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News für 2016/2017: Weitere Stärkung des Opferschutzes mit dem 3. OpferRRG

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Nun, was gibt es Neues in 2016 im Strafverfahren? Das sind, wenn ich es richtig sehe, nicht so ganz viel Neuerungen, die da zum Jahresende 2015 in Kraft getreten sind. Nämlich die Änderungen durch das Gesetz zur Stärkung der Opferrechte im Strafverfahren (3. OpferrechtsreformG). Das ist am 30.12.2015 im BGBL verkündet worden und ist zum Teil bereits am 31.12.2015 getreten. Zum Teil sind aber auch bereits Änderungen (s. unten) verkündet worden, die erst am 01.01.2017 in Kraft getreten (BGBl I 2015, S. 2525). Mit der Neuregelung wird eine EU-Richtlinie aus dem Jahr 2012 in nationales Recht umgesetzt. Die Frist dafür war an sich bereits am 16.11.2015 abgelaufen.

Was bringt diese Neuregelung nun Neues im Strafverfahren (vgl. auch den Gesetzesentwurf in der BT-Drs. 18/4621)? Auf ein paar Einzelheiten will ich hier hinweisen, alles andere muss man dann demnächst im StRR oder in der ZAP nachlesen 🙂 .

  • Allgemein gilt: Der EU-Richtlinie, die umgesetzt worden ist, und damit der Neuregelung liegt die Auffassung zugrunde, dass der Rechtsstaat nicht nur Schuld oder Unschuld von Angeklagten festzustellen hat, sondern sich auch schützend vor die Opfer von Straftaten zu stellen und deren Belange zu achten hat. Also: Eine weitere Stärkung der Opferrechte, die sich die Politik ja seit einigen Jahren auf die Fahnen geschrieben hat. Dabei werden allerdings m.E. die Rechts der Angeklagten immer weiter in den Hintergrund gedrückt. Denn, wenn ich die eine Seite – an sich gibt es die im deutschen Strafverfahren ja nicht – stärke, schwäche ich die andere. Der Strafprozess gerät dadurch m.E. in eine Schieflage. Aber das Lamentieren nutzt nichts. Die Entwicklung ist nicht (mehr) aufzuhalten und Strafverteidiger, aber auch Gerichte, müssen sich darauf einstellen und darauf achten, dass die Rechte der Angeklagten nicht noch mehr beschnitten werden.
  • Nach 48 Abs. 3 Satz 1 StPO sind dann jetzt die einen Opferzeugen betreffenden Verhandlungen, Vernehmungen und sonstigen Untersuchungshandlungen verbindlich unter Berücksichtigung seiner besonderen Schutzbedürftigkeit durchzuführen. Zu prüfen ist dabei nach § 48 Abs. 3 Satz 2 StPO insbesondere, ob eine Vernehmung des Zeugen in Abwesenheit etwa des Angeklagten, § 168e StPO, bzw. eine audiovisuelle Vernehmung, § 247a StPO, oder ein Ausschluss der Öffentlichkeit von der Teilnahme an der Hauptverhandlung, § 171b Abs. 1 GVG, geboten sind, und inwieweit auf Fragen zum persönlichen Lebensbereich des Zeugen verzichtet werden kann.
  • Außerdem sind die Informations- und Unterrichtungspflichten der Strafverfolgungsbehörden gegenüber Opfern ausgeweitet. Künftig soll der Verletzte auf Antrag eine schriftliche Bestätigung des Eingangs seiner Strafanzeige erhalten (§ 158 Abs. 1 StPO).
  • Außerdem sind die Informationsrechte des Verletzten aus § 406d StPO zum Stand des Verfahrens teilweise erweitert worden.
  • Die Hinweispflichten sind in §§ 406i bis 406k StPO neu geordnet worden.
  • Der Anspruch der Opfer, die der deutschen Sprache nicht mächtig sind, auf Dolmetscher- und Übersetzungsleistungen ist ebenfalls erweitert und gesetzlich geregelt worden.

Die weitreichendste Änderung ist m.E. ab 2017 in § 406g Abs. 1 StPO (2017) enthalten. In der Vergangenheit musste das vermeintliche Opfer lediglich auf die Möglichkeit der sog. psychosoziale Prozessbegleitung hingewiesen werden. Ab dem 01.01.2017 garantiert § 406g Abs. 1 StPO 2017 ein solches Recht auf Beistand für den Verletzten und ein korrespondierendes Anwesenheitsrecht des psychologischen Prozessbegleiters bei Vernehmungen im Ermittlungsverfahren und während der Hauptverhandlung. Opfern schwerer Gewalt- oder Sexualstraftaten räumt die StPO dann sogar zukünftig einen Rechtsanspruch auf die für sie kostenfreie Beiordnung eines solchen Begleiters ein (§ 406g Abs. 3 Satz 1, 3 StPO 2017). Mit Recht weist Esser bei LTO darauf hin: „Psychosoziale Prozessbegleitung birgt Probleme“. Aber ein wenig Zeit ist ja noch, sich darauf einzustellen. Erst dann tritt dann ja auch das in Art. 4 enthaltene neue „Gesetz über die psychosoziale Prozessbegleitung im Strafverfahren“ in Kraft.

