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StGB II: Sexuelle Nötigung, oder: Handlung mit Sexualbezug

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In der zweiten Entscheidung, dem BGH, Urt. v. 15.07.2020 – 6 StR 7/20 – nimmt der BGH zur sexuellen Nötigung (§ 177 StGB) Stellung.Das LG hat den Angeklagten (nur) wegen Körperverletztung verurteilt, im Übrigen aber vom Vorwurf der sexuellen Nötigung freigesprochen. Dagegen die Revision der Nebenklägerin. Der BGH hebt das landgerichtliche Urteil auf:

„1. Das Landgericht hat insofern folgende Feststellungen getroffen:

Am Morgen des 9. Juli 2017 weckte der von der Nachtschicht zurückgekommene Angeklagte die Nebenklägerin, weil er mit ihr geschlechtlich verkehren wollte. Da sie das Ansinnen ablehnte, hielt der nur noch mit Unterwäsche bekleidete Angeklagte mit einer Hand ihre Arme an den Handgelenken fest und versuchte mit der anderen Hand ihre Schlafshorts und seine Unterhose herunterzuziehen sowie ihre Beine auseinanderzudrücken, um den Geschlechtsverkehr auch gegen ihren Willen durchzuführen. Noch bevor ihm dies gelang, konnte die Nebenklägerin sich aus dem festen Griff des Angeklagten befreien, mit ihren Fäusten auf ihn einschlagen und in den angrenzenden Flur fliehen (Fall 1 der Anklage).

Der Angeklagte folgte ihr, um sie am Verlassen der Wohnung zu hindern und forderte sie auf, nichts über den Vorfall zu erzählen. Hierzu packte er die Nebenklägerin mit seinen Händen fest an ihren Oberarmen und drückte sie so an die Wand, dass ihr Kopf mehrmals dagegen schlug. Die Nebenklägerin erlitt Prellungen an den Armen und am Kopf (Fall 2 der Anklage).

2. Das Landgericht hat sich nicht davon zu überzeugen vermocht, dass der Geschlechtsverkehr vollzogen wurde. Die Nebenklägerin habe zwar im Rahmen ihrer Vernehmung vor dem Ermittlungsrichter am 19. Dezember 2017 und in der Hauptverhandlung, jedoch weder in einer eidesstattlichen Versicherung vom 21. August 2017 noch in einem Antrag auf Vornahme von Gewaltschutzmaßnahmen vom 23. August 2017, angegeben, dass es zu einem vollendeten Geschlechtsverkehr gekommen sei. Angesichts dessen hat das Landgericht die Aussage der Nebenklägerin als nicht hinreichend konstant bewertet, um eine Verurteilung wegen Vergewaltigung tragen zu können. Von einer nach seiner Überzeugung vorliegenden versuchten Vergewaltigung sei der Angeklagte strafbefreiend zurückgetreten.

II.

1. Der Freispruch im Fall 1 der Anklage hält der sachlichen Überprüfung nicht stand.

a) Das Landgericht hat zwar das Geschehen rechtsfehlerfrei festgestellt. Insbesondere begegnet die differenzierende Bewertung der Glaubhaftigkeit einiger Aussageteile der Nebenklägerin keinen Bedenken, weil tragfähig begründet wird, weshalb es der einzigen Belastungszeugin teilweise nicht gefolgt ist (vgl. BGH, Beschluss vom 16. Oktober 2019 – 2 StR 466/18, NStZ-RR 2020, 43).

b) Es hat aber bei der Freisprechung des Angeklagten den Unrechtsgehalt der Tat nicht ausgeschöpft und ist somit seiner Kognitionspflicht (§ 264 StPO) nicht ausreichend nachgekommen. Dies stellt einen sachlichrechtlichen Mangel dar (vgl. BGH, Urteil vom 10. Oktober 2018 – 2 StR 253/18).

aa) Nach den rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen hat der Angeklagte den Tatbestand der sexuellen Nötigung vollendet (§ 177 Abs. 1 und 5 StGB). Dass er die Arme der Nebenklägerin festhielt, ihre Beine auseinanderdrückte und damit begann, ihre Schlafshorts und seine Unterhose herunterzuziehen, stellt eine sexuelle Handlung im Sinne von § 177 Abs. 1 i.V.m. § 184h Nr. 1 StGB dar.

