Archiv für den Monat: Mai 2011

Was hat das Kachelmann-Verfahren mit dem Verfahren ./. RA Lucas in Augsburg zu tun?

Ich komme erst jetzt dazu, mich mit dem Freispruch im Verfahren Kachelmann zu befassen. Natürlich habe ich vom Freispruch heute schon tagsüber gelesen, es war ja auch nicht zu überlesen dieses Thema, das heute erwartungsgemäß die Blogs beherrscht hat (vgl. u.a. hier, hier und hier). Sehr schön dazu der Beitrag von Prof. Müller im Beck-Blog zu den Lehren, die man aus dem Prozess ziehen kann/muss.

Erstaunt hat mich dann die Pressemitteilung des LG Mannheim, die in der Tat eine Medienschelte enthält, die m.E. schon ungewöhnlich ist. Aber: Ist sie das wirklich? Haben wir nicht Ähnliches erst vor kurzer Zeit auch im Verfahren ./. RA Lucas in Augsburg erlebt. Da hat sich das Gericht auch über das große Medieninteresse und die Begleitung in den Blogs beklagt (vgl. hier zur Urteilsbegründung in Sachen RA Lucas).

Tja, das hat Kachelmann also mit RA Lucas zu tun. Und es ist m.E. gut so, dass solche Verfahren auch so großes Interesse wecken und die Medienöffentlichkeit sie begleitet. Ich weiß aus eigener Erfahrung aus meiner StK-Zeit, dass man das nicht gern hat. Aber damit muss man leben (können). Und man sollte dann nicht hinterher die Medien, die Blogs usw. wegen ihrer Rolle schelten. Man sollte vielleicht lieber auch ein Wort zur Rolle der Staatsanwaltschaft verlieren. Das habe ich heute vermisst.

Fünf oder sieben Taten – Anklage muss das schon genau bezeichnen

Im Moment häufen sich die Entscheidungen zu den Anforderungen an eine ordnungsgemäße Anklage. In diese Reihe gehört auch OLG Oldenburg, Beschl. v. 10.02.2011 – 1 Ss 13/11. Danach ist eine Anklage, bei der sich die Tatanzahl in abstraktem und konkretem Anklagesatz unterscheiden, nebst zugehörigem Eröffnungsbeschluss unwirksam.

In der Anklage, die Gegenstand des Verfahrens war, wurden dem Angeschuldigten im abstrakten Anklagesatz fünf Straftaten zu Last gelegt, während im konkreten Anklagesatz sieben Taten geschildert wurden. Das OLG sagt: Kann wegen dieser – anhand der Anklageschrift nicht aufklärbaren und später nicht korrigierten – Diskrepanz nicht sicher festgestellt werden, welche Taten Gegenstand des Verfahrens sein sollen, so darf der Angeklagte nicht wegen fünf Taten verurteilt werden; vielmehr sind die Anklage und der darauf fußende Eröffnungsbeschluss unwirksam.

Etwas mehr Sorgfalt bei der Anklageverfassung wäre sicherlich angebracht, zumal das OLG auch noch folgenden Hinweis geben musste:

Für den Fall einer neuen Anklageerhebung weist der der Senat vorsorglich darauf hin, dass von den erstinstanzlich festgestellten und abgeurteilten 5 Straftaten mindestens 3 nicht in dem bislang angeklagten Zeitraum verübt wurden.“

Der Rechtsassessor im Strafvollzug

Nein, es geht nicht um den Rechtsassessor als Insasse einer JVA, sondern um den Rechtsassessor, der für einen Rechtsanwalt in Untervollmacht strafrechtliche Mandate wahrnimmt. Der Rechtassessor ist ehemaliger Rechtsanwalt, der seine Zulassung verloren hat. Er ist bei einem Rechtsanwalt tätig, der ihm regelmäßig Untervollmacht in strafrechtlichen Mandaten erteilt, auf Grund derer der Rechtsassessor Gefangene in der JVA aufsuchte. Die JVA sah ihn nicht als Verteidiger an und behandelte seine Besuche als reguläre Gefangenenbesuche. Das hat beim OLG Celle „gehalten“.

