Archiv für den Monat: November 2012

Wochenspiegel für die 45. KW., das waren/war zwei BGH-Richter, die aus dem Nähkästen plaudern, B. Wulff und die „Passwort-Demenz“

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Obwohl ich derzeit auf Borkum sitze, gibt es natürlich den Wochenspiegel, den wir heute zu Karnevalsanfang um 11.11. Uhr online gehen lassen. Wir empfehlen aus der vergangenen Woche bzw. berichten über folgende Berichte, und zwar über:

  1. den „ACAB-Beschluss“ des OLG Karlsruhe,
  2. zwei BGH-Richter, die aus dem Nähkästchen plaudern,
  3. den Passus „nach Diktat außer Haus“ oder „i.A.“ als Unterschriftsteil – beschäftigt auch immer wieder die Strafgerichte, vgl. auch hier,
  4. das Reißverschlussfahren vor Möbelwagen,
  5. neue Strafvorschriften im BtM-Gesetz – wir werden darüber demnächst im StRR berichten,
  6. weitergehende Forderungen von B. Wulff,
  7. zur Erforderlichkeit eines Schlichtungsverfahrens bei Beleidigungen via Facebook in Niedersachsen,
  8. Wiedereinsetzung in den vorigen Stand bei Zustellung eines Strafbefehls in Abwesenheit – mehr zur Zustellung demnächst in unserem neuen Rechtsmittel-Handbuch,
  9. die Frage: Ermittlungsverfahren gegen Frau Schavan?,
  10. und dann war da noch die „Passwort-Demenz„!

Nicht Rosen, sondern Haftung für den Staatsanwalt?

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Mit einem (Sonder)Problem, dass in der Praxis m.E. noch nicht an vielen Stellen behandelt ist, befasst sich das OLG Schleswig, Urt. v. 14.08.2012 – 11 U 128/10, nämlich der Frage der Amtspflichten der StA im Ermittlungsverfahren und der weiteren Frage nach Entschädigung, wenn die der StA obliegenden Amtspflichten verletzt worden sind. Es ging/geht offenbar – leider hat das Urteil keinen Tatbestand – um die Pflichten in Zusammenhang mit der Durchführung und Einstellung eines Ermittlungsverfahrens.

Dazu das LG in den amtlichen Leitsätzen:

1. Im Amtshaftungsprozess ist die Entscheidung der Staatsanwaltschaft, ein Ermittlungsverfahren einzuleiten, nicht auf ihre „Richtigkeit“, sondern allein daraufhin zu überprüfen, ob sie vertretbar ist. Die Vertretbarkeit darf nur dann verneint werden, wenn bei voller Würdigung auch der Belange einer funktionstüchtigen Strafrechtspflege die Einleitung der Ermittlungen gegen den Beschuldigten nicht mehr verständlich ist.

2. Die zum Zwecke der Akteneinsicht im Disziplinarverfahren übersandte Ermittlungsakte einer Staatsanwaltschaft ist als Übersendung an eine andere Justizbehörde im Sinne von § 474 Abs. 1 StPO zu qualifizieren. Weil es nicht der Staatsanwaltschaft obliegt, die Erforderlichkeit der Akteneinsicht für das Disziplinarverfahren zu überprüfen, sondern allein der beantragenden Justizbehörde selbst, stellt sich die Übersendung auch nicht als Amtspflichtverletzung dar.

Erfolg der Revision? Immerhin 300 € gespart beim Verfall

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Verfall und Einziehung (§§ 73, 74 StGB) spielen vor allem in BtM-Verfahren eine erhebliche Rolle. Viele BGH-Entscheidungen befassen sich mit den Fragen und ändern die landgerichtlichen Urteile an der Stelle ab. So auch der BGH, Beschl. v. 02.10.2012 – 3 StR 320/12.

Das LG hatte den Verfall von Wertersatz in Höhe von 1.000 € angeordnet. Der BGH hebt in Höhe von 300 € auf. Begründung:

„Die auf § 73 Abs. 1, § 73a Satz 1 StGB gestützte Verfallsanordnung hat in dieser Höhe keinen Bestand. Nach den Feststellungen war dem Angeklagten für den Transport von rund 2,5 kg Kokain ein Kurierlohn von 1.000 € in Aussicht gestellt worden. Tatsächlich übergab der Lieferant des Rauschmittels dem Angeklagten aber nur 700 €; 300 € wurden mit Schulden des Angeklagten aus früheren Kokaineinkäufen verrechnet. Diese 300 € hat der Angeklagte aus der abgeurteilten Tat nicht im Sinne des § 73 Abs. 1 Satz 1 StGB erlangt, so dass der Verfall des Wertersatzes insoweit nicht zulässig war.

