Archiv für den Monat: Juni 2014

Wochenspiegel für die 25. KW, das war(en) sexuelle Belästigung, Stillfies und 40 Mio Schadensersatz

entnommen wikimedia.org Urheber Tropenmuseum

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Die 25. KW., war für manche sicherlich eine Fußballwoche mit einem leicht lädierten Abschluss am gestrigen Abend. Wenn die europäischen Mannschaften nicht aufpassen, sitzen sie in der nächsten Woche alle in einem AirBus 380 und können gemeinsam nach Hause fliegen :-).

Nun hat es aber neben – oder vielleicht besser „trotz“ – Fußball auch noch andere Themen – Hauptthema war der Fahrradhelm beim BGH 🙂 – gegeben, so dass wir berichten können über:

  1. anzüglich oder witzig? – es war eine sexuelle Belästigung
  2. ein grottenfalsches Urteil…,
  3. das große Latinum für Polizeibeamte,
  4. die Krux mit Sachverständigen,
  5. Stillfies,
  6. Lynchjustiz,
  7. 40 Millionen Dollar Schadensersatz für 5 Männer, die zu Unrecht wegen Vergewaltigung und versuchten Mordes verurteilt wurden,
  8. Fußball am Arbeitsplatz, was ist erlaubt, was nicht, natürlich nicht spielen, sondern gucken :-),
  9. die Frage, ob ein Hund, wann Herrchen und Frauchen sich trennen, ein Recht auf Unterhalt hat, ja oder nein?
  10. und dann war da noch was Juristen in der 25. KW erheiterte.

Unfall am/im Kreisverkehr – wie wird gehaftet?

entnommen openclipart.org

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Aus der Serie: Wie wird die Haftung bei Verkehrsunfällen verteilt? heute ein „Kreisverkehrunfall“. Der hatte sich im Einfahrtsbereich eines Kreisverkehrs ereignet. Das AG Hamburg-Barmbek, Urt. v. 11.04.2014 – 815 C 248/12 – kommt zu einer 100-igen Haftung des Einfahrenden.

„Eine Abwägung der Mitverursachungs- und verschuldensbeiträge gemäß § 17 Abs. 1, 2 StVG führte im vorliegenden Fall zu einer 100%-igen Haftung der Beklagten als Gesamtschuldner.

Denn dem Unfall liegt ein pflichtwidriges Verhalten des Beklagten zu 1 zugrunde. Hierfür streitet zugunsten der Klägerin ein Beweis des ersten Anscheins. Nach den Unfallskizzen beider Parteien (Anlage 1 und Anlage 2 zu dem Protokoll vom 01.11.2012) ereignete sich der Unfall noch innerhalb des Einfahrtbereichs des Beklagten zu 1 in den Kreisverkehr. Dieses typische Geschehen rechtfertigt aufgrund der Lebenserfahrung die Annahme, dass der Beklagte zu 1 die Vorfahrt der Klägerin verletzt hat. Kommt es im Bereich einer vorfahrtsgeregelten Einmündung zu einer Kollision zwischen dem wartepflichtigen und dem vorfahrtsberechtigten Verkehr, so spricht der Beweis des ersten Anscheins regelmäßig dafür, dass der Wartepflichtige den Unfall durch eine schuldhafte Vorfahrtsverletzung verursacht hat, jedenfalls wenn sich die Kollision im Kreuzungs- oder Einmündungsbereich ereignet hat (BGH. Urteil vom 15. Juni 1982 – VI ZR 119/81). Dies gilt im Grundsatz auch für die Vorfahrtsverletzung im Kreisverkehr (LG Saarbrücken, Urteil vorn 28.03.2014 – 13 S 196/13). Die Anordnung der Vorfahrt innerhalb des Kreisverkehrs in § 8 Abs. la StVO führt insoweit gegenüber der Regelung in § 8 Abs. 1 StVO nicht zu einer anderen Bewertung.

Aufgrund des geschilderten Anscheinsbeweis ablag es den Beklagten, Umstände darzulegen und ggf. zu beweisen, aus denen sich die ernsthafte Möglichkeit eines atypischen Kausalverlaufs ergibt. Dies ist nicht gelungen.

Vandalismusschaden am Pkw – wie beweist man den? So jedenfalls nicht

© angelo sarnacchiaro - Fotolia.com

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Wenn Vandalismusschäden in der Kfz-Vollkaskoversicherung geltend gemacht werden, werden die Versicherungsgesellschaft mit der Regulierung häufig recht vorsichtig. Sie vermuten dann nicht selten einen fingierten Schadensfall. So auch in einem Fall, in dem der Pkw-Eigentümer von seiner Kfz-Vollkaskoversicherung rund 3.800 € verlangte, weil sein PKW Audi A 4 in dem Zeitraum zwischen dem 28.10. und 2.11.2011, in dem er vor der Garage seiner Schwester, der Zeugin K., abgestellt gewesen sei, durch Vandalismus ringsum zerkratzt worden sei. Der Kfz-Eigentümer hatte mit seiner Klage keinen Erfolg, und zwar weder beim AG noch beim LG. Das LG Duisburg hat nämlich im LG Duisburg, Urt. v. 17.04.2014 – 12 S 61/13 – die Klage abgewiesen. Dazu führt es aus:

Voraussetzung des geltend gemachten Anspruchs ist zunächst, dass der Kläger den vollen Beweis für ein Mindestmaß an Tatsachen erbringen muss, aus denen sich das äußere Bild eines Vandalismusschadens mit hinreichender Wahrscheinlichkeit erschließen lässt. Dazu gehört bei einem angezeigten Fahrzeugdiebstahl der Nachweis, dass das Fahrzeug zu bestimmter Zeit an einem bestimmten Ort abgestellt und dort später nicht mehr vorgefunden worden ist (vgl. BGH VersR 1992, 867 zum fingierten Fahrzeugdiebstahl). Übertragen auf den Vandalismusschaden bedeutet dies, dass der Kläger zur vollen Überzeugung zu beweisen hat, dass er das Fahrzeug zur behaupteten Zeit (28.10.2011) am behaupteten Ort (vor der Garage seiner Schwester) unverkratzt abgestellt und dort später zur angegebenen Zeit (02.11.2011) verkratzt vorgefunden hat. Dies ist im Rahmen der freien Würdigung des Verhandlungsergebnisses zu beurteilen (BGH a.a.O.).

