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Aus dem Rechtspflegerforum: Ich kann den Unmut/das Unverständnis der Rechtspfleger verstehen

Ich habe mal wieder im Rechtspflegerforum gestöbert und bin dabei auf folgenden Thread im Bereich „Kosten“ gestoßen, und zwar auf:  „Phänomen nach Änderung der Gebührentabellen“. Da heißt es:

„Hier wird regelmäßig und schmerzfrei in Altfällen die Kostenfestsetzung nach neuem Gebührenrecht beantragt.

Frage an die Kollegen innerhalb der Gerichte: Wurde dieses Phänomen bereits woanders beobachtet?

Frage an die Kollegen außerhalb der Gerichte: Woran liegt es und was veranlaßt Antragsteller zu einem derart sinnlosen Unterfangen – oder hatte damit schon jemand Erfolg?

Aus den Antworten:

 „Bei mir kam das bisher nur vereinzelt vor, ich glaub es war auch immer der gleiche RA. Da gibts von mir ne Zwischenverfügung …. Es kommt dann auch immer ganz schnell eine neue Berechnung nach altem Recht.“

oder

„Woran liegt es und was veranlaßt Antragsteller zu einem derart sinnlosen Unterfangen – oder hatte damit schon jemand Erfolg?

Unwissenheit, ggf. aber auch der klägliche Versuch („Merkt ja keiner!“), evtl. doch mehr Kohle rausschlagen zu können? Erst letztens eine Diskussion gehabt, wo der RA meinte, die EG sei ja nach neuem Recht zu berechnen, da der Auftrag, eine Einigung zu erzielen, erst nach dem 1.8. erteilt worden sei. Will sagen, der Antragsteller muß nicht immer bösgläubig sein.“

oder

„Möglicherweise trägt auch die Umstellung der Kanzleisoftware dazu bei? Obwohl, das sollte eigentlich kein Grund sein.
Bei mir sind derartige Versuche bislang zum Glück nicht vorgekommen.

oder

„Bislang hatte ich erst einen Antrag nach neuem Recht, bin aber zuversichtlich, dass es dabei nicht bleiben wird. Die Zwischenverfügung habe ich mir jedenfalls vorsichtshalber schon mal weggespeichert …Lustig wird es ja auch erst, wenn die Diskussionen Aufkommen, wann denn der unbedingte Auftrag erteilt wurde.“

oder

 „Habe heute eine Erinnerung des beigeordneten PKH Anwalts bekommen.

Er verlangt a.) die Gebühren nach neuem Recht (Auftragserteilung und Beiordnung waren 2010!) und b.) nach der Tabelle bei § 13 RVG (!). Der Rechtspfleger sei bei seiner Vergütungsfestsetzung „einem groben Fehler“ aufgesessen“. Kleine Notiz am Rande: Es geht um eine Mehrvergütung von ca. 20 €….“

oder

„Interessant auch Nachfragen in ReNo-Foren, ob man die Terminsgebühr nun nach der neuen Tabelle abrechnen dürfe, da die Verhandlung ja erst nach dem 01.08.2013 stattfand.

oder

„Wie kann man auf solche Ideen kommen?

Ich hatte heute einen Anruf eines Rechtsanwaltes, der wissen wollte, ob er jetzt bei allen KFA`s neues Recht anwenden kann …traurig…“.

Soweit in den Antworten Unmut, zumindest aber Unverständnis der Antwortenden – nicht alles Rechtspfleger – geäußert wird oder „durchschimmert“: Ich kann das verstehen. Denn die Übergangsregelung sind doch eindeutig. Da kann man z.B. nicht ernsthaft auf den Gedanken kommen, ein aus dem Jahr 2010 stammendes Mandant mit PKH-Beiordnung nach neuem Recht abrechnen zu wollen. Man sollte sich also schon mit den Übergangsvorschriften des § 60 RVG befasst haben, wenn man einen Antrag auf der Grundlage des neuen Gebührenrechts stellt (hier dazu noch einmal: Alt oder neu – Inkrafttreten des 2. KostRMoG – welches Recht gilt?) So schwer ist das nun auch nicht.

Ich habe da mal eine Gebührenfrage: „Zurückverweisung“ im Bußgeldverfahren – entstehen die Gebühren noch einmal

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Mich erreichen immer wieder interessante Gebührenfragen oder sie werden in dem Forum auf meiner Homepage Burhoff-online gestellt, die mir dann zeigen, dass es doch immer noch Probleme und offene Fragen bei der Anwendung des RVG gibt. So das Problem, dass ein Kollege neulich aufgeworfen hat, und zwar folgendes.

Der Kollege hat den Mandanten im Bußgeldverfahren vertreten. Auf seinen Antrag hat das AG das Verfahren nach § 69 Abs. 5 Satz 1 OWiG wegen ungenügender Aufklärung des Sachverhalts an die Verwaltungsbehörde zurückverwiesen. Der Kollege bezog sich auf eine Stelle in Burhoff (Hrsg.), RVG Straf- und Bußgeldsachen, 3. Aufl. Danach endet das Verfahren bei der Bußgeldbehörde mit Abgabe der Sache nach § 69 Abs. 3 OWiG an das AG. Deswegen war er der Ansicht, dass nach Zurückverweisung gem. § 69 Abs. 5 OWiG die Verfahrensgebühr nach Nr. 5103 VV erneut entsteht.Dazu fand er nichts in Rechtsprechung und Literatur.

