Archiv für den Monat: Januar 2015

Eine Verkehrsschild ist ein Verkehrsschild, und es gilt, basta

© Gooseman - Fotolia.com

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Ein Verkehrsschild ist ein Verkehrsschild, und es gilt und ist zu beachten, basta, auch wenn es möglicherweise nicht mehr wirksam ist. Etwa so lässt sich der OLG Düsseldorf, Beschl. v. 07.11.2014 – IV-2 RBs 115/14 – überschreiben, in dem es um die (weitere) Wirksamkeit von Verkehrsschildern auf einer BAB ging, deren Wirksamkeit nicht verlängert worden war.

Die als Aufklärungsrüge erhobene Rüge der Ablehnung des Antrages auf Einholung einer Auskunft der „Landesbehörde Straßen NRW“ (Landesbetrieb Straßenbau Nordrhein-Westfalen) ist nicht begründet. Der Antrag ist als Beweisantrag vom Amtsgericht behandelt und mit der Begründung abgelehnt worden, ein Verkehrszeichen sei auch dann verbindlich, wenn die ursprüngliche Anordnung nicht verlängert bzw. widerrufen worden sei. Das Amtsgericht hat sich damit ohne Rechtsfehler zum Nachteil des Betroffenen auf den Ablehnungsgrund der Bedeutungslosigkeit der zu beweisenden Tatsache gestützt (§§ 71 Abs. 1 OWiG, 244 Abs. 3 Satz 2, 2. Variante, StPO). Zutreffend ist das Amtsgericht dabei auch von der Verbindlichkeit eines aufgestellten Verkehrsschildes unbeschadet der etwaigen verwaltungsgerichtlichen Anfechtbarkeit der daraus hervorgehenden Anordnung ausgegangen.

Von der Straßenverkehrsbehörde aufgestellte Vorschriftzeichen sind Verwaltungsakte in Form einer Allgemeinverfügung (st. Rspr.; BVerwG, NJW 1980, 1640). Ein fehlerhafter Verwaltungsakt ist zwar im Verwaltungsrechtsweg anfechtbar, aber grundsätzlich bis zu seiner Aufhebung zu befolgen. Unwirksam ist ein Verwaltungsakt nur, wenn er nichtig ist (§§ 43 Abs. 3, 44 VwVfG). Ein Verwaltungsakt ist nach § 44 Abs. 1 VwVfG nichtig, soweit er an einem besonders schwerwiegenden Fehler leidet und dies bei verständiger Würdigung aller in Betracht kommenden Umstände offenkundig ist, darüber hinaus nur unter den Voraussetzungen des § 44 Abs. 2 VwVfG (vgl. auch OLG Düsseldorf NZV 1991, 204 m.w.N.). Die Beweisbehauptung aus dem abgelehnten Antrag, nämlich dass die Entfernung der Schilder nach Beendigung einer Baustelle vergessen worden sei, füllt die Voraussetzungen des § 44 VwVfG jedoch nicht aus.

Die Frage der möglichen Rechtswidrigkeit der Anordnung war auch für die Beurteilung der Schuldform ohne Bedeutung. Auf die optischen Wahrnehmungen und das Wissen des Betroffenen von der vorhandenen Beschilderung hat die Frage der Rechtswidrigkeit der Anordnung keinerlei Auswirkung. Dass der Betroffene – aufgrund eines vermeidbaren Rechtsirrtums (Verbotsirrtums) – zur Tatzeit davon ausgegangen wäre, dass die Anordnung aus der vorhandenen Beschilderung nicht zu befolgen gewesen wäre, was im Übrigen ohne Auswirkung auf die vom Amtsgericht angenommene vorsätzliche Begehung der Ordnungswidrigkeit bliebe (vgl. § 11 OWiG), macht er mit der Rechtsbeschwerde nicht geltend.

