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Haben die BGH-Strafsenate keine Lust an Gebührenfragen?

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Es ist sicherlich hilfreich für Verteidiger, Gerichte und Staatsanwälte, dass der BGH seine Rechtsprechung auf seiner Homepage online stellt. Nur manchmal frage ich mich: Lieber BGH, was soll mir dieser Beschluss sagen? Das ist immer dann der Fall, wenn sich aus den „Begründung“ nicht entnehmen lässt, was nun eigentlich entschieden worden ist und warum. Beispiel dafür sind die „OU-Beschlüsse“ des BGH, also Verwerfungen nach § 349 Abs. 2 StPO, in denen i.d.R. keine weitere Begründung enthalten ist oder nur auf die zutreffende Stellungnahme des GBA verwiesen wird.

In die Kategorie gehören – leider – häufig auch die Beschlüsse des BGH, in den nach den §§ 42, 51 RVG eine Pauschgebühr festgestellt/festgesetzt wird. Auch die sind – wenn überhaupt – meist äußerst knapp begründet. Das finde ich als Gebührenrechtler natürlich nicht gut. Denn ich wäre über das ein oder andere Wort des BGH zu Streitfragen bei diesen Vorschriften froh.

Ein Beispiel ist der BGH, Beschl. v. 19.06.2012 –   5 StR 307/10 (alt: 5 StR 263/08) zur Feststellung einer Pauschgebühr nach § 42 RVG:

Dem Wahlverteidiger der Verurteilten L. steht für dessen Tätigkeit im Revisionsverfahren eine Pauschgebühr in Höhe von 2.200 € zu.
G r ü n d e
Der Wahlverteidiger hat die Revision gegen das Urteil des Landgerichts Hamburg vom 23. November 2007 begründet sowie am 24. Juni und 9. Juli 2009 an der Revisionshauptverhandlung teilgenommen.
Gemäß § 42 Abs. 1 RVG war eine Pauschgebühr für die Tätigkeit im Revisionsverfahren festzustellen, welche aufgrund der Schwierigkeit des Verfahrens in Höhe von 2.200 € festzusetzen war.“

Man sieht der BGH hüllt sich in Schweigen. Dabei hätte ich u.a. folgende Fragen:

  1. Warum war das Verfahren schwierig? OK, 5 StR 263/08 war zumindest nicht einfach.
  2. Welche Kriterien haben ggf. sonst noch eine Rolle gespielt?
  3. War  das Verfahren aber so schwierig, dass die gesetzlichen Gebühren unzumutbar waren? Warum?
  4. Wie komm der BGH auf die Feststellung der 2.000 €? Die Pauschgebühr nach § 42 ist nach dessen Abs. 1 Satz 4 RVG doch auf das Doppelte der Wahlanwaltshöchstgebühr begrenzt. Die dürfte hier, da der BGH ja nur eine Pauschgebühr für die Teilnahme an der Revisionshauptverhandlung festsetzt/-stellt (Nr. 4132, 4133 VV RVG) und auch nur festsetzen/-stellen kann – alles andere bleibt beim zuständigen OLG – 470 € bzw. 587,50 € betragen haben. Also Pauschgebühr nach § 42 Abs. 1 Satz 4 RVG maximal: 940 € oder 1175 €. Wieso dann aber 2.000 €. Gilt das § 42 Abs. 1 Satz 4 RVG nicht für den BGH? M.E. ist der Beschluss an dieser Stelle schlicht falsch.

Also Fragen über Fragen, auf die der Beschluss Antworten schuldig bleibt. Warum? Manchmal hat man den Eindruck, dass die BGH-Senate an diesen „Gebührengeschichten“ keine Lust haben und sich deshalb so knapp fassen. Aber richtig sollte es schon sein (Mitlesende Verteidiger: Was Recht ist, muss Recht bleiben, auch wenn es der Kasse weh tut).

Pauschgebühr im Bußgeldverfahren über Geldbuße von 18.5 Mio €, ja, aber..

Eine Pauschgebühr im Bußgeldverfahren? Ja, aber nicht nach § 51 RVG, sondern nach § 42 RVG für den Wahlanwalt – sicherlich ebenso ungewöhnlich. Wenn man sich allerdings den Sachverhalt des OLG Düsseldorf, Beschl. v. 19.04.2012 – III 3 RVGs 11/12 – ansieht, dann dürfte die Entscheidung in Ordnung gehen.

