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Die erfolgreiche/erfolglose Ablehnung des Sachverständigen

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Die Ablehnung eines Sachverständigen wegen Besorgnis der Befangenheit und wie das Gericht damit umgeht, kann für den Angeklagten und das Ergebnis des Verfahrens von entscheidender Bedeutung sein. Denn nicht selten entscheidet der Sachverständige, ob und wie der Angeklagte verurteilt wird.Deshalb haben die damit zusammenhängenden Fragen in der Praxis erhebliche Bedeutung. Das zeigt auch noch einmal der BGH, Beschl. v. 22.07.2014 – 3 StR 302/14. Im Verfahren – Vorwurf des versuchten Mordes – war der Sachverständige abgelehnt worden. Dazu verhält sich der BGH, Beschl. wie folgt:

Der Angeklagte hat den Sachverständigen, der mit seiner forensisch-psychiatrischen Begutachtung beauftragt war, wegen der Besorgnis der Befangenheit abgelehnt. Zur Begründung hat er ausgeführt, das Gutachten sei nicht mit der erforderlichen wissenschaftlichen Sorgfalt erstellt worden. Außer-dem habe der Sachverständige den Wunsch des Angeklagten unterbunden, dass bei der Exploration sein Verteidiger anwesend sein sollte. Schließlich habe der Sachverständige den Verteidiger nicht über dieses Anliegen informiert; vielmehr habe er diesem telefonisch bewusst wahrheitswidrig ausrichten lassen, die Begutachtung sei praktisch abgeschlossen und der Angeklagte habe ihm gegenüber nicht geäußert, dass er seinen Verteidiger dabei haben wollte.

Das Landgericht hat diesen Antrag zurückgewiesen und dies damit begründet, weder das wissenschaftliche Vorgehen des Sachverständigen noch die Tatsache, dass dieser die Exploration in Abwesenheit des Verteidigers durchgeführt habe, rechtfertigten die Besorgnis der Befangenheit. Zu dem weiteren Vorwurf, der Sachverständige habe den Verteidiger unzutreffend über den Wunsch des Angeklagten informiert, die Exploration im Beisein seines Verteidigers durchzuführen, verhält sich der den Antrag ablehnende Beschluss nicht.

Der Angeklagte hat eine Verletzung des § 74 StPO gerügt und hatte hinsichtlich der Rechtsfolgen Erfolg:

2. Dies begegnet durchgreifenden rechtlichen Bedenken.

Anders als bei der Ablehnung eines Richters prüft das Revisionsgericht bei der Ablehnung eines Sachverständigen nicht selbstständig, ob die Voraussetzungen für die Besorgnis einer Befangenheit im konkreten Fall vorliegen. Es hat vielmehr allein nach revisionsrechtlichen Grundsätzen zu entscheiden, ob das Ablehnungsgesuch ohne Verfahrensfehler und mit ausreichender Begründung zurückgewiesen worden ist. Dabei ist es an die vom Tatgericht festgestell-ten Tatsachen gebunden und darf keine eigenen Feststellungen treffen. Aus diesem Grunde muss das Tatgericht in seinem Beschluss darlegen, von wel-chen Tatsachen es ausgeht (BGH, Beschluss vom 23. März 1994 – 2 StR 67/94, NStZ 1994, 388). Die gemäß § 34 StPO erforderliche Begründung des Beschlusses muss im Übrigen so ausführlich sein, dass das Revisionsgericht prüfen kann, ob das Tatgericht die anzuwendenden Rechtsbegriffe verkannt hat; daneben muss sie die Verfahrensbeteiligten in die Lage versetzen, ihr wei-teres Prozessverhalten darauf einzurichten (Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 57. Aufl., § 74 Rn. 17 mwN).

Diesen Anforderungen wird die Begründung des Beschlusses des Landgerichts nicht gerecht. Die Strafkammer hat zu einem wesentlichen Teil der Begründung des Ablehnungsgesuchs nicht Stellung genommen. Damit ist weder erkennbar, von welchen Tatsachen sie insoweit ausgegangen ist, noch, ob ihre Entscheidung im Übrigen rechtsfehlerfrei ist. Eine sachliche Überprüfung der Entscheidung durch den Senat als Revisionsgericht ist deshalb nicht möglich. Ebenso wenig konnte der Angeklagte sein weiteres Prozessverhalten auf die Begründung der Strafkammer einrichten.“

Haftet ein Sachverständiger für ein „falsches“ Gutachten?