Diesen Beweis hatte der Kläger nach Auffassung des LG aus folgenden Gründen nicht geführt:

  • Gegen einen Vandalismusschaden sprach, dass der Kläger den Schaden nicht bei der Polizei angezeigt hat.
  • Ein weiterer Gesichtspunkt dafür, an der Darstellung des Klägers zu zweifeln, war für das LG, dass der Umfang und die Art der Kratzspuren für einen „normalen“ Vandalismusschaden untypisch waren.
  • Weitere Zweifel ergaben sich daraus, dass der Kläger sich in einer schlechten wirtschaftlichen Lage befand. Im Januar 2011 hatte er die eidesstattliche Versicherung abgegeben, er lebte von Hartz 4.
  • Der zweifelsfreie Nachweis ist schließlich nicht geführt durch die Zeugin K., Schwester des Klägers. Die Zeugin hatte sich zum entscheidungserheblichen Sachverhalt in Widersprüche verwickelt, bevor sie im Berufungsverfahren die Aussage ganz verweigerte.

Darf ich eigentlich äußern: „Der ist betrügerisch und korrupt“?

FragezeichenEs ist immer wieder „nett“ zu lesen, wie Menschen im täglichen Umgang mit anderen Menschen umgehen und wie man sie bezeichnet. Das zeigt sich häufig, wenn es Vereinsstreitigkeiten geht. So auch im Verfahren OLG Koblenz 3 U 1049/13 betreffend zwei Mitglieder eines Schäferhundevereins. Das ist das eine Mitglied vom anderen als „betrügerisch und korrupt“ bezeichnet worden und darum kommt es – verständlicher Weise – zum Streit, der dann beim OLG Koblenz endet. Das hat zu der Frage, ob eine solche Äußerung als Tatsachenbehauptung zulässig ist oder obe es sich um eine (unzulässige) Meinungsäußerung handelt, im OLG Koblenz, Beschl. v. 06.02.2014 – 3 U 1049/13 – geäußert. Dazu die Leitsätze – den Rest empfehle ich dem Selbststudium

1. Eine gemäß § 823 Abs. 1 BGB i.V.m. § 1004 Abs. 1 BGB analog, § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 185 StGB zu unterlassende rechtswidrige Persönlichkeitsverletzung stellt eine Meinungsäußerung nur dann dar, wenn die Belange des Betroffenen durch ihren ehrverletzenden Gehalt in einem mit der Ausübung grundgesetzlich garantierter Meinungsfreiheit nicht mehr zu rechtfertigenden Maß tangiert sind (in Anknüpfung an BVerfG, Beschluss vom 10.11.1998 – 1 BvR 153/96 – NJW 1999, 1322, 1324 [BVerfG 10.11.1998 – 1 BvR 1531/96]; OLG Koblenz, Beschluss vom 12.07.2012 – 2 U 862/06ZUM-RD 2007, 522 ff. = MMR 2008, 54 f.; Beschluss vom 28.08.2008 – 2 U 1557/07NJW-RR 2009, 920 ff. = MMR 2009, 434).

2. Tatsachenbehauptungen sind Äußerungen, deren Richtigkeit bewiesen werden kann. Sie beziehen sich auf konkrete Geschehnisse und Umstände einer behaupteten Wirklichkeit, die beobachtet, erforscht, gemessen werden können. Ihr Vorhandensein kann festgestellt werden. Meinungen oder Werturteile sind demgegenüber Äußerungen, die durch die Elemente der Stellungnahme, des Dafürhaltens, durch Wertungen geprägt sind. Man kann sie teilen oder verwerfen.

3. Bei der Äußerung jemand sei korrupt handelt es sich nicht um eine Tatsachenbehauptung, sondern um eine subjektive Meinungsäußerung, denn damit soll nicht zum Ausdruck gebracht werden, die betreffende Person sei wegen der betreffenden Straftatbestände bereits verurteilt worden (in Anknüpfung an OLG Koblenz, Beschluss vom 12.07.2007 – 2 U 862/06).

Ich habe da mal ein Frage: Wie oft darf ich meinen Mandanten eigentlich in der JVA besuchen?

© AllebaziB - Fotolia.com

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Eine Frage, die (Pflicht)Verteidiger bewegt und die immer wieder gestellt wird: Wie oft darf ich eigentlich meinen Mandanten in der JVA besuchen? Denn immer wieder scheint es an der Stelle Probleme bei der Abrechnung zu geben und werden Besuche nicht oder nicht in voller Zahl erstattet/die entsprechenden Auslagen vergütet. Daher gebe ich die Frage hier dann heute mal ein. Und bin – wie immer – auf Lösungen gespannt. Ist an sich ganz einfach. Also: Ein bisschen überlegen und nicht nur Fußball gucken… 🙂