Eine solche liegt immer dann vor, wenn die Handlung objektiv, also allein gemessen an ihrem äußeren Erscheinungsbild, einen eindeutigen Sexualbezug aufweist (vgl. BGH, Urteile vom 24. September 1980 – 3 StR 255/80, BGHSt 29, 336, 338; vom 20. Dezember 2007 – 4 StR 459/07, NStZ-RR 2008, 339, 340, und vom 22. Oktober 2014 – 5 StR 380/14, NJW 2014, 3737, 3738). Für die Tatvollendung reicht es aus, dass der Täter mit einer sexuellen Handlung am Körper des Opfers begonnen hat (vgl. BGH, Urteil vom 13. März 2019 – 2 StR 597/18, NStZ-RR 2019, 223, 224). Das ist hier bei dem mit einem Auseinanderdrücken der Beine verbundenen Herunterziehen der Hose der Fall (vgl. BGH, Beschluss vom 10. März 2015 – 5 StR 521/14, NStZ 2015, 457; MüKo-StGB/Hörnle, 3. Aufl., § 184h Rn. 6; aA noch BGH, Beschluss vom 13. Februar 1997 – 4 StR 648/96, NStZ-RR 1997, 292 mwN).

bb) Nach den Feststellungen ist auch von einer sexuellen Nötigung mit Gewalt auszugehen. Entscheidend ist eine Kraftentfaltung, die vom Opfer als körperlicher Zwang empfunden wird. Dazu zählen das Festhalten des Opfers an den Handgelenken (vgl. BGH, Beschluss vom 22. Juni 2011 – 1 StR 255/11) und das Auseinanderdrücken der Beine (vgl. BGH, Urteil vom 30. Juni 2005 – 3 StR 122/05, NStZ-RR 2005, 320, 321[dort nicht abgedruckt]).

2. Der aufgezeigte Rechtsfehler führt zur Aufhebung des Freispruchs. Die an sich rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen zum Tatgeschehen (Anklagevorwurf 1) können nicht bestehen bleiben, weil sie den Angeklagten belasten und er sie mangels Beschwer nicht mit einem Rechtsmittel angreifen konnte (vgl. BGH, Urteil vom 5. Februar 2020 – 5 StR 390/19). Ungeachtet des Umstands, dass das Urteil die Fälle 1 und 2 der Anklage zusammenfasst, bedarf es keiner Aufhebung des Schuldspruchs im Fall 2 der Anklage, da die sexuelle Nötigung und die anschließende Körperverletzung gegebenenfalls im Verhältnis der Tatmehrheit zueinanderstehen.“

Strafzumessung I: Minder schwerer Fall der sexuellen Nötigung, oder: „Vehemenz des Zungenkusses“

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Ich stelle heute dann drei Entscheidungen vor, die Strafzumessungsfragen behandeln. Den Reigen eröffne ich mit dem BGH, Urt. v. 09.10.2019 – 1 StR 39/19. Das LG hat den Angeklagten wegen sexueller Nötigung in drei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und neun Monaten verurteilt. Dagegen die Revision des Angeklagten, die keinen Erfolg hatte.

Der BGH führt zur Strafzumessung des LG aus:

3. Die Strafzumessung hält rechtlicher Nachprüfung stand.

a) Die Strafkammer hat bei der Prüfung eines minder schweren Falls des § 177 Abs. 1, Abs. 5 StGB idF vom 13. November 1998 nach Erörterung zugunsten und zulasten des Angeklagten sprechender Umstände folgendes Resümee gezogen:

„Unter Berücksichtigung dieser Umstände sei ein minder schwerer Fall nicht zu begründen, zumal weder ein Geständnis noch eine Entschuldigung von Seiten des Angeklagten bei dieser Bewertung berücksichtigt werden konnte.“.

