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Fahrtenbuch, oder: Und was ist mit dem „Stinkefinger“?

entnommen openclipart.org

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Das VG Augsburg, Urt. v. 12.05.2016 – Au 3 K 15.1218 – hat eine Fahrtenbuchauflage zum Gegenstand, um deren Rechtsmäßigkeit nach folgendem (Verkehrs)Geschehen gestritten worden ist:

„Der 1965 geborene Kläger ist wohnhaft in pp.. Er ist u. a. Halter eines Motorrads des Typs Suzuki GSX-R 1000 mit dem amtlichen Kennzeichen ppp. (Fahrzeug-Ident-Nr. JS1B6111100ppp.).

Ausweislich eines polizeilichen Ermittlungsberichts vom 22. September 2014 wurde am Sonntag, den 17. August 2014 hinsichtlich des genannten Fahrzeugs bei der Polizeiinspektion L. folgender Sachverhalt zur Anzeige gebracht, der sich am selben Tag gegen 10.00 Uhr auf der Bundesautobahn A96 (Fahrtrichtung Lindau, Höhe L.) ereignet habe: Während dichten Verkehrs auf beiden Fahrspuren sei der Fahrer des Motorrads mit dem amtlichen Kennzeichen ppp. – nachdem dieser sich bereits zuvor ständig an anderen Fahrzeugen vorbeigedrängt habe – auf den gerade ein anderes Fahrzeug auf der linken Spur überholenden Pkw des Anzeigeerstatters zunächst sehr dicht – weniger als 2 m – aufgefahren und habe diesen schließlich rechts überholt. Der Anzeigeerstatter habe die Hupe betätigt, als der Motorradfahrer etwa auf gleicher Höhe gewesen sei, „um zu signalisieren, dass es so nicht geht“. Nachdem der Motorradfahrer vor dem Pkw des Anzeigeerstatters wieder eingeschert sei und verkehrsbedingt habe abbremsen müssen, habe der Motorradfahrer dem Anzeigeerstatter mit der linken Hand den sog. Stinkefinger gezeigt. Sodann habe der Motorradfahrer beschleunigt und sei davon gefahren. Abschließend gab der Anzeigeerstatter an, dass auch seine beifahrende Freundin den Vorfall bestätigen könne und diese auch Lichtbilder von der Situation gefertigt habe. Der Anzeigeerstatter stellte Strafantrag wegen Beleidigung.“

Das VG stellt in seinem doch recht umfangreichen Urteil zu den Voraussetzungen des § 31a StVZO fest:

Auch bei erstmaliger Begehung eines Verkehrsverstoßes, der im Fall seiner Ahndung zur Eintragung von wenigstens/nur einem Punkt im Fahreignungs-Bewertungssystem bzw. Verkehrszentralregister geführt hätte (hier: unzulässiges Rechtsüberholen außerhalb geschlossener Ortschaften), ist  – die Auferlegung eines Fahrtenbuchs nach § 31a Abs. 1 S. 1 StVZO gerechtfertigt und verhältnismäßig.

Die Feststellung des Kraftfahrzeugführers ist unmöglich i.S.v. § 31a Abs. 1 Satz 1 StVZO, wenn die Behörde alle nach den Umständen des Einzelfalls angemessenen und zumutbaren Maßnahmen getroffen hat, ihn zu ermitteln. Dazu gehört es grundsätzlich, den Fahrzeughalter unverzüglich – regelmäßig innerhalb von zwei Wochen – von der Zuwiderhandlung zu informieren. Eine verzögerte Anhörung ist unschädlich, wenn feststeht, dass sie für die unterbliebene Feststellung des Fahrzeugführers nicht ursächlich  geworden ist.

Verweigert der Fahrzeughalter seine Mitwirkung bei der Ermittlung des Fahrzeugführers, darf die Behörde in der Regel davon ausgehen, dass die Feststellung des Kraftfahrzeugführers unmöglich i.S.v. § 31a Abs. 1 S. 1 StVZO ist; naheliegenden und mit wenig Aufwand durchführbaren Ansätzen zur Fahrerermittlung muss die Behörde aber auch dann nachgehen.

