Archiv für den Monat: Juli 2014

Lösung zu: Ich habe da mal eine Frage: Werden Scans von Akten nicht mehr bezahlt?

© haru_natsu_kobo - Fotolia.com

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Am vergangenen Freitag hatte ich die Frage gestellt: Ich habe da mal eine Frage: Werden Scans von Akten nicht mehr bezahlt?  Nun, ein Lösungsvorschlag ist gekommen und der war gar nicht mal schlecht, besser: Er war gut. Er entspricht in etwas auch meiner Lösung:

Denn die Antwort auf die Frage lautet leider – (derzeit) – nein, und zwar ist das auf Änderungen durch das 2. KostRMoG zurückzuführen (vgl. dazu dann auch der in dem Kommentar bereits angeführte AG Hannover, Beschl. v. 31.01.2014 – 218 Ls 3161 Js 31640/12 [598/12]).  Das 2. KostRMoG hat nämlich in Nr. 7000 VV RVG die Begriffe geändert. Während in der bis zum 31.07.2013 geltenden Gesetzesfassung von „Ablichtungen“ die Rede war, wird jetzt der Begriff der „Kopie“ anstelle des Begriffs „Ablichtung“ verwendet. Grund der Änderung ist (vgl. dazu BT-Drucks. 17/11471, S. 284 i.V.m. der Begründung zum neuen § 11 GNotGK auf S. 156) – neben der Einführung einer heute gebräuchlicheren Bezeichnung – die – so ausdrücklich – Vermeidung von Missverständnissen bei der Erstellung von elektronischen Dokumenten (Scans). Da auch beim Scannen in der Regel das Papierdokument „abgelichtet“ wird, wurde nämlich in der Rechtsprechung zum Teil unter den Begriff der „Ablichtung“ auch ein eingescanntes Dokument verstanden. Die Änderung der Nr. 7000 VV RVG soll(te) nun klar stellen, dass es sich hierbei gerade nicht um Ablichtungen i.S. des Gebührenrechts und damit auch nicht um Kopien i.S. des Gebührenrechts handelt (BT-Drucks. 17/11471, S. 284 i.V.m. der Begründung zum neuen § 11 GNotGK auf S. 156). Kopie sei – so die ausdrückliche Erläuterung in der Gesetzesbegründung (Vgl. BT-Drucks. 17/11471, a.a.O ) – die Reproduktion einer Vorlage auf einem körperlichen Gegenstand, beispielsweise Papier, Karton oder Folie. Durch diese Neuregelung/Umformulierung hat sich damit die alte Rechtsprechung (vgl. u.a. OLG Bamberg StraFo 2006, 389RVGreport 2006, 354 = AGS 2006, 432NJW 2006, 3504JurBüro 2006, 588 = StV 2007, 485), die in der Vergangenheit für das Einscannen von Dokumenten/Akten die Dokumentenpauschale gewährt hat, erledigt.

Hinzuweisen ist darauf, dass für Ausdrucke zuvor eingescannter Datei die Dokumentenpauschale allerdings anfällt (Gerold/Schmidt/Müller-Rabe, RVG 21. Aufl., 2013, VV 7000 Rn. 32; Schmitt in: Burhoff (Hrsg.), RVG Straf- und Bußgeldsachen, 4. Aufl., 2014, Nr. 7000 VV Rn. 13; Burhoff StraFo 2014, 397 ff.). Hinzuweisen ist zudem darauf, dass die vom 2. KostRMoG eingeführte Neuregelung – m.E. aus rein fiskalischen Erwägungen – an der Praxis vorbei geht. Denn sie übersieht, dass gerade bei Strafverteidigern das Anfertigen von „Aktenscans“ und digitalen Akten, wenn diese nicht vom Gericht in digitaler Form zur Verfügung gestellt werden, Gang und Gäbe ist. Warum die dafür erforderlichen Arbeiten nicht mehr i.d.R.  honoriert werden, sondern nur noch dann, wenn der „Aktenscann“ ausgedruckt worden ist, erschließt sich nicht. Die Änderung wird im Zweifel den Tod vieler Bäume zur Folge haben, worauf Elberling/Schaar in ihrem kritischen Beitrag „Rettet den Wald – ein Plädoyer für eine Reform des Nr. 7000 VV RVG n.F.“ in StraFo 2014, 195 schon zutreffend hinweisen.

