Archiv für den Monat: Oktober 2014

Auch aus einem Jaguar mit Rückfahrkamera ist „Rücksicht“ angesagt….

entnommen wikimedia.org Urheber Klugschnacker

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Es ist ja schon in einigen anderen Blogs über das AG Hannover, Urt. v. 27.05.2014 – 438 C 1632/14 – berichtet worden. Bei uns läuft es erst heute – im „Kessel Buntes“ – dafür aber mit Volltext :-). Nun ja, so ganz viel Neues enthält das Urteil nicht.

Zum Sachverhalt: Der Kläger ist Halter eines Pkw Jaguar, ,mit dem seine Ehefrau in ein Parkhaus fuhr. Sie fuhr dort rückwärts in einen Einstellplatz ein. Auf der Rückseite war dieser Parkplatz begrenzt durch einen quer verlaufenden Lüftungsschacht. Die Unterkante des Luftschachts war mit einer rot-weißen Banderole beklebt. Von dem Lüftungsschacht steht eine etwa 5 cm breite Metallschiene ab. Diese befindet sich etwa auf der Mitte des Parkplatzes. Diese Metallschiene ist nicht mit rot-weißem Klebeband ummantelt. Beim Rückwärtseinparken übersah die Ehefrau des Klägers diese Metallnase und stieß mit der oberen Kofferraumkante gegen das Metallteil. Der Kläger machte seinen Schaden bei dem Parkhaus geltend und hat behauptet, das Hindernis sei weder in der Rückfahrkamera noch beim Rückwärtsfahren zu sehen gewesen.. Das AG hat die Klage abgewiesen und begründet das wie folgt:

Insbesondere steht dem Kläger kein Anspruch aus § 823 Abs. 1 BGB wegen Verletzung einer Verkehrssicherungspflicht zu. Die Verkehrssicherungspflicht verletzt, wer eine von ihm geschaffene oder unterhaltene Gefahrenquelle nicht mit den notwendigen und zumutbaren Vorkehrungen soweit absichert, als dadurch Schäden anderer verhindert werden. Eine solche Verletzung der Verkehrssicherungspflicht ist der Beklagten nicht vorzuwerfen. Die in Rede stehende Gefahrenquelle ist vorliegend der mit Metallstreben aufgehängte Lüftungsschacht, der eine rückwärtige Begrenzung des Parkplatzes darstellt. Diese Gefahrenquelle hat die Beklagte gesichert, indem sie die Höhe der Unterkante mit rot-weißem Klebeband hervorgehoben hat. Eine Verletzung der Verkehrssicherungspflicht liegt nicht darin, dass der etwa 5 cm hervorkragende Metallträger nicht extra mit derartigem Klebeband versehen ist. Denn die Metallschiene steht nicht so weit hervor, als dass hierin eine eigenständige isolierte Gefahrenquelle zu sehen wäre. Die rot-weiße Hinweisbanderole am Lüftungsschacht war insoweit ausreichend, um auch auf die Gefahr durch die Metallstrebe hinzuweisen.

Also: Trotz Rückfahrkamera ist „Rücksicht“ angesagt, wobei m.E. offen bleibt, ob die Ehefrau des Klägers sich nun überhaupt „umgesehen“ hat.

Ich habe da mal eine Frage: Zusätzliche Verfahrensgebühr bei Sicherheitsleistung?

© AllebaziB - Fotolia.com

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Vor einiger Zeit erreichte mich folgende Anfrage eines Kollegen:

„…. ich habe mal wieder eine gebührenrechtliche Frage, die ich immerhin relativ kurz formulieren kann:

Fällt die zusätzliche Gebühr gem. Nr. 5116 VV RVG auch bei einer Maßnahme nach § 132 StPO (Sicherheitsleistung zur Verfahrenssicherung) an?

Meine vorläufige Antwort lautet leider nein; ich habe das aber nirgendwo ausdrücklich gefunden.

Was meinen Sie?“

Zwei Dinge an der Anfrage sind schön: Erstens ihre Kürze und zweitens die vorgegebene Antwort 🙂 . Mal sehen, was daraus wird….