Der Rechtsanwalt hatte eine Nebenbetroffene in einem Kartellbußgeldverfahren als Wahlverteidiger vertreten. In dem Verfahren hatte das Bundeskartellamt durch Bußgeldbescheid eine Geldbuße in Höhe von 18,5 Mio € sowie eine weitere in Höhe von 350.000 € gemäß § 30 OWiG festgesetzt. Tatvorwurf war, dass die damals verantwortlichen Vorstandsmitglieder der Nebenbetroffenen ab 1999 bis 2002 an wettbewerbsbeschränkenden Absprachen im Rahmen eines Kartells zur Festsetzung von Maßnahmen zu Prämienerhöhungen in der industriellen Sachversicherung bzw. Transportversicherung beteiligt gewesen seien. Das Bußgeldverfahren gegen die Nebenbetroffene war aus einem Verfahren abgetrennt worden, welches sich gegen 17 Beteiligte richtete. Die Nebenbetroffene ist vom OLG  frei gesprochen worden. Die dagegen von der GStA eingelegt Rechtsbeschwerde hat der BGH als unbegründet verworfen.

Und der Rechtsanwalt beantragt  nun,  „die notwendigen Auslagen der Nebenbetroffenen mit 2.319,43 € festzusetzen und ihm darüber hinaus eine Pauschvergütung in Höhe von zusätzlich 4.426,80 Euro zu bewilligen“. Das OLG  hat dem Rechtsanwalt anstelle der gesetzlichen Gebühren nach § 42 RVG eine Pauschgebühr in Höhe von 2.740 Euro „bewilligt“. Soweit – so gut. Die Begründung des OLG Beschlusses ist zutreffend.

Nur: Der Tenor der Entscheidung des OLG hat mich dann doch erstaunt/irritiert. Das OLG hat dem Verteidiger nämlich  „anstelle der gesetzlichen Gebühren …. eine Pauschgebühr in Höhe von 2.740 Euro bewilligt“. Wieso „bewilligt“? Im Verfahren nach § 42 RVG wird vom OLG keine Pauschgebühr „bewilligt“, sondern durch unanfechtbaren Beschluss „festgestellt“. Der ist dann Grundlage für das (anschließende) Kostenfestsetzungsverfahren und hat dort nach § 42 Abs. 4 RVG bindende Wirkung. Das hatte aber auch der Verteidiger wohl schon nicht richtig gesehen, da er beantragt hatte, „die notwendigen Auslagen der Nebenbetroffenen mit 2.319,43 € festzusetzen und ihm darüber hinaus eine Pauschvergütung in Höhe von zusätzlich 4.426,80 Euro zu bewilligen“. Es wird im Verfahren nach § 42 RVG nämlich nicht „zweispurig gefahren“ sondern: Die Pauschgebühr wird vom OLG „festgestellt“ und muss dann vom Rechtspfleger im Kostenfestsetzungsverfahren nach § 42 Abs. 4 RVG festgesetzt werden. Es handelt sich bei der Pauschgebühr nach § 42 RVG nicht um eine dem Verteidiger besonders zustehende Gebühr wie die Pauschgebühr nach § 51 RVG, sondern es sind die dem Betroffenen/Angeklagten aus der Staatskasse zu erstattenden Auslagen in Höhe der vom OLG festgestellten Gebühr festzusetzen.

Na ja, macht das OLG ja auch nicht jeden Tag: Pauschgebühren nach § 42 RVG.

Dazu dann wie meist der Hinweis auf unseren Kommentar zurm RVG. Da kann man das bei § 42 RVG alles nachlesen.

Der BGH und die Pauschgebühr; oder: „Der Papst, der trommelt“

Das Zuständigkeitsgefüge bei der Gewährung einer Pauschvergütung ist nicht ganz einfach: Grundsätzlich wird die Pauschgebühr vom OLG festgesetzt, handelt es sich hingegen um die Pauschgebühr für die Teilnahme des Pflichtverteidigers an der Revisionshauptverhandlung ist der BGH zuständig. Und an der Stelle bin ich immer überrascht, nicht, dass der BGH zuständig ist, sondern darüber, wie kurz, trocken und zackig der BGH mit der Gewährung einer Pauschgebühr umgeht. Ich erinnere mich noch gut an meine Tätigkeit im 2. Strafsenat des OLG Hamm, der früher für die Gewährung von Pauschvergütungen zuständig war. Wir haben – um es salopp auszudrücken- mehr geschrieben. Jetzt frage ich mich manchmal, wenn ich BGH-Entscheidungen zu der Frage sehe, ob ich mir damals zu viel Arbeit gemacht habe und ob die OLG das auch heute noch tun. Als Beispiel sei auf den BGH, Beschl. v. 02.02.201 – 1 StR 273/11 – verwiesen. Das heißt es – und das ist die ganze Begründung:

Dem gerichtlich bestellten Verteidiger, Rechtsanwalt M. aus Stuttgart, wird für die Revisionshauptverhandlung an stelle der gesetzlichen Gebühr eine Pauschvergütung in Höhe von 1.300 Euro bewilligt.
Gründe:
Der Antragsteller begehrt als Pflichtverteidiger für die Vorbereitung und Teilnahme an der Revisionshauptverhandlung anstelle der gesetzlich bestimmten Gebühr in Höhe von 228 € gemäß VV RVG Nr. 4132 eine Pauschgebühr in Höhe von 1.300 €. Die Erhöhung der gesetzlichen Gebühr ist gemäß § 51 RVG wegen des besonderen Umfangs und der besonderen Schwierigkeit der Vorbereitung und Wahrnehmung der Hauptverhandlung angezeigt. Der Verteidiger hatte sich mit den Revisionsbegründungen der Staatsanwaltschaft, der Nebenklägerin und des Mitangeklagten sowie der Stellungnahme des Generalbundesanwalts auseinanderzusetzen.