Schließlich: Wie kann sich der Verteidiger helfen bzw. wie muss er ggf. argumentieren? Er sollte sich auf den Standpunkt stellen, dass der Rechtsgedanke der früheren Rechtsprechung nach wie vor Geltung hat und dass unter „Kopie“ auch eine „digitale Kopie“ – um nichts anderes handelt es sich bei einem eingescannten Dokument – zu verstehen ist. Dem steht zwar die Gesetzesbegründung (ein wenig) entgegen. Andererseits: Hoffnungsfroh stimmt, dass die Problematik bereits Gegenstand der 68. Tagung der Gebührenreferenten der RAK am 29.03.2014 gewesen ist und man dort beschlossen hat, „dass unter Kopien i.S.v. Nr. 7000 VV RVG auch in Zukunft eingescannte Dokumente zu verstehen sind. Der bei der Sitzung anwesende Referatsleiter des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz, der auch für das Gesetzgebungsverfahren zum 2. KostRMoG zuständig war, war mit dem gefassten Beschluss einverstanden.“ (zitiert nach Elberling/Schaar StraFo 2014, 195, 197 Fn. 16).

Ob es hilft, dass man das Wort „Scan“ vermeidet, wage ich zu bezweifeln 🙂 🙂 🙂 🙂 .

BGH: Kleiner Grundkurs im „Wohnungseinbruchsdiebstahl“

Diebstahl.pngDer BGH, Beschl. v. 03.06.2014 – 4 StR 173/14 – ist ein kleiner Grundkurs im „Wohnungseinbruchsdiebstahl“ (§ 244 StGB).  Das LG hat den Angeklagten u.a. wegen Wohnungseinbruchdiebstahls in sieben Fällen verurteilt. Bei einem der Fälle reichen dem BGH die Feststellungen des LG nicht.  Nach den dazu vom LG „getroffenen Feststellungen hebelte der Angeklagte „eine Tür zu einem an das Wohnhaus … angebauten Schuppen auf. Durch eine weitere Holztür, die von dem Schuppen direkt in das Wohnhaus führt, gelangte der Angeklagte sodann in das Wohnhaus“ (UA S. 12), wo er zahlreiche Gegenstände entwendete.“ Wie gesagt: Dem BGH reicht das nicht für § 244 Abs. 1 Nr. 3 StGB:

„Die Vorschrift setzt in ihrer 1. Alternative den Einbruch in eine Wohnung voraus. Ob hierzu auch der Schuppen als ein dem Begriff des Wohnens typischerweise zuzuordnender Raum gehört, weil er etwa einem Keller oder dem Dachboden eines Einfamilienhauses gleichsteht, lässt sich den Ausfüh-rungen des Landgerichts nicht entnehmen (vgl. BGH, Beschluss vom 24. April 2008 – 4 StR 126/08, NStZ 2008, 514, 515; Urteil vom 22. Februar 2012 – 1 StR 378/11, NStZ 2013, 120, 121; Fischer, StGB, 61. Aufl., § 244 Rn. 47a, 48). Ebenso wenig teilt das Landgericht mit, ob der Angeklagte auch die von dem Schuppen in das Wohnhaus führende Tür aufgebrochen hat.

Ein „Einsteigen“ im Sinne der 2. Alternative des § 244 Abs. 1 Nr. 3 StGB, auf die das Landgericht in der rechtlichen Würdigung ebenfalls verweist (UA S. 30), liegt dagegen ersichtlich nicht vor. Denn Einsteigen in einen Raum ist über den engeren Sprachsinn hinaus jedes nur unter Schwierigkeiten mögliche Eindringen durch eine zum ordnungsgemäßen Eintritt nicht bestimmte Öffnung (BGH, Beschluss vom 27. Juli 2010 – 1 StR 319/10, NStZ-RR 2010, 374, 375; Fischer, aaO, § 243 Rn. 6 mwN).

c) Die Aufhebung der Verurteilung wegen Wohnungseinbruchdiebstahls in diesem Fall zwingt nicht zur Aufhebung der jedenfalls einen Diebstahl belegenden, rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen. Ergänzende Feststellungen sind zulässig.“