(Kein) Kampf ums Recht: “Der Polizeibeamte war alkoholisiert und hat nach Alkohol gerochen..”

In einem beim AG Backnang anhängigen Verfahren, das seinen Ursprung in einem Bußgeldverfahren wegen überhöhter Geschwindigkeit hatte, das das AG den Angeklagten wegen übler Nachrede verurteilt. auffiel. Der hatte sich nach der Zustellung des Bußgeldbescheides an die zuständige Bußgeldstelle gewendet und dort gegenüber einer Zeugin geäußert, dass er mit dem Bußgeldbescheid nicht einverstanden sei, da sein Auto altershalber nicht mehr in der Lage sei, so schnell zu fahren wie im Bußgeldbescheid aufgeführt. Zudem behauptete er bewusst wahrheitswidrig, einer der eingesetzten Polizeibeamten sei alkoholisiert gewesen. In einem weiteren Gespräch benannte er dann den PHM A. namentlich und führte aus, dass er den Alkoholkonsum durch entsprechenden Atemgeruch festgestellt habe. Das hat dem Angeklagten im AG Backnang, Urt. v. 01.07.2014 – 2 Cs 96 Js 69894/13 (2) – eine Geldstrafe von 40 Tagessätzen zu je 100 € wegen übler Nachrede eingebracht. Das AG ist davon ausgegangen, dass der Polizeibeamte nicht alkoholisiert war (zum Glück 🙂 ).:

“Durch die Tat hat sich der Angeklagte der üblen Nachrede schuldig gemacht. Die von ihm behauptete Tatsache, der Geschädigte PHM A. habe nach Alkoholkonsum seinen Dienst versehen, ist ersichtlich ehrenrührig. Von einem Polizeibeamten wird erwartet, dass er vor oder während des Dienstes keinerlei Alkohol zu sich nimmt, damit er den vielfältigen und schwierigen Aufgaben, die sein Amt mit sich bringt, pflichtgemäß nachkommen kann. Die Unterstellung, der Zeuge PHM A. habe gegen diese selbstverständliche Pflicht verstoßen, ist offenkundig geeignet, ihn verächtlich zu machen.

Das Gericht teilt nicht die Auffassung der Verteidigung, wonach die Äußerung des Angeklagten von Artikel 5 Abs. 1 Satz 1 GG gedeckt sei. Dabei wurde nicht verkannt, dass es im sogenannten “Kampf ums Recht” verfassungsrechtlich erlaubt sein kann, zur plastischen Darstellung der eigenen Position auch starke und eindringliche Ausdrücke zu benutzen. Ob eine geäußerte -auch bewusst scharfe oder überspritzte- Kritik auch hätte anders formuliert werden können ist nicht von Relevanz, da auch die Form der Meinungsäußerung grundsätzlich der durch Artikel 5 Abs. 1 GG geschützten Selbstbestimmung unterliegt (so schon BVerfGE 54, 129).

Bei der vom Angeklagten getätigten Äußerung, PHM A. sei alkoholisiert gewesen und habe entsprechend nach Alkohol gerochen, handelt es sich aber nicht um ein Werturteil, sondern um die bewusste Behauptung einer unwahren Tatsache. Die bewusste Behauptung unwahrer Tatsachen bleibt jedoch von vornherein außerhalb des Schutzbereichs des Artikel 5 Abs. 1 Satz 1 GG (BVerfG, Beschluss vom 29.02.2012, 1 BvR 2883/11).

