Der Kollege Feltus hat gestern berichtet, dass er sich in einem Verwaltungsverfahren selbst eine schriftliche Vollmacht ausgestellt hat, nachdem die Verwaltungsbehörde die Vorlage einer solchen angefordert hatte (vgl. hier den Beitrag und auch hier den des Kollegen Melchior). Im Anschluss an seinen Beitrag ist in den Kommentaren eine heiße Diskussion entbrannt, ob das zulässig ist.
M.E. ja, die Regelungen des BGB-AT stehen m.E. nicht entgegen und m.E. gilt auch für den dort einschlägigen § 14 Abs. 1. Satz 2 VerwfG nicht anderes als im Strafverfahren. Ich mache es mir einfach und zitiere zum Strafverfahren aus dem eindeutigen Beschluss des BayObLG (länger ist es also schon her) v. 07.11.2001 – 5 St RR 285/01 – (BayObLGSt 2001, 153 = VRS 101, 436 = wistra 2002, 160 = NZV 2002, 199 = NStZ 2002, 277). Das LG hatte die Berufung der nicht erschienenen Angeklagten nach § 329 Abs. 1 StPO verworfen. Nach Auffassung des LG lagen die Voraussetzungen, unter denen sich die Angeklagte durch einen Vertreter vertreten lassen konnte, nicht vor, weil der Verteidiger nur eine unterzeichnete Vollmachtsurkunde vorlegte, die er aufgrund mündlich erteilter Vollmacht der Angeklagten für diese mit seinem Namen unterzeichnet hatte. Das BayObLG führt aus:
„Ist das Verfahren, wie hier, durch einen Strafbefehl eingeleitet worden, so kann sich der Angeklagte nach § 411 Abs. 2 Satz 1, § 329 Abs. 1 Satz 1 StPO auch in der Berufungsverhandlung durch einen mit schriftlicher Vollmacht versehenen Verteidiger vertreten lassen. Ein solcher Vertretungsfall lag hier vor.
Daß die dem Gericht vorgelegte Vollmacht aufgrund mündlich erteilten Auftrags der Vollmachtgeberin vom Bevollmächtigten für die Angeklagte mit seinem Namen unterzeichnet worden war, ist unschädlich. In der Rechtsprechung ist anerkannt, daß die Vollmachtsurkunde nach mündlicher Ermächtigung durch den Angeklagten auch von einem Dritten unterzeichnet werden kann (Kleinknecht/Meyer-Goßner StPO 45. Aufl. § 234 Rn. 5). Dabei macht es keinen rechtlich bedeutsamen Unterschied zur vorliegenden Fallgestaltung, daß bei der in den Urteilsgründen zitierten Entscheidung des Bayerischen Obersten Landesgerichts vom 20.11.1962 (Bay 62, 282) eine Büroangestellte, mithin eine Dritte, vorliegend aber der zur Vertretung Bevollmächtigte selbst die schriftliche Vollmacht unterzeichnet hat. Maßgeblicher Gesichtspunkt ist, daß der Vollmachtgeber einen anderen ermächtigen kann, für ihn, den Vollmachtgeber, die Vollmachtsurkunde zu unterzeichnen, und daß eine derartige Ermächtigung, die grundsätzlich keiner besonderen Form bedarf (§ 167 BGB), auch mündlich erteilt werden kann.
Es schadet auch nicht, daß Assessor Jürgen Z. die Vollmachtsurkunde nicht mit dem Namen der Angeklagten, sondern mit seinem Namen für die Angeklagte unterzeichnet hat; denn die von ihm gewählte Unterzeichnung „Für Tania Z.: Jürgen Z.“ läßt zweifelsfrei erkennen, daß der Unterzeichner aufgrund der ihm erteilten Ermächtigung der Angeklagten für diese nicht als bloßes Werkzeug, sondern als Vertreter im Willen handelte.
