Im Bußgeldverfahren gibt es den Grundsatz, dass bei im Bußgeldbescheid nicht angegebener Schuldform von fahrlässigem Handeln auszugehen ist und eine Verurteilung wegen Vorsatzes nur nach einem Hinweis gemäß § 265 StPO erfolgen kann. Das gibt an der ein oder anderen Stelle, wenn ein solcher Hinweis nicht erfolgt ist, die Möglichkeit der Verfahrensrüge wegen eines Verstoßes gegen § 265 StPO. Zu der Frage hat im Sommer das OLG Karlsruhe im OLG Karlsruhe, Beschl. v. 13.08.2013 – 2 (6) Ss 377/13 AK 98/13 – in Zusammenhang wegen einer Verurteilung nach § 23 Abs. 1a StVO Stellung genommen. Danach gilt dieser Grundsatz bei Verstößen gegen § 23 Abs. 1 a StVO – Aufnehmen oder Halten eines Mobiltelefons während der Fahrt – nicht, weil ein solcher Verstoß, zumindest in aller Regel, nur vorsätzlich verwirklicht werden kann (dazu KG NJW 2006, 3080; OLG Hamm NZV 2008, 583):
Die Rüge der Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör greift nicht durch. Mit ihr macht der Betroffene geltend, das Amtsgericht habe seine Hinweispflicht aus § 265 StPO verletzt. Es habe den Betroffenen wegen vorsätzlicher Tatbegehung verurteilt. Hierauf hätte es hinweisen müssen, denn dem Bußgeldbescheid habe nur ein Fahrlässigkeitsvorwurf zugrunde gelegen, da in ihm keine Schuldform angegeben gewesen sei.
Die Rüge bleibt erfolglos, weil für das Amtsgericht keine Veranlassung zur Erteilung des von dem Betroffenen vermissten Hinweises gemäß § 265 StPO bestand, dass ein vorsätzlicher Verstoß gegen § 23 Abs. 1a StVO in Betracht komme. Ein solcher Verstoß kann ohnehin, zumindest in aller Regel, nur vorsätzlich verwirklicht werden (KG NJW 2006, 3080; OLG Hamm NZV 2008, 583 m.w.N.). Der sonst geltende Grundsatz, dass bei im Bußgeldbescheid nicht angegebener Schuldform von fahrlässigem Handeln auszugehen ist und eine Verurteilung wegen Vorsatzes nur nach einem Hinweis gemäß § 265 StPO erfolgen kann, gilt bei Verstößen gegen § 23 Abs. 1a StVO deshalb nicht. Im vorliegenden Fall kommt hinzu, dass in dem vorliegenden Bußgeldbescheid die Schuldform zwar nicht ausdrücklich benannt ist, dem Sachverhalt aber eindeutig ein von Vorsatz getragenes Verhalten des Betroffenen – „Handy mit der linken Hand ans rechte Ohr gehalten“ – zu entnehmen ist.“
Nun ja: Wenn das OLG schreibt: „Ein solcher Verstoß kann ohnehin, zumindest in aller Regel, nur vorsätzlich verwirklicht werden….“, dann sieht es offenbar die Möglichkeit, dass ich gegen § 23 Abs. 1a StVO auch fahrlässig verstoßen kann. Dann fragt sich aber, ob dann nicht doch ein Hinweis hätte erfolgen müssen. Allerdings: Man wird dann vom Betroffenen entsprechenden Vortrag erwarten müssen, dass der Verstoß im abgeurteilten Fall nur fahrlässig erfolgt ist. Frage: Geht das? Letztlich ist der Beschluss wohl im Ergebnis richtig. Obwohl: Ein gewisses Unbehagen bleibt.
Fahrlässiges Telefonieren ist mir noch nicht untergekommen.
das ist schön für Sie, soll es aber geben. Man fährt und denkt nicht daran, dass man fährt und telefoniert :-). Oder: Man hat den Motor bereits angelassen und dann kommt ein Anruf, den man annimmt.
Man fährt, es klingelt mit einem dieser altmodischen „brrrrrrrrrrnnnnng!“-Klingeltöne, und vor lauter Schreck hält man sich das Handy ans Ohr?
So ungefähr 🙂 🙂
Bleibt dann noch zu erwähnen, dass im Fall einer Vorsatzverurteilung die Rechtsschutzdeckung voraussichtlich wegfällt.
Als Konsequenz hätte der Betroffene die Anwaltskosten und die Verfahrenskosten, insbesondere die Kosten einer Beweisaufnahme (Gutachten zur Funktion einer verbauten Freisprechanlage, Reisekosten für Zeugen, Gutachten dazu, ob Zeugen das Gesehene überhaupt hätten sehen können, …) selbst zu zahlen. Im Ergebnis kann der Griff zum Handy somit wirklich ein teurer Spaß werden.
(Worüber der Anwalt aber nach meiner Einschätzung vorher aufklären müsste, um sich nicht schadensersatzpflichtig zu machen. [Obacht!])