Der Angeklagte hat einen Alkoholkonsum des PHM A. nicht lediglich als möglich in den Raum gestellt, sondern eine konkrete entsprechende Tatsachbehauptung aufgestellt. Zur Untermauerung hat er explizit behauptet, der Geschädigte habe nach Alkohol gerochen, diesen habe er wahrgenommen. Der Fall liegt mithin anders als der Sachverhalt in der zitierten Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, in der der Betroffene ausgeführt hatte, ein Polizeibeamter habe “wohl zu lange in der Sonne gestanden oder bei einem Fest mitgefeiert”. Die in diesem Verfahren zugrunde liegende strafrechtliche Verurteilung hat das Bundesverfassungsgericht beanstandet, weil der Betroffene dort wertend zum Verhalten eines Beamten Stellung genommen und nicht ein tatsächliches Geschehen zum Beweis angeboten habe. Vorliegend liegt jedoch keine wertende Stellungnahme vor. Vielmehr wurde wie bereits ausgeführt eine konkrete Tatsache behauptet, die erweislich unwahr ist. Auch handelte es sich nicht um eine spontane Unmutsäußerung im Stile von “der war doch besoffen” , vielmehr handelte der Angeklagte wohlüberlegt. Der Bußgeldbescheid war zum Zeitpunkt des mit dem Zeugen zuletzt geführten Telefonats bereits mehrere Tage zugestellt, und das Telefonat kam auf Initiative des Angeklagten zustande. Das Gericht geht deshalb davon aus, dass ihm die Wirkung seiner Äußerung sehr wohl bewusst war. Schlussendlich entlastet es den Angeklagten auch nicht, dass die Äußerungen “nur” gegenüber einer Behörde getätigt wurden. Der Tatbestand der üblen Nachrede setzt nicht voraus, dass die strafbare Äußerung gegenüber Privatpersonen getätigt wird. Darüber hinaus fielen die Äußerungen nicht gegenüber der Polizei, sondern gegenüber der Stadt Backnang, wobei dem Angeklagten klar war, dass er mit dem Zeugen G. nicht den zuständigen Sachbearbeiter im Bußgeldverfahren zum Gesprächspartner hatte. Ihm war bereits durch die Zeugin D. mitgeteilt worden, dass die Sachbearbeiterin nicht anwesend war. Dem Angeklagten ging es mithin nicht darum, seine Verteidigungsposition im Bußgeldverfahren zu untermauern. Nach alledem steht Art. 5 GG der Strafbarkeit des Angeklagten nicht entgegen.”

Der Angeklagte sieht es inzwischen auch so: Er hat seine Berufung gegen das Urteil zurückgenommen.

Wer sich (zunächst nur) orientiert, muss (noch) nicht belehren…

Einen m.E. neuen Begriff in die Diskussion um die Belehrungspflicht der Ermittlungsbehörden (§§ 163a, 136 StPO) und die Frage der späteren Verwertbarkeit von Angaben eines zeugnisverweigerungsberechtigten Zeugen, der sich dann auf sein Zeugnisverweigerungsrecht beruft (§ 252 StPO), bringt der immer für eine Überraschung gute 3. Strafsenat des OLG Hamm im OLG Hamm, Beschl. v. 24.06.2014 – 3 RVs 44/14: Nämlich den Begriff des “Orientierungsgesprächs”, und zwar bei folgendem Sachverhalt:

In Zusammenhang mit “häuslicher Gewalt” erfolgt u.a. am 30.01.2013 ein Notruf der späteren Zeugin, der Ehefrau des Angeklagten. Es kommt zu einem Polizeieinsatz, in dessen Verlauf – ich versuche es mal “neutral” auszudrücken – die Zeugin gegenüber den Polizeibeamten Angaben macht, die dann später im Verfahren verwertet werden. Das OLG hält das für zulässig – wobei ich jetzt mal alle Frage der Zulässigkeit der Revision/Verfahrensrüge und des Beruhens außen vor lasse. Das OLG führt zur dann u.a. Verwertbarkeit aus:

“Diese Sachverhaltsdarstellung gibt das schrittweise Vorgehen der Polizei wieder, nämlich von der Darlegung der allgemeinen Ausgangslage bei Aufnahme des Notrufes einschließlich des Entsendens der Funkstreifenbesatzung, der Bezeichnung der Örtichkeit, der Schilderung der Eintreffsituation, der Erteilung der rechtlichen Belehrung und sodann die Aufnahme der Angaben der Geschädigten zum Vorfall. Hiernach spricht vieles dafür, dass die entsandten Polizeibeamten bei Anordnung ihres Einsatzes nur grob von einem Verdachtsfall häuslicher Gewalt an der Einsatzörtlichkeit unterrichtet waren. Es liegt deshalb nahe, dass sie in der Eintreffsituation vor Ort dementsprechend Kontakt mit der Geschädigten aufnahmen, wobei sie – zur Orientierung – ein Eingangsgespräch mit der Person der Geschädigten über ihren Zustand führten. Danach erfolgte die rechtliche Belehrung der Zeugin und erst dann die Erhebung ihrer Angaben zum Vorfall.