Die Mehrwertsteuer wird dem Gesamtbetrag (Pauschgebühr, notwendigen Auslagen) ohnehin zugerechnet und gesondert ausgewiesen.

Also, was ist bemerkenswert? Antwort:

  1. Mit der Begründung lässt sich in jeder Revisionssache eine Pauschgebühr begründen.
  2. Kein Wort zur Frage der Unzumutbarkeit der gesetzlichen Gebühren (§ 51 Abs. 1 Satz 1 RVG), die Frage ist in der Rechtsprechung bisher nicht eindeutig geklärt.
  3. Kein Wort dazu, dass die Wahlanwaltshöchstgebühr der Nr. 4132 VV RVG (587,50 €) mit der Pauschgebühr um das 2,2-Fache überschritten wird. Die Wahlanwaltshöchstgebühr ist bei der Bemessung der Pauschgebühr die Schwelle, über die die OLG nur in Ausnahmefällen hinausgehen, eine Art „heilige Kuh“.

Zusammenfassung: Beim BGH müsste man (gewesen) sein …..

Ach ja, und da es sich um Gebührenrecht handelt ein wenig Werbung für unseren Kommentar, oder wie es der Kollegen Sieber neulich in einem Kommentar ausgedrückt hat: Der Papst trommelt 🙂

Der BGH und die Pauschgebühr – wo gibt es was?

Die Pauschgebühr nach § 51 RVG gibt es selbstverständlich auch für Tätigkeiten des Pflichtverteidigers beim BGH. Nur wird manchmal von Verteidigern übersehen, dass der BGH insoweit nur teilweise zuständig ist. Er gewährt nämlich ggf. nur eine Pauschgebühr für die Teilnahme an der Revisionshauptverhandlung beim BGH und den damit zusammenhängenden Tätigkeiten, wie z.B. der Vorbereitung des Hauptverhandlungstermins. Für die Gewährung der revisionsverfahrensrechtlichen Verfahrensgebühr Nr. 4130 VV RVG ist der BGH hingegen nicht zuständig. Das muss das Tatgericht erledigen. Denn die Pflichtverteidigerbestellung besteht bis zum rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens, nur die Revisionshauptverhandlung ist ausgenommen. Folge: Doppelter Antrag: Wegen der Teilnahme an der Revisionshauptverhandlung geht es zum BGH, wegen der anderen Tätigkeiten zum OLG. Wer es nachlesen will: BGH, Beschl. v. 25.10.2011 – 1 StR 254/10.

Und: Schon „beachtlich“, wie der BGH formuliert: „Hinsichtlich der Verfahrensgebühr (damit soll etwa die Fertigung einer Revisionsbegründung abgegolten werden…...“ „Soll“?? M.E. hätte der BGh ruhig schreiben können: „Damit wird…„, weil das nämlich zutreffend ist.

Was bringt eine Revisionshauptverhandlung beim BGH?

Gemeint ist mit der Frage:  Welche Gebühren bringt die Revisionshauptverhandlung: Antwort: Wie immer: Es kommt darauf an. Ein Beispiel ist der BGH, Beschl. v. 19.11.2011 – 4 StR 474/09. Das gibt es für die Wahlanwältin gem. § 42 RVG für die Wahrnehmung und Vorbereitung der Hauptverhandlung eine Pauschgebühr in Höhe 600 €.

„In Übereinstimmung mit dem Vertreter der Bundeskasse hält der Senat eine Pauschvergütung in Höhe von 600 Euro für gerechtfertigt und angemessen. Zur Vorbereitung und Wahrnehmung der Hauptverhandlung vor dem Se-nat, die Revisionen des Angeklagten und der Staatsanwaltschaft umfasste, hatte sich die Antragstellerin nicht nur mit mehreren umfangreichen Verfahrensrügen, sondern auch mit schwierigen sachlich-rechtlichen Fragen zu befassen. Es war daher eine besonders umfangreiche Vorbereitung für die Revisionshauptverhandlung erforderlich.“

Und wieder: Kein Wort des BGH zur Zumutbarkeit i.S. von § 42 Abs. 1 S. 1 RVG.