Das Landgericht hat mit dieser Erwägung nicht etwa – wie der Generalbundesanwalt meint – das Fehlen eines Strafmilderungsgrundes straferschwerend gewertet, was fehlerhaft wäre, sondern lediglich festgestellt, dass keine weiteren Milderungsgründe im Sinne eines Geständnisses oder einer Entschuldigung vorliegen, die gegebenenfalls die Annahme eines minder schweren Falls hätten rechtfertigen können; denn die revisionsrichterliche Überprüfung der Strafzumessung hat sich am sachlichen Gehalt der Ausführungen des Tatgerichts, nicht an dessen – möglicherweise missverständlichen oder sonst unzureichenden – Formulierungen zu orientieren. Ob ein einzelner Umstand strafzumessungserheblich und ob die ihm vom Tatrichter beigelegte Bewertungsrichtung vertretbar ist, hängt insbesondere nicht davon ab, ob die Urteilsausführungen diesen Umstand positiv oder negativ umschreiben (BGH, Beschluss vom 10. April 1987 – GSSt 1/86 Rn. 18, BGHSt 34, 345, 349 f.).

Allein dem Hinweis der Strafkammer auf das Fehlen von Geständnis und Entschuldigung in Gestalt einer hypothetischen Erwägung, dass sie bei ihrem Vorliegen u.U. einen minder schweren Fall hätten begründen können, lässt sich hier in diesem Zusammenhang nicht die Wertung entnehmen, dass ihr Fehlen als Strafschärfungsgrund Berücksichtigung gefunden hat.

b) Soweit die Verteidigung eine Verletzung des Doppelverwertungsverbots (§ 46 Abs. 3 StGB) rügt, weil die Strafkammer im Rahmen der konkreten Strafzumessung „die Vehemenz des Zungenkusses“ (UA S. 140) berücksichtigt und aufeinanderfolgende Handlungen des Angeklagten (dass dieser „trotz des jetzt für ihn bereits bekannten massiven Widerwillens der Zeugin dieser wieder einen massiven Zungenkuss aufgedrückt hat, sie über der Kleidung zuerst an ihren Busen packte, dann über den Oberkörper bis zuletzt in die Hose der Zeugin bis über die Schamhaargrenze griff und ihre Hand wieder über der Hose an seinem erigierten Penis gerieben hat“, UA S. 140) straferhöhend gewertet habe, trifft diese Beanstandung nicht zu. Die Gewichtung einer den Tatbestand erfüllenden Handlung in Gestalt der Intensität des Übergriffs oder verschiedenartiger aufeinanderfolgender sexueller Übergriffe verletzt § 46 Abs. 3 StGB nicht.

c) Dass die Strafkammer nicht strafmildernd eingestellt hat, dass die Zeugin den Raum schließlich jeweils habe verlassen können, ohne vom Angeklagten daran gehindert zu werden, ist – anders als die Revision meint – kein Rechtsfehler. Die Strafkammer hat nicht etwa sämtliche Strafzumessungs-, sondern nur die für die Strafe bestimmenden Strafzumessungsgründe zu benennen (§ 267 Abs. 3 Satz 1 StPO). Eine erschöpfende Aufzählung aller Strafzumessungserwägungen ist weder vorgeschrieben noch möglich. Was als wesentlicher Strafzumessungsgrund anzusehen ist, ist unter Berücksichtigung der Besonderheiten des Einzelfalls vom Tatrichter zu entscheiden (st. Rspr.; vgl. etwa BGH, Urteil vom 24. Oktober 2017 – 1 StR 226/17 Rn. 14 mwN). Zudem ist der Umstand, dass es nicht noch zu weiteren Straftaten in Gestalt einer Nötigung oder Freiheitsberaubung gekommen ist, kein Strafmilderungsgrund für die bereits begangene sexuelle Nötigung.

