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Zum 1. Weihnachtstag, oder: Früher war mehr Lametta

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1. Weihnachtstag und damit: Alle Jahre wieder die Frage: Was bringt man am 1. Weihnachtstag. Weihnachtsgrüße hatten wir gestern, Entscheidungen sind an sich nicht so doll, denn die will zwischen Gänsebraten und Sahnetorte doch keiner so wirklich lesen. Und man hat ja auch nicht immer weihnachtlich geprägte Entscheidungen, wie das schöne OLG Düsseldorf, Urt. v. 21.09.1999 – 4 U 182/98,  das schon hier und auch an anderen Stellen hat immer wieder her halten müssen.

Nun, da ist man dann als Blogger doch dankbar, dass das OLG München in diesem Jahr ein Einsehen hatte und noch eben eine weihnachtlich geprägte Entscheidung veröffentlicht hat. Nämlich den OLG München, Beschl. v. 14.08.2019 – 6 W 927/19 –  zum Loriotspruch: „Früher war mehr Lametta“, der an sich ja nicht von Loriot, sondern von Opa Hoppenstedt stammt. Wenn man sieht, von wann die Entscheidung stammt und wann sie veröffentlicht wird, hat man fast den Eindruck, dass das OLG München die bewusst so lange zurückgehalten hat.

In der Entscheidung geht es um die Frage, ob das Loriot-Zitat „Früher war mehr Lametta“ vom Urheberrecht geschützt ist. Gestritten worden ist zwischen den Erben von Loriot und einem T-Shirt-Hersteller, der den Satz auf T-Shirts drucken ließ. Das fanden die Erben nun gar nicht witzig und wollten ihm das per einstweiliger Verfügung verbieten lassen. Die Erben waren von der sog. eigenen Werkqualität im Sinne des § 2 UrhG ausgegangen.

Anders das LG und das OLG:

„Die Antragstellerinnen haben in der Antragsschrift (Seite 5 f.) zur Frage der Werkqualität der Wortfolge „Früher war mehr Lametta“ Stellung genommen und im Schriftsatz vom 16.7.2019 weiter ausgeführt, dass die Wortfolge trotz ihrer Kürze die Aussage phantasievoll und treffend auf den Punkt bringe, dass früher alles besser gewesen sei.

Dieser Beurteilung ist das Landgericht im Nichtabhilfebeschluss unter Anlegung der zutreffenden rechtlichen Kriterien nicht gefolgt und hat den Werkcharakter der Wortfolge (§ 2 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 UrhG) zu Recht verneint.

a) Nach der Rechtsprechung des EuGH muss der Begriff des urheberrechtlich geschützten Werkes im Hinblick auf die Erfordernisse sowohl der einheitlichen Anwendung des Unionsrechts als auch des Gleichheitssatzes in der gesamten Union eine autonome und einheitliche Auslegung erhalten (EuGH GRUR 2019, 73, juris Tz. 33 – Levola Hengelo BV/Smilde Foods BV mit Anm. Schack). Hierfür ist erforderlich, dass es sich bei dem betreffenden Objekt um ein Original in dem Sinne handelt, dass es eine eigene geistige Schöpfung seines Urhebers darstellt; weiter setzt die Einstufung als urheberrechtlich geschütztes Werk voraus, dass es eine solche geistige Schöpfung zum Ausdruck bringt (EuGH aaO Tz. 31 f.). Im Urteil „Infopaq“ (GRUR 2009, 1041 Tz. 39, 48) hat der EuGH ausgeführt, dass der Ausdruck eines Auszugs aus einem geschützten Werk, der aus elf aufeinanderfolgenden Wörtern des Werks besteht, eine teilweise Vervielfältigung darstellen kann, wenn der Auszug einen Bestandteil des Werkes enthält, der als solcher die eigene geistige Schöpfung des Urhebers zum Ausdruck bringt.

