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Der BGH und die Pauschgebühr; oder: „Der Papst, der trommelt“

Das Zuständigkeitsgefüge bei der Gewährung einer Pauschvergütung ist nicht ganz einfach: Grundsätzlich wird die Pauschgebühr vom OLG festgesetzt, handelt es sich hingegen um die Pauschgebühr für die Teilnahme des Pflichtverteidigers an der Revisionshauptverhandlung ist der BGH zuständig. Und an der Stelle bin ich immer überrascht, nicht, dass der BGH zuständig ist, sondern darüber, wie kurz, trocken und zackig der BGH mit der Gewährung einer Pauschgebühr umgeht. Ich erinnere mich noch gut an meine Tätigkeit im 2. Strafsenat des OLG Hamm, der früher für die Gewährung von Pauschvergütungen zuständig war. Wir haben – um es salopp auszudrücken- mehr geschrieben. Jetzt frage ich mich manchmal, wenn ich BGH-Entscheidungen zu der Frage sehe, ob ich mir damals zu viel Arbeit gemacht habe und ob die OLG das auch heute noch tun. Als Beispiel sei auf den BGH, Beschl. v. 02.02.201 – 1 StR 273/11 – verwiesen. Das heißt es – und das ist die ganze Begründung:

Dem gerichtlich bestellten Verteidiger, Rechtsanwalt M. aus Stuttgart, wird für die Revisionshauptverhandlung an stelle der gesetzlichen Gebühr eine Pauschvergütung in Höhe von 1.300 Euro bewilligt.
Gründe:
Der Antragsteller begehrt als Pflichtverteidiger für die Vorbereitung und Teilnahme an der Revisionshauptverhandlung anstelle der gesetzlich bestimmten Gebühr in Höhe von 228 € gemäß VV RVG Nr. 4132 eine Pauschgebühr in Höhe von 1.300 €. Die Erhöhung der gesetzlichen Gebühr ist gemäß § 51 RVG wegen des besonderen Umfangs und der besonderen Schwierigkeit der Vorbereitung und Wahrnehmung der Hauptverhandlung angezeigt. Der Verteidiger hatte sich mit den Revisionsbegründungen der Staatsanwaltschaft, der Nebenklägerin und des Mitangeklagten sowie der Stellungnahme des Generalbundesanwalts auseinanderzusetzen.

Die Mehrwertsteuer wird dem Gesamtbetrag (Pauschgebühr, notwendigen Auslagen) ohnehin zugerechnet und gesondert ausgewiesen.

Also, was ist bemerkenswert? Antwort:

  1. Mit der Begründung lässt sich in jeder Revisionssache eine Pauschgebühr begründen.
  2. Kein Wort zur Frage der Unzumutbarkeit der gesetzlichen Gebühren (§ 51 Abs. 1 Satz 1 RVG), die Frage ist in der Rechtsprechung bisher nicht eindeutig geklärt.
  3. Kein Wort dazu, dass die Wahlanwaltshöchstgebühr der Nr. 4132 VV RVG (587,50 €) mit der Pauschgebühr um das 2,2-Fache überschritten wird. Die Wahlanwaltshöchstgebühr ist bei der Bemessung der Pauschgebühr die Schwelle, über die die OLG nur in Ausnahmefällen hinausgehen, eine Art „heilige Kuh“.

Zusammenfassung: Beim BGH müsste man (gewesen) sein …..

Ach ja, und da es sich um Gebührenrecht handelt ein wenig Werbung für unseren Kommentar, oder wie es der Kollegen Sieber neulich in einem Kommentar ausgedrückt hat: Der Papst trommelt 🙂

Der BGH und die Pauschgebühr – wo gibt es was?