Was natürlich noch interessiert, ist die Frage: Und was ist mit dem „Stinkefinger“? Spielt er eine Rolle? Das VG sagt: Nein, denn:

„Ebenfalls hat eine etwaige vom Fahrer des klägerischen Fahrzeugs durch Zeigen des sog. Stinkefingers begangene Beleidigung nach § 185 StGB bei der Anordnung der Fahrtenbuchauflage außer Betracht zu bleiben, denn ihr fehlt der spezifische Verkehrsbezug; mit der Beleidigung als solcher wird nicht gegen Verkehrsvorschriften zuwider gehandelt (vgl. VG München, U. v. 10.9.2009 – M 23 K 09.2395 – juris Rn. 19).“

Na ja, aber lieber doch nicht…. 🙂 .

Internetfahndung/Öffentlichkeitsfahndung: Wohl nicht bei einem Ladendiebstahl

entnommen wikimedia.org Urheber User:Mattes

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Neue Techniken bringen neue Probleme/neue Frage. Darauf habe ich schon häufiger hingewiesen und das zeigt dann auch mal wieder der AG Bonn, Beschl. v. 21.04.2016 – 51 Gs -410 UJs 203/16- 722/16. In ihm geht es um die Anordnung einer sog . Öffentlichkeitsfahndung nach § 131 b Abs. 1 StPO. Das AG hat die abgelehnt, wobei es von folgendem Sachverhalt ausgegangen ist:

„Am 9. März 2016 betrat gegen 13:00 Uhr eine unbekannte weibliche Person die Verkaufsräumlichkeiten der Firma F G in C und entnahm dort aus den Auslagen Kinderbekleidung im Wert von insgesamt 95,92 EUR. Bevor sie die Räumlichkeiten verlassen konnte, wurde sie im Kassenbereich von einer Mitarbeiterin angesprochen. Die entwendete Ware ließ sie daraufhin zurück und verließ, ohne sich auszuweisen, die Geschäftsräumlichkeiten.

Am 22. März 2016 fand sich offenbar auf Veranlassung der ermittelnden Beamten die Mitarbeiterin der Firma F G bei der Polizei ein. Nachdem ihr dort „Video-Beweismaterial der SWB“ vorgelegt wurde, will die Zeugin die „flüchtige Tatverdächtige“ in einem Linienbus wieder erkannt haben. Diese Abbildungen sollen nunmehr auf Antrag der Staatsanwaltschaft uneingeschränkt im Internet veröffentlicht werden.“

Begründung der Ablehnungsentscheidung des AG:

Ungeachtet dessen ob die Auswertung des Video-Beweismaterials in einem Strafprozess brauchbar wäre, liegt schon keine Straftat von erheblicher Bedeutung im Sinne des § 131b StPO vor.

Die tatbestandliche Voraussetzung einer Straftat von erheblicher Bedeutung bringt das Übermaßverbot zum Ausdruck und stellt klar, dass eine Öffentlichkeitsfahndung bei geringfügigen Straftaten untersagt ist, vgl. Meyer-Goßner/Schmitt StPO § 131b Rn. 2.

Maßgeblich für eine Beurteilung der Erheblichkeitsschwelle ist eine einzelfallbezogene Beurteilung, da der Gesetzgeber bewusst (z.B. in Abweichung von § 98a Abs. 1 StPO) auf einen konkretisierenden Deliktskatalog verzichtet hat. Es ist daher gerade nicht ausreichend, dass es sich um ein Delikt handelt, bei dem der Schaden die Geringwertigkeitgrenze lediglich überschreitet.

Das Gewicht der Straftat muss vielmehr so groß sein, dass der mit einer Öffentlichkeitsfahndung verbundene intensive Eingriff in das Persönlichkeitsrecht angemessen und verhältnismäßig ist, vgl. auch AG Hannover Beschluss vom 23.04.2015, AZ: 174 Gs 434/14.

Mit Rücksicht darauf ist der in Betracht kommende Strafrahmen für sich genommen kein taugliches Kriterium, zumal im Zeitpunkt der Veröffentlichung nicht ansatzweise eingeschätzt werden kann, welche Strafe konkret im Raum steht; der in Betracht kommende Strafrahmen vermag daher nur ein Gesichtspunkt für die Bewertung der Bedeutung der Straftat sein. Als weitere Anknüpfungspunkte für die Beurteilung der Erheblichkeitsschwelle sind heranzuziehen die konkrete Vorgehensweise, das Maß an krimineller Energie sowie die Rechtsfolgen der Tat, soweit diese hinreichend prognostizierbar sind. Dabei ist zu berücksichtigen, dass insbesondere bei Veröffentlichungen im Internet und in Printmedien, die auf eine aktive Beteiligung des Bürgers zielen, bei der eine allzu häufige Inanspruchnahme der Massenmedien die Bereitschaft der Öffentlichkeit, an der Aufklärung von Straftaten mitzuwirken, erlahmen kann.