b) Inwieweit in Anwendung der Rechtsprechung des EuGH an der Auffassung festgehalten werden kann, dass für die in § 2 Abs. 1 UrhG aufgeführten Kategorien die Werkqualität nach unterschiedlichen Kriterien zu beurteilen ist, bedarf keiner Entscheidung. Denn auch wenn man mit dem Landgericht (Nichtabhilfebeschluss, Seite 2 unten/3 oben) nach den bisherigen Kriterien den Maßstab der sog. „kleinen Münze“ bei Sprachwerken zugrundelegt, ist die Beurteilung des Landgerichts, wonach die Wortfolge ihre Besonderheit und Originalität durch die Einbettung in den Sketch und die Situationskomik erhält und ohne Berücksichtigung dieses Umstands und der Tatsache, dass die Wortfolge von dem bekannten und bedeutenden Künstler „L. “ stamme, es sich um einen eher alltäglichen und belanglosen Satz handelt, der entweder schlicht zum Ausdruck bringt, dass früher mehr Lametta benutzt wurde oder – unter Verwendung des Wortes „Lametta“ als Metapher – dass früher mehr Schmuck, Glanz, festliche Stimmung oder Ähnliches war, nicht zu beanstanden. Der Senat teil die Auffassung des Landgerichts, dass auch nach dem letzteren Verständnis die für die Qualifizierung als Werk erforderliche Originalität nicht bejaht werden kann.

c) Die gegenteilige Sichtweise der Antragstellerinnen, der Beurteilung des Landgerichts könne bereits wegen der grammatikalischen Originalität nicht gefolgt werden, da die Wortfolge gerade nicht alltägliche Verwendung finde, sie sei nicht korrekt und ergebe an sich keinen Sinn (Schriftsatz vom 6.8.2019, Seite 2 unter 2.a), rechtfertigt keine andere Beurteilung. Dass die Wortfolge nicht den Regeln der Semantik folgt – Kombination des Verbes „sein“, des Komparativs „mehr“ und eines (beliebigen) Substantivs -, entzieht der Beurteilung des Landgerichts, es handele sich um eine alltägliche Wendung nicht die Grundlage. Dass in der täglichen Umgangssprache die Regeln der Semantik allgemein befolgt werden und eine Abweichung hiervon der streitgegenständlichen Wortfolge bereits deshalb die erforderliche Werkqualität verleiht, weil sie sich von Formulierungen wie „Früher war alles anders“, „Früher gab es mehr Lametta“ oder „Früher war mehr Lametta vorhanden“, kann nicht festgestellt werden.

d) Soweit die Antragstellerinnen weiter geltend machen, der metaphorische Anknüpfungspunkt der Wortfolge bestehe zwar in der pauschalen Aussage, dass „früher alles besser“ gewesen sei. Die Aussage erschöpfe sich aber nicht darin, ein simples Beispiel zu nennen, vielmehr werde in Kombination mit der grammatikalisch falschen und daher albern klingenden Formulierung die Ansicht, früher sei alles besser gewesen, der Lächerlichkeit preisgegeben und ihrer Autorität völlig beraubt, weil die scheinbare Gegenwartskritik als bloße, inhaltsleere Kritik entlarvt werde (Schriftsatz vom 6.8.2019, Seite 3 f. unter 2.b), stellt diese „Überinterpretation“ der streitgegenständlichen Wortfolge, losgelöst von dem Sketch, in den sie eingebettet ist, die gegenteilige Beurteilung des Landgerichts nicht in Frage.

e) Die Werkqualität der streitgegenständlichen Wortfolge wird auch nicht dadurch belegt, dass sie als Aufdruck für verschiedene Produkte verwendet wird. Denn eine „Nachfrage“ besteht nicht nur für als Werk geschützte Wortfolgen, sondern nach der allgemeinen Lebenserfahrung auch in Bezug auf banale Wortfolgen, denen – aus welchen Gründen auch immer – ein entsprechender Aufmerksamkeitswert zukommt (Beispiel: „Wir schaffen das“).

Österliches Recht: Urheberrecht für „Diktat von Jesus“?

entnommen wikimedia.org Author Jcsalmon

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Ich mache kein Urheberrecht, darum mögen mir die Urheberrechtsspezialisten nachsehen, dass ich es versuche 🙂 , aber ich will versuchen „Fallen zu umgehen“.

