Wir werden sicherlich bald mal wieder eine Entscheidung des Großen Senats für Strafsachen des BGH bekommen. Der 5. Strafsenat hatte mit Beschluss vom 10.03.2009 (5 StR 460/08) mitgeteilt, dass er zu § 247 StGB wie folgt entscheiden wolle: „Die fortdauernde Abwesenheit des nach § 247 StPO während einer Zeugenvernehmung entfernten Angeklagten bei der Verhandlung über die Entlassung des Zeugen begründet nicht den absoluten Revisionsgrund des § 338 Nr. 5 StPO.“ Er hatte daher bei den anderen Strafsenaten angefragt, ob diese an entgegenstehender Rechtsprechung festhalten. Der 4. Strafsenat hat jetzt mitgeteilt, dass er an seiner abweichenden Rechtsprechung festhalte (vgl. Beschl. v. 25.08.2009, 4 Ars 6/09). Der Weg zum Großen Senat ist damit „frei“.
Archiv für den Monat: September 2009
Andere Länder – andere Sitten: Hosen-Verbot für Frauen
Seit einigen Tagen gibt es immer wieder Meldungen zu: Sudanesin entgeht Peitschenhieben. Für das „unschickliche“ Tragen einer Hose war sie zunächst zu 40 Peitschenhieben verurteilt worden, doch der Prügelstrafe ist Lubna Hussein dann entgangen. Ein Gericht sprach stattdessen eine Geldstrafe aus. Die sudanesische Journalistin weigert sich zu zahlen und muss nun ins Gefängnis. Man stelle sich das hier vor :-)). Die Knäste wären noch überbelegter als sie es so schon sind.
Quelle: http://www.spiegel.de/politik/ausland/0,1518,647547,00.html
Musikhören mit dem Handy ist ordnungswidrig
Da ist mal wieder etwas Neues zum Mobiltelefon im Straßenverkehr. Das OLG Köln hat jetzt entschieden, dass das Halten eines Mobiltelefons an Ohr, um Musik zu hören, (auch) Benutzung i.S. von § 23 Abs. 1a StVO und damit ordnungswidrig ist. Denn dann habe er nicht die Hände am Steuer, wodurch sich das Risiko eines Unfalls erhöhe.
Na ja, ich denke, so ganz viele Kraftfahrer wird es nicht geben, die auf diese sicherlich nicht ganz bequeme Art Musik hören. Ich denke, dass war eher der Versuch, ein Telefonat mit der Einlassung „ich habe Musik gehört“ zu kaschieren. Leider gescheitert. Beschl. v. 12. 8. 2009, 83 Ss OWi 63/09.
Verfassungsbeschwerde gegen Auslieferung erfolgreich
Der Beschwerdeführer besitzt die deutsche und die griechische Staatsangehörigkeit. Wegen des Verdachts der Bestechung im geschäftlichen Verkehr sowie Geldwäsche haben die griechischen Behörden auf der Grundlage eines Europäischen Haftbefehls um seine Festnahme zur Sicherung der Auslieferung nach Griechenland ersucht. Im Anschluss an die vorläufige Festnahme des Beschwerdeführers erklärte das Oberlandesgericht seine Auslieferung für zulässig und die Generalstaatsanwaltschaft entschied, seine Auslieferung zu bewilligen. Mit seiner Verfassungsbeschwerde wandte sich der Beschwerdeführer gegen die beiden Entscheidungen.
Die 2. Kammer des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts hat die Verfassungsbeschwerde des Beschwerdeführers angenommen, soweit dieser eine Verletzung seines aus Art. 16 Abs. 2 Satz 1 GG folgenden
Grundrechts auf Schutz vor Auslieferung rügt. Die Entscheidungen begründen einen Verfassungsverstoß und wurden aufgehoben. Damit ist über die Auslieferung nicht endgültig entschieden. Vielmehr sind die zuständigen Stellen zu einer neuen Entscheidung aufgerufen. Die Kammer beanstandet nicht prinzipiell die Auslieferung eines deutschen
Staatsangehörigen nach Griechenland auf der Grundlage eines Europäischen Haftbefehls, sie sieht lediglich einen Bestimmtheits- und Abwägungsmangel in den die Auslieferung erlaubenden Entscheidungen.
In der verfassungsgerichtlichen Rechtsprechung ist anerkannt, dass die grenzüberschreitenden europäischen Strafverfolgungsinteressen mit dem Schutzanspruch der betroffenen Grundrechtsträger aus Art. 16 Abs. 2 Satz
1 GG jeweils in Ausgleich gebracht werden müssen. Zu dieser grundrechtlichen Gewährleistung zählen vor allem hohe Anforderungen an die Rechtssicherheit im innerstaatlichen Auslieferungsverfahrensrecht.