In OLG Celle, Beschl. v. 10.05.2011 1 Ws 170/11 (StrVollz) heißt es dazu:

Ein Rechtsassessor, der in Untervollmacht für einen Rechtsanwalt strafrechtliche Mandate wahrnimmt, kann eine Verletzung eigenen Rechts i.S.d. § 109 Abs. 2 StVollzG nicht geltend machen, wenn die Justizvollzugsanstalt ihm die für einen Verteidiger bestehenden Besuchsprivilegien verwehrt, solange er nicht in einer konkreten Strafsache mit gerichtlicher Genehmigung nach § 138 Abs. 2 S. 1 StPO zum Verteidiger gewählt worden ist.“

StORMG – was ist das?

Die Antwort auf die Frage lautet: Das ist der Entwurf der Bundesregierung BR-Drucksache 213/11 eines „Gesetzes zur Stärkung der Rechte von Opfern sexuellen Missbrauchs“, welches mehr Rechte für Opfer sexuellen Missbrauchs bringen soll. Wir hatten darüber ja schon mal berichtet.

Zu dem Gesetzesentwurf hat der Bundesrat jetzt Stellung genommen. In der PM Nr. 80/2011 vom 27.05.2011 heißt es:

Die Länder haben in ihrer Sitzung am 27.05.2011 zu einem Gesetzentwurf  Stellung genommen, mit dem die Bundesregierung den Opferschutz imStrafverfahren – insbesondere für minderjährige Opfer sexuellen Missbrauchs -weiter verbessern will.

Der Entwurf soll unter anderem dazu beitragen, Mehrfachvernehmungen Betroffener möglichst zu vermeiden. Zudem erleichtert er für volljährig gewordene Missbrauchsopfer die Bestellung eines Opferanwalts, ergänzt die Regelungen über den Ausschluss der Öffentlichkeit bei Hauptverhandlungen mit Minderjährigen und erweitert die Informationsrechte der Betroffenen. Die Verjährungsfrist für zivilrechtliche Schadenersatzansprüche wegen sexuellen Missbrauchs verlängert der Entwurf auf 30 Jahre.

Der Bundesrat möchte im weiteren Verfahren prüfen lassen, ob das Gesetz seiner Zustimmung bedarf, weil unter anderem die neuen Opferrechte im Strafverfahren Mehrausgaben für die Länder bewirken. Zudem hält er es für erforderlich, die Verjährung der in Rede stehenden Straftaten zukünftig bis zum 21. Lebensjahr der Opfer ruhen zu lassen (gegenwärtig gilt das 18. Lebensjahr). Hierdurch würde den Betroffenen die Chance zuteil, ein Trauma vor Verjährungseintritt soweit zu überwinden, dass eine freie Entscheidung über eine Anzeige noch rechtzeitig möglich ist. Die im Gesetzentwurf vorgesehenen Anforderungen an Ausbildung und Qualifikation von Jugendrichtern und Jugendstaatsanwälten empfindet der Bundesrat als zu weitreichend und lehnt sie daher ab.
Zudem bitten die Länder um nochmalige kritische Prüfung der Verjährungsfristen für zivilrechtliche Schadenersatzansprüche. Aus ihrer Sicht rechtfertigt nicht jede vorsätzliche Verletzung, die unabhängig von einer sonstigen Zwangslage erfolgt, eine dreißigjährige Verjährungsfrist.

Folgende Dokumente finden Sie im Internetangebot des Bundesrates:

Man sieht: Es geht auch mal wieder ums Geld.

Ausdehnung der Lkw-Maut vom Bundesrat beschlossen

Ein wenig unbeachtet geblieben ist die Ausdehnung der Lkw-Maut.

Dazu meldet der Bundesrat in seiner Pressemitteilung Nr. 74/2011 vom 27.05.2011:

Die Länder haben in ihrer Sitzung am 27.05.2011 das Gesetz zur Neuregelung mautrechtlicher Vorschriften für Bundesstraßen gebilligt. Es dehnt die Lkw-Maut auf Bundesstraßen mit mindestens zwei Fahrstreifen je Fahrtrichtung aus, die unmittelbar an eine Bundesautobahn angebunden sind.

Hiervon ausgenommen sind Strecken unter vier Kilometer Länge und Ortsdurchfahrten. Diese Einschränkungen gehen auf Forderungen des Bundesrates zurück, der aufgrund des ansonsten zu erwartenden Ausweichverhaltens der Fahrer eine zu hohe Belastung der Bevölkerung im nachgeordneten Straßennetz befürchtete.

Folgende Dokumente finden Sie im Internetangebot des Bundesrates: