Für zu Unrecht in Haft Sitzende sollen pro Tag 25 Euro als Entschädigung gezahlt werden. Dafür plädiert der Bundesrat und hat einen Gesetzentwurf (BT-Drs. 16/12321) vorgelegt. Nachdem die Pauschale seit 1988 nahezu unverändert geblieben sei, sei nun eine angemessene Anhebung angezeigt, so der Bundesrat in seiner Begründung. Dem Bundestag liegt schon ein Gesetzentwurf der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen (BT-Drs. 16/11434) vor. Diese Fraktion fordert mindestens 50 Euro pro Tag. Immerhin ein Anfang um unrechtmäßigen Freiheitsentzug angemessener zu „entlohnen“.
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Grenzüberschreitende Überwachung U-Haft-vermeidender Auflagen möglich
Auflagen, die gegen einen Verdächtigen als Alternative zur Untersuchungshaft verhängt wurden, können zukünftig EU-weit überwacht werden. Darauf haben sich heute in Brüssel die Justizministerinnen und -minister der EU verständigt. Damit soll Untersuchungshaft weitergehend als bisher vermieden werden können.
Die heutige Einigung knüpft an einen bereits im Dezember 2007 politisch geeinigten Rahmenbeschluss an, mit dem die Möglichkeit der Überwachung von Bewährungsauflagen und alternativen Sanktionen gegenüber Straftätern nach einer Verurteilung innerhalb der EU geschaffen wurde. Der heutige Rahmenbeschluss regelt nun, dass solche Auflagen, die im Rahmen eines strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens zur U-Haft-Vermeidung gegen einen Beschuldigten verhängt wurden, grenzüberschreitend überwacht werden.
„In einem Europa offener Grenzen, in dem sich seine Bürgerinnen und Bürger frei bewegen, wollen wir Ungleichbehandlungen vermeiden, die sich allein aufgrund des ausländischen Wohnsitzes einer verdächtigen Person ergeben. Denn bislang ist es in einigen Mitgliedstaaten möglich, Verdächtige mit ausländischem Wohnsitz in U-Haft zu nehmen, weil durch die Möglichkeit der Rückkehr an den Wohnsitz, Fluchtgefahr bejaht wird. Eine Aussetzung der Haft gegen Auflagen findet regelmäßig nicht statt, weil die Auflagen im Ausland nicht überwacht werden müssen. Künftig wollen wir vermeiden, dass Verdächtige mit einem Wohnsitz in einem anderen EU-Land nur deshalb in Haft genommen werden, weil keine Verpflichtung zur Überwachung der Auflagen im europäischen Ausland besteht“, sagte Bundesjustizministerin Zypries.
Anders als in Deutschland besteht in einigen Mitgliedstaaten der EU die Möglichkeit, einen Beschuldigten in Untersuchungshaft zu nehmen, wenn die Gefahr besteht, dass er in sein Heimatland zurückkehren könnte. Wird zum Beispiel ein deutscher Staatsangehöriger in Frankreich eines Raubes verdächtigt und besteht die Gefahr, dass er an seinen Wohnort nach Deutschland zurückkehrt, so könnte diese Person in Frankreich wegen Fluchtgefahr in Haft genommen werden. Der zuständige Richter wird in diesem Fall die Haftentscheidung regelmäßig auch nicht gegen Auflagen (z. B. Meldeauflage) aussetzen, da die in Frankreich verhängten Auflagen in der Bundesrepublik Deutschland bislang nicht überwacht werden müssen. Der neue Rahmenbeschluss schafft nunmehr eine rechtliche Verpflichtung zur Überwachung derartiger Auflagen. Damit wird in Zukunft auch in solchen Fällen die Möglichkeit einer Haftaussetzung gegen Auferlegung von Auflagen erleichtert und eine eventuelle Ungleichbehandlung von Verdächtigen mit ausländischem Wohnsitz im Vergleich zu Verdächtigen mit inländischem Wohnsitz vermieden.
In Deutschland kann der Vollzug eines Haftbefehls regelmäßig dann ausgesetzt werden, wenn weniger einschneidende Maßnahmen möglich sind und der Zweck der Untersuchungshaft – die geordnete Durchführung des Strafverfahrens – auch durch alternative Maßnahmen erreicht werden kann. Beispielsweise kann der Fluchtgefahr in geeigneten Fällen dadurch begegnet werden, dass dem Betroffenen auferlegt wird, sich regelmäßig zu bestimmten Zeiten bei einer Polizeidienststelle zu melden. Allein die drohende Gefahr, dass ein Verdächtiger mit ausländischem Wohnsitz in sein Heimatland zurückkehrt, reicht in Deutschland bereits nach geltendem Recht nicht aus, um ihn in Haft zu nehmen. Denn die Rückkehr zum Wohnsitz bedeutet nicht zwingend, dass die betreffende Person sich dem Strafverfahren entziehen wird.
Die Überwachung der Auflagen im EU-Ausland wird künftig durch den Staat, der die Auflagen erlassen hat, mittels eines Formblattes bei dem Staat, der die Auflagen überwachen soll (Aufenthaltsstaat des Verdächtigen), beantragt. Die Überwachung erfolgt dann durch den Aufenthaltsstaat wie bei inländisch erlassenen Auflagen.
Quelle: PM des BMJ
Höhere Haftentschädigung kommt wohl
Die Entschädigung für zu Unrecht erlittene Haft soll nach dem Willen der Länderjustizminister von derzeit elf auf künftig 25 Euro pro Hafttag steigen. Diesen Beschluss fassten die Minister mit großer Mehrheit auf der Justizministerkonferenz am 20. 11. 2008 in Berlin. Der Vorschlag des Landes Berlin, die Entschädigung auf 100 Euro pro Tag zu erhöhen, fand keine Mehrheit. Der Deutsche Anwaltverein (DAV) hatte im Vorfeld deutlich gemacht, auf eine generelle betragsmäßige Fixierung gänzlich verzichten zu wollen. Die Festschreibung eines Pauschalbetrags habe zwar den Vorteil, dass dessen Höhe außer Streit stehe und eine schnelle und unbürokratische Entschädigungsleistung ermöglicht werde. Der Blick in die Vergangenheit, so Rechtsanwalt Hartmut Kilger, DAV-Präsiden, habe gezeigt, dass eine kontinuierliche und sorgfältige Anhebung des Betrages nicht gewährleistet sei. Ob eine höhere Haftentschädigung tatsächlich kommt, muss letztlich der Bundestag beschließen. Die Justizminister der Länder stimmten jedenfalls mit 15 : 1 für den 25-Euro-Kompromiss. Berlin, das 100 Euro pro Tag verlangt hatte, stimmte als einziges Land dagegen. Auch andere Länder hatten sich für eine noch deutlichere Erhöhung einsetzt – so hatte die bayerische Ressortchefin Beate Merk (CSU) eine Aufstockung auf 50 Euro verlangt. Dagegen hatte niedersächsische Ressortchef Bernd Busemann (CDU) eine „moderate“ Anhebung auf 15 Euro als angemessen bezeichnet.
15 € für einen Tag zu Unrecht erlittene U-Haft angemessen? Man darf daran zweifeln.
Entschädigung für zu Unrecht erlittene U-Haft
Heute wird die Justizministerkonferenz in Berlin über eine Erhöhung der Entschädigung für zu Unrecht Inhaftierte diskutieren. In dem Zusammenhang hat der Deutsche Anwaltverein (DAV) eine Reform der immateriellen Haftentschädigung gefordert, die auf eine deutliche Erhöhung hinauslaufen müsse. Es könne nicht sein, dass seit rund 21 Jahren der Betrag der Entschädigung unverändert bei 11 Euro pro Tag unschuldiger Haft liegt. Einige Bundesländer lehnen aber eine Erhöhung generell ab, andere sprechen sich für eine Erhöhung von 15 Euro bis 17 Euro aus. Lediglich Berlin und mittlerweile Brandenburg streben eine deutliche Erhöhung auf bis zu 100 Euro an. Der DAV hält auch eine Regelung für möglich, die auf eine betragsmäßige Fixierung gänzlich verzichtet und eine „angemessene Entschädigung“ vorschreibt.
Änderungen im U-Haft-Recht
Das BMJ hat vor Kurzem den Verbänden einen RefE für ein „Gesetz zur Überarbeitung des Untersuchungshaftrechts“ zur Stellungnahme zugesandt. Der Entwurf hat in erster Linie die Umsetzung der sich aus der Föderalismusreform ergebenden Auswirkungen auf die Vorschriften zur U-Haft zum Ziel. Der Entwurf sieht eine Neufassung des § 119 StPO vor, welche die bislang von § 119 Abs. 3, 1. Alt. StPO im wesentlichen nur allgemein angesprochenen und lediglich in der UVollzO näher ausgestalteten Beschränkungen für Beschuldigte aus dem Zweck der U-Haft heraus konkret und transparent im Text der StPO regelt. Eine inhaltliche Veränderung der möglichen Maßnahmen im Vergleich zur bisherigen Rechtslage beabsichtigt der Entwurf jedoch nicht. Darüber hinaus wird z.B. in § 114b StPO-E eine Pflicht zur Belehrung von verhafteten und – über die Verweise in §§ 127, 127b, 163c StPO-E – vorläufigen festgenommenen bzw. festgehaltenen Personen über ihre Rechte schon bei der Festnahme normiert. Die Aufgabe zur Belehrung soll der Polizei zufallen. Weitere Änderungen sind nicht vorgesehen.
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