Für die Frage der Rechtsicherheit im Auslieferungsverfahren ist im vorliegenden Fall maßgeblich zu berücksichtigen, dass die Auslieferung für Taten, bei der auch die deutsche Gerichtsbarkeit begründet ist, nur
dann erfolgen kann, wenn die Verfolgung nach deutschem Recht noch nicht verjährt ist. Laufende Verjährungsfristen können zwar durch Ermittlungsmaßnahmen unterbrochen werden, deutsche
Strafverfolgungsbehörden hatten aber derlei Maßnahmen nicht vorgenommen. Ermittelt hatten lediglich die griechischen Behörden.
Entscheidend für die Verletzung des Grundrechts auf Schutz vor Auslieferung ist, dass sich das Oberlandesgericht und die Generalstaatsanwaltschaft nicht darauf beschränken durften zu prüfen, ob auch Strafverfolgungsmaßnahmen griechischer Behörden „ihrer Art nach“ geeignet wären, die Verjährung nach deutschen Rechtsvorschriften zu
unterbrechen. Vielmehr hätten die deutschen Stellen – unter Zugrundelegung der grundrechtlichen Bestimmtheitsanforderungen im Auslieferungsverfahren – die Unsicherheiten und Unwägbarkeiten
berücksichtigen müssen, die mit derartigen rechtsordnungsübergreifenden Vergleichsüberlegungen notwendigerweise einhergehen. Denn neben den fremdsprachlichen Schwierigkeiten wirkt sich vor allem als
grundrechtsrelevante Unsicherheit aus, dass die strafprozessualen Vorschriften und Verfahrensweisen in jedem EU-Mitgliedstaat unterschiedlich ausgestaltet sind. Diese Erwägungen gelten auch für das Europäische Haftbefehlsverfahren. Dieses Verfahren vereinfacht die Auslieferung zwischen den Mitgliedstaaten der Europäischen Union innerhalb eines zusammenwachsenden Wirtschafts- und Rechtsraumes. Es erlaubt aber auch jedem Mitgliedstaat der Europäischen Union, im Falle innerstaatlicher Verfolgungsverjährung die Auslieferung seiner
Staatsangehörigen zu verweigern. Mit der offenen Frage, ob und inwieweit ausländische Verfahrenshandlungen Wirkung auf den Lauf der Verjährung innerhalb der deutschen Rechtsordnung haben, hat sich insbesondere die
angegriffene Entscheidung des Oberlandesgerichts nicht hinreichend auseinandergesetzt, vor allem nicht im Hinblick auf die Bestimmtheit der gesetzlichen Grundlage.
Beschluss des BVerfG v. 03.09.2009. 2 BvR 1826/09. PM 101/2009
Panne beim Blitzen? Radarkontrolle im Fernsehen
Spiegel-online berichtet:
„Ein Mann aus Langenhagen hat die von einer Radarfalle gemachten Bilder live auf seinem Fernsehschirm gesehen. Die Videosequenzen wurden per Funk an einen Mitarbeiter des Ordnungsamtes übertragen – auf einer Frequenz, die auch ein Sportsender nutzte.
Langenhagen – Das Ordnungsamt der Stadt Langenhagen bei Hannover bestätigte am Montag einen entsprechenden Bericht der „Bild“-Zeitung. Demnach wurde die Videofunkübertragung der Radarbilder offensichtlich auf derselben Frequenz gesendet wie der Sportsender, den der Mann eigentlich schauen wollte.
Neben der Videokamera, die Fotos von den Rasern machte, stand ein Funkgerät, das diese Bilder in das nebenan stehende Auto eines Ordnungsamtsmitarbeiters übertrug.
Die Frequenz der Messgeräte wurde inzwischen umgestellt. Der Geschäftsführer der Firma Leivtec in Wetzlar, die das Gerät vertreibt, sagte dazu: „Es handelt sich um eine öffentlich zugängliche Frequenz, wie sie zum Beispiel auch Überwachungskameras nutzen.“ Da es sich nicht um datenschutztechnisch relevante Informationen handle, sei der Fall juristisch unproblematisch.
Der ADAC geht davon aus, dass die Raser keine Möglichkeit haben, sich gegen die Rechtmäßigkeit der Geschwindigkeitskontrolle und ihre Bußgeldbescheide zu wehren. „Die Messung ist unzweifelhaft richtig, und die Daten sind verwertbar“, sagte Maximilian Maurer vom ADAC.“
Quelle: http://www.spiegel.de/auto/aktuell/0,1518,646052,00.html