Die Pauschgebühr nach § 51 RVG gibt es selbstverständlich auch für Tätigkeiten des Pflichtverteidigers beim BGH. Nur wird manchmal von Verteidigern übersehen, dass der BGH insoweit nur teilweise zuständig ist. Er gewährt nämlich ggf. nur eine Pauschgebühr für die Teilnahme an der Revisionshauptverhandlung beim BGH und den damit zusammenhängenden Tätigkeiten, wie z.B. der Vorbereitung des Hauptverhandlungstermins. Für die Gewährung der revisionsverfahrensrechtlichen Verfahrensgebühr Nr. 4130 VV RVG ist der BGH hingegen nicht zuständig. Das muss das Tatgericht erledigen. Denn die Pflichtverteidigerbestellung besteht bis zum rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens, nur die Revisionshauptverhandlung ist ausgenommen. Folge: Doppelter Antrag: Wegen der Teilnahme an der Revisionshauptverhandlung geht es zum BGH, wegen der anderen Tätigkeiten zum OLG. Wer es nachlesen will: BGH, Beschl. v. 25.10.2011 – 1 StR 254/10.

Und: Schon „beachtlich“, wie der BGH formuliert: „Hinsichtlich der Verfahrensgebühr (damit soll etwa die Fertigung einer Revisionsbegründung abgegolten werden…...“ „Soll“?? M.E. hätte der BGh ruhig schreiben können: „Damit wird…„, weil das nämlich zutreffend ist.

Was bringt eine Revisionshauptverhandlung beim BGH?

Gemeint ist mit der Frage:  Welche Gebühren bringt die Revisionshauptverhandlung: Antwort: Wie immer: Es kommt darauf an. Ein Beispiel ist der BGH, Beschl. v. 19.11.2011 – 4 StR 474/09. Das gibt es für die Wahlanwältin gem. § 42 RVG für die Wahrnehmung und Vorbereitung der Hauptverhandlung eine Pauschgebühr in Höhe 600 €.

„In Übereinstimmung mit dem Vertreter der Bundeskasse hält der Senat eine Pauschvergütung in Höhe von 600 Euro für gerechtfertigt und angemessen. Zur Vorbereitung und Wahrnehmung der Hauptverhandlung vor dem Se-nat, die Revisionen des Angeklagten und der Staatsanwaltschaft umfasste, hatte sich die Antragstellerin nicht nur mit mehreren umfangreichen Verfahrensrügen, sondern auch mit schwierigen sachlich-rechtlichen Fragen zu befassen. Es war daher eine besonders umfangreiche Vorbereitung für die Revisionshauptverhandlung erforderlich.“

Und wieder: Kein Wort des BGH zur Zumutbarkeit i.S. von § 42 Abs. 1 S. 1 RVG.

Pauschgebühr vom BGH, wann gibt es sie?

Der BGH ist ja nur zuständig für Pauschgebühren, die für die Revisionshauptverhandlung anfallen, da ist er dann m.E. aber großzügiger als die OLG.

Das macht m.E. BGH, Beschl. v. 21.02.2011 – 1 StR 579/09 deutlich, in dem der BGH 2.000 € gewährt hat, und zwar im wesentlichen mit der Begründung: der Verteidiger musste sich mit umfangreichen und schwierigen Fragestellungen aus dem Betäubungsmittelstrafrecht befassen, die bis dahin noch nicht einmal in der Kommentarliteratur erörtert worden waren (vgl. BGH, Urt. v. 02.11.2010 – 1 StR 579/09 und dazu unseren Beitrag) und in der Revisionshauptverhandlung sind zwei Sachverständige zur Wirkungsweise der verfahrensgegenständlichen Medikamente gehört worden. Kein Wort zur Frage der Zumutbarkeit.

Pauschgebühr: Das „Gesamtgepräge“ des Verfahrens ist von Bedeutung

Wann gibt es nach dem Inkrafttreten des RVG noch eine Entscheidung eines OLG zur Pauschgebühr, über die sich ein Bericht lohnt? Sehr selten, denn Pauschgebühren sind selten geworden.

Daher ist der Beschl. des OLG Celle v. 02.03.2011 – 1 ARs 84/10 P um so erfreulicher, in dem das OLG zur Gewährung einer Pauschgebühr in einem sog. Großverfahren Stellung genommen hat. Zutreffend stellt das OLG auf den vom OLG Hamm geprägten Begriff des „Gesamtgepräge“ des Verfahrens ab und kommt zu einer Pauschgebühr. Und zwar bekommt der Verteidiger mehr als er beantragt hatte. Ist auch selten.