Mal wieder die unzulässige Revision der Nebenklägerin, oder: „Vergewaltigung“ statt „sexuelle Nötigung“

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Die zweite Entscheidung am heutigen Montag betrifft einen Dauerbrenner. Im BGH, Beschl. v. 09.01.2018 – 3 StR 587/17 – geht es nämlich mal wieder um die Zulässigkeit der Revision einer Nebenklägerin und damit um § 400 StPO. Das LG hat den Angeklagten wegen versuchter sexueller Nötigung in Tateinheit mit vorsätzlicher Körperverletzung verurteilt. Hiergegen die auf Rügen der Verletzung formellen und materiellen Rechts gestützte Revision der Nebenklägerin. Der BGH hat das Rechtsmittel – in Übereinstimmung mit dem GBA, dessen Stellungnahme er einrückt – als unzulässig angesehen:

„Mit ihrer Revision erstrebt die Nebenklägerin eine Verurteilung des Angeklagten wegen versuchter Vergewaltigung. Das Rechtsmittel ist unzulässig.

Gemäß § 400 Abs. 1 StPO kann der Nebenkläger das Urteil nicht mit dem Ziel anfechten, dass eine andere Rechtsfolge der Tat verhängt wird. So liegt der Fall jedoch hier, denn die Nebenklägerin begehrt nicht die Anwendung eines Qualifikationstatbestandes, sondern lediglich einer anderen – hinsichtlich der Mindeststrafe höheren – Strafzumessungsvorschrift, denn auch nach der Neufassung des § 177 StGB durch das Fünfzigste Gesetz zur Änderung des Strafgesetzbuchs – Gesetz zur Verbesserung des Schutzes der sexuellen Selbstbestimmung vom 4. November 2016 (BGBI. I 2460 ff.) handelt es sich bei § 177 Abs. 6 Satz 1, Satz 2 Nr. 1 StGB – nicht anders als bei § 177 Abs. 2 Satz 1, Satz 2 Nr. 1 StGB aF – um eine Strafzumessungsregel (vgl. Fischer, StGB, 64. Aufl., § 177 Rn. 129). Etwas anderes gilt nicht deshalb, weil das hier in Betracht kommende Regelbeispiel eine eigene Bezeichnung („Vergewaltigung“ statt „sexuelle Nötigung“) hat. Im Verhältnis von sexueller Nötigung zu Vergewaltigung handelt es sich nämlich nicht um eine Frage des Schuldspruchs im rechtstechnischen Sinne, sondern um eine Frage der Fassung der Urteilsformel gemäß § 260 Abs. 4 Satz 1 und 2 StPO, in der ausnahmsweise die Begehung eines Regelbeispiels für einen besonders schweren Fall der (versuchten) sexuellen Nötigung zum Ausdruck kommen soll (vgl. BGH, Beschluss vom 3. Juli 2003 – 2 StR 173/03, NStZ-RR 2003, 306; Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 60. Aufl., § 400 Rn. 3a).“

Nicht ganz das Übliche bei der Problematik, aber auch ein wenig: Hatten wir schon.

4 Gedanken zu „Mal wieder die unzulässige Revision der Nebenklägerin, oder: „Vergewaltigung“ statt „sexuelle Nötigung“

  1. Tegel

    Heidewitzka! Könnte denn ein Nebenkläger/-in bei Anklage auf gefährliche Körperverletzung durch den Staatsanwalt Berufung einlegen mit dem Ziel einer Verurteilung wegen versuchten Totschlag / Mord?

  2. Tege

    Guten Morgen, die Idee war, ob eine Berufung oder Revision mit dem Ziel dass nicht statt auf gef. KV verurteilt wird, sondern versuchte Tötung zulässig wäre. Aufgrund teils manchmal undurchschaubaren )nötigen?) Einschränkungen.
    Wenn selbst erfahrene Anwälte solche Fehler machen…
    Wäre schön, wenn Sie mir dies erhellen und gffs. anderen.
    Beispiel (frei erfunden):
    Herr Totenkopf trat mit Arbeitsschuhen mit Stahkappe mehrfach vor den Schädel eines Kindes – wahlweise: Herr Totenkopf schlug dem Kind mehrfach mit dem Rohrstock auf den Kopf. Das Kind hat Kopfverletzungen. Es erfolgt eine Verurteilung wegen gef. Körperverletzung. Nun begehrt die Mutter eine Veruteilung wegen versuchten Totschlags. Wäre dies von Seite der Nebeklage eine „zulässige“ Revision?
    Heidewitzka meint, dass es es nicht nachvollziehbar ist, dass eine solche Revision wie oben geschildert nicht geht und dass obendrein erst per Urteil und Kosten die Unzulässigkeit erkannt wird.

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