Archiv für den Monat: Juli 2013

Was ich immer schon mal wissen wollte: Anklage wegen der NSA-Überwachung und kann Snowden in ein deutsches Zeugenschutzprogramm?

© burnhead – Fotolia

Der „NSA-Skandal“ führt für Juristen u.a zu zwei Fragen, nämlich:

1. Gibt es eine Anklage wegen der NSA-Überwachung?

2. Kann Snowden in ein deutsches Zeugenschutzprogramm aufgenommen werden?

Damit befasst sich in einem LTO-Interview unter dem Titel: NSA-Überwachung“Eine Anklage wird es wahrscheinlich nicht geben“ auf LTO Prof. Dr. Christoph Safferling,  Universitätsprofessor für Strafrecht, Strafprozessrecht, Internationales Strafrecht und Völkerrecht an der Philipps-Universität Marburg. Das Thema wird sicherlich auch examensrelevant, oder?

Juch-Hu: Es ist vollbracht – RVG-Reform im Bundesrat durch

Selbst auf die Gefahr hin, dass ich wegen der Formulierung „Es ist vollbracht“ wieder einen kritischen Kommentar bekomme:

Ich habe sie bewusst gewählt, denn es ist wohl vollbracht. Das BMJ meldet gerade mit seiner PM vom 05.07.2013: „Weg frei für modernes Kostenrecht“, dass der Bundesrat das Vermittlungsergebnis zum 2. Kostenrechtsmodernisierungsgesetz bestätigt hat. Auf der Homepage des Bundesrates kann man das zwar noch nicht abklären, aber meine Quellen sagen: Es ist durch. Und vorschnell wird zudem ja eine Ministerin nicht sein, oder? .-)

Damit können also die Änderungen (demnächst) In Kraft treten. Das zähe Ringen hat ein Ende, obwohl: Um das RVG ging es ja gar nicht. Das war nur vom Ringen um andere Dinge betroffen. Wenden wir uns also jetzt den Änderungen zu. Darüber werden VRR, StRR und RVGreport demnächst dann berichten.

 

Strafzumessung I: Fehler ja, aber Ausgang wie beim „Horneberger Schießen“.

Strafzumesssungsfragen spielen in der Rechtsprechung des BGH m.E. eine verhältnismäßig große Rolle. Immer wieder beanstandet der BGG die Strafzumessungserwägungen der LG. So im BGH, Beschl. v. 03.05.2013 – 1 StR 66/13. Im dem Verfahren ging es um die Verurteilung des Angeklagten wegen schweren sexuellen Missbrauchs. Da hatte der Angeklagte

„zu Recht beanstandet, dass das Landgericht zum Nachteil des Angeklagten „- wenn auch nur eingeschränkt – straferschwerend berücksichtigt“ hat, „dass der Angeklagte in einem weiteren Fall mit R. P. den vaginalen Geschlechtsverkehr kurz nach ihrem 14. Geburtstag vollzogen hat, auch wenn insoweit zu seinen Gunsten davon ausgegangen wurde, dass er dabei keinen Straftatbestand erfüllt hat.“ Die Strafkammer hat damit ein etwa fünf Jahre nach der abgeurteilten Tat liegendes Verhalten des Angeklagten strafschärfend herangezogen, obgleich sie die-ses Verhalten gleichzeitig als nicht strafbar beurteilt hat. Ein nach der Straftat liegendes Verhalten des Angeklagten darf aber in der Regel nur dann berücksichtigt werden, wenn es Schlüsse auf den Unrechtsgehalt der Tat zulässt oder Einblick in die innere Einstellung des Täters zu seiner Tat gewährt (BGH, Urteil vom 24. Juli 1985 – 3 StR 127/85, NStZ 1985, 545). Solches liegt bei einem Verhalten, welches Jahre nach der abgeurteilten Tat liegt, nicht ohne Weiteres vor und ist vorliegend auch nicht ersichtlich.“

Gebracht hat der Fehler dem Angeklagten aber nichts, denn die Strafzumessung des LG war nach Auffassung des BGH  trotz dieses Strafzumessungsfehlers angemessen i.S. § 354 Abs. 1a Satz 1 StPO. Wie war das noch mit dem Horneberger Schießen?

Lesetipp – aus gegebenem Anlass: Die Durchsuchung des Verteidigers gem. § 176 GVG

Ich habe gerade auf meiner Homepage das Inhaltsverzeichnis von StRR-Heft 7/2013 eingestellt. Dabei ist mir ein-/aufgefallen, dass ich ja noch gar nicht auf den als Thema des Monats bei Jurion-Strafrecht eingestellten Beitrag des Kollegen RiAG Th. Hillenbrand vom AG Backnang aus dem Juli-Heft des StRR hingewiesen habe. Der Kollege hat sich (noch einmal) – initiiert durch die Diskussionen im und zum NSU-Verfahren mit der „Durchsuchung des Verteidigers gem. § 176 GVG“ befasst. Also sicherlich ein aktueller Lesetipp, auch wenn im NSU-Verfahren die Fragen derzeit wohl keine Rolle mehr spielen; aber schneller ging es mit der Veröffentlichung leider nicht.