Bei diesen niedergelegten Umständen des schrittweisen Ablaufs des polizeilichen Vorgehens liegt nahe, dass gerade keine Vernehmung der Geschädigten beim Eintreffen der Polizei stattgefunden hat, sondern lediglich ein bloßes Orientierungsgespräch. Erst nach der erfolgten rechtlichen Belehrung der Zeugin sind Angaben zum Vorfall aufgenommen worden, die Gegenstand einer Vernehmung waren.”

Geht m.E. zu weit, wenn ich – wie das OLG selbst ausführt – einen zumindest – nicht näher dargelegten , aber immerhin einen Verdachtsfall häuslicher Gewalt” habe:

“Offen bleibt nach dem Revisionsvorbringen insbesondere, ob die einschreitenden Beamten Kenntnis vom gesamten Inhalt des Notrufes hatten oder ob dies nicht der Fall war, weil ihnen lediglich ein nicht näher dargelegter Verdachtsfall häuslicher Gewalt als Einsatzgrund mitgeteilt worden war.”

Muss ich dann nicht sofort belehren oder ist ein “Orientierungsgespräch” möglich/zulässig?

Aussage gegen Aussage bei der Vergewaltigung – Aufhebung des Haftbefehls

entnommen wikimedia.org Urheber Robb at de.wikipedia

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Die Überschrift: „Aussage gegen Aussage bei der Vergewaltigung – Aufhebung des Haftbefehls“ verkürzt ein wenig, worum es im LG Düsseldorf, Beschl. v. 19.12.2103 – 014 KLs-70 Js 11041/13-21/13 -, auf den mich der Kollege Garcia von de legisbus hingewiesen hat, geht. Es müsste an sich umfassender heißen: Aussage gegen Aussage – kein dringender Tatverdacht für eine Vergewaltigung mehr – daher Aufhebung des Haftbefehls. Das LG führt aus:

„Nach den jetzigen Erkenntnissen liegt keine große Wahrscheinlichkeit vor, dass der Angeschuldigte wegen Vergewaltigung gem. §§ 177 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 Nr. 1 StGB in der Hauptverhandlung verurteilt werden wird.

Der Angeschuldigte selbst hat durch seinen Verteidiger mit Schriftsatz vom 24.09.2013 zwar eingeräumt, dass es im Wohnzimmer zu Handgreiflichkeiten gekommen sei, eine Vergewaltigung habe es jedoch nicht gegeben. Er habe die Zeugin L1 zwar fest an den Armen ergriffen und ins Schlafzimmer geholt. Dabei sei es ihm aber nicht darum gegangen, mit ihr sexuell zu verkehren, er habe Ruhe und seinen Schlaf haben wollen. Sie sei gekommen und habe zwei Gläser – er meine mit dem Jägermeister – mitgebracht, sie hätten sich unterhalten, getrunken und gemeinsam eine Zigarette geraucht. Die Zeugin habe sich selbst ausgezogen und ihre Kleidung auf dem Stuhl abgelegt. Danach sei allerdings der Streit wieder losgegangen. Die Zeugin habe ihm heftige Vorwürfe gemacht, habe geschrien, es sei ihm nicht gelungen sie zu beruhigen. Er habe die Zeugin im Schlafzimmer nicht geschlagen, weder vor noch während des Geschlechtsverkehrs. Es sei häufig in ihrer Beziehung so gewesen, dass sie einen Streit durch sexuellen Verkehr wieder aufgelöst hätten. So sei es auch hier gewesen. Der Streit sei beendet gewesen. Er habe die beiderseitige Aufnahme von Sexualhandlungen als Signal der Versöhnung verstanden. Dass die Zeugin u.a. behauptet, noch immer unter Angst gestanden zu haben, verstehe er nicht und habe er auch in der Situation nicht so gesehen.

Die Zeugin L1 hingegen schilderte der Sachverhalt gegenüber der Polizei so wie in der Anklage dargestellt.