© Gina Sanders - Fotolia.com

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Wer hat als Verteidiger/Rechtsanwalt das Szenario noch nicht erlebt? In einem (Straf)Verfahren wird ein Sachverständigengutachten erstattet, das Grundlage von Ermittlungen gegen einen Beschuldigten wird, gegen den dann auch Zwangsmaßnahmen angeordnet werden. Später wird das Verfahren eingestellt/der Beschuldigte frei gesprochen und dann geht es um die Frage: Haftet ggf. der Sachverständige, wenn sein Gutachten „falsch“ war.

Ein ähnliches Szenario liegt dem BGH, Urt. v. 06.03.2014 – III ZR 320/12 – zugrunde: Da hat der Kläger den Beklagten unter dem Vorwurf der Erstellung eines fehlerhaften Gutachtens auf Schadensersatz und Geldentschädigung wegen der Verletzung seines allgemeinen Persönlichkeitsrechts in Anspruch. Der Kläger ist Chefarzt für Innere Medizin am S. -Hospital in W. und dessen stellvertretender ärztlicher Direktor. Der Beklagte ist beamteter Professor für Rechtsmedizin und war Leiter des Instituts für Forensische Toxikologie am Zentrum der Rechtsmedizin des Klinikums der J. -Universität in F. Der Beklagte hatte gemeinsam mit zwei Kollegen ein Gutachten über die Ergebnisse einer toxikologischen Untersuchung der bei einer Leichenöffnung einer 91-Jährigen asservierten Körperflüssigkeiten und -gewebe erstattet. Das wird dann in einem Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts des Mordes gegen den Kläger verwendet.. Es ergeht ein Haftbefehl gegen den Kläger und ein Durchsuchungsbeschluss. Der Arbeitgeber wird unterrichtet und  in Zeitungsartikeln wird berichtet. Später wird das Ermittlungsverfahren gegen den Kläger gemäß § 170 Abs. 2 StPO eingestellt.

Im Verfahren geht das um Entschädigung. LG und OLG haben zugesprochen, der BGH hat die Klage abgewiesen, und zwar mit folgenden Grundsätzen:

  • § 839a BGB findet im Wege der Analogie im Allgemeinen auch auf die Haftung eines Sachverständigen Anwendung, der sein Gutachten in einem Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft erstattet.

Dazu:
„b) In Übereinstimmung mit der überwiegenden Ansicht im Schrifttum (Erman/Hecker, BGB, 13. Aufl., § 839a Rn. 3; MüKoBGB/Wagner, 6. Aufl., § 839a Rn. 7; NK-BGB/Huber, 2. Aufl., § 839a Rn. 18; Palandt/Sprau, BGB, 73. Aufl., § 839a Rn. 2; Staudinger/Wöstmann, BGB [2013], § 839a Rn. 36; Bayerlein in Bayerlein, Praxishandbuch zum Sachverständigenrecht, 4. Aufl., § 11 Rn. 4 und § 34 Rn. 2; Kilian, ZGS 2004, 220, 222 f; Lesting, R&P 2002, 224, 227; Thole, Die Haftung des gerichtlichen Sachverständigen nach § 839a BGB, S. 251 f; Ulrich, Der gerichtliche Sachverständige, 12. Aufl., Rn. 747; a.A. Soergel/Spickhoff, BGB, 13. Aufl., § 839a Rn. 16; Brückner/Neumann, MDR 2003, 906, 907; Zimmermann, BuW 2003, 154, 155) ist § 839a BGB jedoch analog auf die Gutachtenerstattung in einem staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsverfahren anzuwenden. „

