Archiv für den Monat: März 2013

Wochenspiegel für die 9.KW, das war wieder der Fall Mollath, Strafe, die sich lohnen muss, und der im Knast rockende Richter

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Aus der durch den Papstrücktritt sicherlich historischen 9. KW des Jahres 2013 berichten wir über die Dinge, die es sonst noch gab, nämlich über:

  1. erneut/nochmals den Fall Mollath, der jetzt vielleicht auch zum „Fall StA Augsburg“ wird, vgl. hier, hier, hier und hier,
  2. (nochmals) die StA Augsburg,
  3. die Frage, ob sich „Strafe lohnen“ muss,
  4. eine unterbrochene Hauptverhandlung (mich würde die darin ggf. liegende gebührenrechtliche  Problematik beim Pflichtverteidiger: Längenzuschlag? interessieren),
  5. die Löschung des privaten E-Mail-Accounts nach der Beendigung eines Beschädftigungsverhältnisses, vgl. auch hier,
  6. den gehbehinderten Rechtsanwalt und die Akteneinsicht durch Aktenübersendung (allerdings im finanzgerichtlichen Verfahren),
  7. den Justizbeamten, der keine Nebentätigkeitsgenehmigung für einen Waffenhandel erhalten hat,
  8. die Frage: Eigenes Strafrecht für Senioren?,
  9. dann war da noch die Wette/Umfrage, wie das BVerfG am 19.03.2013 zur Absprache entscheidet,
  10. und ganz zum Schluss ist da noch der Richter, der im Knast rockt.

Das Wohlfühlauto, oder: Man muss sich in seinem Auto sicher fühlen….

In einer PM v. 01.03.2013 berichtet das OLG Frankfurt über ein bei ihm anhängiges Verfahren betreffend ein „Wohlfühlauto“, das durch das OLG Frankfurt, Urt. v. 28.02.2013 – sein Ende gefunden hat (vgl. auch hier den Bericht auf LTO „Gefühlt unsichere Fahrzeuge sind mangelhaft„. Im Verfahren ging es um die Klage eines Neuwagenkäufers bei einem „bekannten Autohersteller“, der auf Rücknahme und Kaufpreiserstattung geklagt hatte. Begründung: Der gekaufte Pkw Wagen sei mangelhaft, da sich die Insassen in ihm aufgrund klappernder Geräusche nicht wohlfühlten. Zum Verfahren aus der PM:

„Der Kläger erwarb bei einer Filiale des beklagten Autoherstellers im Rhein-Main-Gebiet einen Neuwagen für rund 33.000,- €, der ihm Ende Januar 2008 ausgeliefert wurde. In der Folgezeit rügte der Kläger eine Vielzahl von Mängeln, die von der Beklagten zum Teil behoben wurden. Im Juli 2009 bemängelte der Kläger zum ersten Mal klappernde Geräusche am Unterboden des Fahrzeugs. Nachdem sich das Fahrzeug mehrfach zu Nachbesserungsversuchen bei der Beklagten befand – nach der Behauptung des Klägers 22-mal – trat der Kläger im September 2009 vom Kaufvertrag zurück und verlangte die Rückzahlung des Kaufpreises. Die Beklagte wandte ein, die Mängel hätten teilweise bei Übergabe des Fahrzeugs noch nicht vorgelegen und das klappernde Geräusch stelle zudem einen nur unerheblichen Mangel dar.

Wie schon das Landgericht nach Einholung eines Sachverständigengutachtens gab nun auch das Oberlandesgericht dem Kläger in der Berufung dem Grund nach Recht. Schon das trotz der vielen Nachbesserungsversuche nicht zu beseitigende klappernde Geräusch aus dem Bereich der Vorderradaufhängung, dessen Ursache bis heute nicht sicher festgestellt werden könne, berechtige den Kläger zum Rücktritt vom Kaufvertrag. Auch wenn die insoweit voraussichtlich anfallenden Mängelbeseitigungskosten unterhalb der Bagatellgrenze von 1 % des Kaufpreises liegen würden, ergebe sich die Erheblichkeit dieses Mangels aus seiner subjektiven Bedeutung. Der Sachverständige habe anschaulich geschildert, dass das Geräusch unregelmäßig auftrete, aber deutlich wahrnehmbar sei und deshalb bei den Insassen berechtigt das Gefühl aufkommen lasse, mit dem Fahrzeug stimme etwas nicht. Ein Fahrzeug aber, in dem sich die Insassen nicht sicher fühlten, sei mangelhaft.

Auf den zurückzuzahlenden Kaufpreis müsse sich der Kläger allerdings eine Nutzungsentschädigung für die von ihm mit dem Fahrzeug zurückgelegten 83.000 Kilometer anrechnen lassen, die hier auf rund 13.000,- € zu beziffern war.

