Archiv für den Monat: Februar 2010

Poliscan Speed: Standardisiert? OLG Karlsruhe lässt die Frage offen…

Wir hatten ja vorgestern über die Entscheidung des OLG Düsseldorf zu PoliscanSpeed berichtet (vgl. hier). Jetzt hat auch das OLG Karlsruhe dazu Stellung genommen (vgl. Beschl. v. 17.02.2010, 1 (8) SsBs 276/09-AK 79/09. Das OLG Karlsruhe geht aber einen anderen Weg, obwohl auch hier der Betroffene keinen Erfolg hatte. Es lässt die Frage: standardisiert ja oder nein? offen, und setzt sich mit der Messung im Einzelfall auseinander. Insoweit hatte der Amtsrichter nach Auffassung des OLG ausreichende Feststellungen getroffen. Anders als das AG Dillenburg zieht das OLG aus der mangelnden Überprüfbarkeit keine Folgerungen. Na ja, man hat so ein wenig den Eindruck, dass „man“ irgendwie dieses Messverfahren retten will. Siehe auch noch AG Solingen und sowie AG Lübben

Löschung von Internetseiten mit kinderpornografischen Inhalten vor Sperrung

Die Bundesregierung will ein Gesetz erarbeiten, dass die Löschung von Internetseiten mit kinderpornografischen Inhalten möglich macht. Das kündigte der Parlamentarische Staatssekretär im Bundesjustizministerium, Max Stadler (FDP), während einer öffentlichen Sitzung des Petitionsausschusses am 22.02.2010 an.

Näheres hier: http://www.wkdis.de/aktuelles/rechtsnews/175870/loeschung-von-internetseiten-mit-kinderpornografischen-inhalten-vor-sperrung-bundesregierung-will-entsprechendes-gesetz-erarbeiten

PoliscanSpeed ist standardisiert, sagt das OLG Düsseldorf! Wirklich?

Da habe ich gestern zur Entscheidung des AG Lübben noch geschrieben, dass obergerichtliche Rechtsprechung zu PoliscanSpeed nicht vorliege, da muss ich das heute schon zurücknehmen. Es gibt inzwischen – worauf mich ein Kollege dankenswerter Weise hingewiesen hat, den Beschluss des OLG Düsseldorf vom 20.01.2010 – IV-5 Ss (OWi) 206/09 – (OWI) 178/09 I. Der geht davon aus, dass es sich bei PoliscanSpeed um ein standardisiertes Messverfahren handelt (eine Entscheidung des OLG Karlsruhe soll es dazu auch geben [?]).

Wenn man sich die Entscheidung des OLG Düsseldorf ansieht, ist m.E. allerdings festzustellen, dass die nun nicht unbedingt überzeugend begründet ist. Zwar wird zur Begründung auf das von mir herausgegebene Handbuch für das straßenverkehrsrechtliche OWi-Verfahren verwiesen, was uns natürlich ehrt. Nur: Dort steht nicht, dass PoliscanSpeed ein standardisiertes Verfahren ist, sondern lediglich, dass es von der PTB zugelassen ist (ich wasche meine Hände also in Unschuld :-)). Mit den gegen das Messverfahren erhobenen Bedenken setzt sich das OLG Düsseldorf nicht im Einzelnen auseinander. Vielmehr wird m.E. nur der Schluss gezogen: PTB-Zulassung = standardisiert. Das greift m.E. aber zu kurz. Folge: Als Verteidiger wird man nicht nur nach wie vor, sondern jetzt erst recht die Bedenken gegen die Verwertbarkeit der Messung und Messfehler geltend machen müssen. Allerdings werden die AG jetzt sicherlich „einfacher“ damit umgehen, denn es handelt sich ja um ein „standardisiertes Messverfahren“.

Und noch einmal zur (Un)Verwertbarkeit von Poliscan, jetzt das AG Lübben

Derzeit ist das Messverfahren PoliscanSpeed in der Diskussion. Nach dem AG Dillenburg und dem AG Mannheim hat nun auch das AG Lübben in seinem Beschl. v. 22.01.10 – 40 OWi 1511 Js 33710/09 – 348/09 zur Unverwertbarkeit Stellung genommen und sie bejaht. Obergerichtliche Entscheidungen liegen bislang noch nicht vor, werden aber sicherlich nicht mehr lange auf sich warten lassen (zu den Fehlerquellen des Verfahrens s.a. Winninghoff/Weyde/Hahn, Wietschorke DAR 2010, 106).

Doch keine Hinweispflicht bei Verdoppelung der Geldbuße?

Ich hatte bereits über den Beschl. des OLG Hamm v. 13.11.2009 – 3 Ss OWi 622/09, in dem ein Verstoß gegen rechtliches Gehör bei Verdopplung der Regelbuße ohne Anhörung des Betroffenen angenommen worden ist, berichtet. Der wird von RiKG Urban Sandherr in DAR 2010 Heft 2, 99 – 100 besprochen. Sandherr teilt die Auffassung des OLG nicht. Seiner Meinung nach überspannt das OLG die Anforderungen an das rechtliche Gehör. Es schränke auch die Handlungsfähigkeit des Gerichts zu Unrecht ein. Die ganz herrschende Meinung vertrete daher auch die gegenteilige Auffassung. Denn die BKatV formuliere keine verbindliche Geldbuße, auf die der Betroffene vertrauen kann. Die BKatV mache nur Vorschläge. Zudem weist Sandherr darauf hin, dass dem Betroffenen neben der strafrechtlichen Folge auch verwaltungsrechtliche Maßnahmen drohen können, auf die er auch nicht hingewiesen werden muss.

Ich halte den Beschluss des OLG Hamm dennoch für zutreffend. Bei den Bußen des BKat handelt es sich um Regelbußen. Der Betroffene darf darauf vertrauen, dass, wenn keine besonderen Umstände vorliegen, diese verhängt werden. Dann muss er m.E. aber auch zuvor auf die geplante Erhöhung hingewiesen werden. Wieso dadurch die Handlungsfähigkeit des Gerichts eingeschränkt wird, erschließt sich mir nicht.