Bei meiner Suche nach einer Entscheidung, die zu Ostern passt, bin ich auf das OLG Frankfurt, Urt. v. 13.05.2014 · 11 U 62/13 – gestoßen, da man m.E. ganz gut bringen kann. Es hat den Leitsatz:

„Für die Begründung von Urheberrechtsschutz kommt es auf den realen Schaffensvorgang an. Der geistige Zustand des Werkschaffenden ist unerheblich. Die Behauptung, das von einem menschlichen Schöpfer hervorgebrachte Werk verdanke seine Entstehung ausschließlich metaphysischen Einflüssen, steht einer Zuordnung des Werkes zu seinem menschlichen Schöpfer und der Zubilligung von Urheberrechtsschutz nicht entgegen.“

Beim Lesen erschließt sich nicht unbedingt, worum es geht. Da hilft dann aber die PM des OLG Frankfurt v. 14.05.2014, auf die ich mich, um keinen Fehler zu machen, ausnahmsweise beschränken will:

Mit Urteil vom 13.5.2014 hat das Oberlandesgericht Frankfurt am Main (OLG) Urheberschutz für einen spirituellen Text bestätigt, den seine Verfasserin in aktiven Wachträumen empfangen haben will.

Die Klägerin – eine amerikanische Stiftung – nimmt den beklagten deutschen Verein wegen urheberrechtswidrigen Veröffentlichungen von Textpassagen aus dem Buch „A Course in Miracles“ auf Unterlassung in Anspruch. Der streitbefangene Text wurde von S., einer US-amerikanischen Professorin für Psychiatrie, ab den 1960er Jahren niedergeschrieben und überarbeitet. S. gab zu ihren Lebzeiten an, der Text sei ihr in aktiven Wachträumen von Jesus von Nazareth eingegeben und von ihr aufgezeichnet worden. 1975 stellte S. eine redaktionell überarbeitete Version fertig, die sogenannte C.-Fassung, die zum amerikanischen Copyright-Register angemeldet wurde.
Die klagende Stiftung, die sich auf die Übertragung dieser Copyright-Rechte beruft, wendet sich im vorliegenden Verfahren gegen die öffentliche Wiedergabe von Textpassagen aus der C.-Fassung im Internet durch den beklagten Verein.

Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Hiergegen richtet sich die Berufung des Beklagten, mit der er geltend macht, ein Urheberrecht der Klägerin könne nicht verletzt sein, weil S. gar nicht Urheberin des Textes gewesen sei. Vielmehr habe diese selbst angegeben, dass der Text Resultat eines Diktats gewesen sei, das sie von Jesus von Nazareth empfangen habe.

Mit der gestern verkündeten Entscheidung wies das OLG nunmehr die Berufung des Beklagten zurück und bestätigte das Urteil des Landgerichts. Zur Begründung hat es ausgeführt:

Die klagende Stiftung könne gemäß § 97 Abs. 1 Urhebergesetz von dem Beklagten verlangen, dass dieser die Veröffentlichung der Texte unterlässt. S. als ihre Rechtsvorgängerin sei gesetzlich als Urheberin des streitbefangenen Textes anzusehen. Der Ansicht des Beklagten, S. sei bei der Entstehung der Schrift lediglich die Rolle einer Gehilfin oder Schreibkraft ohne jeden individuellen persönlichen Gestaltungsspielraum zugekommen, weshalb sie nicht als Urheberin anzusehen sei, könne nicht gefolgt werden. Nach allgemein vertretener Auffassung seien jenseitige Inspirationen rechtlich uneingeschränkt ihrem menschlichen Empfänger zuzurechnen. Für diese Auffassung spreche, dass es für die Begründung von Urheberschutz auf den tatsächlichen Schaffensvorgang – den schöpferischen Realakt – ankomme und der geistige Zustand des Werkschaffenden unerheblich sei, weshalb auch Geistesgestörte, Hypnotisierte und in Trance befindliche Personen Urheber sein könnten. Die Behauptung, das von einem menschlichen Schöpfer hervorgebrachte Werk verdanke seine Entstehung ausschließlich metaphysischen Einflüssen, stehe einer Zuordnung des Werkes zu seinem menschlichen Schöpfer und der Zubilligung von Urheberrechtsschutz nicht entgegen.“

Da staunt der „Urheberechtslaie“ und wundert sich, was es so alles gibt. Aber das wird den Urheberrechtlern umgekehrt ähnlich gehen.

Akteneinsicht a la AG Rastatt – kein Urheberrecht des Herstellers

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Im Moment erreichen mich wieder eine ganze Reihe von Entscheidungen der AG zu Akteneinsichtsfragen. Nachdem ich vorhin den e AG Menden, Beschl. v. 17.04.2013 – 8 OWi 44/13 (b) vorgestellt habe (vgl. hier: Akteneinsicht a la AG Menden: Wenn keine Lebensakte, dann aber Auskünfte), nun ein Hinweis auf den AG Rastatt, Beschl. v. 28.03.2013 – 8 OWi 173/13 (b), der sich u.a. noch einmal mit der Frage des Urheberrechts auseinandersetzt.

