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StGB II: Eine Luftpumpe wie ein Gewehr vorgehalten, oder: Eine Luftpumpe ist eine Scheinwaffe

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User:Hedwig von Ebbel

Und als zweite Entscheidung dann noch einmal etwas vom BGH, und zwar den BGH, Beschl. v. 28.03.2023 – 4 StR 61/23.

Das LG hat den Angeklagten wegen schweren Raubes, und zwar nach §§ 249, 250 Abs. 1 Nr 1b StGB, verurteilt. Dagegen die Revision, die der BGh nach § 349 Abs. 2 StPO verworfen hat:.

„1. Die Verurteilung des Angeklagten wegen schweren Raubes gemäß § 249 Abs. 1, § 250 Abs. 1 Nr. 1 b StGB hält rechtlicher Überprüfung stand.

a) Nach den Feststellungen wollte der Angeklagte am Abend des 26. April 2022 der Geschädigten ihre Handtasche wegnehmen, um sich Wertgegenstände und Bargeld zu verschaffen. Ihre Tasche hatte die Geschädigte, die sich in Gesellschaft von zwei Freunden rauchend vor dem Eingangsbereich einer Gaststätte befand, neben sich auf einem Tisch abgestellt. Um an die Handtasche zu gelangen, fasste der Angeklagte den Entschluss, die Geschädigte und ihre Begleiter zu bedrohen, indem er ihnen eine Luftpumpe nach Art eines Gewehres (Langwaffe) vorhielt. Er wollte dadurch erreichen, dass sie in der Annahme, es handele sich um eine Schusswaffe, aus Angst um ihre Gesundheit keinen Widerstand leisten und seinen Forderungen nachkommen würden. In Umsetzung seines Tatplans hielt er die Luftpumpe mit ausgezogenem Kolben und mit auf Brusthöhe angehobenen Armen vor sich und trat so auf die Geschädigte zu. Er hielt ihr die Luftpumpe im Abstand von 20 bis 30 Zentimetern vor das Gesicht und forderte sie auf hineinzugehen. Wie vom Angeklagten beabsichtigt, erkannten weder die Geschädigte noch ihre Begleiter die Luftpumpe als eine solche. Vielmehr besorgten sie den Einsatz einer Schusswaffe und liefen daher in das Lokal. Der Angeklagte nahm die zurückgelassene Handtasche an sich und verließ die Örtlichkeit. Bevor er sich der Tasche entledigte, entnahm er ihr das Portemonnaie der Geschädigten, um es nebst Inhalt wie u. a. Bargeld zu behalten.

b) Damit ist ein schwerer Raub festgestellt. Insbesondere begegnet die Annahme des Landgerichts, der Angeklagte habe den Qualifikationstatbestand des § 250 Abs. 1 Nr. 1 b StGB verwirklicht, keinen rechtlichen Bedenken.

aa) Die Vorschrift erfasst grundsätzlich alle bewusst gebrauchsbereit mitgeführten Gegenstände, die als Mittel zur Überwindung des Widerstands des Tatopfers mittels Gewalt oder Drohung geeignet sind, also auch sogenannte Scheinwaffen, d. h. Gegenstände, die objektiv ungefährlich sind und deren Verletzungstauglichkeit nur vorgetäuscht wird (vgl. BT-Drucks. 13/9064, S. 18; BGH, Urteil vom 18. Januar 2007 – 4 StR 394/06 Rn. 6; Fischer, StGB, 70. Aufl., § 250 Rn. 10, § 244 Rn. 26). Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs sind allerdings vom Anwendungsbereich des § 250 Abs. 1 Nr. 1 b StGB aufgrund einer einschränkenden Auslegung solche Gegenstände auszunehmen, die für einen objektiven Beobachter schon nach ihrem äußeren Erscheinungsbild offensichtlich ungefährlich und deshalb nicht geeignet sind, mit ihnen – etwa durch Schlagen, Stoßen, Stechen oder in ähnlicher Weise – auf den Körper eines anderen in erheblicher Weise einzuwirken (vgl. BGH, Urteil vom 12. Juli 2017 – 2 StR 160/16 Rn. 7; Urteil vom 18. Januar 2007 – 4 StR 394/06 Rn. 7 f.; jeweils mwN; s. zu § 250 Abs. 1 Nr. 2 StGB aF BGH, Beschluss vom 9. September 1997 – 4 StR 423/97 Rn. 6; Beschluss vom 20. Juni 1996 – 4 StR 147/96 Rn. 5; Urteil vom 12. November 1991 – 5 StR 477/91, BGHSt 38, 116 ff.).

