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Wenn sich der Polizeibeamte als Zeuge nicht mehr erinnern kann

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Der Kollege Müller hat in der vergangenen Woche in seinem Posting: „Wo “Polizist” draufsteht, ist nicht unbedingt „guter Zeuge“ drin“ den Umgang der Gerichte mit polizeilichen Zeugen beklagt. Teilweise kann man sicherlich von einer gewissen „Polizeihörigkeit“ sprechen, um nicht das Bild/Dogma von der „Unfehlbarkeit des polizeilichen Zeugen“ zu bemühen. Zu den Fragen passt dann m.E. ganz gut der OLG Düsseldorf, Beschl. v. 11.04.2014 – IV-2 RBs 37/14, in dem sich das OLG mit der Frage auseinandersetzt, wie denn nun ggf. mit dem Umstand umzugehen ist, wenn sich ein Polizeibeamter als Zeuge an einem Vorfall nicht mehr so genau erinnern kann:

„Das Amtsgericht hat hinreichend begründet, wie es aufgrund der Aussage des vernommenen Zeugen zu der von ihm gebildeten Überzeugung darüber, dass der Betroffene ein Mobiltelefon während der Fahrt benutzt hat, gelangt ist. Zutreffend weist die Verteidigung allerdings darauf hin, dass, wenn ein Polizeibeamter sich an einen Vorfall nicht mehr erinnern kann und auf die von ihm erstattete Anzeige Bezug nimmt, der Tatrichter klären muss, ob der Polizeibeamte die volle Verantwortung für den Inhalt der Anzeige übernimmt, in welcher Weise er bei der Anzeigeerstattung beteiligt gewesen ist und ob und inwieweit ein Irrtum ausgeschlossen ist und warum es verständlich erscheint, dass der Polizeibeamte den Vorfall nicht mehr in Erinnerung hat, falls insoweit Zweifel einsetzen können (OLG Düsseldorf NZV 1999, 348). Das indes ergibt sich aus den Ausführungen im angefochtenen Urteil. Dort heißt es im dritten Absatz im Abschnitt III., dass der Zeuge die in der Anzeige gemachten Daten bestätigt habe, womit er die volle Verantwortung für deren Inhalt übernommen hat. Aus den Ausführungen ergibt sich ferner, dass er der beobachtende und zugleich die Anzeige aufnehmende Beamte war. Auch mit der Frage, inwieweit ein Irrtum ausgeschlossen ist, hat sich das Amtsgericht befasst, wenn es ausführt, der Zeuge habe bekundet, bei der Verfolgung wegen „Handyverstößen“ nur dann eine Anzeige zu schreiben, wenn er sich absolut sicher sei. Anlass dazu zu hinterfragen, warum der Polizeibeamte an den Vorfall keine Erinnerung mehr hatte, bestand nach den getroffenen Feststellungen nicht.“

Also im Grunde genommen ganz einfach: Der Polizeibeamten bestätigt die ggf. in einer Anzeige gemachten Angaben. M.E. macht es sich die Rechtsprechung an der Stelle aber ein wenig zu einfach. Denn offen ist dann immer noch die Frage, ob denn nun der Zeuge nach Vorhalt der Angaben der Anzeige eine eigene Erinnerung hat oder nicht. Es reicht nicht aus, wenn der Polizeibeamte auf seine Anzeige nur „Bezug nimmt“ (so auch das OLG Düsseldorf, a.a.O.).