Bedenken dahingehend, daß bei einer Unterzeichnung der Vollmachtsurkunde durch die mit der Verteidigung zu beauftragende Person diese sich im Wege eines Insichgeschäfts die Verteidigervollmacht selbst erteilt, greifen nicht durch. Zutreffend weist die Revision insoweit darauf hin, daß zwischen der Erteilung der Vollmacht und der hierüber zu erstellenden Vollmachtsurkunde zu unterscheiden ist. Der Vorlage einer schriftlichen Vollmacht, die das Gesetz in den §§ 234, 411 Abs. 2 Satz 1 StPO verlangt, kommt nur eine Nachweisfunktion gegenüber dem Dritten, demgegenüber die Vertretung stattfinden soll, zu. Dieser Nachweis ist im Fall des § 411 Abs. 2 Satz 1, § 329 Abs. 1 StPO gegenüber dem für die Entscheidung zuständigen Berufungsgericht zu erbringen. Dagegen ist die Erteilung der Vollmacht selbst, wie allgemein nach § 167 BGB, formfrei. Dies gilt grundsätzlich auch für die Beauftragung des Wahlverteidigers (Kleinknecht/Meyer-Goßner Vor § 137 Rn. 9), wobei im vorliegenden Fall noch hinzukommt, daß Assessor Z bereits durch Beschluß des Amtsgerichts Landsberg a. Lech vom 1.10.1999 gemäß § 138 Abs. 2 StPO mit Genehmigung des Gerichts, die sich auf das ganze Verfahren erstreckt (Kleinknecht/Meyer-Goßner § 138 Rn. 14), zum Verteidiger der Angeklagten bestellt worden war.
Wie die Verteidigerbestellung selbst, ist auch die davon zu trennende Ermächtigung zur Ausstellung der schriftlichen Vollmacht des § 411 Abs. 2 Satz 1 StPO für den urkundlichen Nachweis der Vertretungsvollmacht formfrei. Sie konnte daher, wie geschehen, Assessor Z. auch mündlich erteilt werden.“
M.E kann man es deutlicher (und schöner) nicht schreiben: Das Unterzeichnen der schriftlichen Vollmacht durch den bereits Bevollmächtigten ist zulässig.
Nun, anders als unter § 411 StPO fordert § 14 VwVfG nicht das Vorliegen einer schriftlichen Vollmacht. Erforderlich ist danach, dass der Bevollmächtigte seine Vollmacht schriftlich nachweist.
Den Zweck der Regelung wird man darin sehen müssen, es der Behörde zu ermöglichen, Unsicherheiten über die Frage ob eine Rechtshandlung tatsächlich für und gegen den Betroffenen wirkt, zu beseitigen. Erforderlich ist also, dass derjenige, der seine Bevollmächtigung (mündlich oder schriftlich) behauptet, diese nachweist (so der Wortlaut). Der Nachweis muss schriftlich erfolgen, daran kann ebenfalls nach dem Gesetzeswortlaut kein Zweifel bestehen.
Nun zur selbst unterzeichneten Vollmachtsurkunde: Ist diese schriftlich? Klar. Aber beweist sie die Bevollmächtigung? Natürlich nicht. Sie enthält zur Frage ob der Unterzeichner bevollmächtigt ist keinerlei Anhaltspunkte. Man wird ihr die konkludente Erklärung des Unterzeichners dahingehend entnehmen können, aber die ist der Behörde ja nicht neu und liefert auch keine Beweis.
Zu beweisen ist der Vorgang der Bevollmächtigung des Vertreters durch den Mandanten. Das kann zweifellos durch Vorlage der (vom Mandanten unterzeichneten) Bevollmächtigung erfolgen. Liegt lediglich eine mündliche Bevollmächtigung vor, könnte der Mandant dies der Behörde schriftlich bestätigen.
Aber durch eine selbst unterzeichnete Vollmachtsurkunde kann niemals nachgewiesen werden, dass der Vertreter und Unterzeichner auch tatsächlich vom Vertretenen bevollmächtigt ist. Aber nur und gerade diesen Nachweis fordert § 14 VwVfG. Bei anderem Verständnis wäre die Vorschrift bloß nutzlose Förmelei.
@Ct
Der Wortlaut des § 14 Abs. 1 S. 2 VwVfG spricht nicht von „Bevollmächtigung“, sondern von „Vollmacht“. Der Bevollmächtigte muss nicht seine „Bevollmächtigung“ schriftlich nachweisen.