Vorliegend sprechen bei einer einzelfallbezogenen Betrachtung alle vorgenannten Kriterien gegen die Annahme einer Straftat von erheblicher Bedeutung i.S.d. § 131 b StPO. Der Wert des Diebstahlgutes überschreitet die Geringwertigkeitsgrenze zwar, allerdings nicht in erheblichem Maße. Die konkrete Vorgehensweise lässt keinerlei Rückschlüsse auf eine gewerbsmäßige Vorgehensweise zu und ist Alltags.-bzw. der Kleinkriminalität zuzuordnen; die Täterin war offenbar noch nicht einmal imstande, die elektronischen Sicherungsetiketten zu entfernen. Darüber hinaus ist der Firma F G tatsächlich kein Schaden entstanden; die Ware ist unbeschädigt bei der Eigentümerin verblieben.

Letzthin ist der Antrag auf einschränkungslose Veröffentlichung aber im Hinblick auf den erheblichen Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht auch unverhältnismäßig. Eine im Ergebnis zeitlich unbegrenzte und irreversible Veröffentlichung im Internet scheidet angesichts des geringen Schadens und vor dem Hintergrund, dass die Lichbildaufnahmen keinen objektiv nachvollziehbaren unmittelbaren Tatzusammenhang haben, von vornherein aus. Eine Veröffentlichung in den örtlichen Printmedien wäre allenfalls verhältnismäßig, wenn dem zunächst ein (nicht genehmigungsbedürftige) Veröffentlichung im Intranet der Polizei vorangegangen wäre.“

Über den erwähnten AG Hannover, Beschl. v. 23.04.2015 – 174 Gs 434/14 – habe ich übrigens auch berichtet – vgl. hier: Öffentlichkeitsfahndung mit Videoprints – welche Voraussetzungen?.

Ein Schlag ins Gesicht – reicht das für die Unterbringung?

© cunaplus - Fotolia.com

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Wenn man die Rechtsprechung des BGH auf dessen Homepage auswertet, stellt man schnell fest, dass sich viele Entscheidungen mit den Fragen der Unterbringung nach den §§ 63, 64 StGB befassen. Das sind bei den Betroffenen – verständlicherweise – sehr unbeliebte Maßregeln, deren Verhängung wegen des massiven Eingriffs in die persönliche Lebensgestaltung des jeweiligen Betroffenen allerdings auch an recht strenge Voraussetzungen geknüpft sind. Daran erinnert der BGH, Beschl. v. 19.04.2016 – 3 StR 67/16. Im Grunde mahnt der BGH einen vosichtige(re)n Umgang mit diesen Vorschriften, jedenfalls aber die sorgfältige Prüfung der Voraussetzungen für die belastenden Eingriffe an:

„Nach den vom Landgericht getroffenen Feststellungen glaubte der nur wegen Betruges und Diebstahls geringfügig vorbestrafte und alkoholisierte Beschuldigte bei einer zufälligen Begegnung mit dem Geschädigten, dieser habe ihm gegenüber den Ausdruck „Nigger“ gebraucht. Als Reaktion auf diese vermeintliche Beleidigung schlug er ihn mit der Hand ins Gesicht. Die Strafkammer hat weiter ausgeführt, der Beschuldigte habe im Zustand ausgeschlossener Schuldfähigkeit gehandelt. Der psychiatrische Sachverständige sei zu dem Ergebnis gekommen, dass der Beschuldigte an einer schizophrenen Spektrumserkrankung (ICD 10: F 20.0) leide und sich zum Tatzeitpunkt in einem akut polymorph psychotischen Zustandsbild im Sinne einer akuten Psychose (ICD 10: F 20.0) befunden habe. Dieser Zustand sei als krankhafte seelische Störung im Sinne des § 20 StGB zu qualifizieren und habe dazu geführt, dass zur Tatzeit seine Einsichtsfähigkeit aufgehoben gewesen sei. Diese Ausführungen mache sich die Strafkammer zu eigen. Dementsprechend sei von einer aufgehobenen Schuldfähigkeit des Beschuldigten zur Tatzeit auszugehen. Auch die übrigen Voraussetzungen des § 63 StGB lägen vor.