Dazu:
„In seinem Anwendungsbereich verdrängt § 839 BGB als vorrangige Spezialregelung konkurrierende Ansprüche aus §§ 823 ff BGB (BGH, Beschluss vom 19. Dezember 1960 – GSZ 1/60, BGHZ 34, 99, 104; Senatsurteile vom 18. Dezember 1972 – III ZR 121/70, BGHZ 60, 54, 62 f und vom 5. April 1990 – III ZR 4/89, NJW-RR 1990, 1500, 1501; Senatsbeschluss vom 1. August 2002 – III ZR 277/01, NJW 2002, 3172, 3173 f) sowie aus § 839a BGB (Staudinger/Wöstmann aaO § 839a Rn. 39 f; vgl. auch Senatsurteil vom 9. März 2006 – III ZR 143/05, BGHZ 166, 313, 316 Rn. 8). Im Rahmen der Haftung nach § 839 BGB tritt gemäß Art. 34 Satz 1 GG – im Wege der befreienden Haftungsübernahme – der Staat beziehungsweise die jeweilige Anstellungskörperschaft als Anspruchsgegner des Geschädigten an die Stelle dessen, der in Ausübung eines ihm anvertrauten öffentlichen Amtes gehandelt hat; in diesem Falle scheidet eine persönliche Haftung des Amtsträgers gegenüber dem Geschädigten aus (Senat, Urteil vom 6. Juli 1989 – III ZR 79/88, BGHZ 108, 230, 232; Beschluss vom 1. August 2002 aaO und Urteil vom 22. Juni 2006 – III ZR 270/05, NVwZ 2007, 487 Rn. 6). …..

  • Die von der Staatsanwaltschaft veranlasste Begutachtung durch den Leiter eines rechtsmedizinischen Instituts im Zusammenhang mit Todesfallermittlungen gemäß §§ 87 ff StPO erfolgt in Ausübung eines öffentlichen Amtes im Sinne von Art. 34 Satz 1 GG.

    Dazu:
    b) Der Beklagte hat im vorliegenden Fall in Ausübung eines ihm anvertrauten öffentlichen Amtes gehandelt. ……..

bb) Die Leichenöffnung sowie die nachfolgenden Untersuchungen durch den Leiter eines rechtsmedizinischen Instituts (oder einen von ihm beauftragten Arzt) stellen sich als Wahrnehmung einer hoheitlichen Aufgabe dar. …..

Da hat sich die Frau Sachverständige aber im Ton vergriffen = Befangen

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So ganz häufig sind erfolgreiche Ablehnungen von Sachverständigen im Strafverfahren (§ 74 StPO) m.E. nicht. Deshalb ist m.E. ein (amtsgerichtlicher) Beschluss, durch den ein AG eine Sachverständige wegen Besorgnis der Befangenheit aus dem Verfahren nimmt, berichtenswert.

Zum Sachverhalt: Die Staatsanwaltschaftt hatte gegen einen Angeklagten Anklage wegen Raubes erhoben. Nach Zustellung der Anklage und Pflichtverteidigerbestellung ersucht das  AG die Staatsanwaltschaft um die Durchführung von Nachermittlungen. Diese waren nach Auffassung des AG erforderlich, weil ausreichende Ermittlungen zum Gesundheitszustand des mutmaßlich Geschädigten fehlten. Diese Nachermittlungen ergeben, dass der Zeuge an schwerwiegenden psychischen Erkrankungen leidet und deshalb aufgrund betreuungsrichterlicher Beschlüsse wiederholt geschlossen untergebracht, wurde. Das AG hält nun die Einholung eines Gutachtens zur Glaubhaftigkeit der belastenden Angaben des Zeugen für erforderlich. Zur Sachverständigen wird eine Fachärztin für Psychiatrie bestellt. Diese fertigt ein vorläufiges schriftliches Gutachten. Zu dem nimmt dann der Verteidiger Stellung und beanstandet Mängel, zusammengefasst: Das Gutachten entspricht nicht den Anforderungen von BGHSt 45, 99.

Nunmehr wird der Sachverständigen aufgegeben, zum Schriftsatz der Verteidigung und den dort erhobenen Einwendungen Stellung zu nehmen. Und sie nimmt Stellung, und zwar führt „die Sachverständige unter anderem aus, dass „der Herr Verteidiger wohl kaum jemals ein echtes aussagepsychologisches Gutachten zu Gesicht bekommen hat“. Ferner bittet die Sachverständige „um Nachsicht, sollte sie ihre differentialdiagnostischen Ausführungen zu fachspezifisch“ dargestellt haben, auch spricht Sie – offensichtlich auf den Verteidiger gemünzt – von einem „Laien“. Auch habe der Verteidiger fachpsychiatrische Gutachten mit aussagepsychologischen Gutachten verwechselt.“ Eine inhaltliche Auseinandersetzung mit den vom Verteidiger erhobenen Einwendungen erfolgt nicht, zumindest nicht ausreichend.