Die Anordnung von Verfall nach § 73 Abs. 1, § 73a Satz 1 StGB setzt vo-raus, dass der Täter aus der Tat etwas erlangt hat. Der Begriff des „etwas“ um-fasst die Gesamtheit der materiellen Vermögenszuflüsse (sog. Bruttoprinzip), die der Tatbeteiligte unmittelbar aus der Verwirklichung des Tatbestandes er-zielt (Fischer, StGB, 59. Aufl., § 73 Rn. 7). Danach hätte das Landgericht den Verfall der mit den „Schulden“ des Angeklagten beim Lieferanten verrechneten 300 € nicht anordnen dürfen. Der diese vermeintlichen Schulden begründende Vertrag war nichtig (§ 134 BGB). Da weder der Angeklagte noch der Lieferant über die entsprechende Erlaubnis verfügten, verstießen die früheren Drogenverkäufe gegen ein gesetzliches Verbot (§ 3 Abs. 1 Nr. 1 BtMG). Somit standen dem Lieferanten aus diesen Betäubungsmittelgeschäften weder ein Kaufpreisanspruch noch andere zivilrechtliche Ansprüche zu, von denen der Angeklagte durch die Aufrechnung mit dem versprochenen Kurierlohn hätte frei werden können (vgl. BGH, Beschluss vom 6. Mai 2010 – 3 StR 62/10, StraFo 2010, 348). Der Senat kann den Betrag von 300 € in entsprechender Anwendung des § 354 Abs. 1 StPO von dem insgesamt für verfallenen erklärten Wertersatzbetrag abziehen.“

Kein großer Erfolg der Revision, aber immerhin. Erfolg an anderer Stelle hätte dem Angeklagten sicher besser gefallen. Allerdings kann es ja auch mal um größere Beträge gehen.

Was macht die RVG-Reform? Der „Gesetzesfahrplan“.

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Seit dem 29.08.2012 ist das 2. KostRMoG auf dem Weg und hat ja auch inzwischen den ersten Durchlauf im Bundesrat hinter sich (vgl. hier die BR-Drucks.- 517/12). Wir hatte ja auch schon berichtet (vgl. hier mit weiteren Verweisungen). Inzwischen gibt es einen „Gesetzesfahrplan“, der wie folgt aussieht:

  • Am. 12.12.2012 ist das Gesetz Thema im Rechtsausschuss im Bundestag.
  • Die Beschlussempfehlung ist für den 20.02.2013 vorgesehen.
  • Der zweite Durchgang im Bundesrat ist dann ab 22.03.2012 geplant.
  • Inkrafttreten soll die Neuregelung am 01.07.2013.

Frage: Kommt die Neuregelung mit der Erhöhung der Betragsrahmen denn auf jeden Fall? Nun, wie man hört, gibt es Ärger mit den Ländern, die sich immer noch bei den Gerichtskosten nicht ausreichend bedient sehen. Hauptstreitpunkte sind aber nicht das GNotKG und das RVG – beide Inhalt im 2. KostRMoG -, sondern das GKG und das KV GKG. Möglicherweise läuft es auf den Vermittlungsausschuss hinaus und dort dann nach dem Prinzip: Gibt`s du mir, gebe ich dir. Man könnte das auch „ausschachern“ nennen.

Anklage gegen Zwickauer Terrorzelle – ging dann ja doch schneller

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Bei LTO finde ich gerade die Nachricht über die Anklageerhebung gegen die Zwickauer Terrorzelle – mal untechnisch ausgedrückt. Danach hat die Bundesanwaltschaft nun beim OLG München bzw. dem dortigen Staatsschutzsenat Anklage erhoben.Ging dann ja doch schneller als erwartet. Gedauert hat es dann aber immer noch etwas mehr als ein Jahr.

Warum nun gerade München, erschließt sich mir nicht. Aber bei der doch größeren Zahl von Taten wird es eine Reihe Anknüpfungspunkte gegeben haben für die Anklageerhebung.