Sonntagswitz: Heute Lehrer und Schüler und „Der kleine Erziehungsratgeber Justiz AG“

© Teamarbeit – Fotolia.com

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Ich habe länger überlegt, ob es heute noch einmal Fußball gibt, mich dann aber dagegen entschieden. Nicht schon wieder. Es dauert ja noch eine Woche, also kann man nächste Woche noch einmal Fußball machen, je nachdem, wie dann die Stimmung ist. Heute mache ich dann mal „Lehrerwitze“. Darauf bin ich durch den Hinweis eines Bloglesers auf den „kleinen Erziehungsratgeber Justiz AG“ gekommen (bitte auf das Lautsprecher-Symbol drücken, dann klappt es). Und hier dazu dann die Witze:

In der Schule im Kollegium. „Hast Du gehört? Unser Direktor ist gestorben.“
„Ja, und ich frage mich die ganze Zeit, wer da mit ihm gestorben ist.“
„Wieso mit ihm?“
„Na, im Nachruf stand doch: Mit ihm starb einer unserer fähigsten Mitarbeiter…“

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Die Lehrerin sagt: „Wer mir einen Satz bildet, in dem „Samen“ und „säen“ vorkommt, der darf sofort nach Hause gehen.“
Es meldet sich ein Schüler und antwortet: „Guten Tag zusamen. Morgen säen wir uns wieder.“

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Der Pfarrer möchte den Kindern das Datum ihres Namenstages sagen. „Wann bist Du denn geboren?“ fragt er die kleine Uschi. – „Ich bin überhaupt nicht geboren“, antwortet Uschi, „ich habe nur eine Stiefmutter.“

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und dann war da noch:

Die Lehrerin fragt die Schüler: „Was ist ein Steinbutt?“
Fritzchen antwortet: „Ein ganz flacher Fisch.“
Lehrerin: „Und warum ist der denn so flach?“
Fritzchen: „Weil er Sex mit einem Wal hatte.“
Empört geht die Lehrerin mit Fritzchen zum Direktor, und erzählt ihm die ganze Geschichte. Da fragt der Direktor: „Wieso machst du solchen Mist?“
Fritzchen: „Ich kann auch nichts dafür, wenn die Lehrerin so dumme Fragen stellt, sie hätte besser gefragt warum der Frosch so große Augen hat.“
Direktor: „Warum hat der denn so große Augen?“
Fritzchen: „Na, der hat das Ganze doch gesehen!“ 🙂 🙂 .

Wochenspiegel für die 27. KW., das war(en) Xing, Ketzer und Hetzer, Markenkondome und Schweinesex

entnommen wikimedia.org Urheber Tropenmuseum

entnommen wikimedia.org
Urheber Tropenmuseum

Nach der dritten Fußballwoche treten bei mir allmählich Ermüdungserscheinungen auf 🙂 , aber: Es ist ein Licht am Ende des Tunnels zu sehen, denn in einer Woche bin ich durch 🙂 . Für alle anderen weiterhin noch viel Spaß. Aber: Nicht vergessen, es gibt doch auch noch andere Themen. Und so berichten wir aus der vergangenen Woche, über:

  1. passend zur vorherrschenden Thematik der letzten Wochen: Das Mitsingen der Nationalhymne durch die Nationalmannschaft,
  2. den Fluch des Hoeneß-Urteils, vgl. auch hier,
  3. eine offenbar urlaubsreife Richterin und einen urlaubsreifen Verteidiger mit: Ich bin dann mal weg,
  4. die Frage, welche „Klamotten“ ein Wirtschaftsanwalt privat trägt, – „Klamotten“ beim „Wirtschaftsanwalt“ ist sicherlich nicht der richtige Ausdruck,
  5. geprüfte Mobilität im Alter,
  6. den vom BGH verneinten Auskunftsanspruch auf Herausgabe von Nutzerdaten gegen Betreiber eines Internetportals, schade, dass man nicht anders entschieden hat, vgl. dazu auch hier, oder auch hier: Täterschutz im Internet – BGH mit Freifahrtschein für virtuelle Hetzer und Ketzer 2.0?,
  7. nochmals: Impressumspflicht bei XING,
  8. eine (un)verhältnismäßige DNA-Analyse wegen eines Joints,
  9. deutsche Markenkondome aus dem Ausland,
  10. und dann war da noch der „Schweinesex“ 🙂 .