bb) Ein derartiger Fall liegt hier jedoch nicht vor. Die vom Angeklagten verwendete Luftpumpe war auch für einen objektiven Beobachter nicht offenkundig ungefährlich. Insbesondere durch ihren Einsatz als Schlagwerkzeug gegen empfindliche Körperstellen hätte mit ihr erheblich auf den Körper eines anderen eingewirkt werden können (vgl. auch BGH, Urteil vom 12. Juli 2017 – 2 StR 160/16 Rn. 8, zu einem Schlüssel). Der Gegenstand war „seiner Art nach“ (vgl. BGH, Urteil vom 4. Mai 1972 – 4 StR 134/72, BGHSt 24, 339, 341) dazu geeignet, von dem Opfer als Bedrohung wahrgenommen zu werden. Damit steht die vom Täter zugleich beabsichtigte Täuschung des Tatopfers hinsichtlich der von dem mitgeführten Gegenstand ausgehenden Drohwirkung – hier: als vermeintliche Schusswaffe – nicht derart im Vordergrund, dass die Anwendung von § 250 Abs. 1 Nr. 1 b StGB den (Wort-)Sinn des Gesetzes verfehlen würde (vgl. BGH, Urteil vom 12. November 1991 – 5 StR 477/91, BGHSt 38, 116, 119). Denn eine Täuschung des Opfers wird bei dem Gebrauch jeder „Scheinwaffe“ im Hinblick auf deren objektive Ungefährlichkeit angestrebt.“

Das ist mal wieder einer der BGH-Entscheidungen, bei denen ich mich frage: Warum muss man wenn doch nach § 349 Abs. 2 StPO verworfen wird, weil die Revision „offensichtlich unbegründet“, ist, so viele Worte machen. M.E. ist das dann für mich nicht „offensichtlich“. Der BGH hat aber wohl offensichtlich ein anderes Verständnis vom Begriff „offensichtlich“.

Die Wasserpistole als „gefährliches Werkzeug“

Die tatsächlichen Feststellungen und die Begründung des BGH, Beschl. v. 11.05.2011 2 StR 618/10 sprechen für sich. Da heißt es zu einer Verurteilung  wegen schwerer räuberischer Erpressung:

„1. Der Schuldspruch hält rechtlicher Prüfung insoweit nicht stand, als das Landgericht den Angeklagten im Fall II. 2. der Urteilsgründe der schweren räuberischen Erpressung nach § 255 i.V.m. § 250 Abs. 1 Nr. 1b StGB für schuldig befunden hat.

a) Nach den Feststellungen des Landgerichts überfiel der Angeklagte am 12. April 2010 eine Sparkasse, nachdem er für die Tatausführung unmittelbar zuvor aus der Auslage eines Drogeriemarktes eine Wasserpistole entnommen hatte. Die grellbunte Spielzeugpistole, die auch in ihrer Form einer echten Waffe nicht ähnelte, verbarg er in seiner Jackentasche. Nach Betreten der Sparkasse begab sich der Angeklagte zu dem Filialleiter und erklärte ihm, dass es sich um einen Banküberfall handele und er so schnell wie möglich so viel Geld wie möglich haben wolle. Zugleich deutete er an, mit einer Schusswaffe bewaffnet zu sein, indem er seine Hand in die Jackentasche steckte und mit der darin befindlichen Wasserpistole eine zielende Bewegung machte. Der Filialleiter, der den in der Jackentasche verborgenen Gegenstand nicht sehen konnte, aber befürchtete, dass es sich um eine echte Waffe handelte, ging mit ihm zum Kassenraum. Dort befanden sich zwei weitere Bankangestellte, die in dem Angeklagten den Täter wiedererkannten, der sie bei einem früheren Überfall im Vorjahr bereits mit einer echt aussehenden Pistole bedroht hatte. Sie sahen, dass der Angeklagte mit einem in seiner Jackentasche verborgenen Gegenstand drohte, und gingen davon aus, dass er eine echte Schusswaffe mit sich führe. Daraufhin erhielt der Angeklagte Bargeld in Höhe von 2.490 € ausgehändigt. Weiterlesen

Der BGH und die Scheinbombe

 

In seinem Beschl. v. 18.08.2010 – 2 StR 295/10 hat der BGH eine Verurteilung wegen schwerer räuberischer Erpressung nicht beanstandet, die darauf gegründet war, dass der Angeklagte behauptet hatte, in einer Sporttasche eine mit einem mit Mobiltelefon fernzündbare Bombe bei sich zu führen. Das rechtfertige eine Verurteilung nach Scheinwaffengrundsätzen. Zwar seien die verwendeten Gegenstände (hier: Sporttasche und Mobiltelefon) für sich genommen objektiv zwar ungefährlich , diese Ungefährlichkeit sei aber nach deren objektiven Erscheinungsbild in Kombination mit den Erklärung des Täters (hier: Vorgeben, dass in der Tasche eine Bombe sei, die per Mobiltelefon gezündet werden könne) nicht offensichtlich. Für einen objektiven Beobachter sei die Gefährlichkeit der Gegenstände in einem solchen Fall überhaupt nicht einzuschätzen, sodass die Rechtsprechung zur Scheinwaffe ohne Weiteres anwendbar sei.