Mal wieder die unzulässige Revision der Nebenklägerin, oder: „Vergewaltigung“ statt „sexuelle Nötigung“

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Die zweite Entscheidung am heutigen Montag betrifft einen Dauerbrenner. Im BGH, Beschl. v. 09.01.2018 – 3 StR 587/17 – geht es nämlich mal wieder um die Zulässigkeit der Revision einer Nebenklägerin und damit um § 400 StPO. Das LG hat den Angeklagten wegen versuchter sexueller Nötigung in Tateinheit mit vorsätzlicher Körperverletzung verurteilt. Hiergegen die auf Rügen der Verletzung formellen und materiellen Rechts gestützte Revision der Nebenklägerin. Der BGH hat das Rechtsmittel – in Übereinstimmung mit dem GBA, dessen Stellungnahme er einrückt – als unzulässig angesehen:

„Mit ihrer Revision erstrebt die Nebenklägerin eine Verurteilung des Angeklagten wegen versuchter Vergewaltigung. Das Rechtsmittel ist unzulässig.

Gemäß § 400 Abs. 1 StPO kann der Nebenkläger das Urteil nicht mit dem Ziel anfechten, dass eine andere Rechtsfolge der Tat verhängt wird. So liegt der Fall jedoch hier, denn die Nebenklägerin begehrt nicht die Anwendung eines Qualifikationstatbestandes, sondern lediglich einer anderen – hinsichtlich der Mindeststrafe höheren – Strafzumessungsvorschrift, denn auch nach der Neufassung des § 177 StGB durch das Fünfzigste Gesetz zur Änderung des Strafgesetzbuchs – Gesetz zur Verbesserung des Schutzes der sexuellen Selbstbestimmung vom 4. November 2016 (BGBI. I 2460 ff.) handelt es sich bei § 177 Abs. 6 Satz 1, Satz 2 Nr. 1 StGB – nicht anders als bei § 177 Abs. 2 Satz 1, Satz 2 Nr. 1 StGB aF – um eine Strafzumessungsregel (vgl. Fischer, StGB, 64. Aufl., § 177 Rn. 129). Etwas anderes gilt nicht deshalb, weil das hier in Betracht kommende Regelbeispiel eine eigene Bezeichnung („Vergewaltigung“ statt „sexuelle Nötigung“) hat. Im Verhältnis von sexueller Nötigung zu Vergewaltigung handelt es sich nämlich nicht um eine Frage des Schuldspruchs im rechtstechnischen Sinne, sondern um eine Frage der Fassung der Urteilsformel gemäß § 260 Abs. 4 Satz 1 und 2 StPO, in der ausnahmsweise die Begehung eines Regelbeispiels für einen besonders schweren Fall der (versuchten) sexuellen Nötigung zum Ausdruck kommen soll (vgl. BGH, Beschluss vom 3. Juli 2003 – 2 StR 173/03, NStZ-RR 2003, 306; Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 60. Aufl., § 400 Rn. 3a).“

Nicht ganz das Übliche bei der Problematik, aber auch ein wenig: Hatten wir schon.

„nahm er ihre Hand … und machte Onanierbewegungen“ – so (allein) keine sexuelle Nötigung

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Das LG hat den Angeklagten u.a. wegen sexueller Nötigung verurteilt. Nach den Feststellungen des LG hatte sich der Angeklagte am Abend des Tattags in das Kinderzimmer der Geschädigten begeben und diese veranlasst, das Oberteil ihrer Bekleidung hochzuziehen. Der Angeklagte entblößte seinen Unterleib. Und weiter: „Dann fasst er der Geschädigten an die Brüste und begann sich selbst zu befriedigen. Er fragte die Geschädigte, ob sie sein Geschlechtsteil anfassen wolle, was diese ablehnte. Während die Geschädigte aus Ekel ihre Augen schloss, nahm er ihre Hand, führte diese an sein erigiertes Glied und „machte Onanierbewegungen“. Als der Angeklagte seine Hand fortnahm, hörte die Geschädigte mit diesen Bewegungen auf. „Daraufhin ergriff der Angeklagte erneut ihre Hand und setzte die von ihm geführten Onanierbewegungen fort“.