Die Entscheidung ist faktisch rechtskräftig, da das OLG eine Revision zum BGH nicht zugelassen hat und eine Nichtzulassungsbeschwerde nicht in Betracht kommt.

Ich habe ja nicht mehr so ganz viel Ahnung vom Zivilrecht und ohne Kenntnis der Entscheidungsgründe ist eine Beurteilung auch immer schwer: Aber: Öffnet die Begründung des Sachverständigen nicht Tür und Tor für Rücktritte mit der Begründung: Zwar kleiner Mangel, aber ich fühle mich nicht sicher. Andererseits: Wer sitzt schon gern in einem Pkw, in dem er sich nicht sicher fühlt?

Und: Das Bild ist „Zufall“. In der PM heißt es nur „bekannter Autohersteller“. Da nehme ich mal lieber kein Bild, auf dem man eine Pkw-Marke erkennen könnte. Man weiß ja nie :-).

Mehr Videotechnik auch im Strafverfahren – wird wohl kommen

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Ich hatte ja schon über den sich immer noch im Gesetzgebungsverfahren befindenden Gesetzesentwurf zu mehr Videotechnik in Gerichtsverfahren berichtet (vgl. BT-Drucks. 17/1224; vgl. hier). Zu dem Gesetzgebungsvorhaben hat es nun am 20.02.2013 eine Sitzung des Rechtsausschusses gegeben, über die ich – etwas verspätet – auch hier berichten will. In der zu der Sitzung gehörenden/herausgegebenen PM des Bundestages hießt es:

„Rechtsausschuss unterstützt Gesetzentwurf des Bundesrates zur Videokonferenztechnik

Der Rechtsausschuss hat in seiner Sitzung am 20.02.2013 mehrheitlich für einen Gesetzentwurf (BT-Drs. 17/1224) des Bundesrates zur Intensivierung des Einsatzes von Videokonferenztechnik in deutschen Gerichten votiert.

Der Entwurf erweitere die Möglichkeit, Zeugen, Sachverständige und Dolmetscher durch Bild- und Tonübertragung zu hören, schreibt die Länderkammer. Die Zuschaltung per Videokonferenztechnik erspare Reisen von Prozessbeteiligten, auf deren persönliche Anwesenheit es in aller Regel nicht ankomme, argumentiert die Länderkammer. Durch eingesparte Reisekosten und reduzierten Zeitaufwand werde der Prozess so insgesamt kostengünstiger. Das vorliegende Gesetz erweitere videogestützte Prozesshandlungen konsequent auf zahlreiche Bereiche unterschiedlicher gerichtlicher, aber auch staatsanwaltschaftlicher Verfahren. Die Entscheidung, ob solche Technik zum Einsatz komme, liege dabei immer beim Gericht selbst, heißt es in der Vorlage weiter.

Für die Gesetzesinitiative stimmte neben den Koalitionsfraktionen auch die SPD-Fraktion. Die Linksfraktion votierte gegen sie, während sich die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen enthielt.

Weitere Beiträge im Gesetzgebungsverfahren:
15.01.2013 Fachleute sprechen sich im Rechtsausschuss mehrheitlich für Videokonferenztechnik in Gerichten aus
01.04.2010 Bundesregierung begrüßt Anliegen der Länder, mehr Videokonferenztechnik in gerichtlichen Verfahren einzusetzen
12.02.2010 Bundesrat beschließt Gesetzentwurf über Videokonferenzen in Gerichtsverfahren
21.12.2007 Videokonferenzen in Gerichtsverfahren – Bundesrat beschließt entsprechenden Gesetzentwurf

Quelle:

Bundestag, Rechtsausschuss

Damit dürfte der Gesetzesänderung, die auch im Strafaverfahren Änderungen bringen wird (vgl. hier) – wenn der BT es denn noch vor Ende der Legislaturperiode schafft, nicht mehr im Wege stehen.

Zum Wochenende mal was Nettes: Absehen vom Fahrverbot nach einer verkehrspsychologischen Maßnahme

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Zum Wochenende dann mal eine erfreuliche Meldung/Nachricht. Nach Auffassung des AG Bad Hersfeld im AG Bad Hersfeld, Beschl. v. 14. 2. 2013 – 70 OWi – 31 Js 8265/12 – entfällt die Anordnung eines Regelfahrverbotes nach Teilnahme an einer qualifizierten verkehrspsychologischen Intensivberatung, wie z.B. avanti-Fahrverbot) und eine Erhöhung der Geldbuße gibt es auch nicht. Begründung:

„…Der Betroffene hat eine Bestätigung der zum TÜV Nord gehörenden Fa. Nord-Kurs GmbH & Co KG vom 4.02.2013 zur Akte gereicht. Daraus ergibt sich, dass der Betroffene vom 17.01. bis 31.01.2013 in Kiel an einer verkehrspsychologisch fundierten Beratungsmaßnahme „avanti-Fahrverbot“ mit großem Engagement teilnahm. Dabei hätten 4 Einzelberatungen mit einem verkehrspsychologisch qualifizierten Diplom-Psychologen stattgefunden. Es könne erwartet werden, dass es dem Betroffenen künftig gelingen werde, weitere erhebliche Fehlverhaltensweisen im Verkehr zu vermeiden. Hierzu sind konkret benannte individuelle Ursachen von Verkehrsverstößen und Techniken zur zukünftigen Verhaltensänderung erarbeitet, worden.

