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Revision III: Beschränkte Anfechtung im JGG-Verfahren, oder: Umgehung des § 55 JGG?

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Und die dritte Entscheidung zu Revisionsfragen betrifft dann den § 55 JGG. Der sieht ja in seinem Abs. 1 Satz 1 eine Beschränkung der Beschränkung der Rechtsmittelmöglichkeit bei einem jugendrichterlicher Urteil, das allein Erziehungsmaßregeln oder Zuchtmittel enthält, vor.

Damit befasst sich der OLG Hamm, Beschl. v. 20.09.2022 – 5 RVs 81/22. Im zugrunde liegenden Verfahren ist der Angeklagte vom Jugendrichter des Diebstahls schuldig gesprochen und gegen ihn einen „Freizeitarrest von einer Freizeit“ verhängt worden. Dagegen wendet sich der Angeklagte mit der Sprungrevision und beantragt, das angefochtene Urteil aufzuheben und zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an eine andere Jugendabteilung des AG zurückzuverweisen; als Begründung wird angeführt:

„Es wird die Verletzung sachlichen Rechts gerügt. Das angefochtene Urteil wird ausdrücklich sowohl im Schuldspruch als auch im Rechtsfolgenausspruch zur vollständigen Überprüfung durch den Senat gestellt.

Im Folgenden ist dann die Sachrüge näher ausgeführt worden und es wird beanstandet, dass die auferlegte Sanktion unverhältnismäßig sei. Es werde verkannt, dass dem Gericht in Jugendstrafsachen ein ganzer Kanon von Sanktionsmöglichkeiten zur Verfügung stehe; eine freiheitsentziehende Maßnahme könne dabei immer nur die Ultima Ratio sein. Es sei bei der Wahl der Sanktion zu Unrecht missachtet worden, dass für den Angeklagten bzgl. berücksichtigter eingestellter früherer Verfahren die Unschuldsvermutung streite.

Die GStA hat beantragt, die Revision als offensichtlich unbegründet zu verwerfen, also § 349 Abs. 2 StPO. Das OLG hat nach § 349 Abs. 1 StPO als unzulässig verworfen:

„Die Revision ist gemäß § 349 Abs. 1 StPO als unzulässig zu verwerfen, da der Angeklagte es entgegen § 344 Abs. 1 StPO versäumt hat, ein unter Berücksichtigung von § 55 Abs. 1 S. 1 JGG zulässiges Angriffsziel eindeutig zu formulieren.

1. In der Revisionsbegründung muss das Ziel der Anfechtung so eindeutig mitgeteilt werden, dass die Verfolgung eines unzulässigen Ziels ausgeschlossen werden kann (vgl. Senatsbeschluss vom 07.02.2017, Az. 5 RVs 6/17 = BeckRS 2017, 107728). Besteht die Möglichkeit – wie vorliegend -, dass der Revisionsführer sich lediglich gegen die Auswahl und den Umfang von Erziehungsmaßregeln oder Zuchtmitteln wendet, führt dies zur Unzulässigkeit, wobei Zweifel zulasten des Revisionsführers gehen (vgl. BGH, Beschluss vom 10.07.2013, Az. 1 StR 278/13 = NStZ 2013, 659; OLG Hamm, Beschluss vom 02.12.2021, Az. 4 RVs 124/21, juris). Die erforderliche eindeutige Angabe des Angriffsziels soll eine Umgehung der Vorschrift des § 55 Abs. 1 S. 1 JGG verhindern und damit dem Willen des Gesetzgebers – der Beschleunigung des Jugendstrafverfahrens im Hinblick auf die erzieherische Wirkung von Entscheidungen – ausreichend Rechnung tragen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 06.07.2007, Az. 2 BvR 1824/06).

2. Den vorgenannten Anforderungen an eine Revisionsbegründung bei einem gegen ein in den Anwendungsbereich von § 55 Abs. 1 S. 1 JGG fallendes Rechtsmittel genügt der Schriftsatz vom 24.06.2022 trotz des umfassenden Aufhebungsantrages sowie der ausdrücklichen Rüge des Schuldspruchs nicht, da er lediglich auf eine Umgehung der Vorschrift ausgerichtet ist; im Einzelnen:

a) Allein ein umfassend gestellter Aufhebungsantrag gibt keinen ausreichenden Aufschluss in Bezug auf das Anfechtungsziel (vgl. OLG Celle, Beschluss vom 10.10.2000, Az. 33 Ss 92/00 = NStZ-RR 2001, 121). § 55 Abs. 1 S. 1 JGG kann nicht dadurch umgangen werden, dass ein Urteil zwar vordergründig zur vollen Überprüfung durch das Rechtsmittelgericht gestellt wird, allerdings tatsächlich nur Angriffe gegen die Strafzumessung ausgeführt werden (vgl. OLG Nürnberg, Beschluss vom 30.03.2016, Az. 1 OLG 8 Ss 49/16 = BeckRS 2016, 9474). So verhält es sich hier; die ausgeführte Revisionsbegründung richtet sich ausschließlich gegen die verhängte Sanktion bzw. die Voraussetzungen der §§ 5 Abs. 2 JGG und 13 Abs. 1 JGG.

b) Infolge der erhöhten Anforderungen an die Konkretisierung des Angriffsziels reicht es auch nicht aus, schlicht den Schuldspruch – allgemein – anzufechten (vgl. MüKo/Kaspar, 1. Auflage 2018, § 55, Rn. 69). Dies gilt jedenfalls dann, wenn – wie vorliegend – die den Schuldspruch tragenden Feststellungen auf der geständigen Einlassung des revidierenden Angeklagten beruhen, was der Senat – obwohl außerhalb der Revisionsbegründung liegend – zur Klärung der Eindeutigkeit des Ziels des Rechtsmittels berücksichtigen durfte (vgl. BGH, Beschluss vom 10.07.2013, Az. 1 StR 278/13 = NStZ 2013, 659) ; bei einer derartigen Sachlage bedarf es einer Klarstellung, inwieweit der Schuldspruch angefochten wird (vgl. BGH, a.a.O.; OLG Celle, Beschluss vom 10.10.2000, Az. 33 Ss 92/00 = NStZ-RR 2001, 121).

c) Selbst wenn man aber davon ausginge, dass bereits die ausdrückliche Rüge des Schuldspruchs seitens des Angeklagten den Anforderungen an § 344 Abs. 1 StPO i.V.m. § 55 Abs. 1 JGG genügte, würden die Einzelausführungen in der Revisionsbegründungsschrift vom 24.06.2022 die Revision insgesamt unzulässig machen, da sich daraus unzweifelhaft ergibt, dass der Angeklagte lediglich den Rechtsfolgenausspruch angreifen will.

Für den Fall, dass der Revisionsführer in Wahrheit nicht die Rechtsanwendung sondern die Beweiswürdigung beanstanden will und sich dieser Schluss aus den Einzelausführungen der Revisionsbegründung ziehen lässt, ist allgemein anerkannt, dass Einzelausführungen zur Sachrüge die Revision insgesamt unzulässig machen können (vgl. Meyer/Goßner, 65. Auflage, § 344, Rn. 19 m.w.N. zur höchstrichterlichen und obergerichtlichen Rechtsprechung). Diese Rechtsprechung lässt sich – wegen der Vergleichbarkeit des Sachverhalts – auch auf die vorliegende Konstellation übertragen, bei der sich anhand der Einzelausführungen ergibt, dass die Rüge des Schuldspruchs lediglich vordergründig und unter Umgehung von § 55 Abs. 1 S. 1 JGG erhoben wird, während das Angriffsziel der Revision tatsächlich auf die – unzulässige – Beanstandung der Sanktion gerichtet ist.

3. Eine Konstellation, in der eine Umgehung der Vorschrift des § 55 Abs. 1 S. 1 JGG nicht angenommen werden kann, etwa weil aufgrund weiterer Ausführungen erkennbar wird, dass tatsächlich konkrete Rechtsfehler des Schuldspruchs beanstandet werden (vgl. OLG Hamm, Beschluss vom 16.04.2020, Az. 4 RVs 45/20), liegt nicht vor.“

OWi I: Nicht genehmigter Messort, oder: Messergebnis nicht verwertbar

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Heute dann mal wieder ein OWi-Tag, also bußgeldrechtliche Entscheidungen.

Und den Reigen eröffne ich mit dem OLG Frankfurt am Main, Beschl. v. 30.12.2019 – 2 Ss- OWi 888/19 –
am 30.Dezember 2019 beschlossen. Das OLG hat das Verfahren gegen den Betroffenen, das eine Geschwindigkeitsüberschreitung zum Gegenstand hatte, nach § 47 Abs. 2 Satz 1 OWiG eingestellt. Begründung:

„Die Gemeinde Heuchelheim hat die verfahrensgegenständliche Messung auf gesetzeswidrige Weise durchgeführt, da der Einsatzort des Messgeräts entgegen der Vorgaben des Erlasses des hessischen Innenministeriums vom 05. Februar 2015 („Verkehrsüberwachung durch örtliche Ordnungsbehörden und Polizeibehörden, Az. LPP1- 66 k 07 — 17/001) nicht von der Hessischen Polizeiakademie genehmigt wurde. Zwar führt eine Geschwindigkeitsmessung selbst wenn sie — wie vorliegend — unter bewusster Umgehung von verwaltungsinternen Richtlinien ergangen ist, nicht per se zu einer willkürlichen Messung und damit zur Unverwertbarkeit des Messergebnisses-(Senatsbeschluss vom 25. März 2014 — 2 Ss OWi 959/13). Von willkürlicher Umgehung von verfahrensinternen Regelungen kann aber dann ausgegangen werden, wenn ausgeschlossen ist, dass ein regelrechtes Verhalten die ergriffene Maßnahme nicht ermöglicht hätte. So liegt der Fall hier. Da die Hessische Polizeiakademie nach den Feststellungen des Amtsgerichts bereits am 04. Dezember 2014 eindeutig festgestellt hat, dass die Installation einer stationären Geschwindigkeitsmessanlage an der fraglichen Stelle aus verkehrspolizeilicher Sicht nicht erlasskonform und begründbar ist, hätte die Gemeinde Heuchelheim die Geschwindigkeitsmessanlage dort nicht betreiben dürfen. Dass sie es gleichwohl getan hat, lässt die Schlussfolgerung zu, dass dies aus rein fiskalischen Motiven erfolgt ist. Dies wiegt gegenüber dem von dem Betroffenen begangenen Verkehrsverstoß so schwer, dass die Einstellung des Verfahrens aus Opportunitätsgründen geboten ist.“

„Guru statt Wirt“ – Kann man damit das Rauchverbot umgehen?

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Wir kennen alle den Spruch: „Wenn ich nicht mehr weiter weiß, gründe ich einen Arbeitskreis“. So ähnlich habe ich gedacht, als ich den Beitrag auf Youtube gesehen habe, auf den ich von einem Blogleser hingewiesen worden bin. Der Beitrag behandelt die Frage der „Umgehung“ des Rauchverbotes, und zwar durch – so eingetragen – durch „Dr. Jürgen Küttner, Fachwanwalt für Verwaltungsrecht, der sich mit der Frage befasst: „Kann man das Rauchverbot aushebeln, indem man eine Relgionsgemeinschaft für Raucher gründet?“

Der Verfasser des Beitrags meint, dass das geht. Also: Verein gründen? Nach so ganz einfach ist es vielleicht doch nicht.