Änderungen/Ergänzungen des § 153a StPO durch – dann bald Gesetz

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Ich hatte Ende Juni 2012 schon über des Gesetzentwurf des Bundesrates (BT-Drs. 17/1466) zur Stärkung der Täterverantwortung, der vom Bundestag beschlossen worden war, berichtet. (BT-Drs. 17/10164)(vgl. hier Änderungen/Ergänzungen des § 153a StPO – (mal wieder) Opferschutz). Der ist jetzt in der vergangenen Woche vom Bundesrat ebenfalls beschlossen/abgenommen worden. Dazu heißt es in der PM:

Einführung von qualifizierten Täterprogrammen zur Gewaltprävention und zum Opferschutz vom Bundesrat gebilligt

Die Länder haben am 21.09.2012 ein Gesetz gebilligt, das Gewalttäter verstärkt in die Verantwortung nehmen und zur Teilnahme an qualifizierten Täterprogrammen bewegen soll. Diese sollen Verhaltens- und Wahrnehmungsänderungen auf Täterseite bewirken und die Fähigkeit zur Verantwortungsübernahme und Selbstkontrolle – insbesondere bei häuslicher Gewalt – vermitteln.

Nach dem Beschluss können Staatsanwälte oder Gerichte künftig Ermittlungs- bzw. Strafverfahren einstellen und zugleich die Weisung erteilen, dass der Beschuldigte innerhalb eines Jahres an einem qualifizierten Täterprogramm teilnimmt. Erfüllt der Täter die Weisung nicht, droht ihm Anklage oder Verurteilung.

Das Gesetz geht auf einen Entwurf des Bundesrates zurück, den dieser im März 2010 in den Bundestag eingebracht hatte.

Folgende Dokumente finden Sie im Internetangebot des Bundesrates:

Den Gesetzesbeschluss des Deutschen Bundestages: BR-Drs. 491/12 (PDF)
Den Beschluss des Bundesrates: BR-Drs. 491/12(B) (PDF)“

Die Änderungen werden wie folgt durchgeführt: In § 153a StPO wird eine neue Nr. 6 eingefügt – die Einstellung ist in Zukunft auch unter der Auflage möglich,

„6. an einem sozialen Trainingskurs teilzunehmen oder“.

In dem Fall kann dann das Verfahren bis zu einem Jahr eingestellt werden (§ 153a Abs. 3 S. 1 StPO neu).

Änderungen/Ergänzungen des § 153a StPO – (mal wieder) Opferschutz

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Mal wieder etwas aus der Ecke: Was gibt es Neues aus Berlin? Über meinen Jurion-Newsletter bin ich auf die Meldung des Bundestages vom 28.06.2012 gestoßen. Danach hat der Bundestag -bei Enthaltung der Linksfraktion und der Grünen am 28.06.2012 einen Gesetzentwurf des Bundesrates (BT-Drs. 17/1466) zur Stärkung der Täterverantwortung in der vom Rechtsausschuss geänderten Fassung (BT-Drs. 17/10164) beschlossen.

Die gesetzlichen Neuregelungen zielen (natürlich/mal wieder) auf einen besseren Opferschutz vor allem bei häuslicher Gewalt. Beschuldigte oder Verwarnte können künftig über staatsanwaltschaftliche oder gerichtliche Weisungen Programmen zugewiesen werden, in denen sie sich mit ihren Taten auseinandersetzen und lernen, für ihr Handeln Verantwortung zu übernehmen und sich selbst zu kontrollieren. Den Beschuldigten kann bei vorläufiger Einstellung des Verfahrens die Teilnahme an einem bis zu einjährigen Programm auferlegt werden. Geändert worden sind u.a. § 153a StPO und das StGB.

In § 153a StPO ist eine neue Nr. 6 eingefügt worden – die Einstellung ist in Zukunft auch unter der Auflage möglich,  „6. an einem sozialen Trainingskurs teilzunehmen oder“. In dem Fall kann dann das Verfahren bis zu einem Jahr eingestellt werden (§ 153a Abs. 3 S. 1 StPO neu).

Damit korrespondiert eine Änderung in § 59a StGB. Dort ist jetzt in einer neuen Nr. 5 geregelt, dass als Weisung auch aufgegeben werden kann, „„5. an einem sozialen Trainingskurs teilzunehmen.“

StORMG – was ist das?

Die Antwort auf die Frage lautet: Das ist der Entwurf der Bundesregierung BR-Drucksache 213/11 eines „Gesetzes zur Stärkung der Rechte von Opfern sexuellen Missbrauchs“, welches mehr Rechte für Opfer sexuellen Missbrauchs bringen soll. Wir hatten darüber ja schon mal berichtet.