Der Verteidiger lehnt daraufhin die Sachverständige wegen Besorgnis der Befangenheit ab. Der AG Backnang, Beschl. v. 14.02.2013 –  2 Ls 113 Js 112185/12 – sagt: Zu Recht, denn: Ein Sachverständiger muss  zwar gänzlich unsubstantiierte, polemische oder gar beleidigende Angriffe gegen seine Person und/oder seine Arbeitsweise nicht hinnehmen. Zeigt er hierbei nachvollziehbare Emotionen oder auch Empörung, begründet dies – so das AG – die Besorgnis der Befangenheit nicht. Andererseits darf aber der Angeklagte ebenso wie die weiteren Verfahrensbeteiligten auch erwarten, dass Sachverständige auf sachliche Einwendungen ebenso sachlich reagieren und zu Fragen und Beanstandungen der Verfahrensbeteiligten in angemessener Weise Stellung nehmen. Und da hatte sich die Frau Sachverständige nach Auffassung des AG im Ton vergriffen:

1. In vorliegender Sache verhält es sich jedoch so, dass der Schriftsatz des Verteidigers durchweg in sachlichem Ton gehalten ist, und der Angeklagte darf ebenso wie die weiteren Verfahrensbeteiligten erwarten, dass Sachverständige auf sachliche Einwendungen ebenso sachlich reagieren und zu Fragen und Beanstandungen der Verfahrensbeteiligten in angemessener Weise Stellung nehmen. Dies hat die abgelehnte Sachverständige vorliegend nicht getan. Zu den substantiiert und unter Bezugnahme auf höchstrichterliche Rechtsprechung vorgetragenen Einwendungen nimmt sie in dem nunmehr monierten Schreiben allenfalls am Rande Stellung, teilweise beschränken sich die Ausführungen auf einen einzigen Satz. Der Auffassung der Staatsanwaltschaft, es liege inhaltlich eine „erschöpfende“ Auseinandersetzung mit den Inhalten des Verteidigervorbringens vor, vermag das Gericht daher nicht beizutreten.

 2. Diese Verhaltensweise in Verbindung mit der Tonart, in der die ergänzende Stellungnahme der Sachverständigen gehalten ist, begründet aus Sicht eines verständigen Angeschuldigten die Besorgnis der Befangenheit. Dabei hat das Gericht nicht verkannt, dass sich die kritisierten Bemerkungen der Sachverständigen nicht gegen den Angeschuldigten, sondern „nur“ gegen den Verteidiger richten. Ebenso wenig wurde verkannt, dass die Rechtsprechung wiederholt entschieden hat, dass Spannungen zwischen Richter bzw. Sachverständigen und Verteidiger grundsätzlich nicht geeignet sind, das Vertrauen des Angeklagten in die Unparteilichkeit zu beeinträchtigen. Diese Rechtsprechung betrifft jedoch in aller Regel Fälle, in denen Spannungen durch unangemessenes Verhalten des Verteidigers provoziert wurden; ein Verteidiger soll es nicht in der Hand haben, durch Provokationen des Gerichts selbst Ablehnungsgründe zu schaffen.“

Und da diese Spannungen sich nach Auffassung des AG auch auf den Angeklagten übertragen können, hat es den Sachverständigen aus dem Verfahren „ausgeschlossen“. Also: Lieber „sine ira et studio“, Frau/Herr Sachverständige(r).

Bußgeldverfahren: Herausgabe der Messwertreihe an den Sachverständigen

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Akteneinsicht in Bedienungsanleitung und/oder die Messung und die Messwertreihe ist ein Dauerthema der letzten Monate gewesen. Hier dann aus der großen Zahl der dazu immer noch ergehenden Entscheidungen ein Beschluss des AG Heidelberg, der eine etwas andere Konstellation behandelt, nämlich Herausgabe der Daten einer Messwertreihe an den Sachverständigen. Dazu der AG Heidelberg, Beschl. v. 14.06.2013 – 16 OWi 447/13:

„Demgegenüber hat sich das Regierungspräsidium Karlsruhe darauf beschränkt, die Daten des den Betroffenen betreffenden Messbildes in konvertierter Form zu übermitteln,. Nach mittlerweile weit überwiegender Rechtsprechung ist dem Betroffenen bzw. dessen Verteidiger Einsicht in die komplette Messreihe zu gewähren. Diese Einsicht erfolgt in der Regel durch Einsichtnahme in den Räumen der Behörde. Die Einsichtnahme in die komplette Messreihe ist auch notwendig, um etwaige Messfehler des verwendeten Gerätes erkennen zu können. Insoweit wird die Einsichtnahme durch die Bußgeldbehörde auch nicht verweigert.

