Archiv für den Monat: Mai 2014

Der nächste Winter kommt bestimmt: Streupflicht in einem besonderen Fall

entnommen wikimedia.org Urheber Simon A. Eugster

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Wir haben zwar noch Mai, aber der nächste Winter kommt bestimmt. Daher dann rechtzeitig 🙂 der Hinweis auf das OLG Naumburg, Urt. v. 12.12.2013 – 2 U 25/13, zur Streupflicht von Hauseigentümern bzw. zu  den Verkehrssicherungspflichten eines Hauseigentümers bei winterlichen Witterungsverhältnissen. Allerdings mit einer Besonderheit: Der Hauseigentümer hatte eine besondere Gefahrenlage geschaffen:

2. Der Beklagte verletzte jedenfalls eine Verkehrssicherungspflicht, die ihm wegen einer besonderen, von ihm selbst geschaffenen Gefahrenlage oblag.

a) Der Beklagte war verpflichtet, Vorkehrungen dagegen zu treffen, dass Benutzer des öffentlichen Gehwegs vor seinem Haus u.a. dadurch zu Fall kommen, dass sich vereinzelte zusätzliche Glättestellen bildeten. Denn er schuf eine besondere Gefahrenlage dadurch, dass er die Entwässerung des Dachs seines Eigenheims mittels eines Regenfallrohrs an der Straßenseite direkt über den öffentlichen Gehweg vornahm, so dass z. Bsp. bei Temperaturen unterhalb des Gefrierpunkts ein erhöhtes Risiko der Bildung einzelner Glättestellen auf diesem Gehweg bestand. Für die Begründung einer Verkehrssicherungspflicht wegen der Schaffung einer besonderen Gefahrenlage für den öffentlichen Verkehr ist es unerheblich, inwieweit eine derartige Entwässerung in der Straße in dem betreffenden Stadtviertel früher üblich gewesen sein mag oder gar auch heute noch weit verbreitet ist, wie der Beklagte behauptet hat; Maßstab ist allein die – im konkreten Fall zu bejahende – Erforderlichkeit und Zumutbarkeit. Denn jedermann, der in seinem Verantwortungsbereich eine zusätzliche Gefahrenlage gleich welcher Art für Dritte schafft oder andauern lässt, hat die allgemeine Rechtspflicht, diejenigen Vorkehrungen zu treffen, die erforderlich und für ihn zumutbar sind, um die Schädigung Dritter möglichst zu verhindern (vgl. Sprau in: Palandt, BGB, 73. Aufl. 2014, § 823 Rn. 46 m.N.).

b) Die vom Beklagten behaupteten Vorkehrungen, insbesondere das Streuen von Rollsplitt auf dem Gehweg vor dem Haus am Vorabend des Unfalls, die die Klägerin unter Hinweis auf die Auffindesituation am Unfallmorgen bestritten hat, waren, selbst wenn der Senat sie zugunsten des Beklagten als wahr unterstellt, nicht ausreichend, um die vorgenannte Verkehrssicherungspflicht zu erfüllen. Wie der Unfall zeigt, war die ergriffene Maßnahme zumindest wirkungslos; der Rollsplitt war am Unfallmorgen nicht mehr vorhanden. Es spricht vieles dafür, dass es dem Beklagten zumutbar wäre, die Gefahrenlage ganz zu beseitigen – das wäre die am besten geeignete und wohl am einfachsten umzusetzende Maßnahme. Es ist nicht ersichtlich und wird vom Beklagten auch nicht geltend gemacht, dass es ihm unzumutbar sei, die Entwässerung des Dachs seines Eigenheims über das eigene Grundstück zu gewährleisten. Solange die Gefahrenlage jedoch andauerte, hätte der Beklagte im vorliegenden Fall zur Unfallzeit schon der Herausbildung einer besonderen Glättestelle entgegenwirken oder, wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat, zumindest einen deutlichen Warnhinweis bzw. eine zusätzliche Beleuchtung der Stelle zur Erzeugung besonderer Aufmerksamkeit anbringen müssen. Denn bei dem Gehweg handelte es sich um einen innerstädtischen Gehweg, der von Fußgängern zur Erreichung öffentlicher Verkehrsmittel genutzt wurde, wie das Beispiel der Klägerin zeigt. Der Berufsverkehr hatte in der Stadt z. Zt. des Unfalls bereits eingesetzt (ebenso für die allgemeine Räum- und Streupflicht OLG München, Beschluss v. 16.04.2012, 1 U 940/12 – zitiert nach juris).“

Tja, man fragt sich wikrlich: Warum entwässere ich mein Grundstück über den öffentlichen Gehweg?