Das AG bejaht ein Akteneinsichtsrecht des Verteidigers auf der Grundlage des Grundsatzes des fairen Verfahrens, und verneint ein dem entgegenstehendes Urheberrecht des Herstellers:

„b) Ein Urheberrecht an der Bedienungsanleitung steht diesem nicht entgegen. Zwar bestehen grundsätzlich urheberrechtliche Bedenken gegen eine Fertigung einer Kopie der Bedienungsanleitung und deren Versendung via Email (a. A. z. B. AG Heidelberg, Beschl. v. 05.01.2012-3 OWi 731/11, das die Existenz eines Urheberrechtsschutz insgesamt verneint). Diese Bedenken müssen jedoch im Ordnungswidrigkeitenverfahren zurückstehen (s. a. Cierniak, zfs  12/12, S. 664 [674 f.].

Zunächst darf die Behörde gem. § 45 UrhG Kopien in Verwaltungsverfahren auch von urheberrechtlich geschützten Werken fertigen. Hinzu tritt, dass das Messgerät gerade zum Einsatz durch Verwaltungsbehörden vertrieben wird, somit hat das AG Hildesheim, Beschl. v. 29.12.2011 – 31 OWi 27/11, zutreffend  ausgeführt   -hierüber  mag im Hinblick auf die rechtliche Würdigung gestritten  werden:  Jedem  Hersteller  von  Geschwindigkeitsmessgeräten   zur Verkehrsüberwachung ist bekannt, dass die mit den Geräten durchgeführten Messungen Gegenstand von Verwaltungs- und Gerichtsverfahren  sind und insofern der Prüfung auch durch Einsichtnahme in die Bedienungsanleitung  unterliegen. Vor diesem Hintergrund ist von einer zumindest konkludenten Einräumung entsprechender  Nutzungsrechte mit Erwerb des Messgerätes auszugehen (§ 31 Abs. 5 UrhG), zumal anderenfalls alle Messungen mangels Überprüfbarkeil unverwertbar und die Geräte des Herstellers damit  letztlich unverkäuflich wären“.  Der Verteidiger  darf die überlassenen Unter­ lagen  ohnehin  nur für  das jeweilige  Verfahren  verwenden  und insbesondere  nicht anderweitig oder nach Abschluss des Verfahrens veröffentlichen  (s. nur AG Heidelberg, Beschl. v. 31.10.2011 -3 OWi 510 Js 22198/11).

Ein etwaiger Schutz des Urheberrechts müsste jedenfalls hinter dem gewichtigen Recht eines Betroffenen/seines Verteidigers auf Akteneinsicht, welches verfassungsrechtlich durch den Grundsatz des fairen Verfahrens geschützt ist, zurückstehen (so auch AG Lüdinghausen, Be­ schi. v. 09.02.2012- 19 OWi 19/12, 19 OWi 19/12 [b] m. Verweis auf AG Karlsruhe, Beschl. v. 22.09.2011 – 1 OWi 127/11).“

Die Frage bewegt sich nun also auch wohl in die richtige Richtung.

Akteneinsicht im Bußgeldverfahren: AG Leutkirch versucht es mit dem Urheberrecht…

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Auf den ersten Blick bringt die Entscheidung nichts Neues habe ich gedacht, als ich von einem Kollegen AG Leutkirch, Beschl. v. 23.04.2012 – 1 OWi 47/12 übersandt bekommen habe. Ablehnung der Akteneinsicht in Bedienungsanleitung und Lebensakte, dazu gibt es viele Entscheidungen, über die ich hier ja auch schon berichtet habe (vgl. dazu auch unsere Beiträge aus VRR 2011, 250 und VRR 2011, 130 (werden übrigens bei dem ein oder anderen Beschluss – ebenso wie meine HP – als “ ungenannte Quelle“ benutzt ;-)).