 Ich musste den Kollegen darauf hinweisen, dass es sich bei der Zurückverweisung nicht um eine i.S.  des § 21 RVG handelt und daher die Gebühren für das Verfahren vor der Verwaltungsbehörde nicht noch einmal entstehen. So steht es auch im Kommentar in Teil A: Zurückverweisung (§ 21) Rn. 1688.

Aber der Kollege hat repliziert, und wie folgt:

„Allerdings ist zu überlegen, ob der § 21 nicht auch analog angewendet werden kann. Immerhin handelt es sich beim Verfahren vor der Bußgeldbehörde um die erste Entscheidungsinstanz im Bußgeldverfahren. Alle Voraussetzungen sind dafür gegeben: Es muss ermittelt sowie der Sachverhalt aufgeklärt werden. Ferner gibt es am Ende dieser „Entscheidungstanz“ auch eine Entscheidung in Form des Abschlussvermerks nach § 69 Abs. 3 OWiG und es gibt sogar eine Präklusionsnorm in § 109 a Abs. 2 OWiG.

Könnte vor diesem Hintergrund nicht eine Regelungslücke vorliegen, die eine analoge Anwendung ermöglicht?“

Mein Gedanke: Gar nicht mal schlecht bzw. überlegenswert. Ich habe ihm geraten, es ggf. mal zu versuchen mit der Argumentation. Denn: Nur ein Versuch macht klug.

Ach so – und das ist jetzt Werbung: Den RVG-Kommentar gibt es derzeit zu einem Sonderpreis – es handelt sich um eine „Mängelexemplare-Aktion“.

RVG-Reform: Was haben die Eisheiligen mit den Änderungen im RVG zu tun?; oder: Der D-Day naht

Zum Mai gibt es ja viele Sprüche: Von „Der Mai ist gekommen….“ über „Alles neu macht der Mai“ bis hin zu Goethes „Mai“ („Leichte Silberwolken schweben durch die erst erwärmten Lüfte. Mild, von Schimmer sanft umgeben, blickt die Sonne durch die Düfte.).

Der Monat Mai hat aber auch den 1. Mai – den Tag der Arbeit – und die Eisheiligen. Die liegen zwischen dem 11. Mai (Mamertus) und dem 15. Mai (sog. kalte Sofie). Und der 15. Mai, der könnte in diesem Jahr zu einem „D-Day“ werden; nun ja, vielleicht nicht ganz so militärisch, aber ggf. ein Tag der Entscheidung.

Und zwar für das 2. Kostenrechtsmodernisierungsgesetz und die darin enthaltenen Änderungen im RVG (vgl. dazu hier: Gestern im Bundestag – auch das neue RVG? und hier: (Sondermeldung: Mehr Geld für (Straf)Verteidiger – Referentenentwurf zum 2. KostRMoG bringt Neuerungen.

Ich habe mich nämlich inzwischen ein wenig umgehört und man kann wohl von folgendem weiteren Fahrplan ausgehen:

  • am 15.05.2013 (endgültige) Beratung der Neuregelungen im Rechtsausschuss des Bundestages mit Beschlussvorlage,
  • am 16.05.2013 dann die 2. und 3. Lesung im Bundestag und
  • am 07.06.2013 Beratung und Beschlussfassung im Bundesrat.

Zwar soll ja nach dem „Geheimtreffen“ im BMJ alles geklärt sein (vgl. hier: Gute, nicht nur scheinbar gute, Nachrichten für alle, die nach dem RVG abrechnen), aber man weiß ja nie, was alles doch noch passiert. Wenn also alles glatt geht, dann könnte an sich das Gesetz zum 01.07.2013 – wie geplant – in Kraft treten. Ich rechne damit aber nicht, sondern gehe vom 01.08.2013, ja ggf. sogar vom 01.09.2013 oder 01.10.2013 aus. Denn es muss ja bei den Ländern wegen der Änderungen, u.a. auch bei den Gerichtskosten die EDV, umgestellt werden.

Jedenfalls, wenn es glatt geht, dann kann man zurückgreifen auf zwei weitere Sprüche zum Mai, die im übertragenen Sinn auf die für die Anwaltschaft günstigen Änderungen im RVG ganz gut passen; nämlich:

Mairegen auf Saaten – dann regnet es Dukaten.“
und
„Gehen die Eisheiligen ohne Frost vorbei, singen Bauer und Winzer Juchhei!

oder auch

 

 