Das Sichtfahrgebot auf der BAB

© frogarts - Fotolia.com

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Nach einem Unfall auf eine BAB geht es um die Frage: Verstoß gegen das Sichtfahrgebot und unangepasste Geschwindigkeit?  Der Klägers hatte bei Dunkelheit und mit einer Fahrgeschwindigkeit von 80-100 km/h auf der Autobahn A 1 Reifen- und sonstige Fahrzeugteile, die zuvor von einem bulgarischen LKW aufgrund einer Reifepanne verloren bzw. abgerissen worden waren und die verstreut auf der Fahrbahn lagen, überfahren. Seine Versicherung „sperrte“ sich gegen die Unfallschadenregulierung. Das OLG sagt im OLG Köln, Beschl. v. 06.02.2014 – 19 U 158/13  – in Übereinstimmung mit dem LG: Sie muss zahlen:

1. Eine Mithaftung des Klägers zu 30 % wegen eines Verstoßes gegen das Sichtfahrgebot hat das Landgericht zu Recht verneint. Denn das Sichtfahrgebot gilt auch auf Autobahnen nicht für solche Hindernisse, die gemessen an den jeweils herrschenden Sichtbedingungen erst außergewöhnlich spät erkennbar sind (BGH, Urteil vom 15.05.1984, VI ZR 161/82; OLG Celle, Urteil vom 05.09.2007, 14 U 71/07 zitiert nach juris). Nach den unbestrittenen Ausführungen des Klägers überfuhr er bei Dunkelheit und mit einer Fahrgeschwindigkeit von 80-100 km/h auf der Autobahn A 1 Reifen- und sonstige Fahrzeugteile, die zuvor von einem bulgarischen LKW aufgrund einer Reifepanne verloren bzw. abgerissen worden waren und die verstreut auf der Fahrbahn lagen. Nach der vom Beklagten selbst vorgelegten polizeilichen Unfallmitteilung waren vor dem Kläger bereits mehrere Fahrzeuge über die Reifen- und Fahrzeugteile (Spanngurte/Ratschen) gefahren, wodurch diese sich über alle Fahrstreifen verteilt hatten. Bei dieser Situation handelt es sich bei den überfahrenen Gegenständen um relativ kleine (kleiner als ein ganzer Reifen), sich bei Dunkelheit kaum von der Fahrbahn abhebende Gegenstände, die besonders schwer erkennbar sind (vergleichbar mit Splitthaufen: BGH, VersR 1960, 636; Absperrstange eines Weidezauns: BGH, VersR 1972, 1057; Reifenprotektor von 20 cm Höhe: BayObLG VRS 22, 380; Reserverad: BGH, Urt. vom 15.05.1984, a.a.O. zitiert nach juris; Reifendecke: LG Bielefeld, Urteil vom 24.09.1990, 22 O 180/90; Reifenkarkasse: AG Sinzig, ZfSch 2011, 381). In dieser Konstellation spricht – anders als beim Auffahren auf ein größeres Hindernis, z.B. auf ein liegen gebliebenes Fahrzeug – nicht der Beweis des ersten Anscheins für einen Verstoß gegen das Sichtfahrgebot und damit eine unangepasste Geschwindigkeit des Klägers. Der Beklagte hat auch keine Umstände aufgezeigt, die im vorliegenden Fall ausnahmsweise doch für eine Erkennbarkeit der Reifenteile für den Kläger sprechen. Insofern fehlen auch für das vom Beklagten beantragte Sachverständigengutachten geeignete Anknüpfungstatsachen. Auf die entsprechenden Ausführungen im landgerichtlichen Urteil wird verwiesen.“

Die beklagte Versicherung ist dem Hinweis des OLG nicht gefolgt und hat die Berufung nicht zurückgenommen. Mit OLG Köln, Beschl. v. 06.02.2014 – 19 U 158/13 – ist die Berufung dann zurückgewiesen worden.