Beim zweiten Lesen habe ich dann aber doch gestutzt. Das AG lehnt u.a. wegen des Urheberrechts des Herstellers des Messgerätes die Einsichtnahme in die Bedienungsanleitung ab:

Die Bedienungsanleitung ist vorliegend nicht Gegenstand der Bußgeldakten geworden. Die Verwaltungsbehörde war auch nicht verpflichtet, sie zu den Akten zu nehmen, Insbesondere hätte sie hierzu auch kein Recht gehabt. Die Bedienungsanleitung der Firma Vitronic ist nämlich mit folgendem Zusatz versehen:

„Das Urheberrecht der Gebrauchsanweisung liegt bei Vitronic. Es ist nicht gestattet, die Ge­brauchsanweisung zu vervielfältigen oder an Dritte weiterzugeben!“

Damit ist klargestellt, dass derjenige, der eine Bedienungsanleitung erwirbt oder von der Firma Vitronic zur Verfügung gestellt bekommt, diese nur dadurch Dritten zugänglich machen kann, dass er den Dritten vor Ort Akteneinsicht gewährt oder an eine andere Stelle versendet, wo Akteneinsicht gewährt werden kann. Zu den Akten darf die Behörde sie nicht nehmen, da dies nur im Wege einer Vervielfältigung möglich wäre. Damit würde sie aber die vertraglichen Bezie­hung zu der Firma Vitronic verletzen.“

Hmm? Ist das denn richtig? Muss bzw. hätte sich das AG, wenn es sich denn schon auf das Urheberrecht bezieht, nicht zunächst mal die Frage klären müssen, ob ein solches überhaupt besteht und wenn ja, in welchem Umfang? Daran haben sich die ablehnenden Beschlüsse bislang m.E. alle mehr oder weniger elegant vorbeigedrückt und daran drückt sich ja auch der „Erlass des IM Niedersachsen zu Gebrauchsanweisungen vorbei. Man behauptet einfach ein Urheberrecht bzw. nimmt das von dem Hersteller  in Anspruch genommene als „Gott gegeben“ hin. So geht es m.E. nicht. M.E. muss man sich schon mit der Frage auseinandersetzen, sie entscheiden und danach dann die Frage der Akteneinsicht ausrichten. Dabei lassen wir hier mal dahin gestellt, ob das Urheberrecht, wenn es denn eins gibt, nicht hinter dem Anspruch des Betroffenen auf rechtliches Gehör zurücktreten muss.

Also: In meinen Augen nur ein missglückter Versuch des AG.

LG Dessau redet Tacheles zur Akteneinsicht im OWi-Verfahren

Das LG Dessau-Rosslau hat im Beschl. v. 24.05.2011 – 6 Qs 101/11 in der Tat deutliche Worte zur Akteneinsicht in die Bedienungsanleitung eines Messgerätes gefunden, die dem Betroffenen bzw. seinem Verteidiger offenbar mit dem Hinweis auf das Urheberrecht des Verfassers der Anleitung verwehrt worden war. Es heißt:

Grundsätzlich kann jeder Betroffene bzw. Angeklagte über seinen Verteidiger Akteneinsicht nehmen, ohne dass das Gesetz hierfür irgendwelche Einschränkungen kennt. Die Annahme, dass die Übersendung Urheberrechte verletze ist abwegig. Selbst wenn solche Urheberrechte bestanden hätten, so sind sie durch den Erwerb auf das Land Sachsen-Anhalt übergegangen. Selbstverständlich ist jede nach dem Zweck des Erwerbes zu erwartende Verwendung des Kaufgegenstandes auch eine berechtigte Nutzung durch den Erwerber. Es ist abstrus anzunehmen, dass das Land Sachsen-Anhalt eine Bedienungsanleitung für ein technisches Gerät erworben hat, wobei diese Bedienungsanleitung nur von einzelnen Polizeibeamten oder nur einer Behörde, dem technischen Polizeiamt, genutzt werden darf. Abstrus ist diese Überlegung auch, weil offensichtlich eine Einsichtnahme innerhalb der Behörde, also eine Kenntnisnahme des angeblich urheberrechtlich geschützten Inhalts für zulässig gehalten wird.

Wann spricht ein Gericht schon mal von „abstrus“? Ist dieser Einwand m.E. aber auch wirklich. Insoweit sind die deutlichen Worte aus Dessau berechtigt. Nach der Entscheidung des LG Ellwangen die zweite LG-Entscheidung zu der Problematik. Sehr schön. 🙂