Und noch ein Sturz – nun auf dem Weg in die REHA. Wird gehaftet?

entnommen wikimedia.org Urheber Bubinator

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Urheber Bubinator

Die Klägerin im Verfahren, das dem OLG Koblenz, Beschl. v. 26.02.2014 – 5 U 1441/13 – zugrunde gelegen hat, wurde in einer Klinik nach einem invasiven Hüftgelenkspfannenwechsel bis zum 22.12.2008 stationär behandelt und am 11. postoperativen Tag zunächst nach Hause entlassen, wo sie sich mit Hilfe ihres Mannes selbst versorgte. Dort wurde sie auf Veranlassung der Beklagten, einer Rehabilitaionsklinik, von einer derer Mitarbeiter bis zum 29.12.2008 mit einem Kleinbus zur Verbringung in die Reha-Klinik der Beklagten abgeholt. Beim Einstieg in das Fahrzeug stürzte die Klägerin, was nach ihren Behauptungen einen komplikationsbehafteten weiteren Behandlungsweg nach sich zog. Sie wirft der Beklagten vor, sich nicht ausreichend über ihren Gesundheitszustand informiert zu haben, so dass es versäumt worden sei, zwei Begleitpersonen oder jedenfalls eine medizinisch oder pflegerisch geschulte Begleitperson mit dem Transport in die Rehaklinik zu betrauen. Die Beklagte ist dem entgegengetreten. Anhaltspunkte für das Erfordernis eines Liegendtransports oder eines sonstigen Rettungstransports seien ihr nicht bekannt geworden und lägen auch nicht vor.

Im Verfahren ging es dann um materiellen und immateriellen Schadensersatz aus der Verletzung eines Behandlungsvertrages zur Rehabilitation. Das LG hat die Klage abgewiesen, das OLG weist in seinem Beschluss die Klägering darauf hin, dass ihre Berufung keinen Erfolg haben wird. Das OLG verneint eine Pflichtverletzung der Beklagten.

Es kann dahinstehen, ob die besonderen Umstände des Einzelfalles zu einem abweichenden Vertragsinhalt führen können. Jedenfalls im konkret zu entscheidenden Fall lagen keine besonderen Umstände vor. Es kommt deshalb weder darauf an, welche Kenntnis die Beklagte hiervon hatte oder hätte haben können und wie weit eine Informationspflicht möglicherweise reicht. Die Berufungsbegründung zeigt auch keine über das allgemein bei endoprothetisch behandelten Patienten bestehende erhöhte Sturzrisiko hinausgehenden Umstände auf.

Die allgemein erhöhte Sturzgefahr ist in der Praxis bekannt und wird nach den nachvollziehbaren Ausführungen des Sachverständigen, belegt durch die Richtlinie zu AHB-Anschlussrehabilitation, dadurch berücksichtigt, dass zwischen einer allgemeinen Anschlussrehabilitation nach hinreichender postoperativer Mobilisation und einer geriatrischen Nachbehandlung unterschieden wird. Nur letztere führt zur Notwendigkeit eines qualifizierten Krankentransportes. Die Indikation zu einer „AHB – Anschlussrehabilitation“, wie sie von der Streithelferin zu 1 gestellt wurde, setzt nach der von dem Sachverständigen vorgelegten Richtlinie eine hinreichende Reisefähigkeit voraus. Diese ist definiert als die Fähigkeit öffentliche Verkehrsmittel oder einen Pkw zu nutzen. Zu den öffentlichen Verkehrsmitteln gehören auch Busse und Bahnen, bei denen erforderlich sein kann, eine oder zwei Stufen zu steigen, und bei denen kein pflegerisch oder medizinisch geschultes Personal eingesetzt wird. Dass die Indikation der Streithelferin zu 2 falsch war und dass dies für die Beklagte erkennbar war, wird mit der Berufung nicht vorgetragen. Im Gegenteil ist deren Richtigkeit gutachterlich bestätigt.