Zu dem Gesetzesentwurf hat der Bundesrat jetzt Stellung genommen. In der PM Nr. 80/2011 vom 27.05.2011 heißt es:

Die Länder haben in ihrer Sitzung am 27.05.2011 zu einem Gesetzentwurf  Stellung genommen, mit dem die Bundesregierung den Opferschutz imStrafverfahren – insbesondere für minderjährige Opfer sexuellen Missbrauchs -weiter verbessern will.

Der Entwurf soll unter anderem dazu beitragen, Mehrfachvernehmungen Betroffener möglichst zu vermeiden. Zudem erleichtert er für volljährig gewordene Missbrauchsopfer die Bestellung eines Opferanwalts, ergänzt die Regelungen über den Ausschluss der Öffentlichkeit bei Hauptverhandlungen mit Minderjährigen und erweitert die Informationsrechte der Betroffenen. Die Verjährungsfrist für zivilrechtliche Schadenersatzansprüche wegen sexuellen Missbrauchs verlängert der Entwurf auf 30 Jahre.

Der Bundesrat möchte im weiteren Verfahren prüfen lassen, ob das Gesetz seiner Zustimmung bedarf, weil unter anderem die neuen Opferrechte im Strafverfahren Mehrausgaben für die Länder bewirken. Zudem hält er es für erforderlich, die Verjährung der in Rede stehenden Straftaten zukünftig bis zum 21. Lebensjahr der Opfer ruhen zu lassen (gegenwärtig gilt das 18. Lebensjahr). Hierdurch würde den Betroffenen die Chance zuteil, ein Trauma vor Verjährungseintritt soweit zu überwinden, dass eine freie Entscheidung über eine Anzeige noch rechtzeitig möglich ist. Die im Gesetzentwurf vorgesehenen Anforderungen an Ausbildung und Qualifikation von Jugendrichtern und Jugendstaatsanwälten empfindet der Bundesrat als zu weitreichend und lehnt sie daher ab.
Zudem bitten die Länder um nochmalige kritische Prüfung der Verjährungsfristen für zivilrechtliche Schadenersatzansprüche. Aus ihrer Sicht rechtfertigt nicht jede vorsätzliche Verletzung, die unabhängig von einer sonstigen Zwangslage erfolgt, eine dreißigjährige Verjährungsfrist.

Folgende Dokumente finden Sie im Internetangebot des Bundesrates:

Man sieht: Es geht auch mal wieder ums Geld.

Gesetzesvorhaben: Bundesrat schlägt die verpflichtende Teilnahme an Täterprogrammen vor

LexisNexis Aktuell meldete vor einigen Tagen:

Männer, die gegen ihre Partnerinnen gewalttätig geworden sind, sollen im Rahmen spezieller Programme zu Änderungen ihres Verhaltens und ihrer Wahrnehmung gelangen. Dafür soll die in der Strafprozessordnung vorgesehene Frist, an einem so genannten Täterprogramm teilzunehmen, auf bis zu einem Jahr erweitert werden, wie aus einem Gesetzentwurf des Bundesrates (BT-Drs. 16/1466) hervorgeht.

Das Strafgesetzbuch solle zudem so geändert werden, dass die Teilnahme an einem Täterprogramm angeordnet werden kann. Nach Ansicht der Länderkammer hätten solche Programme besondere Bedeutung für bislang nicht vorbelastete Männer. Wenn sie die Auflage, an einem Täterprogramm teilzunehmen, nicht erfüllten, drohe ihnen eine Anklage oder eine Verurteilung. Dies sei im Interesse eines wirkungsvollen Opferschutzes. Die Länderkammer hatte bereits im Juli 2008 vergeblich versucht, eine entsprechende Initiative (BT-Drs. 16/10068) zum Erfolg zu bringen.

Die Bundesregierung begrüßt in ihrer Stellungnahme zum Gesetzentwurf Initiativen, die die Gewaltprävention und den Opferschutz in sachgerechter Weise förderten. Täterorientierte Maßnahmen wie die Teilnahme an einem sozialen Trainingskurs könnten einen wichtigen Beitrag zur Resozialisierung des Täters und damit auch zur Gewaltprävention und zum Opferschutz darstellen. Zwar dürfte es schwierig sein, bereits jetzt den konkreten Bedarf für entsprechend langfristigen Weisungen und deren Wirkungen genau zu benennen, da Täterprogramme namentlich im Zusammenhang mit häuslicher Gewalt in Deutschland ein relativ neues Arbeitsfeld darstellten und bislang erst einige wenige Einrichtungen auf mehrere Jahre Erfahrung zurückblicken könnten. Die vorgeschlagene Erweiterung der entsprechenden Weisungsmöglichkeiten würde jedoch den Spielraum eröffnen, die ersten positiven Erfahrungen mit diesen Programmen zu verifizieren und gegebenenfalls auszubauen. Der Erfolg in der Praxis setze jedoch die finanzielle Sicherstellung der Angebote durch die Länder voraus.

Den Gesetzentwurf des Bundesrates BT-Drs. 17/1466 (PDF) finden Sie im Internangebot des Deutschen Bundestages