Im Anschluss an das AG Rendsburg (Beschluss vom 1. 12. 2005 – 17 OWi 555 JG OWi 20236/05) hält, das Gericht die Sanktionsziele des Regelfahrverbotes durch die vom Betroffenen durchgeführte freiwillige Teilnahme an der verkehrspsychologischen Intensivberatung für bereits erreicht.

Eine solche eingehende psychologische Schulung ist mindestens ebenso geeignet, weiteren erheblichen Verstößen gegen die Straßenverkehrsordnung gegenzusteuern, wie die Folgen eines verhängten Fahrverbotes. Der Kursus überlässt es nämlich nicht dem Kraftfahrer selbst, die Ursachen der Geschwindigkeitsüberschreitungen zu beseitigen, sondern gibt ihm ein maßgeschneidertes Instrumentarium an die Hand.

In Anbetracht der mit der Intensivberatung verbundenen Kosten hat das Gericht aus Gründen der Verhältnismäßigkeit von einer weiteren Erhöhung der Geldbuße gern. § 4 Abs. 4 BKatV abgesehen...“

Diese Form des Absehens hat als erstes das AG Bad Segeberg im Jahr 2005 mitgemacht und einige AG sind dem in letzten Jahren gefolgt. Aber so richtig hat sich das – leider – nicht durchgesetzt. Und dabei ist Vorbeugen doch immer besser als Heilen. Und um nichts anderes geht es hier im Grunde.

 

Quo vadis: Smartphone usw.? – Darf ich demnächst im Pkw keine Musik mehr hören, sondern nur noch mit ihm fahren?

© akmm - Fotolia.com

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Kleine (?) Dinge, große Wirkung, denkt man bzw. habe ich gedacht, als ich die hib (= Heute im Bundestag)-Meldung Nr. 100 v. 27.02.2012 gelesen habe, mit dem Titel: Rechtslage zur Smartphone-Benutzung während der Autofahrt soll nach Ansicht des Petitionsausschusses geändert werden“.

Berichtet wird über eine Petition, die den Petitionsausschuss des Bundestages beschäftigt hat und die teilweise an der Bundesverkehrsministerium überwiesen worden ist. Da ging es wohl um die Nutzung eines Smartphones, das im Straßenverkehr dazu in die Hand genommen wird, etwas um das Navigationssystem zu nutzen, was gegen § 23 Abs. 1a StVO verstößt. Dieselbe Nutzung bei einem Tablet-Computer bleibt hingegen bußgeldfrei, weil man mit dem eben nicht (auch) telefonieren kann. Dass das ungerecht ist, fand der Petitionsausschuss auch und hat deshalb an das Minsterium weiter geleitet. Dem Vorschlag/der Forderungen des Petenten Forderung, künftig zu erlauben, dass Mobiltelefone während der Fahrt in die Hand genommen werden dürfen, wenn sie denn nicht zum Telefonieren genutzt werden, teilt der Ausschuss jedoch nicht.

So weit schon ganz interessant. Noch interessanter fand ich, dass man auf diesem Wege erfährt, was im Bundesverkehrsministerium offenbar geplant ist bzw. in der Pipeline hängt. wenn man das zusammenfasst:

  • Ggf. Änderung des § 23 StVO, um den o.a. Widerspruch aufzulösen, und zwar durch eine Ergänzung dahin, „dass künftig Handlungen der Fahrzeugführer, die nicht dem Fahren dienen und unter denen die Verkehrssicherheit leidet, generell ausdrücklich verboten werden sollen. Es sei jedoch schwierig, hier klare rechtliche Abgrenzungen zu finden, heißt es weiter.
  • Ggf. Umsetzung eines Konzepts (?) der Bundesanstalt für Straßenwesen (BAS), das vorsieht, das Bedienen technischer Geräte im Fahrzeug zu verbieten. Bislang würden darunter auch Navigationssysteme fallen, heißt es weiter. Um deren Nutzung während der Fahrt zu gewährleisten, werde eine entsprechende weiterführende Regelung erarbeitet.“ Zu letzterem fällt mir spontan ein: So wie es da steht, fällt darunter auch das Einschalten des Radios, oder?

Jedenfalls: Es bleibt spannend an der Stelle und hinter den Kulissen bewegt sich was. Warum auch nicht? Dann haben die Fachzeitschriften wenigstens etwas zu berichten.