Besondere Umstände des Einzelfalles geboten auch keine abweichende Verfahrensweise. Auch hier steht das Gegenteil zur Überzeugung des Senates aufgrund des unstreitigen Vortrages der Parteien und der Ausführungen des Sachverständigen fest.

Die Klägerin wurde bereits am 22.12.2008 hinreichend mobilisiert entlassen. Da schon in diesem Zeitpunkt, d.h. schon am 11. postoperativen Tag die Indikation für eine AHB – Anschlussrehabilitation gestellt werden konnte, ist von einem sehr guten postoperativen Verlauf auszugehen. Die Indikation setzt eine Frühmobilisation, eine Rehabilitationsbelastbarkeit und die – selbstständige (!) – Reisefähigkeit mit öffentlichen Verkehrsmitteln voraus.

Die Klägerin war dann eine Woche zu Hause, ohne dass sie pflegerische oder medizinische Hilfe in Anspruch nehmen musste. Auch im häuslichen Bereich sind regelmäßig Höhenunterschiede zu überwinden (Dusche, Badewanne, Treppen). Gleiches gilt für die außerhäusliche Mobilität wie bei Spaziergängen. Von diesbezüglichen Schwierigkeiten berichtet die Klägerin ebenso wenig wie von einer entsprechenden Information der Beklagten.

Der Transport wurde von einem Unternehmen durchgeführt, das über entsprechende Erfahrung verfügte. Vergleichbare Vorfälle aus der Vergangenheit sind nicht bekannt. Der Fahrer war unstreitig zur Gewährung von Hilfestellung angehalten. Dass er dem nicht nachgekommen ist, hat die Klägerin nicht vorgetragen. Eine Einstiegshilfe war vorhanden und hat nach dem unstreitigen Vortrag der Beklagten (Bl. 180 GA) die Hälfte der Höhe zwischen Bürgersteig und Fahrzeug überwunden. Ein erheblicher Höhenunterschied ist damit nicht verblieben. Der Vortrag der Klägerin lässt auch nicht erkennen, dass sie sich den Einstieg nicht zutraute. Weder wird von entsprechenden Hinweisen an den Fahrer berichtet, noch hat sie Anlass gesehen, ihren Mann zur Hilfe zu rufen, der als zweite Person zur Einstiegshilfe zur Verfügung stand. Es ist nicht zu ersehen, dass der Fahrer oder die Beklagte eine besondere Gefahr im Einzelfall erkennen sollten, die die Klägerin nicht hätte sehen können.“

Streitwert: Mehr als 138.000 €.

Straßenbahnsturz: Nicht zu früh aufstehen…sonst Mitverschulden

670px-Kirchner_-_Strassenbahn_in_DresdenIn einer Dresdner Straßenbahn stürzt ein Fahrgast bei Bremsen der Bahn und verletzt sich. Er macht Schadensersatzansprüche gelten, hat damit aber beim LG und OLG Dresden keinen Erfolg. Das OLG Dresden hat ihm im OLG Dresden, Hinweisbeschl. v. 26.03.2014 – 7 U 1506/13 – geraten, seine Berufung gegen die Klageabweisung zurückzunehmen, und zwar u.a. aus folgenden Gründen:

a) Nach der obergerichtlichen Rechtsprechung, der der Senat folgt, muss ein Fahrgast einer Straßenbahn damit rechnen, dass – außerhalb von Fahrfehlern – bei der Fahrt ruckartige Bewegungen des Verkehrsmittels auftreten können, die seine Standsicherheit beeinträchtigen. Er ist deshalb selbst dafür verantwortlich, dass er durch typische und zu erwartende Bewegungen einer Straßenbahn oder eines Linienbusses nicht zu Fall kommt und muss sich Halt auch gegen plötzliche Bewegungen der Straßenbahn verschaffen (vgl. OLG Dresden, Urt. v. 05.04.1995 – 12 U 63/95, juris; OLG Dresden, Urt. v. 21.02.2006 – 13 U 2195/05, juris; vgl. auch LG Dresden, Urt. v. 12.05.2010 – 4 O 3263/09, NZV 2011, 202). Der Fahrgast muss in diesem Zusammenhang durchaus auch jederzeit mit einem scharfen Bremsen des Verkehrsmittels rechnen (vgl. nur KG, Urt. v. 01.03.2010 – 12 U 95/09, MDR 2010, 1111). Dies gilt, wie der Senat aus eigener Erfahrung weiß, vor allem an Haltestellenbereichen von Großstädten, an denen es oftmals Verstöße gegen § 25 StVO gibt, auf die der Straßenbahnfahrer dann sofort, u.U. auch mit einer Notbremsung reagieren muss. Regelmäßig kann dem der Fahrgast, der mit einem solchen Manöver rechnen muss, dadurch begegnen, dass er sich sicheren Halt verschafft, soweit er nicht ohnehin einen Sitzplatz eingenommen hat. Deshalb neigt der Senat der Auffassung zu, dass in derlei Fällen regelmäßig davon auszugehen ist, dass der Beweis des ersten Anscheins für die Annahme spricht, dass der Sturz eines Fahrgastes auf mangelnde Vorsicht zurückzuführen ist (vgl. nur KG, Urt. v. 07.05.2012 – 22 U 251/11, juris; einschränkend: BGH, Urt. v. 11.05.1976 – VI ZR 170/74, VersR 1976, 932). Letztlich kommt es auf diese Frage, auf die auch das Landgericht sein Urteil nicht baut, nicht an, weil bereits nach dem unstreitigen Sachverhalt bzw. nach den vom Senat gem. § 529 ZPO zugrunde zu legenden Feststellungen ein Eigenverschulden der Klägerin hinreichend feststeht. Es ist nicht nachzuvollziehen, weshalb die Klägerin sich im konkreten Fall etwa veranlasst sehen musste, bereits 5 Sekunden vor Erreichen der Haltestelle ihren sicheren Sitzplatz aufzugeben ohne sich ausreichend abzusichern. Bereits nach den Feststellungen des Landgerichts, die die Berufung als solche auch nicht angreift, hat die Klägerin im maßgeblichen Zeitpunkt sich nicht angemessen festgehalten, um so auch auf ein plötzliches Abbremsen reagieren zu können. Vielmehr war sie kurz vor dem Unfall dem Sitz zugewandt und abgelenkt. Dass sie sich zumindest mit einer Hand festgehalten hätte, vermag auch die Berufung demgegenüber nicht zu behaupten. Dabei verkennt der Senat nicht, dass es Fahrgästen unbenommen bleibt, von ihren Sitzen aufzustehen und sich in Richtung Ausgang zu begeben. Nur muss der Fahrgast auch in diesem Fall ausreichend Eigenvorsorge betreiben und sich angemessen festhalten, zumal wenn kurz vor Erreichen eines Haltestellenbereichs mit einem u.U. auch drastischen Abbremsen ohne weiteres zu rechnen ist. Dass die Klägerin aufgrund besonderer Umstände etwa nicht in der Lage gewesen wäre sich ausreichend festzuhalten, behauptet sie nicht.

…..

Schließlich ist auch nicht zu beanstanden, dass das Landgericht die zulasten der Beklagten zu 1) in die Abwägung einzustellende Betriebsgefahr der Straßenbahn hinter das Eigenverschulden der Klägerin (oder genauer: die Verletzung der eigenen Obliegenheiten) hat zurücktreten lassen. Auch dies entspricht gefestigter Rechtsprechung (vgl. nur OLG Dresden, Urt. v. 21.02.2006 – 13 U 2195/05, juris; ebenso LG Dresden, Urt. v. 12.05.2010, aaO.), wobei die Rechtsprechung durchaus auch in Fällen nur leichter Fahrlässigkeit die Betriebsgefahr zurücktreten lässt (OLG Dresden, Urt. v. 21.02.2006 – 13 U 2195/05, juris). Die Rechtsprechung nimmt regelmäßig nur dann eine Quotierung vor, wenn es sich um einen atypischen Fall handelt (vgl. etwa OLG Dresden, Urt. v. 05.04.1995 – 12 U 63/95, juris: Sturz des Fahrgastes unmittelbar nach Schließen der Wagentür beim Anfahren aufgrund eines ungewöhnlichen, starken Rucks ohne vernünftigen Grund!). Im vorliegenden Fall ist nach Lage der Dinge (vgl. oben) allerdings durchaus von einem groben Eigenverschulden der Klägerin auszugehen, so dass sich ein solches Zurücktreten ohne weiteres ergibt. Dies stimmt nicht zuletzt mit der vom Senat in ständiger Rechtsprechungspraxis vertretenen Auffassung überein, wonach auch in anderen Fällen der Gefährdungshaftung (§§ 17, 7 StVG) die Betriebsgefahr gegenüber grobem Eigenverschulden zurücktreten muss.