Schließlich ist die Frage der Rechtswidrigkeit auch kein zwingend bei der Zumessung der Rechtsfolgen zu berücksichtigender Aspekt gewesen. Auf die erhobene Rechtsbeschwerde ist die vom Tatrichter vorgenommene Zumessung der Rechtsfolgen nur eingeschränkt dahin zu prüfen, ob die Zumessungserwägungen in sich fehlerhaft sind, der Tatrichter von einem falschen Sanktionsrahmen ausgegangen ist oder die ihm – hinsichtlich der Bemessung der Geldbuße nach § 17 Abs. 3 und 4 OWiG – obliegende Pflicht zur Abwägung der für und gegen den Täter sprechenden Umstände verletzt, insbesondere rechtlich anerkannte Sanktionszwecke nicht beachtet hat, sich von Gesichtspunkten hat leiten lassen, die der Zumessung der Rechtsfolgen nicht zugrunde gelegt werden dürfen, oder ob sich die Rechtsfolge so weit nach oben oder unten von ihrer Bestimmung löst, gerechter Schuldausgleich zu sein, dass sie nicht mehr innerhalb des Spielraums liegt, der dem Tatrichter bei ihrer Zumessung eingeräumt ist (OLG Düsseldorf NStZ 1988, 325 m.w.N.). Die dadurch gezogenen Grenzen hat das Amtsgericht mit der Außerachtlassung des Aspekts der möglichen Rechtswidrigkeit der Anordnung über die Höhe der zulässigen Höchstgeschwindigkeit nicht überschritten. Unbeschadet der vom Senat hier nicht zu entscheidenden Frage, ob der Verstoß gegen eine rechtswidrige, aber zu befolgende Anordnung über eine zulässige Höchstgeschwindigkeit regelmäßig ein solch geringeres Gewicht beizumessen ist, dass dies eine minderschwere Sanktion rechtfertigt oder sogar erzwingt, war das Amtsgericht im hier vorliegenden Einzelfall unter Berücksichtigung aller übrigen in die Abwägung eingestellten Aspekte, insbesondere der erheblichen verkehrsrechtlichen Vorbelastung des Betroffenen jedenfalls nicht zur Meidung eines Rechtsfehlers gezwungen, diesen Gesichtspunkt mildernd zu berücksichtigen.“

Ok, so weit h.M. im Verkehrsrecht. Allerdings meine ich, dass man bei den Rechtsfolgen die Frage vielleicht doch hätte berücksichtigen müssen. Denn es handelt sich letztlich ja nur um formelles Handlungsunrecht dar. Also hätte man die Frage, ob nicht ggf. außergewöhnliche Tatumstände (vgl. § 1 Abs. 2 Satz 2 BKatV) vorliegen diskutieren und ggf. von den Regelfolgen abweichen können.

Lösung zu: Ich habe da mal eine Frage: Bekomme ich im Adhäsionsverfahren auch eine Terminsgebühr?

© haru_natsu_kobo Fotolia.com

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Freitag hatte ich gefragt: Ich habe da mal eine Frage: Bekomme ich im Adhäsionsverfahren auch eine Terminsgebühr?. Hier dann die Antwort:

Ich musste den Kollegen enttäuschen. M.E. gibt es im sog. „isolierten Adhäsionsverfahren“ keine Terminsgebühr, wenn der Rechtsanwalt an einem Termin teilnimmt. Die Vorbem. 4.3 Abs. 2 VV RV G enthält eine konkrete Verweisung auf die Nrn. 4143 ff. VV RVG. Bei den Gebühren Nr. 4143 VV handelt es sich nach der Legaldefinition um eine „Verfahrensgebühr“. Honoriert wird also das „Betreiben des Geschäfts“ i.S. von Vorbem. 4 Abs. 2 VV RVG.  Bach den allgemeinen Regeln werden also alle mit einem Adhäsionsverfahren oder der Verfolgung/Abwehr vermögensrechtlicher Ansprüche zusammenhängende Tätigkeiten des Rechtsanwalts. Damit sind auch die Tätigkeiten abgegolten, die der Rechtsanwalt ggf. im Hinblick auf das Adhäsionsverfahren oder die vermögensrechtlichen Ansprüche in einem (erstinstanzlichen) Hauptverhandlungstermin und zu dessen Vorbereitung erbringen muss. Das entspricht dem Charakter dieser Gebühr als Pauschgebühr (Vorbem. 4.1 Abs. 2 Satz 1 VV RVG). Eine „besondere Gebühr“ ist in Nr. 4145 VV RVG nur vorgesehen für die sofortige Beschwerde nach § 406a StPO gegen einen nach § 406 Abs. 5 Satz 2 StPO ergangenen Beschluss, nicht aber für Tätigkeiten in einem Termin.

