Heute seit längerem dann mal wieder ein Verkehrsrechtstag. Ich merke am „Eingang“ von Entscheidungen zu der Thematik, dass es dort im Moment recht ruhig ist, im OWi-Bereich übrigens auch. Heute habe ich dann aber mal wieder drei Entscheidungen aus dem Verkehrsrecht, die ich vorstellen kann.
Zunächst kommt hier der BGH, Beschl. v. 08.10.2024 – 4 StR 318/14. In dem hat der BGH sich mit der Frage befassen müssen, ob das Werfen von Steinen auf einen Linienbus die Voraussetzungen für einen vorsätzlichen gefährlichen Eingriff in den Straßenverkehr bzw. eine versuchte gefährliche Körperverletzung erfüllt hat.
Nach den Feststellungen des LG war dem Angeklagten die Beförderung in einem Linienbus wegen seiner Verweigerung des pandemiebedingten Tragens eines Mund-Nasen-Schutzes verwehrt worden. Daraufhin warf er aus Rache für den Busverweis jeweils einen etwa faustgroßen Stein gegen die fahrenden Linienbusse. Hierzu lauerte der mit dem Streckenverlauf vertraute Angeklagte der Rückkehr des Busses nach Passieren des Wendepunktes auf. In einem Fall betrat er plötzlich die Fahrbahn und warf den Stein von vorn gegen die Frontscheibe im Bereich des Sichtfeldes des Busfahrers des ihm mit einer Geschwindigkeit von mindestens 20 km/h entgegenkommenden Busses, wodurch die Scheibe splitterte. In einem anderen Fall warf der „seitlich stehende“ Angeklagte den Stein gegen die vordere rechte Seitenscheibe des sich ihm mit der gleichen Mindestgeschwindigkeit nähernden Busses, so dass der Stein die Scheibe durchschlug, gegen die Fahrerkabine prallte und von dort auf den Boden fiel. Durch die Steinwürfe kam es zu Sachschäden, wobei sich beim Wurf von der Seite fahrdynamische Kräfte auf die Schadensentstehung nicht auswirkten. In beiden Fällen konnten die den Bus steuernden Personen ihre Fahrzeuge gefahrlos zum Stehen bringen. Diese und Passagiere blieben unversehrt. Anschließend lief der Angeklagte weg.
Das LG hat den Angeklagten wegen vorsätzlichen gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr in zwei Fällen, hiervon in einem Fall versucht, jeweils in Tateinheit mit versuchter gefährlicher Körperverletzung verurteilt: Der BGH hat das LG-Urteil aufgehoben, weil das LG die Voraussetzungen für einen strafbefreienden Rücktritt nicht geprüft habe:
„Der festgestellte Sachverhalt lässt ausdrückliche Ausführungen zum Vorstellungsbild des Angeklagten nach Abschluss der letzten Ausführungshandlung (sog. Rücktrittshorizont; vgl. nur BGH, Beschluss vom 19. Mai 1993 – GSSt 1/93, BGHSt 39, 221, 227) gänzlich vermissen. Sie ergeben sich auch nicht aus dem Gesamtzusammenhang der Urteilsgründe. Darlegungen zum Vorstellungsbild drängten sich hier aber schon deshalb auf, weil nach dem mitgeteilten Sachverhalt der Busfahrer bzw. die Busfahrerin infolge des Schadensereignisses den von ihnen geführten Bus gefahrlos zum Stehen brachten, ohne dabei die Kontrolle über das Fahrzeug zu verlieren. Daher bleibt offen, ob die jeweiligen Körperverletzungsversuche und zudem der Versuch des gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr im Fall II.2.c) der Urteilsgründe fehlgeschlagen, unbeendet oder beendet waren. Dies durfte indes nicht dahinstehen, da im Fall eines unbeendeten Versuchs gemäß § 24 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 StGB bereits das freiwillige Abstandnehmen von weiteren Ausführungshandlungen als Rücktrittsleistung für eine Strafbefreiung ausreichend wäre (vgl. BGH, Beschluss vom 7. Mai 2024 – 4 StR 82/24 Rn. 7; Beschluss vom 15. Januar 2020 – 4 StR 587/19 Rn. 5 mwN).
3. Der dargelegte Rechtsfehler führt in beiden Fällen zur Aufhebung des Schuldspruchs, die sich auf die für sich genommen rechtsfehlerfreie Verurteilung wegen tateinheitlich begangenen (vollendeten) schweren gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr im Fall II.2.b) der Urteilsgründe erstreckt. Dies zieht die Aufhebung der deswegen verhängten Einzelstrafen und der Gesamtstrafe von drei Jahren Freiheitsstrafe nach sich.“
Nun ja, ich weiß. Es ist nicht unbedingt eine verkersrechtliche Problematik, die der BGH behandeln musste. :-).