Ich habe da mal eine Frage: Terminsgebühr für Gespräch mit dem StA?

© AllebaziB - Fotolia.com

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Der Kollege vom „Strafraum“ hatte neulich ja ein Rätsel gestellt bzw. ein Spiel gespielt. Schöne Idee, die ich dann aufgreife und mit unserer Serie: „Ich habe da mal eine Frage“ fortsetze. Nun kann man nichts alles abkupfern, aber eine Nische wird es geben, nämlich zum Gebührenrecht. Da habe ich auch schon häufiger Fragen von Kollegen weitergegeben. Und das werde ich dann jetzt regelmäßiger tun, ich will es jedenfalls versuchen.

Starten will ich heute mit einer Frage zur (Vernehmungs)Terminsgebühr Nr. 4102 VV RVG. Der Kollege schildert folgende Situation:

Verfahren mit dem Vorwurf des unerlaubten Entfernens (§ 142 StGB), es ergeht ein § 111a-Beschluß. Der Kollege sieht von der Einlegung einer Beschwerde zunächst ab. Er geht allerdings mit Beschwerde und der Akte in der Hand zum Staatsanwalt, um dort die Sache durchzusprechen und um z.B. Unterlagen von Versicherung vorzulegen zur Schadenshöhe usw. Die Staatsanwaltschaft nimmt dann ihren Antrag zurück – so der Kollege – und der Führerschein ist wieder da.

Frage: Nr. 4102 VV RVG für das Gespräch bei der StA mit dem Staatsanwalt?

Lösungen/Antworten werden gern entgegen genommen. Vielleicht hat ja der ein oder andere Lust, über das Wochenende mit zu denken?

 

Die unterlassene Benachrichtigung des Verteidigers – welche Folgen hat sie?

© angelo sarnacchiaro - Fotolia.com

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In Zusammenhang mit Wiedereinsetzungsfragen spielt häufig die Problematik eine Rolle, welche Folgen die – entgegen der Regelung in § 145a Abs. 3 Satz 2 StPO/51 Abs. 3 Satz 3 OWiG – unterlassene Benachrichtigung des Verteidigers von einer an den Angeklagten/Betroffenen bewirkten Zustellung hat. Dazu gibt es eine weitgehend einhellige Rechtsprechung, aus der zuletzt auf den KG, Beschl. v. 09.01.2014 – 2 Ws 2/14 – hinzuweisen ist, nämlich – so aus den Leitsätzen:

Das Unterbleiben der Benachrichtigung nach § 145a Abs. 3 Satz 2 StPO hat keinen Einfluss auf die Wirksamkeit der an den Angeklagten/Betroffenen  bewirkten Zustellung und den Lauf der hierdurch in Gang gesetzten Beschwerdefrist.

Der Verstoß begründet jedoch die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, wenn die Fristversäumnis darauf beruht und nicht besondere Umstände vorliegen, die dem Angeklagten/Betroffenen Anlass geben mussten, für die Einhaltung der Frist auch selbst Sorge zu tragen.

Und: Erhält der Verteidiger eine Abschrift „zur Kenntnisnahme“ ohne weitere Hinweise, stellt das keine ordnungsgemäße Benachrichtigung i.S.d. §§ § 145a Abs. 3 Satz 2 StPO ; 51 Abs. 3 Satz 3 OWiG dar, da diese Form der Mitteilung nicht dem Zweck dieser Vorschrift genügt (LG Aurich StRR 11, 348 für § 145a Abs. 3 Satz 2 StPO).