Der Kollege hat es mit Fassung getragen, er hatte es ja schon befürchtet.

Schneckenpost in Beschwerdeverfahren? – Nein, das KG treibt zur Eile

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Ganz gut zum BVerfG, Beschl. v. 02.12.2014 – 1 BvR 3106/09 (vgl. dazu Schneckenpost aus Karlsruhe – das BVerfG schafft 1,75 Worte/Tag) passt der KG, Beschl. v. 27.10.2014 – 2 Ws 360/14. In ihm geht es auch um eine Art „Schneckenpost“, so dass ich das Posting zu diesem Beschluss der Entscheidung des BVerfG gleich hinterher schicke. Und zwar um „Schneckenpost“, wenn es um die Vorlage einer Beschwerde beim Beschwerdegericht geht. Da sieht § 306 Abs. 2 StPO eine 3-Tagesfrist vor, innerhalb der die Akten vorzulegen sind. Die Frist wird in Strafverfahren häufig übersehen – ob bewusst oder unbewusst lassen wir mal dahingestellt. Das KG hat jetzt – wie auch schon früher andere OLG – die Einhaltung dieser Frist, vor allem in Haftsachen, mit deutlichen Worten eingefordert. Dazu aus dem Beschluss mit dem zugrundeliegenden Sachverhalt

„Nachdem der Verteidiger gegen das Urteil des Landgerichts Revision eingelegt hatte, erhob er mit Schriftsatz vom 31. August 2014 Haftbeschwerde, die noch am selben Tag beim Landgericht einging. Darin wies er u.a. darauf hin, dass die Untersuchungshaft unverhältnismäßig lang andauere und der Haftbefehl deshalb aufzuheben sei. Das Landgericht fasste eine Nichtabhilfeentscheidung jedoch erst am 10. September 2014; beim Kammergericht ging die Beschwerde mit einem Beschwerdeband gar erst am 21. Oktober 2014, mithin erst 51 Tage später ein. Im  Einzelnen:

 Am 10. September 2014 vermerkte der Strafkammervorsitzende, dass die Akte wegen der eingelegten Revision zur Staatsanwaltschaft übersandt worden sei und er der Haftbeschwerde nicht abhelfe; zugleich verfügte er unter „Haftbeschwerde Eilt sehr“ die Übersendung des Schriftsatzes an die Staatsanwaltschaft. Ob die – schon bis dahin – schleppende Bearbeitung der Haftbeschwerde auf einer verspäteten Vorlage des Schriftsatzes durch die Geschäftsstelle des Landgerichts oder auf einer zögerlichen Bearbeitung des Vorsitzenden beruht, lässt sich dem Beschwerdeband nicht entnehmen. Gleiches gilt für den Zeitpunkt, zu der der Aktenband bei der Staatsanwaltschaft einging. Fest steht hingegen, dass am 1. Oktober 2014 – mithin mehr als einem Monat nach Eingang der Beschwerde beim Landgericht – die dort zuständige Staatsanwältin vermerkte, dass die ihr bislang unbekannten Akten nach Dezernatswechsel am 30. September 2014 erstmals vorgelegen hätten. Da jedenfalls ausweislich eines Eintrags in MESTA die Akten beim Landgericht seien, verfügte sie zunächst die Rücksendung des Beschwerdebandes an das Landgericht, um diesen vervollständigen zu lassen. Da sich diese Verfügung und der Eingang der Sachakten gekreuzt hatten, verfügte sie am 2. Oktober 2014 die Fertigung von Ablichtungen aus den Sachakten (u.a. der Nichtabhilfeentscheidung). Dies geschah indes erst am 7. Oktober 2014, obwohl die Verfügung mit „Eilt! Haft! Sofort!“ überschrieben war. An diesem Tag verfügte die Staatsanwältin sodann die Übersendung an die Generalstaatsanwaltschaft, wo der Beschwerdeband am 10. Oktober 2014 einging und mit Stellungnahme an den Senat weitergeleitet worden ist (Eingang hier am 21. Oktober 2014).