Der Polizeibeamte als „Wichser Kollege“ und „Assi“; oder: …… als Zwitter

© froxx - Fotolia.com

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Ein Polizeibeamter wird bei einem Einsatz vom Angeklagten beleidigt, und zwar zunächst gegenüber anderen den anwesenden Polizeibeamten – in eigener Abwesenheit – als „der Wichser-Kollege“ und kurz darauf erneut als „Wichser“. Darüber hinaus nennt der Angeklagte den Polizeibeamten dann nochmals kurze Zeit später – nunmehr in dessen Anwesenheit – „Assi“. Der Polizeibeamte macht im Adhäsionsverfahren einen Schmerzensgeldanspruch nach § 253 BGB geltend, der ihm auch zugesprochen wird. Auf die Revision hebt das OLG Stuttgart dann auf und sieht im OLG Stuttgart, Beschl. v. 22.05.2014 – 1 Ss 270/14 – von einer Entscheidung über den geltend gemachten Anspruch ab. Begründung:

Die Feststellungen der Strafkammer nebst den bindend gewordenen Feststellungen des amtsgerichtlichen Urteils tragen die Ausurteilung eines Schmerzensgeldanspruches nach § 823 Abs. 2, 253 BGB i. V. m. § 185 StGB und Art. 1 Abs. 1, 2 Abs. 1 GG nicht.

Aufgrund der Anordnung des § 253 BGB kann ein Schmerzensgeldanspruch im Fall einer Beleidigung nur ausnahmsweise unmittelbar aus Artikel 1 Abs. 1, 2, Abs. 1 GG folgen (BVerfG, NJW 2004, 2371). Voraussetzung ist, dass unter Würdigung von Anlass und Beweggrund des Handelnden sowie Intensität und Ausmaß der mit der Beleidigung einhergehenden Beeinträchtigungen eine schwerwiegende Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts vorliegt. Für die Beleidigung von Polizeibeamten im Dienst gilt dabei: Wenngleich ein Polizeibeamter Beleidigungen in seinem Dienst in keiner Weise dulden muss und durch Stellung eines Strafantrags auf strafrechtliche Ahndung der Beleidigung hinwirken kann, so ist andererseits von ihm zu erwarten, dass er anlässlich seiner Dienstverrichtung ihm gegenüber ausgesprochene Beleidigungen in der Regel nicht auf die eigene Person, sondern vornehmlich auf seine hiervon zu trennende Amtsträgerschaft bezieht (LG Oldenburg, StV 2013, 690 – juris Rn 32). Die Urteilsfeststellungen lassen nicht erkennen, dass die Voraussetzungen für einen Schmerzensgeldanspruch nach diesen Maßstäben vorliegend erfüllt wären.

Überraschend, jedenfalls für mich. Kannte ich so – bisher – nicht.

Du willst zur Polizei? Du hast gekifft? Geht nicht, du fliegst raus…

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Einen Polizeikommissaranwärter in Rheinland-Pfalz hat jetzt seine Vergangenheit eingeholt. Der Anwärter war seit Mai 2013 in Ausbildung zum Polizisten. Im Juli 2013 erhielten die Vorgesetzten Kenntnis darüber, dass der junge Beamte vor seiner Einstellung Kontakte zur Drogenszene hatte. Nachdem der Beamte hierzu vernommen worden war und dabei die Einnahme von Cannabis vor Antritt der Ausbildung eingeräumt hatte, verbot der Dienstherr ihm die Führung seiner Dienstgeschäfte und ordnete die sofortige Vollziehung dieser Entscheidung an. Hiermit war der Anwärter nicht einverstanden, erhob Widerspruch und beantragte beim VG Koblenz vorläufigen Rechtsschutz bis zu einer endgültigen Entscheidung, um weiterhin die Ausbildung zum Kommissar durchlaufen zu können.