Gute, nicht nur scheinbar gute, Nachrichten für alle, die nach dem RVG abrechnen

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Der Honorar-Blog hat gestern ein Posting unter dem Titel „Scheinbar gute Nachrichten für alle, die nach dem RVG abrechnen“ veröffentlicht und darin auch auf den Beitrag des Kollegen Melchior vom 26.03.2013 „Anwaltlicher Reichtum droht?“ verwiesen. In den beiden Beiträgen geht es um ein „Geheimtreffen“ im BMJ, auf dem es zu einer Einigung/Verständigung/einem Deal zwischen Bund und Ländern im Hinblick auf das 2. KostRMoG gekommen sein soll. Darüber hatte ja bereits auch die FAZ am 22.03.2013 berichtet. Auf dem Treffen soll eine noch stärkere Anhebung der Gerichtskosten gegen eine noch weitere Anhebung der Anwaltsgebühren vereinbart worden sein. Dazu folgendes:

  • Ich denke, die Anwaltschaft kann sich freuen. Es droht zwar immer noch nicht Reichtum :-), aber, wenn die längst überfällige lineare Anhebung nun kommt, ist das sicherlich eine gute Nachricht. Daher verstehe ich auch das „Scheinbar ….“ im Posting des Honorar-Blogs nicht. Jede Anhebung ist m.E. gut.
  • (Teilweise) falsch liegt die FAZ, wenn sie die letzte Anhebung der Anwaltsgebühren auf 2004 datiert. Das waren nur strukturelle Änderungen, die noch nicht einmal bei allen Sparten zu Anhebungen geführt haben. Die letzten linearen Anhebungen datieren aus 1994.
  • Falsch ist es m.E. auch, wenn die FAZ von einem Anhebungssatz von (nur) „mindestens 12 Prozent“ ausgeht. Bei den Strafverteidigern liegt der Satz bei rund 19 Prozent und dürfte, wenn nun auch die Rahmengebühren in Teil 4 und 4 VV RVG noch weiter angehoben worden sind, sogar darüber liegen (vgl. dazu meine Beiträge StRR 2012, 14 = VRR 2012, 16 = RVGreport 2012, 42).
  • Am 07.06.2013 soll also im Bundesrat der Tag der Entscheidung sein. Dann wird es aber auch Zeit, wenn das Gesetz noch zum 01.08.2013 oder zum 01.09.2013 in Kraft treten soll. Aber vielleicht beeilt man sich ja auch. Dann könnte es sogar noch zum an sich geplanten 01.07.2013 klappen.

 

 

 

Gestern im Bundestag – auch das neue RVG?

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Gestern hat im Bundestag die Expertenanhörung zum 2. KostenrechtsmodernisierungsG stattgefunden. Zum Ergebnis heißt es bei „Heute im Bundestag„:

Experten diskutieren Änderungen im Rechtswesen

Rechtsausschuss (Anhörung) – 13.03.2013

Berlin: (hib/VER) Zwölf Experten haben am Mittwochnachmittag mit dem Rechtsausschuss mögliche Änderungen im Rechtswesen diskutiert. Anlass der Anhörung waren zwei Gesetzentwürfe der Bundesregierung (17/11471, 17/11472), drei des Bundesrates (17/1216, 17/2164, 17/5313) sowie ein Antrag der Grünen-Fraktion (17/12173).

Die Bundesregierung will unter anderem die Vergütung von Rechtsanwälten und Notaren sowie von Sachverständigen, Dolmetschern und Übersetzern bei Gericht erhöhen. Das begrüßte unter anderem André Lindemann vom Bundesverband der Dolmetscher und Übersetzer e.V. aus Berlin. Dagmar Beck-Bever, Rechtsanwältin und Notarin sowie Vorsitzende des Ausschusses Rechtsanwaltsvergütung der Bundesrechtsanwaltskammer, ebenfalls aus Berlin, plädierte in diesem Kontext für eine Anhebung der Kilometerpauschale für Anwälte.

Gegen den Gesetzentwurf des Bundesrates zur Begrenzung der Prozesskostenhilfe (17/1216) hegt die Bundesregierung verfassungsrechtliche Bedenken, wie aus einer Stellungnahme im Vorfeld hervorging. Dies betrifft vor allem die geplante Eigenbeteiligung der Bedürftigen an den Prozesskosten. Dem pflichtete Ruben Franzen, Richter am Amtsgericht sowie Mitglied des Bundesvorstandes der Neuen Richtervereinigung Berlin, bei. Er sagte, dass der Kreis der Bedürftigen, die gerade oberhalb der Armutsgrenze leben, benachteiligt werde, sollte die Initiative der Länderkammer in Kraft treten.

Peter Jochem, Richter im Landgericht Konstanz, erklärte die Problematik der Prozesskostenhilfe (PKH), die aus seiner Sicht unbedingt gelöst werden müsse. Wenn die PKH gewährt wird, muss ihr Empfänger den Prozess konsequent bis zum Ende führen. Selbst wenn beispielsweise neue Beweise oder Zeugen auftauchen, sich somit die Beweislage ändert und sich alle einig sind, dass der Prozess einzustellen ist, müsse er nach derzeitiger Rechtslage zu Ende geführt werden. „Wir Richter wären dankbar, wenn wir in solchen Fällen die Reißleine ziehen könnten“, sagte Jochem.

Liest sich so, als habe man über das RVG gar nicht gesprochen. Wäre doch gut….