Eine solche Verfahrensweise lässt sich mit § 306 Abs. 2 StPO nicht in Einklang bringen. Hiernach ist nach Eingang einer Beschwerde eine (Nicht-) Abhilfeentscheidung zu treffen. Wird der Beschwerde nicht abgeholfen, ist diese „spätestens vor Ablauf von drei Tagen dem Beschwerdegericht vorzulegen“. Der Umstand, dass es sich bei der genannten Regelung allein um eine „Soll-Vorschrift“ handelt (vgl. KG, Beschluss vom 3. Juli 2000 – 3 Ws 303/00 – [juris]; Meyer-Goßner/Schmitt, StPO 57. Aufl. § 306 Rdn. 11; Zabeck in KK, 7. Aufl. § 306 Rdn. 18), darf nicht dazu verleiten, eine Beschwerde erst mit erheblicher Verzögerung an das Beschwerdegericht weiterzuleiten (so auch OLG Naumburg, Beschluss vom 8. August 2000 – 1 Ws 359/00 – [juris]). Vielmehr stellt die unverzügliche Weiterleitung der Beschwerde nach dem Willen des Gesetzgebers den Regelfall, deren Nichteinhaltung hingegen die Ausnahme dar. Die Frist beginnt auch nicht erst mit der Nichtabhilfeentscheidung, sondern bereits mit dem Eingang der Beschwerde beim Gericht (vgl. Zabeck in KK a.a.O.; Meyer-Goßner/Schmitt a.a.O.). Da sich die Vorschrift nach ihrem Wortlaut an den

Erstrichter wendet, beschreibt sie, bis wann die Vorlage der Beschwerde anzuordnen ist, nicht hingegen den Zeitpunkt bis zum Eingang der Beschwerde beim Beschwerdegericht (vgl. Matt in Löwe/Rosenberg, StPO 26. Aufl. § 306 Rdn. 23).

Auch wenn die Regelung vordergründig nur die Verfahrensweise bis zur Anordnung der Weiterleitung der Akten beschreibt, darf sie nicht dahin missverstanden werden, dass die nachfolgende – die Anordnung ausführende – Übermittlung der Beschwerde samt Akten nunmehr zögerlich erfolgen dürfte. Denn Ziel des § 306 Abs. 2 Halbsatz 2 StPO ist es, dem Obergericht eine möglichst rasche Entscheidung über die Beschwerde zu ermöglichen. Die einfachgesetzliche Regelung stellt daher eine spezielle Ausprägung des Beschleunigungsgrundsatzes dar (vgl. Matt in Löwe/

Rosenberg a.a.O. Fn. 71). Der mit einer frühzeitigen Nichtabhilfeentscheidung erreichte Zeitgewinn würde aber zunichte gemacht werden, wenn die anschließende Weiterleitung der Akten und die Bearbeitung der Beschwerde verspätet erfolgen würde. Mithin gebieten Sinn und Zweck des § 306 Abs. 2 Halbsatz 2 StPO ebenso wie der allgemeine Beschleunigungsgrundsatz – auch nach Erlass der Nichtabhilfeentscheidung – eine insgesamt vorrangige Bearbeitung des Beschwerdeverfahrens. Dies gilt umso mehr, wenn Gegenstand der Beschwerde eine Entscheidung ist, mit der ein Eingriff in die Rechte des Art. 2 Abs. 2 Satz 2 GG verbunden ist. Eine Überschreitung der Dreitagesfrist kann hingegen dann zulässig sein, wenn der Beschwerdeführer gegenüber dem iudex a quo weiteren Vortrag angekündigt hat und mit einer dadurch verursachten Verzögerung des Verfahrens einverstanden ist; gleiches kann gelten, wenn zur Bearbeitung der Beschwerde weitere kurzfristige Ermittlungen erforderlich erscheinen (vgl. OLG München NJW 1973, 1143; Matt in Löwe/Rosenberg a.a.O.; a.A. Meyer-Goßner/Schmitt a.a.O.).