Das VG hat das abgelehnt, dazu aus der PM: Der Anwärter darf wegen Drogenkonsums vorläufig vom Dienst suspendiert werden. Die Abwägung der gegenseitigen Interessen, so das Gericht, ergebe, dass die Belange des Anwärters zurückstehen müssten. Es lägen zwingende dienstliche Gründe vor, die es nicht zuließen, den Beamten auf seinem Dienstposten zu lassen. Der Leiter der Landespolizeischule habe plausibel dargelegt, dass ernsthafte Zweifel an der charakterlichen Eignung des Antragstellers für den Polizeiberuf bestünden. Ein Drogenkonsum eines Beamten stehe generell nicht im Einklang mit den für den Polizeiberuf geforderten persönlichen Eigenschaften. Bereits in der Ausbildung und erst recht im späteren Berufsleben werde ein Polizist auch zur Verfolgung von Drogendelikten eingesetzt. Diese nachvollziehbare Einschätzung rechtfertige die Suspendierung des Anwärters vom Dienst und sei verhältnismäßig, auch wenn sich der Antragsteller noch in der Ausbildung befinde. Hierfür spreche nicht nur der Umstand, dass Polizisten Dienstwaffenträger seien und bereits während ihrer Ausbildung zur Verfolgung von Straftaten eingesetzt würden. Hinzu komme, dass Polizeibeamte während ihrer Ausbildung auch Kenntnisse über Interna (z. B. polizeitaktisches Wissen) erhielten, die nicht in falsche Hände gelangen dürften. Könnte der Anwärter seine Ausbildung beenden und erweise sich später endgültig seine Ungeeignetheit für den Polizeiberuf, bestehe die Gefahr einer unzulässigen Weitergabe dieser Informationen. Von daher würden dienstliche Interessen beeinträchtigt, falls der Anwärter bis zu einer endgültigen Entscheidung über seine Entlassung einstweilen im Dienst verbleibe.

Quelle: PM 29/2013 des VG Koblenz

Ein „Klopper“ kann nicht Polizeibeamter sein..

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Ein „Klopper“ kann nicht Polizeibeamter sein…. Das ist das Fazit auf dem VG Berlin, Urt. v. 26.03.2013 – 80 K 36.12 OL. Denn es ist mit den Aufgaben eines Polizeibeamten, unvereinbar, selbst Straftaten zu begehen. Dies gilt nach Ansicht des VG Berlin  insbesondere auch für Straftaten, die sich  gegen die körperliche Unversehrtheit eines anderen richten. Wird ein Polizeibeamter insoweit straffällig, rechtfertigt das seine Entfernung aus dem Beamtenverhältnis.

Der Sachverhalt:

Der Beklagte ist/war seit September 1990 Polizeibeamter. Disziplinarisch ist er nicht vorbelastet. Seit November 2006 richteten sich strafrechtliche Ermittlungen gegen ihn Beklagten u.a. wegen des Verdachts der Körperverletzung, Beleidigung und Nötigung seiner damaligen (zweiten) Ehefrau, die er am 01.05. 2006 geheiratet hatte. Durch Urt. v. 02.07.2008 – verurteilte das AG Tiergarten den Beklagten wegen gefährlicher Körperverletzung im Amt und Nötigung sowie einfacher Körperverletzung in sechs Fällen – in einem Fall in Tateinheit mit Beleidigung – zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und drei Monaten, die zur Bewährung ausgesetzt wurde. Auf die Berufung des Beklagten hob das LG Berlin das Urteil auf und verurteilte den Beklagten durch – seit 18. 03.2011 rechtskräftiges – Urteil v. 02.08.2010 wegen vorsätzlicher Körperverletzung in sechs Fällen, davon in einem Fall in Tateinheit mit Beleidigung, zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 11 Monaten, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wurde.

Im November 2006 hat der Dienstvorgesetzte das Disziplinarverfahren gegen den Beklagten eingeleitet, das dann in eine Disziplinarklage eingemündet ist. Mit der u wirft der Kläger dem Beklagten als Dienstvergehen u.a. die Körperverletzungsdelikte vor. Das VG hat ihm Recht gegeben, und zwar:

„Ein Verhalten eines Beamten – wie hier – außerhalb des Dienstes ist ein Dienstvergehen allerdings nur dann, wenn es nach den Umständen des Einzelfalls in besonderem Maß geeignet ist, Achtung und Vertrauen in einer für sein Amt oder das Ansehen des Beamtentums bedeutsamen Weise zu beeinträchtigen (§ 40 Abs. 1 Satz 2 LBG a. F.). Beides ist vorliegend der Fall.

Mit den Aufgaben eines Polizeibeamten, der Straftaten verhindern, verfolgen und aufklären soll, ist es unvereinbar, selbst Straftaten zu begehen. Dies gilt insbesondere auch für Straftaten, die sich – wie hier – gegen die körperliche Unversehrtheit eines anderen richten. Derartige durch Polizeibeamte begangene Straftaten begegnen in der Bevölkerung mit Recht großem Unverständnis und schaden nicht nur dem Ansehen und der Vertrauensstellung des betroffenen Beamten, sondern der gesamten Berliner Polizei.

Zwar ist seit dem 1. April 2009 die für Landesbeamte geltende Neuregelung des außerdienstlichen Dienstvergehens in §§ 34 Satz 3, 47 Abs. 1 Satz 2 Beamtenstatusgesetz (vom 17. Juni 2008, BGBl I S. 1010, – BeamtStG -) in Kraft. Für die Frage, ob der Beamte im angeschuldigten Tatzeitraum seine Dienstpflichten schuldhaft verletzt hat, ist aber die damalige Sach- und Rechtslage maßgebend, soweit nicht im Hinblick auf den Rechtsgedanken des § 2 Abs. 3 StGB für den Beamten materiellrechtlich günstigeres neues Recht gilt (vgl. dazu Urteil des BVerwG vom 25. August 2008 – 1 D 1/08 – Rn. 33 nach Juris m.w.N.). Letzteres ist hier nicht der Fall. Auch bei Anwendung der §§ 34 Satz 3, 47 Abs. 1 Satz 2 BeamtStG hätte sich im Ergebnis an der Beurteilung der Sach- und Rechtslage nichts geändert. Nach § 47 Abs. 1 Satz 2 BeamtStG erfüllt ein Verhalten außerhalb des Dienstes nur dann den objektiven Tatbestand eines außerdienstlichen Dienstvergehens, wenn die Pflichtverletzung nach den Umständen des Einzelfalles in besonderem Maße geeignet ist, das Vertrauen in einer für das Amt des Beamten bedeutsamen Weise zu beeinträchtigen. Auch wenn die Neufassung nach ihrem Wortlaut demnach nicht mehr auf die „Achtung“, sondern nur noch auf das „Vertrauen“ abstellt, so hat sich dadurch nichts zugunsten des Beamten geändert, betrifft „Vertrauen“ doch die Erwartung, dass sich der Beamte nicht nur aus der Sicht der Bürger (Allgemeinheit) – wie man der amtlichen Begründung (BT-Drs. 16/4027, S. 34 zu § 48 des Entwurfs) entnehmen könnte -, sondern auch aus der Sicht seines Dienstherrn außerdienstlich so verhält, wie es von ihm im Hinblick auf seine Dienstpflichten als berufserforderlich erwartet wird (vgl. BVerwG, Urteil vom 25. August 2009 – 1 D 1/08 –, Rn. 53 nach Juris zur entsprechenden und insoweit gleichen Neuregelung im Bundesbeamtengesetz). Es kann offen bleiben, ob und wie es sich für die Beurteilung eines außerdienstlichen Verhaltens eines Landesbeamten als Dienstvergehen auswirkt, dass sich die Vertrauensbeeinträchtigung nicht mehr wie in der landesrechtlichen Vorgängerregelung des § 40 Abs. 1 Satz 2 LBG oder der für Bundesbeamte geltenden Regelung des § 77 Abs. 1 Satz 2 BBG alternativ entweder auf das Amt des Beamten (im konkret-funktionellen Sinne – Dienstposten –, vgl. BVerwG a.a.O, Rn. 52) oder das Ansehen des Berufsbeamtentums, sondern nur noch auf das Amt beziehen muss. Im vorliegenden Fall bezog sich die durch die Körperverletzungen begründete, bedeutsame Vertrauensbeeinträchtigung auf das „Amt“ des Beklagten im konkret-funktionalen Sinn, d.h. seine damaligen konkreten Dienstaufgaben als selbst mit der Verhinderung und Verfolgung von Straftaten betrauter Polizeibeamter.“