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Winterreifenpflicht in Kraft – besondere Kontrollen soll es nicht geben…

sagt die Polizei, jedenfalls in Münster (vgl. hier). Man kann nur hoffen, dass es dabei bleibt und es um die Winterreifen jetzt nicht dasselbe Hin und Her gibt wie um die Umweltplakette, bei der ja auch zum Teil Bußgeldverfahren durchgeführt worden sind, wenn im ruhenden Verkehr Fahrzeuge nicht mit der Plakette ausgerüstet waren.

Denn die Winterreifenpflicht ist ja eine „Verhaltenspflicht“, d.h.: Der Kraftfahrzeugführer soll bei den in § 2 Abs. 3a StVO nun genannten Wetterverhältnissen nicht mit einem nicht mit Winterreifen ausgerüsteten Fahrzeug fahren. Nicht eingeführt worden ist eine generelle Winterreifenpflicht. Das hätte man dann wohl in der StVZO regeln müssen, da es dann um den Zustand/die Ausrüstung von Kraftfahrzeugen gegangen wäre.

Schilderwirrwarr kann Fahrlässigkeitsvorwurf entfallen lassen

Das OLG Jena hat sich in seinem Beschl. v. 06.05.2010 – 1 Ss 20/10 mit der Frage befasst, ob eine durch extrem missverständliche Beschilderung hervorgerufene falsche Fahrweise die Schuld bei einer Körperverletzung ausnahmsweise entfallen lässt. Das hat der OLG für den zu entscheidenen Einzelfall bejaht und den Angeklagten vom Vorwurf der fahrlässigen Körperverletzung freigesprochen. Der damals 55 Jahre alte Angeklagte war als Fahrradfahrer mit einer plötzlich aus ihrer Hofeinfahrt herauslaufenden Frau zusammengestoßen. Die (82 Jahre) alte Dame kam zu Fall und verletzte sich schwer. Für den Angeklagten war die Kollision mit ihr – wegen der beschränkten örtlichen Sichtverhältnisse – nicht mehr zu vermeiden. Er war mit ca. 10 bis 15 km/h auch nicht etwa „gerast“. Die Frage war allein, ob er deshalb schuldhaft (fahrlässig) gehandelt hatte, weil der Unfall auf einem Gehweg geschehen war, wo das Radfahren grundsätzlich nur Kindern bis 10 Jahren erlaubt ist. AG und LG hatten das so gesehen und den Angeklagten verurteilt.

Die Revision vor dem OLG führte zum Freispruch. Der Angeklagte sei zwar objektiv nicht berechtigt gewesen, auf dem Gehweg mit dem Rad zu fahren. Sein Irrtum, dort fahren zu dürfen, könne ihm aber nicht vorgeworfen werden. Verkehrsbeschilderungen müssten so gestaltet sein dass „Sinn- und Tragweite der getroffenen Regelung durch einen beiläufigen Blich erkennbar sei, ohne nähere Überlegungen hierüber anstellen zu müssen“. Diese Anforderungen sei die irreführende Beschilderung nicht gerecht geworden; dem Angeklagten sei daher kein Schuldvorwurf zu machen. Er sei nur etwa 200 m vor der Ortschaft durch eine Schilderkombination aus dem Gefahrzeichen „Radfahrer kreuzen“ und dem darunter angebrachten Hinweisschild „Radwanderweg“ auf den links neben der Straße verlaufenden späteren Unfallweg geleitet worden. Bei dieser Beschilderung sei der Irrtum, den bei gleichen Aussehen (plötzlich) als Gehweg weitergeführten Weg auch innerorts befahren zu dürfen, ohne das klarstellende Verkehrszeichen 239 „nur Fußgänger“ naheliegend gewesen.

In vergleichbaren Fällen gnaz interessanter Verteidigungsansatz.

Ach, dann machen wir auch mal Werbung: Burhoff/Neidel/Grün (Hrsg.) „Messungen im Straßenverkehr“ erschienen…

Wir machen dann auch mal Werbung und weisen auf das in der vergangenen Woche erschienene Werk „Burhoff/Neidel/Grün (Hrsg.) Messungen im Straßenverkehr, 2. Aufl., 2010“ hin. Wir haben das Werk erweitert um die Messverfahren bei Rotlichtverstößen und die Fragen der Täteridentifizierung. Bestellen 🙂 kann man hier.

KG: Auch auf Sonderfahrstreifen gelten „allgemeine Lichtzeichen“, aber ggf. geringere Geldbuße

Das KG hat jetzt in seinem Beschl. v. 21.05.2010 – 3 Ws (B) 138/10  –  2 Ss 41/10 – ebenso wie bereits das OLG Frankfurt im Jahr 20o2 entschieden, dass für Fahrzeugführer, die unberechtigt einen Sonderstreifen benutzen, die Lichtzeichen für den allgemeinen Fahrverkehr auf den übrigen Fahrstreifen (weiter) gelten. Bei der Missachtung des dortigen Rotlichtes sei aber trotz der Dauer der Rotlichtphase von mehr als einer Sekunde eine Gefährdung des Querverkehrs ausgeschlossen, wenn das Lichtzeichen für den unberechtigt benutzten Sonderstreifen die Fahrt frei gibt. Dies rechtfertige ggf. eine Unterschreitung der Regelgeldbuße und das Absehen vom Regelfahrverbot (§ 37 StVO).

Wenigstens etwas.

Vorwurf: „Landesregierung gefährdet Sicherheit im Straßenverkehr“ in Schleswig-Holstein, m.E. aber: Wohl eher ein eigenes Problem mit dem Richtervorbehalt…

Ein Leser unseres Blogs weist mich gerade auf eine PM der Landtagsfraktion der Grünen in Schleswig-Holstein v. 06.04.2010 hin, die hier im Netz steht. Titel:  Landesregierung gefährdet Sicherheit im Straßenverkehr. Der Inhalt der PM ist nicht so interessant, allerdings: M.E. hat der Landtagsabgeordnete ein Problem mit dem Richtervorbehalt. Jedenfalls habe ich den Eindruck.

Interessanter ist da schon der ebenfalls eingestellte und anhängende Erlass Schleswig-Holstein zu den Vorgaben für die richterliche Anordnung einer Blutentnahme. Den sollte man mal lesen. Vor allem die kursiv gesetzten Anmerkungen sind interessant:. Zur Nichterreichbarkeit wird angemerkt:

„Es erscheint auf den ersten Blick wenig einleuchtend, versuchen zu müssen, einen/eine Richterin zu erreichen, wenn die Erfolglosigkeit von vornherein ersichtlich ist. Der Generalstaatsanwalt weist aber darauf hin, dass eine eventuelle Handyerreichbarkeit des Richters/der Richterin, der/die vorher Dienst hatte, nicht ausgeschlossen werden kann. Daher ist der Anrufversuch auf jeden Fall vorzunehmen. Diese Vertahrensweisee erfüllt zudem eine Forderung des Justizministers.“

Im Übrigen: mehr als 20 Minuten muss man sich nicht bemühen, ein Anruf genügt, dann besteht „Gefahr im Verzug“. Mal sehen, was das OLG Schleswig damit macht.