Das letzte und (zunächst auch) das allerletzte Wort – das hat der Angeklagte

© m.schuckart – Fotolia.com

Man kann es drehen und wenden, wie mal will: Das letzte Wort in der Hauptverhandlung hat der Angeklagte. Das Gericht mag zwar mit dem Urteilsspruch i.d.R. das allerletzte haben, aber, wenn der Angeklagte nicht das letzte Wort hatte, dann hat dieses allerletzte Wort keinen Bestand, wenn das mit der Revision gerügt wird. Und das gilt auch, wenn der Angeklagte schon einmal das letzte Wort hatte, danach aber noch einmal in die Verhandlung eingetreten ist. Dann hat er das allerletzte. Das ist im Übrigen noch eine der verbliebenen wenigen Stellen, an denen der BGH nicht viel Federlesen macht, wenn der Angeklagte es nicht hatte, sondern auf eine zulässig begründete Verfahrensrüge hin das Urteil i.d.R. aufhebt. So gerade noch im BGH, Beschl. v. 04.06.2013 – 1 StR 193/13 – ein Urteil des LG Konstanz, durch das der Angeklagte wegen Vergewaltigung verurteilt worden ist:

a) Nach dem – den Anforderungen des § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO genü-genden – Revisionsvortrag hatte der Angeklagte nach Beendigung der Beweis-aufnahme und den Schlussvorträgen das letzte Wort erhalten. Anschließend unterbrach das Gericht die Hauptverhandlung und trat danach nochmals in die Beweisaufnahme ein; die Vorsitzende gab den Hinweis, dass „bezüglich des Anklagepunktes 1 auch eine Verurteilung wegen Eindringens mit einem ande-ren Körperteil oder mit einem Gegenstand in Betracht kommt“. Ausweislich der Sitzungsniederschrift blieben die „Verfahrensbeteiligten bei ihren Anträgen. So-dann“ wurde die Beweisaufnahme wieder geschlossen. Nach Beratung verkün-dete das Gericht das Urteil. Der Sitzungsniederschrift lässt sich nicht entneh-men, dass dem Angeklagten nochmals das letzte Wort gewährt wurde.

b) Diese Verfahrensweise entsprach nicht dem Gesetz. Denn nach der Rechtsprechung ist dem Angeklagten gemäß § 258 Abs. 2 StPO erneut das letzte Wort zu gewähren, wenn nach dem Schluss der Beweisaufnahme nochmals – wie hier – in die Verhandlung eingetreten worden ist, weil jeder Wieder-eintritt den vorausgegangenen Ausführungen des Angeklagten die rechtliche Bedeutung als Schlussvortrag und letztes Wort nimmt und die erneute Beachtung des § 258 StPO erforderlich macht (Senat, Beschluss vom 4. Februar 2010 – 1 StR 3/10, NStZ-RR 2010, 152 mwN).

c) Der geltend gemachte Verfahrensverstoß ist auch bewiesen. Der für den Nachweis der in Rede stehenden wesentlichen Förmlichkeit (§ 274 Abs. 1 StPO) allein maßgeblichen Sitzungsniederschrift (vgl. Senat, aaO; BGH, Urteil vom 15. November 1968 – 4 StR 190/68, BGHSt 22, 278, 280) lässt sich nach Ansicht des Senats nicht entnehmen, dass dem Angeklagten nach dem erneuten Schluss der Beweisaufnahme (nochmals) das letzte Wort gewährt worden ist; dieses gilt unbeschadet dessen, dass die Vorgänge in falscher Reihenfolge protokolliert worden sind.

d) Der aufgezeigte Verfahrensfehler führt zur Aufhebung des Urteils. Die Nichterteilung des letzten Wortes begründet zwar nicht ausnahmslos die Revision, sondern nur dann, wenn und soweit das Urteil darauf beruht (vgl. BGH, Beschluss vom 28. Mai 2009 – 4 StR 51/09, StraFo 2009, 333, 334 mwN). Der Angeklagte hat indes die gegen ihn erhobenen Vorwürfe bestritten. Es kann daher nicht ausgeschlossen werden, dass der Angeklagte zu den Schuldvorwürfen erneut Stellung genommen und möglicherweise weitere für die Beweiswürdigung maßgebliche, ihn entlastende Umstände vorgetragen hätte.“