Die Vorschrift verschafft der Behörde eine Perpetuierung. Ob man das nun als „bloße nutzlose Förmlei“ bezeichnet, mag man selbst entscheiden.
@ BC
Gut auf den Punkt gebracht, wie ich finde.
Denn es sind zwei Punkte zu unterscheiden; erstens, ob es zulässig ist , das zu tun, was ich getan habe und zweitens, ob die Vorschrift des § 14 VerwVerfG dann überhaupt „Sinn“ macht.
Beide Punkte mögen miteinander zusammen hängen, der erste ist jedoch getrennt von dem zweiten Punkt zu beantworten.
Dass die Strafrechtler (einschl. BayObLG) einerseits mit § 167 BGB argumentieren, andererseits aber meinen, die Unterzeichnung der Vollmachtsurkunde durch einen mündlich bevollmächtigten Dritten sei dasselbe wie die Unterzeichnung per Insichgeschäft des Bevollmächtigten, beweist nur grundlegende Defizite in den zivilrechtlichen Grundlagen wie der Rechtsgeschäftslehre (hier: § 181 BGB).
Zum Glück haben wir ja Sie, der uns allen immer wieder sagt/zeigt, wie doof wir anderen doch sind. 🙂
Gemäß §§ 234, 411 StPO kann sich ein Angeklagte von einem „mit schriftlicher Vollmacht versehenen Verteidiger“ wirksam vertreten lassen. Nach wohl einhelliger Meinung führen diese Vorschriften nicht die Schriftform der Prozessvollmacht ein. Die Prozessvollmacht ist weiterhin formfrei gültig, soll aber in schriftlicher Form vorliegen. Daraus folgert das BayObLG, dass eine Vertretung des Angeklagten bereits dann wirksam ist, wenn eine wirksam ausgestellte Vollmachtsurkunde vorliegt. Da aber die Bevollmächtigung formlos gültig ist, kann ein Bevollmächtigter im Rahmen seiner bereits bestehenden Vollmacht auch die Urkunde über seine Bevollmächtigung ausstellen.
Eine vergleichbare Sicht ohne nähere Begründung wird vereinzelt in der Kommentarliteratur zu § 80 ZPO erwähnt.
§ 14 I 2 VwVfG verlangt vom Bevollmächtigten, „seine Vollmacht schriftlich nachzuweisen.“ Die Vorschrift unterwirft die Vollmacht nach ihrem Wortlaut also ebenfalls nicht dem Formzwang, sondern verlangt lediglich einen schriftlichen Nachweis der schon formlos gültigen Vollmacht. In Anlehnung an das BayObLG liegt es nahe anzunehmen, dass auch im Rahmen des Verwaltungsverfahrensrechts eine vom Bevollmächtigten unterschriebene Vollmachtsurkunde zum Nachweis ausreichen könnte.
Ich habe folgendes Bedenken:
Vollmacht ist die durch Rechtsgeschäft erteilte Vertretungsmacht (§ 166 II 1 BGB). Es soll also ein Schriftstück vorgelegt werden, das geeignet ist, die Vertretungsmacht des Bevollmächtigten nachzuweisen. Eine vom Bevollmächtigten unterschriebene Vollmachtsurkunde kann nun zwar die dem Bevollmächtigten erteilte Vertretungsmacht wahrheitsgemäß dokumentieren. Für die für die gesetzliche Schriftform erforderliche Unterschrift muss der Aussteller der Urkunde aber auf jene Vertretungsmacht zurückgreifen, die das Schriftstück erst nachweisen soll. Wie kann man die Innehabung einer Rechtsmacht schlüssig nachweisen, wenn man sich bei der Beweisführung auf die Innehabung der Rechtsmacht berufen muss? Wie kann die Vollmachtsurkunde Nachweis erbringen für das Bestehen der Vertretungsmacht, wenn dafür die fragliche Vertretungsmacht in Anspruch genommen wird? Wie kann Nachweis geführt werden, wenn das zu Beweisende bereits in der Begründung steckt?
@Burhoff:
Darf ich auf eine Antwort hoffen?