Das LG hat dieses Tatgeschehen u.a. als sexuelle Nötigung i.S. des § 177 Abs. 1 StGB angesehen. Der BGH, Beschl. v. 31.07.2013 – 2 StR 318/13 – sieht das anders und hat aufgehoben:

Das Landgericht hat dies rechtsfehlerhaft als sexuelle Nötigung in Tateinheit mit sexuellem Missbrauch einer Schutzbefohlenen gemäß §§ 177 Abs. 1 Nr. 1, 174 Abs. 1 Nr. 1 StGB bewertet. Für die Annahme einer sexuellen Nötigung „mit Gewalt“ ist erforderlich, dass der Täter physische Kraft entfaltet, um den als ernst erkannten oder erwarteten Widerstand des Opfers gegen die Vornahme sexueller Handlungen zu überwinden; das Opfer muss durch die Handlung des Täters einem körperlich wirkenden Zwang ausgesetzt sein (vgl. BGH, Beschluss vom 9. April 2009 – 4 StR 88/09; NStZ-RR 2009, 202 f.). Die Feststellungen des Landgerichts ergeben jedoch nur, dass der Angeklagte die Hand der Geschädigten geführt hat. Nimmt das Opfer die unerwünschten sexuellen Handlungen hin, ohne Widerstand zu leisten, so liegt keine Gewalt im Sinne von § 177 Abs. 1 Nr. 1 StGB vor (vgl. BGH, Urteil vom 7. Januar 1997 – 1 StR 726/96, NStZ-RR 1997, 199).“

Die Polizei – dein Freund und Helfer, na ja, nicht so ganz

Der BGH, Beschl. v. 17.11.2011 – 3 StR 359/11 –  fällt schon wegen des Sachverhalts aus. Das LG hat den Angeklagten wegen sexueller Nötigung zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und zwei Monaten verurteilt und deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt, und zwar auf der Grundlage folgenden Sachverhalts:.

1. Nach den Feststellungen des Landgerichts erschien die Nebenklägerin auf Vorladung zu einer Zeugenaussage auf der Polizeidienststelle B. , in der der Angeklagte als Polizeihauptkommissar am Nachmittag allein seinen Dienst verrichtete. Nach Abschluss der Vernehmung lud der Angeklagte die Nebenklägerin auf eine Tasse Kaffee in den angrenzenden Sozialraum ein. Im Verlauf des nachfolgenden Gesprächs ergriff der Angeklagte die Hand der Nebenklägerin und küsste sie zuerst auf die Wange, später auch auf den Mund. Die Nebenklägerin erkannte die sexuellen Absichten des Angeklagten, mit denen sie nicht einverstanden war, hatte aber den Eindruck, sie käme nicht aus dem Raum; sie war unsicher, ob sie die Dienststelle ohne weiteres Zutun des Angeklagten würde verlassen können, und befürchtete zudem, dass dieser bei einer Gegenwehr zornig würde und sie unter Anwendung von roher Gewalt vergewaltige. Sie versuchte, den Angeklagten abzulenken und beschränkte sich deshalb auf sanfte Abwehrbewegungen sowie die Mahnung, der Angeklagte solle „nicht so stürmisch“ sein oder er „solle das lieber lassen“. Als der Angeklagte ihr wiederholt den Reißverschluss der Jacke herunterzog und ihr unter dem T-Shirt an die Brust griff, schubste sie ihn „nun deutlich energi-scher mit den Worten ‚Schluss jetzt!‘ und ‚Ich muss jetzt los.‘ weg, bot ihm aber gleichzeitig aus Angst, die Situation könne eskalieren, und in der Hoffnung, ihn dadurch besänftigen zu können, ein Treffen zu einem späteren Zeitpunkt an“ (UA S. 6). Daraufhin ließ der Angeklagte von ihr ab. Die Nebenklägerin konnte die Polizeidienststelle ohne weiteres verlassen.

Zur subjektiven Tatseite hat das Landgericht festgestellt, der Angeklagte habe „die Abgeschlossenheit der Räumlichkeit und seine offensichtliche körper-liche Überlegenheit sowie die dadurch gegebene schutzlose Lage und deren Bedeutung für das Verhalten der Zeugin“ erkannt und dies ausgenutzt (UA S. 6)…“

Der BGH hat aufgehoben und zurückverwiesen, da die Voraussetzungen für eine sexuelle Nötigung unter Ausnutzen einer schutzlosen Lage (§ 177 Abs. 1 Nr. 3 StGB) nicht dargetan seien. Es reiche nicht, dass sich das Opfer schutzlos fühle.