immer so viel Finderglück haben.

Letztlich blieb dann nur der Weg – na? – eben, nämlich zu Youtube – und da waren dann die 25 harmlosen Streiche in der nachfolgenden Datei ganz nett.