Derzeit sieht die Kammer keine Anhaltspunkte dafür, dass der von der Zeugin L1 geschilderte Sachverhalt eher zutreffen könnte als die Schilderungen des Angeschuldigten. Entscheidend wird es auf das Aussageverhalten der Zeugin L1, und auch der Zeugin H1, in der Hauptverhandlung ankommen und darauf, welchen Eindruck diese auf die Kammer machen.

Bislang war das Verhalten der Zeugin L1 von Widersprüchen geprägt. Beim erstmaligen Eintreffen der Polizei in ihrer Wohnung am 27.08.2013, um ca. 15:30 Uhr, verneinte sie ausdrücklich, von dem Angeschuldigten vergewaltigt worden zu sein. Auch die Durchführung eines Atemalkoholtestes verweigerte sie zunächst – ließ ihn aber dann später auf der Polizeiwache doch durchführen. Mit der Fertigung von Lichtbildern von ihren Verletzungen war sie ebenfalls vor Ort nicht einverstanden. Ca. eine Stunde später rief sie erneut die Polizei herbei und gab sodann an, doch vergewaltigt worden zu sein. Aus der Auswertung der Verkehrsdaten zur Mobilfunknummer des Angeschuldigten ergibt sich, dass die Zeugin L1 zwischen dem ersten und dem zweiten Polizeieinsatz zweimal auf dem Handy des Angeschuldigten anrief.

Auch erscheint es zum jetzigen Zeitpunkt nicht nachvollziehbar, dass die Zeugin nach der angeblichen Vergewaltigung zunächst noch 2-3 Stunden gemeinsam mit dem Angeschuldigten im Bett geschlafen hat und erst um 15:30 Uhr die Polizei alarmierte.

Laut ärztlichem Untersuchungsbericht der Frauenklinik des Universitätsklinikums Düsseldorf vom 27.08.2013 fand eine Blutentnahme zur BAK-Bestimmung nicht statt, da dies laut Patientin durch die Kriminalpolizei erfolgt sei. Auch diese Angabe der Zeugin L1 trifft nicht zu.

In einer ergänzenden polizeilichen Vernehmung am 29.08.2013 lässt die Zeugin L1 dann doch noch Lichtbilder von ihren Verletzungen machen.

Auch die Angaben, die die Zeugin H1 gegenüber der Polizei gemacht hat, sind in Teilen nicht nachvollziehbar. Die Zeugin bekundete, sie habe im Wohnzimmer die Vergewaltigung und die Schreie der Zeugin L1 mit anhören müssen. Auf die Nachfrage der Vernehmungsbeamtin, warum sie nicht die Polizei gerufen habe, antwortete die Zeugin zunächst, dass ihr Handy kein Guthaben gehabt habe. Auf den Hinweis, dass die „110“ kostenlos sei, sagte sie, sie habe doch schon angerufen, aber es sei keiner gekommen. Kurze Zeit später bekundete sie, dass die Vergewaltigungen so gegen 9.00 Uhr/ 9.30 Uhr angefangen hätten und gegen Mittag beendet gewesen seien. Sie habe so gegen eins, halb zwei angerufen. Auf Nachfrage der Vernehmungsbeamtin, wen sie angerufen habe, antwortete sie, dass sie gegen 15:33 Uhr angerufen habe, aber keiner dran gegangen sei. Kurze Zeit später berichtete sie, dass die Verbindung so schlecht gewesen sei.

Aufgrund des widersprüchlichen Verhaltens der für den Beweis der angeblichen Vergewaltigung maßgeblichen Zeuginnen L1 und H1 geht die Kammer zum jetzigen Zeitpunkt nicht von einer großen Verurteilungswahrscheinlichkeit aus.“

Die LG-Entscheidung ist m.E. vor allem deshalb interessant, weil man ja nun wahrlich selten in Haftentscheidungen etwas zur Verneinung des dringenden Tatverdachts liest. Zur Bejahung dann schon eher. Es gibt sie also doch die Entscheidungen. Und mit dieser hier können der Angeklagte und sein Verteidiger verhältnismäßig entspannt in die Hauptverhandlung gehen.