306 Abs. 2 StPO ist keine bloße Ordnungsvorschrift. Sie regelt zwar nicht, welche Folge eine Fristüberschreitung nach sich zieht. Doch darf weder daraus noch aus ihrem Charakter als „Soll-Vorschrift“ geschlossen werden, dass eine Fristüberschreitung ausnahmslos folgenlos bleiben müsste. Jedenfalls bei erheblichen Fristüberschreitungen ist vorstellbar, dass der damit einhergehende Verstoß gegen den Beschleunigungsgrundsatz einer Beschwerde (mit) zum Erfolg verhelfen kann (offen gelassen vom OLG Naumburg, Beschluss vom 8. August 2000 – 1 Ws 359/00 – [juris]).

Die Voraussetzungen waren im vom KG entschiedenen Fall nicht gegeben – noch nicht? Jedenfalls aber ein deutlicher Hinweis und eine Entscheidung, die sich m.E. die Instanzgerichte hinter den sprichwöttlichen „Spiegel stecken“ sollten, wenn es um die Vorlage von Beschwerden geht. Und nicht nur die Gerichte, sondern auch die Staatsanwaltschaften.

Schneckenpost aus Karlsruhe – das BVerfG schafft 1,75 Worte/Tag

© Elena Schweitzer - Fotolia.com

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Was ist an dem BVerfG, Beschl. v. 02.12.2014 – 1 BvR 3106/09 – so interessant, dass ich ihn hier im Blog bringe und er ja auch schon in anderen Blogs „gelaufen“ ist? Ist es die vom BVerfG in einem Zivilverfahren entschiedene Frage zu Rechtsmitteln in Zusammenhang mit richterlichen Mitteilungen aus dem Verfahren an nichtverfahrensbeteiligte Dritte, die zu dem Leitsatz:

„Die richterliche Mitteilung von Informationen an nichtverfahrensbeteiligte Dritte ist nicht allein deshalb eine der Rechtsschutzgarantie des Art. 19 Abs. 4 GG entzogene spruchrichterliche Tätigkeit, weil sie aus einem laufenden Rechtsstreit heraus erfolgt.“

geführt hat? Das OLG Düsseldorf hatte einen Antrag des Beschwerdeführers, der sich gegen die Übersendung eines OLG-Beschlusses aus einer familienrechtlichen Akte an den Dienstherrn gewandt hatte, als unzulässig angesehen und das Verfahren nach den §§ 23 ff. EGGVG verneint. Zur Begründung hatte es sich auf die richterliche Unabhängigkeit des Amtsrichters, der die Auskunft erteilt hatte, bezogen. Auch § 299 ZPO hatte das OLG als nicht einschlägig angesehen. So weit, so gut – das BVerfG hat das anders gesehen und unter Hinweis auf Art. 19 Abs. 4 GG einen wirkungsvollen Rechtsschutz eingefordert.

Aber das macht die Entscheidung für einen Strafrechtler m.E. nicht so interessant, zumal die Fragen im Strafrecht in den §§ 474 ff. StPO auch hinsichtlich der Rechtsmittel einigermaßen geklärt sind. Nein, interessant finde ich den zeitlichen Ablauf in dem Verfahren. Und zwar:

Der angegriffene Beschluss des OLG Düsseldorf datiert vom 25.11.2009 (ja, 2009 – kein Schreibfehler). Wann er dem Beschwerdeführer zugestellt worden ist und wann der Verfassungsbeschwerde eingelegt hat, kann man dem Beschluss nicht entnehmen. Aber es muss noch 2009 gewesen sein, da der Beschluss ein Aktenzeichen aus 2009 trägt. Ergangen ist die Entscheidung des BVerfG am 02.12.2014 (ja, 2014 – auch das ist kein Schreibfehler). Der Einfachheit halber kann man sagen, also wahrscheinlich genau oder fast genau 5 Jahre (ja, auch kein Schreibfehler) nach Erlass der Entscheidung und/oder Eingang der Verfassungsbeschwerde. Das sind also rund 1.825 Tage, die das BVerfG für diese Entscheidung gebraucht hat.

Die Statistik bei Word sagt mir, dass der Beschluss 347 Zeilen, 3.208 Worte, 20.426 Zeichen und 23.635 Buchstaben mit Leerzeichen hat. Das bedeutet: Das BVerfG hat pro Tag

  • 0,19 Zeilen,
  • ca. 1,75 Worte,
  • 11,20 Zeichen und/oder
  • 12,95 Buchstaben mit Leerzeichen

geschrieben. Daraus folgt z.B., dass man für das Wort „Bundesverfassungsgericht“, das 24 Buchstaben hat, rund zwei Tage gebraucht hat. Und das in einem Verfahren, in dem es um „wirkungsvollen Rechtsschutz“ geht. Da fragt man sich dann, jedenfalls frage ich mich, ob da nicht der „wirkungsvolle Rechtsschutz“ ad absurdum geführt wird, wenn man dem Beschwerdeführer nach fünf Jahren bescheinigt, dass ihm nicht ausreichender Rechtsschutz gewährt worden ist. Und da ist m.E. der Begriff „Schneckenpost“ berechtigt, oder?

Ich weiß, ich weiß. Das BVerfG ist überlastet. Das zeigt ja hier auch das Aktenzeichen – „3106/09“ -, also mehr als 3.000 Verfahren  beim 1. Senat des BVerfG im Jahr 2009. Aber ist man so überlastet, dass man für 3.208 Worte fünf Jahre braucht? Ich wage, da leichte Zweifel anzubringen. M.E. heben solche Abläufe wie in 1 BvR 3106/09 auch nicht unbedingt die Bereitschaft der Instanzgerichte, Entscheidungen des BVerfG anzuerkennen, wenn sie vom BVerfG, z.B. im Strafverfahren wegen Verletzung des Beschleunigungsgrundsatzes in Haftsachen,  gerügt werden. Also etwas schneller könnte/sollte es schon gehen.

Sonntagswitz: Heute mal wieder zu Juristen

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Ich habe länger nichts mehr zu Juristen gebracht, alsos heute mal wieder – auch wenn die Witze zum Teil schon älter sind.

zunächst ein Link: Darüber lachen Anwälte


Der Angeklagte fragte seinen Rechtsanwalt, wie lange die ganze Angelegenheit wohl dauern werde.
Anwalt: „Für mich drei Stunden und für Sie vermutlich drei Jahre…“


Und dann noch etwas mit gebühremrechtlichen Einschlag:

Ein Arzt und ein Rechtsanwalt unterhalten sich auf dem Tennisplatz.
Der Arzt zum Rechtsanwalt: „Sag mal, überall wo ich privat Leute treffe, wollen die einen Ratschlag von mir hören. Wie gehst Du denn mit so etwas um?“

Der Rechtsanwalt antwortet: „Probier´ doch mal folgendes: Schick einfach jedes Mal, wenn Du einen Ratschlag gegeben hast, eine Arztrechnung. Du wirst sehen, das hört schlagartig auf.“
Was hat der Arzt am nächsten Tag im Briefkasten?
Richtig. Eine Rechnung.


und dazu dann noch einen:

Der Staatsanwalt während der Verhandlung zum Pflichtverteidiger: „Herr Verteidiger, das sind ganz billige Argumente!“
Darauf der Rechtsanwalt: „Niemand bedauert das mehr als ich, glauben Sie mir, Herr Staatsanwalt!“