Die zweite vorzustellende Entscheidung des BGH, die sich mit Bewährungsfragen befasst, ist der BGH, Beschl. v. 26.10.2017 – 2 StR 334/17. Es geht um Beihilfe zum Menschenhandel zum Zwecke der sexuellen Ausbeutung u.a. Das LG hat zu einer bewährungsfähigen Freiheitsstrafe verurteilt, die es aber nicht zur Bewährung abgesehen hat. Der BGH sieht das anders:
„Das Landgericht hat ausgeführt, die Vollstreckung der Strafe könne nicht zur Bewährung ausgesetzt werden, weil bei einer Gesamtwürdigung von Tat und Persönlichkeit des Angeklagten keine besonderen Umstände im Sinne von § 56 Abs. 2 StGB vorlägen. Dafür genüge nicht, dass er nunmehr eine Anstellung im Sicherheitsgewerbe gefunden und nur Beihilfe zur Tat seines Bruders geleistet habe. Auch eine Gesamtschau aller Strafmilderungsgründe ergebe keine besonderen Umstände; denn der Angeklagte habe „in der Hauptverhandlung nicht ansatzweise den Eindruck erweckt, dass er das Unrecht seines strafbaren Verhaltens einsehe und dieses bereue oder dass er auch nur geringes Mitgefühl mit der Geschädigten Zeugin M. entwickelt“ habe.
Diese Begründung weist Rechtsfehler auf.
a) § 56 Abs. 1 und 2 StGB ermöglicht es dem Gericht, bei Vorliegen einer günstigen Legalprognose und besonderer, in der Tat oder der Persönlichkeit des Angeklagten liegender Umstände auch die Vollstreckung einer Freiheitsstrafe von bis zu zwei Jahren zur Bewährung auszusetzen. Dabei sind die Voraussetzungen des § 56 Abs. 1 StGB vorrangig zu prüfen (vgl. Senat, Beschluss vom 9. April 2015 – 2 StR 424/14, BGHR StGB § 56 Abs. 2 Sozial-prognose 6). Daran fehlt es hier.
b) Durchgreifenden rechtlichen Bedenken begegnet ferner die Bewertung des Eindrucks des Angeklagten in der Hauptverhandlung, obwohl dieser keine Angaben zur Sache gemacht hat. Es steht dem Angeklagten frei, sich zu äußern oder nicht zur Sache auszusagen. Macht er von seinem Schweigerecht Gebrauch, darf dies nicht zu seinem Nachteil gewertet werden (vgl. BGH, Beschluss vom 13. Oktober 2015 – 3 StR 344/15, NStZ 2016, 220 f. mwN). Der unbefangene Gebrauch des Schweigerechts wäre nicht gewährleistet, wenn der Angeklagte die Prüfung der Gründe hierfür befürchten müsste. Deshalb dürfen aus der Aussageverweigerung keine nachteiligen Schlüsse gezogen werden. Die Urteilsgründe lassen besorgen, dass das Landgericht dies verkannt hat.“
Selbstläufer nennt man so etwas.