Soweit der beauftragte Sachverständige aber mehr als 100 km anreisen müßte, um dieses Einsichtsrecht auszuüben, stellt der Verweise auf die Einsichtsmöglichkeit vor Ort eine unangemessene Beeinträchtigung des Betroffenen dar, da hierdurch die Kosten eines Sachverständigengutachtens alleine durch die Anfahrtskosten kaum mehr bezahlbar sind. Demgegenüber dürfte die geforderte Überspielung der Messwertreihe mit einem überschaubaren Zeit und Personalaufwand zu erledigen sein. Auch das Amtsgericht Heidelberg folgt daher der mittlerweile weit verbreiteten Rechtsauffassung, das in derartigen Fällen das Akteneinsichtsrecht durch Übermittlung der Messwerte an den beauftragten Verteidiger bzw. dem von diesem beauftragten Sachverständigen zu erfolgen hat.“

Mir passt der Sachverständige nicht. Beschwerde?

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Nach allgemeiner Meinung in Rechtsprechung und Literatur obliegt die Auswahl des (gerichtlichen) Sachverständigen dem Gericht. Was ist aber, wenn dem Angeklagte/Beschuldigten/Verurteilten die Auswahl des Sachverständigen nicht passt? Kann er dagegen Beschwerde einlegen oder ist das nicht möglich?

Das OLG Nürnberg hat diese Frage jetzt im OLG Nürnberg, Beschl. v. 19.07.2012, 1 Ws 324/12, für das Überprüfungsverfahren unter Hinweis auf § 305 Satz 1 StPO verneint und eine Parallele zu Hauptverhandlung im Erkenntnisverfahren gezogen.

 „Der Beschwerdeführer wendet sich mit seiner Beschwerde gegen eine prozessuale Entscheidung des Gerichts innerhalb des Verfahrens und nicht gegen eine abschließende Entscheidung des Verfahrens. In derartigen Fällen ist eine Beschwerde gemäß § 305 Satz 1 StPO ausgeschlossen (vgl. Meyer-Goßner, StPO 55. Aufl. § 74 Rn. 18 m.w.N.).

 Sinn der Regelung des § 305 Satz 1 StPO ist es, die reibungslose Durchführung einer Hauptverhandlung zu sichern. Die Vorschrift soll die Verfahrensverzögerungen verhindern, die eintreten würden, wenn Entscheidungen der erkennenden Gerichte sowohl aufgrund einer Beschwerde als auch auf das Rechtsmittel gegen das Urteil hin überprüft werden müssen.  Eine derartige Interessenlage ist auch in den Verfahren der Strafvollstreckungskammer – vorliegend  bei der Prüfung gemäß § 67 e StGB – gegeben. Die Durchführung derartiger Verfahren ist vergleichbar mit dem Interesse an einer reibungslosen Durchführung einer begonnenen Hauptverhandlung. Dem Erfordernis der Herbeiführung einer raschen Klärung derartiger Fragen widerspräche es, die zeitliche Verzögerung hinzunehmen, die mit einem Beschwerdeverfahren gegen die Auswahl des bestellten Sachverständigen verbunden ist (vgl. auch OLG Nürnberg Beschluss v. 30.9.2008, Az. 2 Ws 400/2008).“

Es bleibt also nur abzuwarten und die Einwände gegen den Sachverständigen mit einem Rechtsmittel gegen die abschließende gerichtliche Entscheidung geltend zu machen bzw. zu versuchen, einen eigenen Sachverständigen in das Verfahren einzuführen. In der Hauptverhandlung geht das ggf. über § 245 StPO. Bringt natürlich Unruhe ins Verfahren.