2. Diese Ausführungen tragen die Anordnung der Maßregel nicht.

Die grundsätzlich unbefristete Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus gemäß § 63 StGB ist eine außerordentlich belastende Maßnahme, die einen besonders gravierenden Eingriff in die Rechte des Betroffenen darstellt. Sie darf daher nur dann angeordnet werden, wenn zweifelsfrei fest-steht, dass der Unterzubringende bei der Begehung der Anlasstaten aufgrund eines psychischen Defekts schuldunfähig oder vermindert schuldfähig war und die Tatbegehung hierauf beruht. Daneben muss eine Wahrscheinlichkeit höheren Grades bestehen, der Täter werde infolge seines fortdauernden Zustandes in Zukunft erhebliche rechtswidrige Taten begehen. Der Tatrichter muss die die Unterbringung tragenden Umstände in den Urteilsgründen so umfassend dar-stellen, dass das Revisionsgericht in die Lage versetzt wird, die Entscheidung nachzuvollziehen (st. Rspr.; vgl. etwa BGH, Beschluss vom 17. Dezember 2014 – 3 StR 377/14, juris Rn. 8).

Im vorliegenden Fall ist bereits nicht belegt, dass die festgestellte Erkrankung des Beschuldigten Ursache des Schlages in das Gesicht des Ge-schädigten war. Den Feststellungen lässt sich nicht entnehmen, aus welchem Grund der Beschuldigte meinte, der Geschädigte habe ihn als „Nigger“ bezeichnet. Die Beweiswürdigung enthält hierzu ebenfalls keine Ausführungen. Damit bleibt insbesondere offen, ob der Beschuldigte wahnbedingt oder aus einem sonstigen Grunde, etwa aufgrund des vorherigen Alkoholkonsums, zu der Annahme gelangte, der Geschädigte habe ihn beleidigt, und warum er sich veranlasst sah, den Geschädigten als Reaktion auf dessen vermeintliche Äußerung zu schlagen. Auch im Rahmen der Ausführungen zu den Voraussetzungen der §§ 20, 21 StGB verhalten sich die Urteilsgründe zu dieser Frage allenfalls pauschal. Die Strafkammer hat sich dort auch insoweit lediglich dem Sachverständigen angeschlossen und als dessen Ausführungen nur angegeben, das Krankheitsbild sei als Ursache des verübten Körperverletzungsdelikts anzusehen. Dieser nicht näher spezifizierte Hinweis reicht hier indes nicht aus.

3. Die bisherigen Feststellungen und weiteren Urteilsgründe geben Anlass, darauf hinzuweisen, dass entsprechend den dargelegten Maßstäben die einzelnen Voraussetzungen des § 63 StGB sorgfältig festzustellen und darzulegen sind. Dies gilt – insbesondere bei einer Erkrankung aus dem Formenkreis der Schizophrenie – für den Zustand des Beschuldigten, darüber hinaus aber auch für die zu treffende Gefährlichkeitsprognose. Schließlich darf der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit nicht aus dem Blick geraten. Dessen angemessene Beachtung könnte dafür sprechen, die von der Strafkammer im Rahmen der Gefährlichkeitsprognose dargestellten weiteren Vorfälle, sofern sich das neue Tatgericht ebenfalls von ihnen zu überzeugen vermag, nach Verbindung der Verfahren ebenfalls als Grundlage der Anordnung in Betracht zu ziehen.“

Täter-Opfer-Ausgleich: Kleine Checkliste vom 2. Strafsenat

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Im Rahmen der Strafzumessung spielen häufig die mit einem Täter-Opfer-Ausgleich (TOA) (§ 46a StGB) zusammenhängenden Fragen ein Rolle. Liegt ein TOA vor kann ja nach der Vorschrift des § 46a StGB die Strafe gemildert werden. Allerdings müssen dafür die von der Rechtsprechung, vor allem der des BGH, aufgestellten Voraussetzungen vorliegen. Das ist vor allem der sog. kommunikative Prozess zwischen Täter und Opfer.

Zu den Voraussetzungen des TOA nach § 46a Nr. 1 StGB hat vor einiger Zeit noch einmal der BGH Stellung genommen, und zwar im BGH, Urt. v. 23.12.2015 – 2 StR 307/15. Da ging es erneut um die drei wesentlichen Fragen:

  1. Welche Auswirkungen hat es, wenn aufgrund der Vermögenslage des Angeklagten auf absehbare Zeit nicht mit einer auch nur (teilweisen) Zahlung von Schmerzensgeld zu rechnen ist?.
  2. Welche Auswirkungen hat es, dass der Angeklagte den Tatvorwurf nicht vollumfänglich eingeräumt hat?
  3. Wie ist der kommunikative Prozess im Urteil festzustellen?

Alle drei Fragen hat der BGH in seinem Urteil beantwortet, und zwar wie folgt:

  1. Es steht der Anwendbarkeit des § 46a Nr. 1 StGB nicht grundsätzlich entgegen, wenn aufgrund der Vermögenslage des Angeklagten auf absehbare Zeit nicht mit einer auch nur (teilweisen) Zahlung von Schmerzensgeld zu rechnen ist. Im Rahmen des § 46a Nr. 1 StGB genügt – anders als bei § 46a Nr. 2 StGB – das ernsthafte Erstreben einer Wiedergutmachung; ein Wiedergutmachungserfolg wird deshalb nicht vorausgesetzt.
  2. Dem von der Rechtsprechung des BGH verlangten Verhalten des Täters, das sich als Ausdruck der Übernahme von Verantwortung darstellt, steht dem nicht entgegen, dass der Angeklagte den Tatvorwurf nicht vollumfänglich eingeräumt hat. Das Beschönigen einzelner Tatumstände schadet nicht.
  3. Für eine Annahme des § 46a Nr. 1 StGB sind tatrichterliche Feststellungen dazu erforderlich, wie sich das Opfer zu den Anstrengungen des Täters gestellt hat. Für die Anwendung der Vorschrift bedarf es grundsätzlich zwar keines persönlichen Kontakts zwischen dem Angeklagten und dem Geschädigten. Der sog. kommunikative Prozess kann auch über die jeweiligen Rechtsanwälte erfolgen. Die schlichte Behauptung, es habe ein kommunikativer Prozess stattgefunden, genügt allerdings nicht. Es müssen insbesondere Feststellungen dazu getroffen werden, wie sich der Tatgeschädigte zu den Ausgleichsbemühungen des Angeklagten verhalten hat, insbesondere dazu, ob der Geschädigte die (zugesagten) Leistungen als „friedensstiftenden Ausgleich“ akzeptiert hat.

Daran kann man also einen TOA „abarbeiten“.

Absehen vom Fahrverbot: Schwierig ist es beim Abstandsverstoß

© digitalstock - Fotolia.com

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Den heutigen Tag schließe ich dann mit einer Entscheidung zum Fahrverbot, nämlich mit dem OLG Bamberg, Beschl. v. 17.09.2015 – 3 Ss OWi 1048/15, zu den Voraussetzungen des Absehens vom Fahrverbot bei Abstandsverstoß (§ 4 StVO). Machen wir es kurz – der Inhalt erschließt sich aus den Leitsätzen, so dass die dann hier auch reichen:

  1. Von der Anordnung eines Regelfahrverbotes wegen eines Abstandsverstoßes kann nicht mit der Begründung abgesehen werden, das nachfolgende Fahrzeug sei auf der Beobachtungsstrecke gefahrvoll auf den Betroffenen aufgefahren, wenn dieser bereits zuvor den Mindestabstand zum vorausfahrenden Fahrzeug in pflichtwidriger Weise unterschritten (Fortführung von OLG Bamberg, Beschl. v. 25.02.2015 – 3 Ss OWi 160/15 = NJW 2015, 1320 = DAR 2015, 396).
  2.  Der gegen die Anordnung eines Regelfahrverbotes wegen eines Abstandsverstoßes vorgebrachte Einwand, ein unerwarteter Spurwechsel des vorausfahrenden Fahrzeugs vor der Beobachtungsstrecke bei gleichzeitigem gefahrvollen Auffahren des nachfolgenden Fahrzeugs ist nur beachtlich, wenn es dem Betroffenen bis zur Messung weder möglich war, die durch das Ausscheren des vorausfahrenden Fahrzeugs geschaffene Lücke auf der benachbarten Fahrspur zu nutzen, noch durch behutsame Verringerung der eigenen Geschwindigkeit den Abstand zum Vordermann signifikant zu steigern.